Kia Optima Hybrid: Hier kommt der Leisetreter

Als viertürige Stufenhecklimousine mit stolzem Grundpreis, dafür ausschliesslich mit Komplettausstattung, wird es der Kia Optima Hybrid in der Schweiz schwer haben. Schade, denn der Optima Hybrid ist ein sensationeller Gleiter, der seinen Fahrer zu einer ökologischen und wirtschaftlichen Fahrweise erzieht. Zudem hat der Kia als erstes Serienfahrzeug leichte Lithium-Polymer Akkus an Bord. Ist der erste südkoreanische Teilzeitstromer also Top oder Flop?

Das Design ist ganz eindeutig Top, da gibt es nicht viel zu diskutieren, der Optima Hybrid trägt zu Recht zwei Design Awards. Die flache, sportliche Silhouette kaschiert die Länge von 4.85 Meter geschickt und von vorne sieht der Kia mit dem typischen Kühlergrill aka Tigernase, den Kiemen in den Flanken und schlitzförmigen Scheinwerfern richtig böse aus. Unter anderem mit luftwiderstandsarmen Alu-Felgen und aktiven Lamellen im Kühlergrill, welche sich bei höheren Geschwindigkeiten schliessen, besitzt der Optima Hybrid einen cW-Wert von nur 0.26 und ist somit windschlüpfriger als mancher Sportwagen. Gegen die schlechte Rundumsicht helfen hinten eine Rückfahrkamera inkl. Parksensoren.
Apropos Sportwagen: Blickt man vom Cockpit auf die Strasse fällt die sehr flache und schmale Windschutzscheibe auf, man wähnt sich augenblicklich in einem viel niedrigeren Auto als in einer Limousine. Auch der Fahrerplatz verdient die Bezeichnung Cockpit, denn die gesamte Mittelkonsole ist dem Fahrer zugeneigt. Ausserdem informieren verschiedene Instrumente, darunter eine Eco-Anzeige und ein kleines Display zwischen den Rundinstrumenten über den Zustand und den aktuellen Fahrmodus des Hybridantriebs. Das Mediasystem ist dasselbe wie bei Hyundai, was bedeutet: Gute Bedienung, einwandfreie Konnektivität via USB, Bluetooth und Spotify, aber ein Display, das im Dunkeln immer noch viel zu hell leuchtet. Ungewöhnlich ist, dass die Feststellbremse weder mit einem Griff, noch mit einem Knopf, sondern mit einem kleinen Pedal neben der Türe bedient wird. Der Fahrersitz verfügt neben der Sitzheizung sogar über eine Sitzklimatisierung, welche sich an heissen Tagen in Kombination mit der Zwei-Zonen Klimaanlage als wahrer Segen erweist. Die Platzverhältnisse sind vorne wie auch hinten hervorragend, sogar zwei grosse Personen können bequem hintereinander sitzen. Leider ist der Kofferraum mit 381 Litern Fassungsvermögen eher klein geraten, da der Akku zwischen Rückbank und Kofferraum liegt. Dies bringt den weiteren Nachteil mit sich, dass sich die Rückbank nicht umklappen lässt – Variabilität gleich Null. Ironischerweise sind die Griffe zum Umklappen der Rückbank aber trotzdem vorhanden, nur bewirken sie nichts…

Wie auch der Hyundai Santa Fe, schiebt der Optima Hybrid den Fahrersitz beim Aussteigen zurück, damit man mehr Platz zur Verfügung hat. Beim Einsteigen wird man mit einer sympathischen Melodie freundlich begrüsst und nach dem Druck auf dem Startknopf piepst es kurz, dann ist das Auto startklar. Rein elektrisch rollt der Optima Hybrid los, ein paar Sekunden später schaltet sich anschliessend der Benziner unterstützend zu. Der 2.0 Liter Benziner leistet 150 PS, der Elektromotor nochmals 40 PS. Seine Energie bezieht er aus einem 43 Kilo schweren Lithium-Polymer Akku von LG Chem. Da beide am gleichen Antriebsstrang sitzen (Parallel-Hybrid), ergibt sich eine addierte Systemleistung von rund 190 PS, was dem Optima Hybrid zu einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 9.4 Sekunden verhilft. Die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 185 km/h. Theoretisch kann der Optima bis zu 100 km/h und 1.5 Kilometer elektrisch fahren. Tatsächlich sind auch überland elektrische Phasen möglich, wenn das Tempo konstant bleibt und die Strasse nicht ansteigt. Ansonsten wird der Energiefluss nach Gutdünken des Bordcomputers geregelt. Ein manueller Eingriff, wie beispielsweise das Erzwingen des elektrischen EV-Mode, ist, im Gegensatz zu Toyota Hybriden, nicht möglich. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn wenn man nicht hin und wieder einen Blick auf die Anzeige wirft, wie der Energiefluss gerade verläuft, merkt man kaum, in welchem Modus das Auto gerade fährt. Wenn man nicht zügig beschleunigt, ist der Benziner so leise, dass man ihn fast nicht wahrnimmt. Der Optima Hybrid belohnt sparsame Fahrer übrigens mit virtuellen Pflänzchen. Je sparsamer man fährt, desto mehr Knospen blühen auf. Ist die gesamte Pflanze erblüht, wird die Eco-Score Punktzahl um 1 erhöht. Ich habe während 500 Testkilometern über 20 Eco-Punkte errungen und so albern es klingt, aber diese gedeihende Pflanze im Display spornt durchaus an, den Fuss etwas vom Gas zu nehmen.
DIe 6-Stufen Automatik ist sehr gut abgestimmt und die Schaltvorgänge sind unmerklich, es sei denn, man gibt Vollgas. Dies hat des weiteren zur Folge, dass der Benziner recht laut wird und angestrengt wirkt, allerdings bei weitem nicht so schlimm wie mit einem stufenlosen Getriebe. Das Fahrwerk ist angenehm ausgewogen abgestimmt. So ist eine flotte Kurvenfahrt ohne weiteres möglich und dennoch werden Unebenheiten sanft absorbiert. Nicht ganz so angenehm empfand ich die ziemlich leichtgängige Lenkung, die wenig Rückmeldung vermittelt und das Bremsgefühl ganz am Anfang, welches durch die Rekuperation stärker als gewohnt ist – eine verbreitete Schwäche von Hybrid Autos. Was dem schicken Gleiter leider fehlt und ganz gut zu ihm passen würde, wären Assistenzsysteme wie Spurhaltung oder Tot-Winkel-Warner. Der Optima Hybrid gehört laut Aussage von Kia mit einem Normverbrauch von 5.4 l/100 km zu den Sparmeistern der Mittelklasse. Der Testverbrauch betrug aber laut Bordcomputer 5.8 l/100 km und in Real 7.1 /100 km, leider wieder einmal deutlich zu viel…

