Ford Kuga: Der SUV-Guide

Endlich mal ein ehrliches SUV. Es ist schon ziemlich langweilig, wie die meisten Hersteller mit ihren aufgebockten Gefährten Abenteuerlust, Geländegängigkeit, den Drang zu Neuem und womöglich auch noch eine Fahrt zum Mond versprechen. Es ist anscheinend noch nicht in den Köpfen der Marketing-Hirne angekommen, dass, wer nicht gerade Jeep oder Land Rover Kunde ist, gar nicht den harten Cowboy raushängen lassen möchte. Und genau da kommt der Ford Kuga ins Spiel. Der verfügt nämlich nicht einmal über eine Bergabfahrhilfe (wer braucht die schon?), geschweige denn einen Offroad-Modus – dafür eine ST-Line, welche die Optik aufwertet. So geht SUV heute!

Eigentlich ist es überflüssig, zu erwähnen, dass besagte ST-Line, mit welcher auch der Testwagen aufwartet, das Auto nicht sportlicher macht. Diese Ausstattungslinie wertet bloss die Optik mit sportlichen Schürzen, schwarzem Kühlergrill und Alcantara-Sitzen auf. Mit dem frechen Blick, den zwei Endrohren sowie der abfallenden Fensterlinie sieht der Kuga aber ganz adrett aus. Allerdings hat Ford es wieder einmal geschafft (nach dem Mustang), einen Licht-Fail ins Auto zu integrieren. Ausgerechnet die Top-Linie ST-Line ist nicht mit LED-Heckleuchten lieferbar. Niemand muss das verstehen, aber von mir gibt es dafür definitiv einen Dislike!

2017 Ford Kuga
Angedeuteter Diffusor und zwei Endrohre, dafür keine LED-Lichter: Das ist die ST-Line.

Etwas zu gut meint es Ford mit der Sitzposition. Hoch sitzen in einem SUV ist ja schön und gut, aber wer nicht gerade ein Minion ist, der sitzt nicht im, sondern gefühlt auf dem Kuga. Immerhin sind die Sitze bequem und die Knopfwüste hat Ford im Zuge des Facelifts verbannt. Dafür kommt die neueste Generation des Infotainmentsystems ins Auto, welches sich mit allen Smartphones koppeln lässt. Ausserdem wurde die Bedienung entschlackt und vereinfacht.

2017 Ford Kuga
Mehr Schräglage wird kaum ein SUV je zu sehen bekommen. Das geht auch ohne Bergabfahrhilfe.

Trotz Panoramadach und hoher Sitzposition geht auch Grossgewachsenen im Fond die Luft über dem Kopf nicht aus. Sitzt vorne kein Riese, hat man auch für die Beine ausreichend Platz. Der Kofferraum ist gross und praktisch ausgeformt, allerdings dürfte die automatische Heckklappe einen Zahn zulegen.

2017 Ford Kuga
Eine subtile Andeutung, dass der Kuga ein Gipfelstürmer sein soll?

Beim Fahrverhalten orientiert sich Ford ganz klar an einem «normalen» Auto anstelle eines Geländewagens. Das heisst: Man kann dem Kuga fast schon ein sportliches Handling attestieren. Das ausgewogene Fahrwerk ist perfekt, wie man es von Ford gewohnt ist. Es bietet ausreichenden Komfort auf der Autobahn, doch es lässt gleichzeitig schnelle Kurvenfahrten oder plötzliche Lastwechsel zu. Die Rede ist hier freilich nicht von einem adaptiven Fahrwerk. Man muss das Ganze nur richtig justieren, dann passt eine Einstellung für alle Lebenslagen.

2017 Ford Kuga
Hervorragendes Xenonlicht lässt niemanden LED-Scheinwerfer vermissen. Der schwarze Grill ist Teil der ST-Line.

Das Getriebe verdient ebenfalls Lob. Obwohl es sich um eine Doppelkupplung handelt, setzt sich das SUV flott und ohne spürbare Anfahrschwäche in Bewegung. Seine sechs Gänge sortiert der Automat stets passend, man kann aber auch selber eingreifen, ohne dass man das Auto damit aus dem Konzept bringt. Nachdenklich stimmte mich antriebsseitig einzig der Verbrauch. Der kräftige 132 kW Diesel war mit rund 2000 Kilometern bei Testende zwar erst frisch eingefahren, doch ich bezweifle, dass sich der massiv überhöhte Testverbrauch von 8,2 l/100 km gross nach unten korrigiert. Warum der gar nicht so grosse und schwere Kuga trotz normaler Fahrweise ohne Eskapaden soviel schluckte, ist mir ein Rätsel.

Man sitzt kommod und geniesst eine gute Übersicht. Die Sitzposition ist aber zu hoch.

