Kia Optima SW: Ein schöner Hintern kann auch entzücken

Es war einmal… eine schöne, schlichte Limousine mit Hybridantrieb mit dem Namen Optima. Ein gutes Auto, aber in der Schweiz irgendwie fehl am Platz. Falsche Karosserieform, verhaltener Antrieb – eine schwierige Situation. Dann wurde das Auto aufgefrischt und ein Diesel nachgereicht, was den Optima schon erheblich interessanter werden liess. Richtig durchstarten wird er aber erst jetzt: Wenn dieses Kombiheck, das Kia mit dem Sportswagon genannten Kombi auf die Räder gestellt hat, nicht begeistert, dann weiss ich auch nicht mehr weiter! Passend zum sportlichen Look ist der Kombi mit einem starken Zweiliter Benziner motorisiert, der Hybridantrieb ist dafür aus dem Programm gefallen. Vermag der koreanische Schönling und Lademeister auch fahrdynamisch zu überzeugen?

Das Heck vom schicken Kombi aus Fernost ist klar die Schokoladenseite. Ob die Koreaner bei der Ausformung des Hinterteils auf den Audi RS6 geschielt haben? Eine gewisse Ähnlichkeit ist nämlich nicht von der Hand zu weisen! Doch auch die restliche Karosserie kann sich sehen lassen. Die Front ist schnittig, der Grill geht fliessend in die Scheinwerfer über. Einzig die Felgen geben sich nicht so sportlich wie das Auto und könnten genauso gut zu der eingestellten Hybridversion passen. Aber dafür stecken dahinter rote Bremszangen…

Kia Optima SW
Das Auto scheint flach auf der Strasse zu stehen.

Das sympathische an den Koreanern ist, dass sie nicht mit dem Wort Premium spielen. Umso überraschter ist man, sobald man den Innenraum betritt. Was der Optima bietet, geht übers «hochwertig sein» hinaus. Da sind beispielsweise die Platzverhältnisse, ein Kernelement eines Kombis. Klar, der Skoda Superb ist beim Raumangebot unangefochten der Platzhirsch. Aber viel fehlt dem Koreaner nicht zum Tschechen. Diese Beinfreiheit im Fond! Grosse Klasse. Der Kofferraum ist nicht ganz so gigantisch, aber immer noch sehr gross und dank der Trennschiene angenehm unterteilbar. Die Ladekante ist zudem tief.

Kia Optima SW
Ein sportliches Design macht dem Kombi sehr attraktiv.

Der Optima ist aber nicht nur praktisch, sondern auch schick. Die Sportsitze vorne passen wie angegossen, das handliche, unten abgeflachte Lenkrad liegt perfekt in der Hand. Die Zierelemente auf der Mittelkonsole könnten glatt aus einem deutschen Produkt stammen und der Alcantara-Dachhimmel ist einfach nur ein Traum. Ein paar Minuspunkte kassiert nur das Mediasystem, das zwar einfach zu bedienen ist, jedoch nur mit Android Auto, nicht aber mit Apple CarPlay kompatibel ist. Ausserdem leuchtet der Touchscreen im Dunkeln selbst auf der niedrigsten Stufe noch zu hell.

Kia Optima SW
Leider ist der Sound nicht so sportlich, wie die Optik es verspricht.

Wie viele Minuspunkte man dem Optima beim Fahren geben möchte, hängt von der eigenen Ansicht ab. Wer einen koreanischen «Audi RS6 Light» erwartet, wird wohl ziemlich enttäuscht sein. Wer dafür einen gediegenen Kombi mit genügend Leistungsreserven erwartet, wird hellauf begeistert sein. Ich würde es so ausdrücken: Der Optima GT ist kein Sportler, sondern sportlich.

Kia Optima SW
Der Ausdruck vom Optima ist nicht so aggressiv.

Besonderes Lob verdient die Lenkung, denn dies ist mit Abstand die beste Kia-Lenkung, an der ich je gedreht habe. Weg ist das künstliche Lenkgefühl, stattdessen lenkt der Kombi willig ein, die Lenkung bietet einen angenehmen Widerstand. Widerstand leistet allerdings auch die 6-Gang Automatik, die selbst bei viel Gas lieber in den höheren Gängen verweilt. Ein Kickdown bietet zwar den maximalen Schub, aber es muss ja nicht immer gleich volle Kraft voraus sein. Der Griff zu den Paddels ist bei einer zügigen Ausfahrt daher zu empfehlen. Das ESP sieht sich auch eher auf der sichereren Seite und bremst den Kombi ein, bevor das Untersteuern überhaupt einsetzen kann. Deaktivieren lässt sich einzig die Traktionskontrolle, das ESP bleibt stets aktiv.

Kia Optima SW
Das handliche Lenkrad liegt perfekt in der Hand und macht obendrein noch Freude.

Allzu hart rannehmen sollte man den Optima also nicht. Wer nicht gleich an die Grenze des Autos gehen möchte, hat viel Spass, den grossen Koreaner schnell um lang gezogene Kurven zu scheuchen. Der Motor ist mit seinen 180 kW jeder Situation gewachsen und dreht auch gerne bis ganz nach oben, allerdings tönt er dabei eher wie ein Staubsauger als ein Automotor. Dafür bekommt man innen die volle Dröhnung an künstlichem Motorsound um die Ohren geworfen. Der schlecht gemachte und aufdringliche Sound Symposer ist massiv zu viel des Guten und lässt sich nicht mal deaktivieren. Nervig!

Kia Optima SW
Hinten kann man sich richtig ausstrecken!