Der Kia Optima Hybrid ist ein Nischenmodell. Er wird lediglich mit Komplettausstattung ab 47’950 CHF verkauft, als einzige Option ist das Panoramadach für 1950 CHF wählbar. Das klingt erst einmal nach viel Geld, insbesondere für Kia Verhältnisse. Wenn man sich aber bewusst wird, welche Komfortausstattung im Optima Hybrid steckt, wie gut er verarbeitet ist und wie viel Platz er für die Passagiere bietet, so ist dieser Preis absolut vertretbar. Angesichts der Tatsache, dass dies der erste Hybrid aus dem Hyundai / Kia Konzern ist, muss ich sagen, dass sie es technisch schon verdammt gut hingekriegt haben. Absolut Top: sieben Jahre / 150’000 Kilometer Werksgarantie, auch auf den Akku.

Alltag ★★★★☆

Es ist schier unglaublich, welche Platzverhältnisse für die Passagiere herrschen, selbst vier grosse Personen reisen fürstlich. Der Geräuschpegel ist auf Oberklasse-Niveau und der Verbrauch in Relation zur Grösse sensationell tief. Wenn da nur nicht der kleine und unflexible Kofferraum mit nur 381 Litern Volumen nicht wäre…

Fahrdynamik ★★★☆☆

Auch wenn im Prospekt viel von Dynamik steht, der Optima Hybrid sieht sportlicher aus, als er ist. Der Durchzug ist zwar mehr als ausreichend, aber die Lenkung zu leichtgängig und das Bremsgefühl aufgrund der Rekuperation leicht irritierend, wie bei vielen Hybriden. Gleiten kann er eindeutig besser als rasen.

Umwelt ★★★★☆

Der Normverbrauch von 5.4 l/100 km ist für eine Mittelklasse Limousine mit einem Leergewicht von über 1.7 Tonnen ein beachtlicher Wert. Auch der Testverbrauch ist angesichts der Grösse nicht schlecht, aber der Zuschlag ist einfach zu hoch, insbesondere die viel zu tiefe Angabe des Bordcomputers ist mühsam. So wähnt man sich im falschen Glauben, besonders sparsam unterwegs zu sein.

Ausstrahlung ★★★★★

Mit zwei Design Awards braucht es hierzu eigentlich nicht viel zu sagen. Hut ab, der Optima Hybrid ist optisch mehr als nur gelungen.

Fazit ★★★★☆

+ Sehr niedriger Geräuschpegel
+ Gutes Media- und Soundsystem
+ Qualitativ hochwertiges Interieur
+ Perfekter Hybrid Betrieb
+ Top Design
+ Niedriger Normverbrauch
+ Ausgewogenes Fahrwerk
+ Sehr viel Platz für die Passagiere
+ Grosszügige Werksgarantie

– Kleiner und nicht erweiterbarer Kofferraum
– Schlechte Übersicht
– Keine Assistenzsysteme
– Leichtgängige Lenkung
– Hoher Testverbrauch (im Verhältnis zur Werksangabe)

(Bilder: Kia)

3 thoughts on “Kia Optima Hybrid: Hier kommt der Leisetreter”

  1. Ich bekomme vom Kia Hybrid leider Kopfschmerzen. Es könnte an den Dämpfen im Auto und an den ektromagnetischen Feldern liegen. Die Verkaufszahlen sind außerdem ziemlich schlecht.

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