Ebenfalls ein Rätsel ist mir, warum der Frontradar während dem Test so empfindlich auf äussere Einflüsse reagierte. Mehrmals hat er bereits bei mässigem Regen den Geist aufgegeben, was bedeutete, dass Abstandstempomat und Notbremsassistent nicht mehr funktionierten. Das ist nicht gerade ein Ruhmesblatt für eine Marke wie Ford, die beim autonomen Fahren – anscheinend, denn testen konnte es schliesslich noch niemand – ganz weit vorne dabei ist.

2017 Ford Kuga
Alles ist am rechten Platz. Der Mix aus Knöpfen und Touchscreen ist gut gelungen.

Andererseits hat die Technik im Edge stets einwandfrei funktioniert und im Sinne der Kosteneinsparungen würde es mich wundern, wenn dort nicht dieselbe Hard- und Software am Werk ist. Gut möglich also, dass mit dem Testwagen selber etwas nicht in Ordnung war und nicht alle Kuga so sensibel auf ein paar Regentröpfchen reagieren. Die restlichen Assistenzsysteme haben nämlich einwandfrei funktioniert und üblicherweise machen die elektronischen Helfer bei Ford keine Probleme.

2017 Ford Kuga
Auch im Fond ist man gut aufgehoben.

Doch von dieser kleinen Panne und dem hohen Verbrauch mal abgesehen, ist der Kuga eine fahrende Anleitung für modernen SUV-Bau. Er verfügt genau über die richtige Grösse, sodass er praktisch, aber nicht unhandlich ist. Er fährt sich recht sportlich und gibt gar nicht erst vor, im Gelände die Sau rauslassen zu können. Nichtsdestotrotz ist er dank erhöhter Bodenfreiheit und Allradantrieb auch abseits der Strasse fahrbar. Zu guter Letzt spricht auch noch der Preis für den Kuga. Der fast voll ausgestattete Testwagen ist mit fairen 47’970 Franken ausgeschrieben. Bei anderen Herstellern gibt es für diesen Preis gerade mal das Basismodell, doch bei Ford wird einem die volle Hütte angeboten.

2017 Ford Kuga
Wäre der Frontradar nicht negativ aufgefallen, der Kuga hätte den perfekten Eindruck hinterlassen.

Alltag 5 out of 5 stars

Der Kuga gefällt mit einer praktischen Grösse. Für ein SUV ist sein Wendekreis ausserdem angenehm klein. Seine vielen Assistenzsysteme erleichtern sowohl Stadt-, als auch Autobahnfahrten.

Fahrdynamik 4 out of 5 stars

Trotz hohem Aufbau und recht hohem Gewicht fährt sich der Kuga direkt und neigt sich nie stark zur Seite.  Sein Fahrwerk bietet den perfekten Mix aus Sportlichkeit und Komfort. Der stärkste Diesel hat auch für ein  Überholmanöver genügend Power und das Getriebe reagiert flink.

Umwelt 2.5 out of 5 stars

8,2 Liter, also genau drei Liter über den Normverbrauch, sind einfach zu viel und lassen sich auch mit sehr geringer KM-Laufleistung nicht schönreden.

Ausstrahlung 4 out of 5 stars

In Verbindung mit der ST-Line wirkt der Kuga sportlich, ohne aufdringlich zu sein. Sein dezenter Auftritt passt zu ihm, denn er bietet viele versteckte Qualitäten.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Adrettes Design
+ Bequeme Sportsitze vorne
+ Grosszügige Platzverhältnisse
+ Intuitives Infotainmentsystem mit Smartphone-Integration
+ Sportliches Fahrverhalten für ein SUV
+ Perfektes Fahrwerk
+ Flinkes Getriebe
+ Sehr viele Assistenzsysteme erhältlich
+ Fairer Preis

– Hoher Verbrauch
– Keine LED-Rücklichter bei ST-Line verfügbar
– Langsame automatische Heckklappe

Mängel am Testwagen

– Touchscreen flackerte teilweise
– Regelmässiger Ausfall des Frontradars bei mässig schlechtem Wetter

Steckbrief

Marke / ModellFord Kuga
Preis Basismodell / Testwagen24 000 CHF / 47 970 CHF
AntriebDiesel, Allradantrieb
Hubraum / Zylinder1997 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe6-Gang Doppelkupplungsgetriebe
Max. Leistung132 kW bei 3500 r/min
Max. Drehmoment400 Nm bei 2000 - 2500 r/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h10,0 s
Vmax200 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz5,2 l/100 km / 134 g/km / D
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz8,2 l/100 km / 211 g/km / +58%
Länge / Breite / Höhe4,54 m / 1,86 m / 1,70 m
Leergewicht1788 kg
Kofferraumvolumen456 - 1653 l

Bilder: Koray Adigüzel

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