Kleiner Bergsteiger: Fiat Panda 4×4

Üblicherweise sind SUVs eine stattliche Erscheinung, welche geteilte Meinungen hervorrufen. Doch der Fiat Panda 4×4, das wohl kleinste SUV überhaupt, sieht trotz Plastikbeplankungen, angedeutetem Unterbodenschutz und mehr Bodenfreiheit eher niedlich als wuchtig aus. Bereits seit 30 Jahren existiert diese Baureihe mit Allradantrieb, Millionen Autos wurden schon verkauft. Was taugt der kleine Italiener der jüngsten Generation? Ist er mehr Espresso oder Schlaftablette?

Während der Panda vorne mit einem neugierigen Gesicht in die Welt blickt, wirkt das Heck eher langweilig, gegenüber dem Vorgänger hat sich da deutlich weniger getan als bei der Front. SUV-typisch besitzt der Panda 4×4 rundum Plastikbeplankungen, trotzdem wirkt der nur 3.69 Meter lange Wagen eher sanftmütig als abenteuerlich. Aber Vorsicht, nur der Schriftzug 4×4 verrät den wahren Kraxler! Fiat bietet nämlich auch eine sogenannte Trekking Variante an, die zwar in der offroad-Optik, aber ohne Allradantrieb daherkommt.
Im Interieur findet man zweifarbige Sitze vor, welche mangels Sitzauflagefläche und Seitenhalt nur mässig bequem sind. Hinzu kommt, dass die Kopfstützen hart wie ein Brett sind, so dass man im Falle eines Heckaufpralls beinahe um einen Schädelbruch fürchten muss. Ebenfalls negativ aufgefallen ist das nur in der Höhe verstellbare Lenkrad, so dass es schwierig ist, eine einigermassen bequeme Sitzposition zu finden. Das Ambiente ist eher rustikal, zumal viel Hartplastik im Interieur verbaut wurde, welches aber immerhin sauber verarbeitet ist. Sitzen vorne 2 grosse Personen, so reicht der Platz auf der Rückbank nur noch für Kinder. Schade, dass Fiat keine verstellbare Rückbank anbieten.
Doch der Kleine hat auch seine Stärken. So ist er sehr übersichtlich geraten, was teure Extras wie Parksensoren, Rückfahrkamera oder Parkassistent überflüssig macht. Zudem ist der Panda sehr einfach zu bedienen, da die Anzahl Knöpfe eher beschränkt ist. Ausserdem verleiht Fiat dem Panda einen pfiffigen Style im Interieur, fast alles hat die Form eines eckigen Kreises oder eines rundlichen Quadrates, je nach Sichtweise. Das Blue&Me Mediasystem macht einen guten Job. Es verbindet das iPhone via Bluetooth und USB, kommt auch mit Spotify klar und liest sogar neu ankommende SMS vor, was allerdings nicht so gut funktioniert, wenn der Text in Schweizerdeutsch verfasst ist…

Getestet wurde der Panda mit dem 1.3 Liter Diesel. Alternativ steht auch der aus dem Cinquecento bekannte 0.9 Liter TwinAir Zweizylinder Benziner zur Verfügung. Das kleine Dieselaggregat ist laut und deutlich vernehmbar, daran ändert sich auch nichts, wenn der Motor sich aufgewärmt hat. Das knurrige Nageln ist ständiger Begleiter des Pandafahrers. Wer einigermassen flott vorankommen möchte, muss fleissig zum gut abgestuften Fünfgang-Getriebe greifen, dessen klobiger Schaltknüppel zierliche Frauenhände überfordern dürfte. Vom Allradantrieb merkt man nichts, im Normalfall wandern schliesslich 98% des Drehmoments an die Vorderachse und 2% an die Hinterachse. Erst wenn Schlupf droht verteilt eine elektronisch geregelte Kupplung bis zu 50 % des Drehmoments an die Hinterachse. Mittels Knopfdruck kann man die 50/50 Verteilung bis zu einem Tempo von 40 km/h arretieren.
Damit die kleinen Motörchen auch an Steigungen nicht die Puste verlieren, ist der erste Gang sehr kurz übersetzt, bereits bei knapp 30 km/h grüsst der Drehzahlbegrenzer. Der Panda ist natürlich kein Sprinter, aber dass es 14.5 Sekunden dauert, bis er von 0 auf 100 km/h beschleunigt, kann man kaum glauben, der Zwerg zieht subjektiv schneller davon. Bei 159 km/h ist das Ende der Fahnenstange erreicht, wobei der Panda sowieso nicht für die Autobahn geschaffen ist. Mangels sechstem Gang erhöht sich die Drehzahl – und somit der Verbrauch – auf fast 3500 Touren, ausserdem entstehen laute Windgeräusche bei Geschwindigkeiten von über 100 km/h. Dazu kommt, dass kein Tempomat erhältlich ist, was den mangelhaften Komfort auch nicht erhöht.
Viel wohler fühlt sich der Panda in urbanen Gegenden, in denen er sparsam und flott im Verkehr mitschwimmt. Der Verbrauch beträgt laut NEFZ 4.7 l/100 km, laut Bordcomputer 5.0 l/100 km und in real 5.4 l/100 km. Ein weiterer Vorteil für enge Strassenverhältnisse sind seine geringen Aussenmasse und der kleine Wendekreis.
Der Panda macht tatsächlich auch abseits asphaltierten Strassen eine gute Figur, er kommt dank sehr kurz übersetztem ersten Gang viel weiter, als man es ihm zutrauen würde. Obwohl der Panda bis auf ABS, ESP und Berganfahrhilfe keine technische Unterstützung bietet, vermisst man alle anderen technischen Annehmlichkeiten in diesem Auto gar nicht. Hier fährt man noch selber und spürt das Auto.

