Honda CR-V: Unter Druck gesetzt

Der Honda CR-V startet nun bereits in der vierten Generation. Nur wenige wissen, dass es dieses Modell schon seit über 15 Jahren gibt, als das Kunstwort SUV noch niemand kannte. Damals war er ein kompakter Geländewagen mit einer rechts angeschlagenen Heckklappe inkl. aussen befestigtem Reserverad. Heute ist er ein typisches SUV (Sport- oder vielleicht eher Smart-Utility-Vehicle) mit elektrischer Heckklappe und Allradantrieb. Aber der Name CR-V (Comfortable Runabout Vehicle) ist wenig bekannt und da mittlerweile alle Hersteller ein SUV im Köcher haben, wird dem Honda von der Konkurrenz der Rang abgelaufen.

Sein Design wirkt auf mich zwiespältig. Während er von vorne eine gute, kräftige Figur macht und dank dem imposanten Kühlergrill und den Scheinwerfern ein Erkennungsmerkmal bietet, besitzt er hinten keinerlei Wiedererkennungswert, so bieder wurde die Kehrseite gestaltet.
Auch der Innenraum wurde sehr schlicht ausgestattet, kein Vergleich zum avantgardistischen Interieur des Civics. Die Instrumente werden von einem grossen Tacho dominiert, digitale Anzeigen sucht man vergeblich. Das Mediasystem ist als einziges Bedienelement nicht ganz einfach in der Handhabung, dafür ist das Navi sehr gut und die Konnektivität lässt keine Wünsche offen, sogar Videos lassen sich theoretisch abspielen. Das gewöhnliche Interieur hat zwar den Vorteil, dass man sich sofort zurechtfindet, aber so kann er sich nicht von der breiten Masse abheben. Ganz ordentlich ist dafür das Platzangebot. Die Sitze sind auf allen Plätzen sehr bequem, allerdings mangelt es deutlich an Seitenhalt. Der Kofferraum fast üppige 589 Liter, aber das ist noch nicht alles, denn der Umklappmechanismus ist ganz grosses Kino: Einmal den linken Hebel im Kofferraum ziehen, damit sich als erstes die Sitzfläche aufstellt, dann die Kopfstütze umklappt und zu guter letzt die Lehne nach unten kippt. Das Ganze auf der rechten Seite wiederholen und schon hat man sich mit zwei Handgriffen eine topfebene Ladefläche mit einem Volumen von bis zu 1669 Litern erschaffen, während man bei der Konkurrenz Kopfstützen und Sitzflächen mühsam ausbauen muss. Das Ganze geschieht wie von Geisterhand völlig mechanisch, kein einziger Elektromotor ist da am Werk. Im grossen und Ganzen überzeugend wirkte die Verarbeitung, obwohl der Beifahrergurt unlösbar verdreht war.

Getestet wurde der CR-V mit dem 2.2 Liter Diesel, welcher 150 PS leistet und an eine nicht mehr zeitgemässe 5-Stufen Automatik ohne Start-Stopp-Automatik gekoppelt ist. Serienmässig ist ein manuelles 6-Gang Getriebe mit Start-Stopp-Automatik erhältlich, mit welchem der Verbrauch auch einen ganzen Liter tiefer ist, nämlich 5.8 anstatt 6.8 l/100 km. Der Motor selber ist auch keine neue Entwicklung, sondern wurde lediglich optimiert. Als Alternative steht bald ein brandneuer, kleinerer 1.6 Liter Diesel mit 120 PS zur Wahl. Ein 2.0 Liter Benziner mit 155 PS ist ebenfalls erhältlich, allerdings ist dieser kein Verbrauchswunder.
Mit 1823 Kilo Leergewicht ist der Honda kein Leichtgewicht und schon gar kein Dynamiker. Aber das möchte er auch gar nicht sein, sondern ein komfortabler und gemütlicher Cruiser. Da ist der CR-V ganz in seinem Element. Sowohl die gemächliche Arbeitsweise des Automatikgetriebes, die leichtgängige Lenkung und das komfortbetonte Fahrwerk ersticken sportliche Ambitionen bereits im Keim. Für seine 2.2 Liter Hubraum ist der Diesel mit 350 Nm auch nicht besonders kräftig. Der Testverbrauch betrug überraschenderweise sowohl laut Bordcomputer, als auch nachgerechnet nur 6.4 l/100 km. Dass die Werksangabe unter normalen Fahrbedingungen unterboten wird, ist sehr selten. Dank guter Geräuschdämmung bleibt der Motor aber akustisch zurückhaltend, auch Windgeräusche auf der Autobahn wirken weit entfernt. Gegen 3000 CHF Aufpreis erhält man sogar einen Spurhalteassistenten und einen Abstandstempomat.

Mit Preisen ab 32’400 CHF für den 2.0 Liter Benziner ist der CR-V sicher kein Schnäppchen. Der Testwagen kostet 50’900 CHF, Spurhaltung und Abstandtempomat waren aber nicht vorhanden. Eine Komplettausstattung kostet somit rund 53’900 CHF. Klingt nach einer Menge Holz, relativiert sich aber, wenn man die Preise der Konkurrenz analysiert, die in der Grundausstattung weniger komfortabel daherkommen.
Der Honda CR-V eignet sich für Langstreckenfahrer und solche, die gerne viel Gepäck oder Sperrgut einladen. Wer eine Alternative zu den häufigsten SUVs auf unseren Strassen sucht, könnte mit dem CR-V fündig werden.

Alltag ★★★★★

Der Honda CR-V ist ein gemütlicher Begleiter für den (Familien-)Alltag. Er bietet den Passagieren viel Platz und eine bequeme Sitzgelegenheit. Der Umklappmechanismus und der grosse Kofferraum sind aller Ehren wert. Parksensoren rundum und Rückfahrkamera helfen beim Parkieren.

Fahrdynamik ★★☆☆☆

Von Dynamik will der CR-V gar nicht erst viel wissen. Lenkung, Fahrwerk und Getriebe sind klar auf Komfort ausgelegt. Einzig die Bremsen sind gut dosierbar und beissen kräftig zu.

Umwelt ★★★★☆

Im Verhältnis zu Haubraum und Leergewicht ist der Motor in Verbindung mit dem Schaltgetriebe und einem Verbrauch von 5.8 l/100 km sehr sparsam, was sich auch in der Energieeffizienzkategorie B bemerkbar macht. Mit der Automatik fliesst gleich ein Liter mehr pro 100 Kilometer und die Start-Stopp-Automatik geht flöten. Der Testverbrauch war aber überraschend tief.

Ausstrahlung ★★★☆☆

Vorne hui und hinten pfui. Die Designer hätten dem SUV ruhig eine knackigere Kehrseite verpassen können.

Fazit ★★★★☆

+ Sehr niedriges Geräuschniveau
+ Gutes Media- und Soundsystem
+ Geniales Raumkonzept
+ Grosszügiges Platzangebot
+ Komfortables Fahrverhalten
+ Assistenzsysteme erhältlich
+ Guter Testverbrauch

– Leichtgängige Lenkung
– Träge Fahrdynamik
– Veraltete 5-Stufen Automatik ohne Start-Stopp-Automatik
– Recht hohe Grundpreise

(Bilder: Honda)

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