Pulsbeschleuniger: Mercedes-Benz A-Klasse

Wenn man die Neue und die bisherige A-Klasse miteinander vergleicht, kann eigentlich kaum noch von einem Nachfolger die Rede sein. Viel mehr wurde ein völlig neues Auto auf die Räder gestellt, welches weiterhin als A-Klasse verkauft wird. Die neue A-Klasse soll nicht mehr Senioren, sondern Junioren ansprechen. Um das zu erreichen, setzten die Entwickler voll auf Sportlichkeit, was am Design sehr gut zu erkennen ist. Zu leiden hat dafür der praktische Nutzwert dieses Autos.

Von vorne betrachtet sieht die neue A-Klasse richtig böse aus. Wie eine geduckte, sprungbereite Raubkatze kauert sie flach über dem Asphalt. Grosszügige Lüftungsschlitze, grimmige Scheinwerfer, eine niedrige Dachlinie und konvexe, sowie konkave Formen auf der Seitenlinie wirken sehr dynamisch und suggerieren Sportlichkeit, nur von hinten betrachtet wirkt der neue Jungspund aus dem Hause Daimler trotz Dachspoiler und zweiflutiger Abgasanlage eher brav.
Im Innern geht es mit den tief geschnittenen Sportsitzen, dem unten abgeflachten Lenkrad und den Alu-Pedalen genauso sportlich weiter. Das Interieur wirkt edel und übersichtlich, man findet sich schnell mit den Knöpfen zu recht. Mit dem optionalen Command Online Mediasystem lassen sich sogar Mercedes-Apps, wie beispielsweise eine Parkplatzsuche installieren, oder man kann im Internet surfen und auf social Networks zugreifen. Voraussetzung ist, dass via Mobiltelefon eine Bluetooth Verbindung (Tethering) aufgebaut wird. Klingt in der Theorie wunderbar, im Praxistest mit meinem iPhone 4S hat es nicht geklappt. Ich habe mich aber auch nicht allzu intensiv damit beschäftigt.
Damit die Optik allerdings so sportlich daherkommt, ist das AMG Sport Paket notwendig. Doch so schön die A-Klasse auch aussehen mag, hinter der B-Säule wird es eng. Im Fond sind Bein-, Kopf-, sowie Ellbogenfreiheit beschränkt und der Kofferraum fasst nur 341 Liter, ausserdem ist die Ladeluke schmal und die Ladekante hoch. Ebenfalls zu kurz kommt die Übersichtlichkeit. Rundum sind die Fensterflächen klein, die Säulen sind dafür breit geraten. Parksensoren sind zu empfehlen.

Getestet wurde das Modell A250 BlueEfficiency mit dem AMG Sport Paket. Mit einer Leistung von 211 PS und einem Drehmoment von 350 Nm ab 1500 Umdrehungen geht es sehr forsch vorwärts. Nur 6.6 Sekunden vergehen bis Tempo 100, der Vortrieb endet ist erst bei 240 km/h. Das sind für die Kompaktklasse sehr sportliche Werte, doch dem 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe (die beiden stärksten Motorisierungen gibt es ausschliesslich mit Automatikgetriebe) fehlt der Feinschliff. Beim langsamen Fahren im Stau ruckelt es immer wieder mal und beim Kickdown vergehen gefühlte zwei Sekunden, bis das Getriebe sich endlich für einen passenden Gang entschieden hat. Doch wenn der ersehnte Schub dann endlich kommt, ist er sehr kräftig und der aufgeladene Vierzylinder brüllt laut auf. Die Schaltvorgänge im normalen Fahrbetrieb sind flink und beinahe unmerklich.
Im AMG Sport Paket ist selbstverständlich ein Sportfahrwerk enthalten, welches die A-Klasse zusammen mit der sehr direkten Lenkung präzise und schnell durch Kurven fahren lässt. Auch auf festgefahrenem Schnee lässt sich der kleine Benz kaum aus der Ruhe bringen, allerdings wird die Fahrt aufgrund der sehr harten Fahrwerksabstimmung recht holprig. Während dem Fahren hat man jederzeit die Möglichkeit, zwischen den Modi Eco, Sport, und Manuell zu wechseln. Im manuellen Modus kann man sich den Spass erlauben und beim beim Ausrollen an der Ampel schön die Gänge runterschalten, so dass aus den Endrohren ein sattes Knurren zu entnehmen ist. Eine positive Überraschung erlebte ich an der Tankstelle. Da der Bordcomputer einen Verbrauch von 7.3 L/100 km meldete, staunte ich nicht schlecht, dass in Tat und Wahrheit nur 7.0 L/100 km durch die Einspritzdüsen flossen. Das ist, besonders im Winter, nicht weit von der Werksangabe (6.2 L/100 km) entfernt.
Die A-Klasse lässt sich auf Wunsch mit zahlreichen Assistenzsystemen und sonstigem Komfort aufrüsten: Adaptiver Tempomat, Sitzheizung, Spur- und Tot-Winkel-Assistent, Kurvenlicht, etc. Serienmässig dabei ist das Pre Safe System, welches bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h automatisch eine Notbremsung durchführt, wenn eine Kollision droht. Für mich völlig neu war, dass sich der Sicherheitsgurt nach dem Motorstart automatisch so verstellt, dass er bestmöglichst anliegt. Eine nette Eigenschaft, die man so auffassen kann, als ob sich das Auto um die Insassen sorgt und sie immer gut festhalten möchte.

