Antidepressiva: Mazda MX-5

Kennt ihr diese Tage, an denen die Laune einfach seit dem Aufstehen im Keller ist und sie auch keine Anstalten macht, sich zu bessern? Keine Sorge, Besserung naht, denn ich habe soeben das ultimative Mittel gegen jegliche Art von Depression, schlechte Laune, etc. gefunden. Das Gute an meinem Mittel ist, dass ihr es rezeptfrei beziehen könnt. Der Haken ist, dass es vergleichsweise teuer ist. Aber mein Mittel wird auch nicht geschluckt, es wird gefahren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Heilungseffekt trifft sofort ein, er ist äusserst nachhaltig und der Besitz eines MX-5 wirkt darüber hinaus vorbeugend.

Nur schon, wie der Mazda einen frech ankuckt mit seinem herausforderndem Blick. Der MX-5 wirkt mit seiner Seitenlinie und der flachen, verhältnismässig langen Haube sehr sportlich, aber nicht aggressiv. Vielmehr scheint er ein waches, keckes Kerlchen zu sein. Ich sage bewusst Kerlchen, denn er ist wirklich winzig. Gerade einmal 3,92 Meter lang und nur 1,22 Meter hoch. Schade, hat sich niemand die Mühe gemacht, die Antenne geschickt in die Karosserie zu integrieren. Aber über solche Kleinigkeiten zu motzen, ist bei diesem Auto eh total fehl am Platz.

Mazda MX-5
Schwierig, sich diesem Blick zu entziehen.

Ich passe mit meinen 1,85 Meter, breiten Schultern und gewissen überflüssigen Pfunden gerade noch perfekt ins Auto rein. Wer besonders gross oder breit gebaut ist, könnte Probleme kriegen. Die Sitzposition ist erfreulich tief, weniger erfreulich ist dagegen das nur höhenverstellbare Lenkrad. Dafür verfügt der MX-5 über das schnellste Verdeck aller Cabrios. Handgriff eins, Verdeck entriegeln; Handgriff zwei, Verdeck nach hinten schmeissen; Handgriff drei, Verdeck reindrücken damit es einrastet, fertig. Dauert keine fünf Sekunden und jetzt kann der grosse Spass beginnen.

Mazda MX-5
Hinten ist er braver, allzu knackig ist der Hintern nicht geraten.

Zu meinem Entzücken röhrt der kleine Roadster beim Starten beeindruckend los, das Getriebe mit ultra-kurzen Schaltwegen ist genauso knackig, wie ich es erwartet habe. Erster Gang eingelegt und grinsend wie ein Honigkuchenpferd rolle ich los. Mazda verspricht mit dem MX-5 das «Jinba-Ittai» die Einheit von Auto und Fahrer. Die Japaner versprechen nicht zu viel. Man bekommt sofort ein unmittelbares Gefühl für den Roadster, was durch die hervorragende Übersicht – übrigens auch im geschlossenen Zustand – verstärkt wird. Während ich diese Zeilen hier schreibe, habe ich bereits mit der brachialen Beschleunigung vom Audi R8 Bekanntschaft gemacht. Trotzdem gibt mir der MX-5 etwas, was mir auch der schnellste Supersportler nicht geben kann.

Mazda MX-5
Aus dieser Perspektive wird deutlich, wie klein er ist.

Gefahrlosen Fahrspass! Ich versuche, es anschaulich zu erklären. Ich fahre mit Tempo 80 auf eine enge Kurve zu, aber durch die tiefe Sitzposition, das kleine Auto und dem offenen Dach kommt es mir vor als würde ich mit 120 km/h auf die Kurve zurasen. Kurz vor der Kurve steige ich auf die Bremse, eine kurze, aber harte Verzögerung. Keine Keramikbremsen im Format Gullydeckel machen das möglich, sondern ganz einfach wenig Gewicht. Wieselflink lenkt der MX-5 mit seiner leichtgängigen, aber präzisen Lenkung ein, das Heck scheint dank Differentialsperre miteinzulenken und trotz «nur» 118 kW kommt der Hintern bei wilder Gangart quer. Aber auf eine gutmütige, beherrschbare Art und Weise. Anschliessend kann ich wieder beschleunigen, mich durch die Gänge klacken, erschrecken, weil ich gefühlt 130 fahre, aber beim Blick auf den Tacho grinsen, weil es eben doch nur knapp 100 km/h sind. Das macht Laune!

Mazda MX-5
Macht auch geschlossen eine gute Figur.

