Der Opel Cascada möchte hoch hinaus

Der Opel Cascada – schön, ihn wieder zu sehen! Einen Erstkontakt hatte ich bereits letztes Jahr, jetzt gibt es eine intensivere Beziehung, in der möglicherweise ein paar Macken vom Cascada ans Licht kommen. Die Tatsache, dass er trotz mehr Länge und Ausstattung 17’000 Franken weniger kostet, als das vorhin getestete Audi A3 Cabrio, ist eine gewaltige Kampfansage, denn für diesen Preisvorteil gibts sogar noch einen Adam in Basisausstattung dazu. Trotz dem volksnahen Preis soll der Cascada selbst gehobenen Ansprüchen gerecht werden. Wird er das?

Dass der Cascada auf dem Astra basiert, kommt einem beim Betrachten der flachen und schnittigen Silhouette nicht mal ansatzweise in den Sinn. Mit einer Länge von 4,70 Meter ist der Cascada der Kompaktklasse klar entwachsen. Die Masse an Luxus und Hightech-Ausstattung, die beispielsweise im BMW 4er Cabrio und Audi A5 Cabrio stecken, kann der Cascada natürlich nicht bieten. Insofern bedient Opel mit dem Cascada eigentlich eine Lücke, die vorhin nicht besetzt war – ein kluger Schachzug. Als ein sehr angenehmes Gimmick empfinde ich die Möglichkeit, das Dach mit der Fernbedienung zu öffnen, so dass man live den Striptease vom Cascada mitverfolgen kann, während man sich ihm nähert. Allerdings fällt insbesondere im offenen Zustand auf, dass der Cascada einen etwas zu wuchtigen Hintern hat.

Opel Cascada
Den Cascada ziert ein kurviger Abgang.

Im Innenraum ist die Nähe zum Astra dann allerdings vorhanden. Das Versprechen von Eleganz und Moderne, das der Cascada äusserlich ausstrahlt, vermag das Interieur nicht einzuhalten. Das Kombiinstrument mit dem unschönen, pixeligen Display kennt man von anderen Opel Modellen. Mittlerweile ist zwar das IntelliLink Infotainmentsystem an Bord, aber die Bedienung über die vielen Knöpfe könnte man besser lösen. Überhaupt befinden sich in der Mittelkonsole zu viele Knöpfe auf kleiner Fläche. Aber Opel hat mit dem Insignia gezeigt, dass sie es besser können – jetzt werden nach und nach alle Opel im Innenraum “entrümpelt”.

Opel Cascada
Ergonomisch perfektes Cockpit, allerdings ist die Knopfflut nicht mehr zeitgemäss.

Die Sitze sind wie von Opel gewohnt bestens geformt und die Ergonomie passt perfekt, wobei das klobige Lenkrad gerne etwas schlanker sein dürfte. Vorne sind die Platzverhältnisse bestens, hinten geht es noch, was die Beinfreiheit betrifft. Die Kopffreiheit ist bei geschlossenem Dach stark eingeschränkt. Besonders negativ aufgefallen ist ein Klappern im Bereich des Gurtzubringers bei basslastigen Songs. Das geht gar nicht und ist auf Dauer echt nervig.

Opel Cascada
Sehnige, sportliche Silhouette

Unter der erstaunlich kurzen Haube arbeitet ein 1,6-Liter Turbobenziner, ein Motor der neuesten Generation von Opel. Beim Launch im letzten Jahr gab es den Motor ausschliesslich mit 125 kW Leistung, seit diesem Jahr ist das Aggregat auch mit 147 kW erhältlich (wie im Test), wodurch der Motor – gemeinsam mit dem 2,0-Liter Diesel mit 143 kW – die Leistungsspitze vom Cascada abdeckt. Sonne im Nacken, ein anständiger Motor unter der Haube und ein manuelles 6-Gang-Getriebe in der Hand, das klingt vielversprechend.

Opel Cascada
Sieht auch mit geschlossenem Dach gut aus.

Doch an alle Sportler da draussen: Ich muss euch enttäuschen. So schnittig der Cascada auch aussieht, er fährt sich leider nicht so agil, wie man meinen könnte. Hauptgrund ist das hohe Leergewicht von über 1800 Kilo, was deutlich zu spüren ist. Ihn als träge zu bezeichnen, wäre nicht fair, aber es fehlt ihm eine gewisse Leichtfüssigkeit, die das A3 Cabrio im vorherigen Test auszeichnete. Hinzu kommt, dass es der Motor beim Hochdrehen eher gemächlich nimmt und nicht bissig antritt. Auch hier, zäh ist der Durchzug nicht, aber der Schub dürfte etwas kräftiger ausfallen. Das Schaltgetriebe ist zwar angenehm abgestuft, nicht zu kurz, nicht zu lang, aber die Gangführung dürfte etwas präziser, etwas knackiger sein.

Opel Cascada
Da die Rücklichter komplett mit dem Kofferraumdeckel nach oben schwingen, braucht der Cascada Zusatzlichter.