Deshalb kommt eine Empfehlung meinerseits, die eigentlich untypisch ist für mich: Im Alltag fährt man den Kia am besten im Eco Modus. Das Gute am Eco Modus ist nämlich, dass die Automatik sich sofort auf die höchstmöglichen Gänge stürzt, das Auto dabei aber dennoch nicht zugeknöpft wirkt. Ausserdem ist der Sound Symposer in diesem Modus immerhin ein bisschen dezenter. So wird aus dem Optima genau das, was er am besten sein kann: Ein komfortabler, gemütlicher Kombi mit gutem Handling und ausreichenden Leistungsreserven. Nur bei zügigen Fahrten empfiehlt sich der Sport Modus mit schärferem Gas und härterer Lenkung. Den Normal Modus kann man sich schenken.

Kia Optima SW
Das Interieur ist geräumig und edel.

Obendrein ist der schicke Koreaner auch technisch mit fast allem ausgerüstet, was heute zum guten Ton gehört. Nur ein Stau-Assistent fehlt. Der aktive Spurhalteassistent, der beim Hyundai Tucson noch mit harschen Lenkeingriffen störte, arbeitet beim Optima nun sanft und unauffällig. Sehr gut! Weniger gut ist dafür das Licht. Die LED-Abblendscheinwerfer mit aktivem Kurvenlicht sind noch toll, aber offenbar wurde am Fernlicht gespart. Man sieht nämlich genau den Übergang, wo das Abblendlicht zu Fernlicht wird, da letzteres viel schwächer strahlt. So sieht man auch mit Fernlicht nur in die Nähe gut, die Weite ist bloss dürftig ausgeleuchtet.

Kia Optima SW
Die Sportsitze geben guten Seitenhalt.

Trotzdem kann ich zusammenfassend nur sagen, dass der Optima Sportswagon GT der beste Kia ist, den ich bisher fahren konnte. Es sind nur drei Punkte, welche die Koreaner unbedingt ausbessern müssen: Den Sound Symposer leiser, den Touchscreen dunkler und das Fernlicht heller machen. Abgesehen davon ist nur der Testverbrauch von 9,0 l/100 km zu kritisieren, aber bereits auf dem Papier ist der starke Benziner alles andere als sparsam. Ausserdem wird auch noch der Diesel angeboten, obwohl sich der Spass auf der Landstrasse dann eher in Grenzen halten dürfte. Der Testwagen Preis von 48’490 Franken ist immer noch Kia-Like: Sehr fair, obwohl die Koreaner mit dem Optima eindrucksvoll zeigen, dass sie immer besser werden, obwohl sie schon immer gut gewesen sind!

Kia Optima SW
Als Kombi wird der Optima in der Schweiz durchstarten. Das Rüstzeug dazu hat er auf jeden Fall.

Alltag 5 out of 5 stars

Der Optima SW ist deutlich praktischer als die Limousine. Der Kofferraum glänzt durch seine tiefe Ladekante und die Unterteilbarkeit, die Bein- und Kopffreiheit im Fond sind mehr als ausreichend. Zahlreiche Assistenzsysteme unterstützen die Fahrt, einzig das Fernlicht ist nachts zu schwach.

Fahrdynamik 4 out of 5 stars

Das Handling hat Kia stark verbessert, vor allem die Lenkung ist sehr gut geworden. Das Fahrwerk ist ausgewogen, der Motor kräftig, das Getriebe eher verhalten. Der Optima hat nichts gegen sportliche Ausflüge, aber zu hart rannehmen sollte man ihn nicht, dafür ist er nicht gebaut. Schade, tönt hinten raus überhaupt nichts.

Umwelt 3 out of 5 stars

Der Testverbrauch von 9,0 l/100 km ist angesichts des Normverbrauchs von 8,2 l/100 km keine Überraschung. Hoch ist der Verbrauch trotzdem und eine Start-Stopp-Automatik für den Benziner hat sich Kia ebenfalls gespart.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Kia hat das Format des Optima genutzt und eine schöne, lang gestreckte Silhouette gezeichnet. Das Auto wirkt sportlich, ohne aggressiv zu sein. Das Heck ist besonders gut gelungen.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Hübsches Design
+ Qualitativ sehr hochwertiger Innenraum
+ Extrem grosszügige Platzverhältnisse
+ Top Sportsitze vorne
+ Leicht verständliches Infotainmentsystem, einfache Bedienung
+ Viele Assistenzsysteme erhältlich
+ Kräftiger Motor, der gerne hochdreht
+ Ausgewogenes Fahrwerk mit hohem Komfort
+ Direkte Lenkung, handliches Lenkrad
+ Sehr fairer Preis
+ Umfangreiche Ausstattung

– Hoher Verbrauch, keine Start-Stopp Automatik
– Nerviger Sound Symposer
– Touchscreen im Dunkeln zu hell
– Schwaches Fernlicht

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellKia Optima SW
Preis Basismodell / Testwagen29 950 CHF / 48 490 CHF
AntriebBenzin, Frontantrieb
Hubraum / Zylinder1998 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe6-Gang Automatikgetriebe
Max. Leistung180 kW bei 6000 r/min
Max. Drehmoment353 Nm bei 4000 r/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h7,6 s
Vmax232 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz8,2 l/100 km / 191 g/km / G
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz9,0 l/100 km / 210 g/km / +10%
Länge / Breite / Höhe4,86 m / 1,86 m / 1,46 m
Leergewicht1795 kg
Kofferraumvolumen552 - 1686 l

Bilder: Koray Adigüzel

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