Bei Über-Sportlern, bei denen der Motor halb so viel wiegt wie der Mazda, ist das ganz anders. Die Beschleunigung ist zwar irre, aber man fährt mit dem Messer zwischen den Zähnen. Schnell und guter Dinge durch enge Kurven fetzen? Im MX-5 kein Problem, bei groben Geräten ist das Popometer stets in erhöhter Alarmbereitschaft. Mein Cousin wird bald 18 und brennt darauf, endlich selber fahren zu dürfen. Den Schlüssel zum MX-5 würde ich ihm sofort zuwerfen und auf der Beifahrerseite einsteigen. Den Schlüssel zum R8 würde ich sicherheitshalber selber behalten.

Mazda MX-5
Das Interieur ist eng, aber die Recaro Sitze sind grandios.

Worauf will ich hinaus? Die grosse Faszination oder das Wow-Erlebnis bietet der Mazda nicht, dafür ist er schlicht zu schwach. Doch was er bietet, ist eine grosse Portion ehrlichen und bezahlbaren Fahrspass. Einen grossen Anteil daran hat natürlich das versenkbare Dach, aber seine wahre Geheimwaffe ist sein geringes Gewicht. Wahre Agilität kommt eben nicht durch ausufernde Pferdestärken, sondern durch wenig Pfunde. Für 37’650 Franken bekommt man von Mazda das komplette Paket an Ausstattung und Fahrspass geliefert. Es gibt auch noch einen kleineren Motor, aber ich würde schon den Stärkeren empfehlen. Etwas mehr Leistung kommt dem Spass sicher zu Gute. Wer einen Mazda MX-5 sein eigen nennt und beim aufstehen weiss, dass er anschliessend gleich oben ohne losdüsen kann, kommt nicht nur wach, sondern auch gut gelaunt am Ziel an.

Mazda MX-5
Einer der Hauptgründe, warum dieses Auto so toll zum Fahren ist.

Alltag 2 out of 5 stars

Platz ist logischerweise rar im MX-5. Ein grosses Ablagefach ersetzt das Handschuhfach und im Kofferraum hat es gerade einmal Platz für zwei kleine Koffer. Mehr als ein Weekendtrip zu zweit liegt kaum drin. Als Zweitwagen ist er hingegen wieder sehr reizvoll.

Fahrdynamik 5 out of 5 stars

Der Mazda ist der Kurvendynamiker und Fahrspassgarant schlechthin. Bei der Beschleunigung hängt ihn zwar schon ein Golf GTI ab, aber dieses flinke, agile und direkte Einlenken und das leicht mitdrehende Heck dank Sperrdifferential macht ihm so schnell keiner nach. Leichtbau sei dank.

Umwelt 4 out of 5 stars

Obwohl der Mazda über diverse Bergstrassen gejagt worden ist, liegt der Testverbrauch mit 7,3 l/100 km nur gering über dem Normverbrauch von 6,6 l/100 km. Eine normale Fahrweise ohne sportliche Exzesse bringt den Verbrauch schnell unter sechs Liter. Auch hier wieder: Leichtbau sei Dank.

Ausstrahlung 4.5 out of 5 stars

Der kleine Mazda wirkt frech, keck und schnittig, sowohl offen, als auch geschlossen. Einzig die dürre Antenne hätte man etwas eleganter lösen können.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Schnittiges Design
+ Geringes Gewicht
+ Erstklassige Sitze
+ Simples und intuitives Mediasystem
+ Super Sportfahrwerk
+ Knackiges Getriebe
+ Agiles und direktes Handling
+ Tolles Fahrfeeling dank Saugmotor
+ Adaptive LED-Scheinwerfer
+ Schnelles, manuelles Verdeck
+ Tiefer Verbrauch
+ Attraktiver Preis

– Lenkrad nur in der Höher verstellbar
– Wenig Platz auf der Beifahrerseite
– Kleiner Kofferraum

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellMazda MX-5
Preis Basismodell / Testwagen23 900 CHF / 37 650 CHF
AntriebBenzin, Heckantrieb
Hubraum / Zylinder1998 / R4 längs
Motoranordnung / MotorkonzeptFront-Mittelmotor / Saugmotor
Getriebe6-Gang manuell
Max. Leistung118 kW bei 6000 r/min
Max. Drehmoment200 Nm bei 4600 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h7,3 s
Vmax214 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz6,6 l/100 km / 154 g/km / G
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz7,3 l/100 km / 170 g/km / +11%
Länge / Breite / Höhe3,92 m / 1,74 m / 1,22 m
Leergewicht1075 kg
Kofferraumvolumen130 l

(Bilder: Koray Adigüzel)

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