Wer also an einem sonnigen Tag ohne viel Verkehr möglichst schnell die Spitze eines Passes erreichen will, der wird mit dem Cascada nicht glücklich werden. Wer aber die Fahrt an sich geniessen möchte und nicht möglichst schnell, aber doch gerne zügig unterwegs ist, der sollte sich auf den Cascada einlassen. Durch das stattliche Gewicht liegt das Cabrio nämlich sehr satt auf der Strasse, das Fahrwerk mit der HiPerStrut-Konstruktion vom Insignia OPC entkoppelt die Lenkkräfte von den Antriebskräften, wodurch der Cascada präzise einlenkt und ohne Zerren an der Lenkung wieder aus der Kurve rausbeschleunigt. Das Fahrwerk ist überdies sehr ausgewogen, es überzeugt durch seinen Mix aus Komfort und Sportlichkeit. Das optionale FlexRide Fahrwerk lässt sich zusätzlich in die Modi Tour und Sport schalten. Während Tour nur minim sanfter ist, versteift sich der Cascada im Sport Modus deutlich, hängt besser am Gas und schärft die Lenkung. Alles in allem ist der Cascada trotzdem kein Sportler – eher ein schneller Cruiser.

Opel Cascada
Der Cascada ist ein gute-Laune-Auto. Zügig? Gerne? Rasen? Nein, danke.

Natürlich bietet Opel auch ein paar Assistenzsysteme an. Angefangen beim bewährten Xenonlicht AFL+, über Spurhalteassistent, Tot-Winkel-Warner, Verkehrszeichenerkennung und Kollisionswarner. Wobei zu sagen ist, dass die Verkehrszeichenerkennung gar nicht zufriedenstellend gelöst ist, weil auf dem pixeligen Display zwischen den Instrumenten für mehrere Sekunden alle anderen Infos verschwinden, da das erkannte Zeichen nicht klein dargestellt werden kann.

Opel Cascada
Der Cascada ist geschickt zwischen der Konkurrenz platziert.

Ist der Cascada also Premium? Nein, denn Opel betont schliesslich selber, dass man bezahlbare Autos anbieten möchte. Der Cascada ist stattdessen, wie bereits erwähnt, geschickt zwischen der Kompaktklasse und der edleren Mittelklasse angesiedelt. Er übertrifft zwar Golf Cabrio und Megané Cabrio bei weitem, erreicht aber nicht die Perfektion eines A5 Cabrios. In seiner Position steht er dafür alleine da, zumindest kommt mir auf Anhieb kein potentieller Konkurrent in den Sinn.

Opel Cascada
Der Cascada bietet viel Auto zu einem absolut fairen Preis.

Der Cascada verwöhnt zudem Fahrer und Passagiere mit grosszügiger Ausstattung, präzisem Fahrverhalten und hohem Fahrkomfort. Das Premium-Stoffdach (optional; und das ist wirklich premium) isoliert nämlich exzellent. Mit nahezu vollständiger Ausstattung und einem Preis von knapp 50’000 Franken ist der Cascada ein äusserst faires Angebot. Sein Gewichtsproblem und der recht kräftige Motor fordern jedoch einen nicht unbedeutenden Tribut: Der Verbrauch von 8,2 l/100 km im Test ist wahrlich nicht das beste Argument vom Cascada.

Alltag ★★★★☆

Für ein Cabrio bietet der Cascada im Innenraum ordentlich Platz, auch der Kofferraum reicht aus und lässt sich einfach erweitern, indem die Rücksitze mit einem Handgriff umgelegt werden können. Das hochwertige Stoffverdeck isoliert den Lärm sehr effektiv und die verfügbaren Assistenzsysteme erhöhen den Komfort auf der Autobahn.

Fahrdynamik ★★★☆☆

Auch im Sportmodus ist der Cascada eher mild als scharf. Präzision und eine gute Strassenlage sind klar vorhanden, aber der Antrieb ist trotz 147 kW nicht so spritzig, das hohe Gewicht bremst den Cascada ein.

Umwelt ★★★☆☆

Es muss einfach wieder das zu hohe Gewicht genannt werden, denn es ist wohl der Hauptgrund, warum der Verbrauch mit 8,2 l/100 km im Vergleich zum Normverbrauch von 6,8 l/100 km zu hoch geraten ist.

Ausstrahlung ★★★★★

Der Cascada ist eine rassige, sportliche Erscheinung, sowohl offen, wie auch geschlossen. Er macht bereits optisch klar, dass er in die höhere Liga zielt. Sein Heck ist zwar meiner Meinung nach etwas zu massiv geraten, aber heutzutage sind Kurven ja sexy…

Fazit ★★★★☆

+ Sehr leiser Motor
+ Präzises Fahrverhalten
+ Direkte Lenkung mit guter Rückmeldung
+ Satte Strassenlage
+ Top Sportsitze
+ Sportliches Design
+ Sehr hochwertiges Stoffverdeck
+ Attraktives Preis-/Leistungsverhältnis
+ Für ein Cabrio grosszügige Platzverhältnisse

– Zu hohes Gewicht
– Zu hoher Verbrauch
– Zu viele Knöpfe im Innenraum
– Getriebe dürfte präzise und knackiger sein
– Motor ist nicht so spritzig, wie erwartet

Steckbrief

Marke / ModellOpel Cascada
Preis Basis­modell / Testwagen35'600 CHF / 49'980 CHF
AntriebBenzin, Front­antrieb
Hubraum / Zylinder1598 ccm / R4
Getriebe6-Gang manuell
Max. Leistung147 kW bei 5500 r/min
Max. Drehmoment280 Nm bei 1650 - 3500 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h9,2 s
Vmax235 km/h
Verbrauch Werk / CO2 Emissionen / Energieeffizienz6,8 l/100 km / 160 g/km / E
Verbrauch Test / CO2 Emissionen / Differenz8,2 l/100 km / 193 g/km / +21 %
Länge / Breite / Höhe4,70 m / 1,84 m / 1,44 m
Leergewicht1817 kg
Koffer­raum­volumen280 / 350 - 750 l

(Bilder: Koray Adigüzel)

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