Die neue A-Klasse startet preislich bei 33’300 CHF mit dem 122 PS Benziner. Für die Basis A250 BlueEfficiency sind dann schon 43’300 CHF fällig und der Testwagen, welcher praktisch mit allen Extras ausgestattet war, schlägt mit stolzen 65’919 CHF zu buche. Vom Basispreis her, ist die A-Klasse im Vergleich mit den ähnlich motorisierten Konkurrenten (Audi A3, 180 PS, Automatik: 41’900 CHF, BMW 1er, 218 PS, Automatik: 41’200 CHF, Volvo V40, 180 PS, Automatik: 37’150 CHF) das teuerste Auto.
Zum Abschluss aber noch ein kleines Highlight: Die bravste A180 BlueEfficiency hat einen cw-Wert von nur 0.26, dies ist der beste Wert in der Kompaktklasse. Schade nur, dass mit den dicken Spoilern und Schwellern des AMG Packets, was ja sportlicher wirken soll, der cw-Wert auf 0.31 steigt.

Alltag ★★★☆☆

Die neue A-Klasse bringt bequem zwei Personen samt Gepäck ans Ziel, aber hinter der B-Säule ist es dann recht eng. Leider fehlt beim Manövrieren die Übersicht, was durch Parksensoren und Rückfahrkamera einigermassen kompensiert wird. Das harte Fahrwerk mögen nicht alle Passagiere. Mit einer starken Motorisierung ist der Verbrauch als absoluter Wert ausserdem nicht mehr niedrig.

Fahrdynamik ★★★★★

Im A250 steckt gehörig Dampf unter der Haube, es steht immer ausreichend Leistung zur Verfügung. In Verbindung mit dem Sportfahrwerk bedarf es schon krasse Manöver, um den Wagen an seine Grenzen zu bringen. Die Lenkung ist sehr direkt und die Bremsen bissig. Einzig der Kickdown könnte schneller sein.

Umwelt ★★★★☆

Die Dieselmotorisierungen sind alle genügsam und fallen in die Energieeffizienzkategorie A. Die Benziner genehmigen sich naturgemäss etwas mehr und bewegen sich in der Effizienzkategorie zwischen B und D. Alle Motoren sind mit einer Start-Stopp-Automatik versehen und erfüllen bereits die Abgasnorm Euro 6.

Ausstrahlung ★★★★★

Mit ihrem sportlich-aggressiven Design ist die A-Klasse ein Blickfang. Sie wirkt kraftvoll und zugleich edel.

Fazit ★★★★☆

+ Leistungsfähiger Motor
+ Sehr hohe Fahrdynamik
+ Start-Stopp-Automatik und Euro 6 Abgasnorm
+ Angemessener Verbrauch
+ Umfangreiches Multimediasystem inkl. High-End Hi-Fi Anlage
+ Automatisch abblendende Aussenspiegel (Spiegel Paket vorausgesetzt)

– Kickdown kommt verzögert
– Schlechte Rundumsicht
– Kleiner Kofferraum, Platz im Fond beschränkt
– Hoher Preis

(Bilder: Daimler)

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