Die Preise für den Panda 4×4 beginnen bei 19’600 CHF in der Ausstattungslinie Pop und dem TwinAir Benziner. Die bessere Ausstattungslinie Climbing (wie im Test) kostet 1000 CHF Aufpreis, der 1.3 Liter Diesel kostet nochmals zusätzlich 1750 CHF Aufpreis. Gegenüber dem normalen Panda kostet er ausstattungsbereinigt rund 2300 CHF mehr, der Verbrauch ist um 0.8 Liter höher pro 100 km. Der Testwagen kostete mit ein paar Extras 24’130 CHF, das ist nicht wenig Geld für so ein kleines Auto. Aber der Panda ist in dem gut, für was er geschaffen ist: Offroad und in der Stadt. Wer hingegen häufiger auf der Autobahn unterwegs ist, etwas sportliches oder komfortables sucht, der wird mit dem Panda 4×4 nicht glücklich.

Alltag ★★★☆☆

Wer keine langen Strecken fahren muss, ist mit dem Panda 4×4 gut bedient, zumal er dank Allradantrieb auch im Winter eine gute Wahl ist, Allerdings haben 4 Personen nur dann genügend Platz, wenn sie durchschnittlich gross sind. Der Kofferraum ist mit 225 Litern nicht sonderlich gross, lässt sich aber einfach erweitern. Die Federung ist komfortabel, die Abmessungen sind kompakt und der Verbrauch gering.

Fahrdynamik ★★☆☆☆

Der Panda 4×4 ist mit dem 1.3 Liter Diesel ein lebhaftes Auto, mit fleissiger Schaltarbeit kommt man gut voran. Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass die Lenkung zu indirekt ist und keine Leistungsreserven vorhanden sind.

 Umwelt ★★★★☆

Sowohl Diesel wie auch der revolutionäre Zweizylinder Benziner sind sparsam und verfügen über eine Schaltempfehlung, sowie Start-Stopp-Automatik.

Ausstrahlung ★★☆☆☆

Trotz recht robuster Optik und einem gewissen Charme dreht sich keiner nach einem Fiat Panda um.

Fazit ★★★☆☆

+ Übersichtliche Karosserie
+ Saubere Materialverarbeitung
+ Sparsame Motoren
+ Gutes und günstiges Multimedia System
+ Quirlige Motorisierungen

– Kein Tempomat erhältlich
– Indirekte Lenkung
– Viel Hartplastik im Interieur
– Schlechte Ergonomie, Sitze auf längeren Strecken unbequem

(Bilder: Koray Adigüzel)

 

1 thought on “Kleiner Bergsteiger: Fiat Panda 4×4”

  1. Also ich muss ehrlich gestehen, dass der Fiat Panda nie mein Liebling war. Wenn ich mir einen Fiat in St. Gallen kaufen würde, dann wäre es wohl eher ein Punto oder sowas. Die haben eine knuffige Form und passen mehr in das alte Landschaftsbild des Heimatlands…

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