Mercedes-AMG C43 Cabrio: Star in der Manege

Ist das noch ein Auto oder schon ein Ausstellungsstück? Im C43 Cabrio wird das Fahren trotz AMG-Technik fast zur Nebensache. Man kann sich am Design gar nicht sattsehen und doch stürmt das Cabrio so vehement davon, dass es einem fast die Kopfbedeckung wegbläst. Noch selten ist mir ein Auto untergekommen, dass so selbstsicher Stil und Sportlichkeit miteinander verbindet. Dieses Auto ist einfach sexy und macht sowohl auf der Passspitze, als auch in der Innenstadt eine gute Figur – ach was, eine brillante Figur.

Manchmal frage ich mich, ob die Mercedes-Designer früher in der Schmuck-Branche tätig waren. Nichts anderes als ein gigantisches Schmuckstück ist das C-Klasse Cabrio nämlich. In diesem für Mercedes typischen Irdiumsilber, dem Diamantgrill, den schönen 19″-Felgen und LED-Scheinwerfern und dem perfekt passenden blauen Stoffdach bleibt einem fast die Kinnlade unten. Angesichts soviel Schönheit verblassen sogar italienische Superstars vor Neid.

2017 Mercedes-AMC C43
Die Proportionen bei diesem Auto sind einfach perfekt.

Das Interieur ist ebenfalls eine Augenweide – ein Traum aus Leder, Aluminium und Klavierlack, alles bestens in Szene gesetzt von der Ambientebeleuchtung. Was auch immer man anschaut oder anfasst, es strahlt pure Qualität aus. Die Sportsitze schmeicheln dem Körper und selbst hinten kann man es aushalten, wenn vorne kein Riese sitzt und man selber keiner ist.

2017 Mercedes-AMC C43
Das Stoffdach stört die Linie kein bisschen.

Etwas altbacken wirkt einzig das Bediensystem (das erst noch schweineteuer ist), doch das kann auch daran liegen, dass ich bereits mit der E-Klasse das Vergnügen hatte. Apropos teuer: Damit das Cabrio so schön aussieht, wie auf den Bildern, erfordert es ein paar Kreuzchen auf der Aufpreisliste.

2017 Mercedes-AMC C43
Der Sound vom V6 ist dezent, aber sehr kernig.

Leider ist das Cabrio beim Striptease nicht ganz so schnell wie beim Fahren. Innert 20 Sekunden soll das Verdeck unten sein, gefühlt dauert es noch länger. Immerhin ist das Ganze bis Tempo 60 möglich. Sind die Seitenscheiben unten, windet es ganz schön ins Auto hinein, sodass echtes Cabrio-Feeling aufkommt. Doch der Wind lässt sich in mehreren Stufen mildern.

2017 Mercedes-AMC C43
Die Front ist aggressiv, aber nicht aufdringlich.

Mittels Knopfdruck fährt das Windschott hinter den Rücksitzen hoch, ausserdem fährt eine Art Spoiler über der Windschutzscheibe aus, der den Wind über das Auto leitet. Sinnvoll, nur sieht das leider wie eine hässliche Beule aus. Eine wahre Wohltat ist dagegen die Airscarf genannte Nackenheizung, die gerade bei nächtlichen Cabrio-Fahrten für wohlige Wärme sorgt.

2017 Mercedes-AMC C43
Erstklassiger Sitzkomfort dank endlosen Verstellmöglicheiten.

Fahrerisch gibt sich das C43 Cabrio athletisch, doch ein Vollblut-Sportler ist es nicht. Der Biturbo-V6 ist zwar nicht besonders laut und verkneift sich obszöne Geräusche, doch der Sound ist schön kernig und sonor. Die 9-Gang Automatik verschaltet sich trotz den vielen Gängen nie und sorgt stets dafür, dass man nicht aus dem Flow gerät.

2017 Mercedes-AMC C43
Schöne Details.

Man kann mit dem C43 zwar sehr schnell unterwegs sein, doch es fühlt sich komischerweise nicht so schnell an. Vielleicht, weil das Auto so leicht zum Fahren ist? Jedenfalls lässt sich das Cabrio in Kurven nicht aus der Ruhe bringen und folgt stoisch der vorgegebenen Linie. Nur wer das ESP komplett ausschaltet und voll aus einer engen Kurve beschleunigt, bringt das Heck in Bewegung. Ansonsten ist dieses Auto die Ruhe selbst.

2017 Mercedes-AMC C43
Es steht zwar AMG drauf, eine wilde Seite sucht man im C43 aber vergebens.

Das dürfte der grösste Vorteil des C43 im Vergleich zu seinem grossen Bruder sein. Da der kleine AMG ausschliesslich mit Allradantrieb und der grosse nur mit Heckantrieb erhältlich ist, dürfte sich mancher Interessent zu Gunsten des 43ers entscheiden. Der C63 AMG ist mit seiner überbordenden Kraft und der vergleichsweise schmalen Spur nämlich ein ziemlicher Dampfhammer und erfordert bei sportlicher Fahrt gewisse Reflexe.

2017 Mercedes-AMC C43
Die tiefe Sitzposition und die umschliessende Mittelkonsole geben ein Gefühl von Geborgenheit, trotz offenem Dach.

Im C43 geht alles ruhiger und gesitteter zu. Ob flanieren oder sportlich fahren, ob selber fahren oder dank den zahlreichen Assistenzsysteme fast fahren lassen, das C43 Cabrio kriegt alles problemlos auf die Reihe. Trotz vier Plätzen ist das Cabrio eher für zwei Personen gedacht. Der 99’960 Franken teure Testwagen hat nicht ganz alles an Bord, Mercedes lässt sich viele schöne Features nochmals happig bezahlen. Doch der Grad an Perfektion, den dieser Mercedes wieder mal aufweist, lässt alle Zweifel und Skepsis einfach so verpuffen.

2017 Mercedes-AMC C43
Viele bewundernde Blicke sind dem C43 Cabrio gewiss.

Alltag 3.5 out of 5 stars

Der Kofferraum ist ziemlich knapp bemessen, auch mit geschlossenem Dach. Dafür kann man hinten einigermassen kommod sitzen. Aber ist das in einem Cabrio eigentlich wichtig?

Fahrdynamik 4.5 out of 5 stars

Egal, wie hart man dieses Auto rannimmt, es verliert nie die Contenance. Wie lange der C43 stabil bleibt, ist bemerkenswert. Der Motor hat Punch und bringt ihn dank Allradantrieb und dem famosen 9-Gang Getriebe perfekt auf die Strasse. Soviel Gelassenheit ist man sich von AMG gar nicht gewohnt und ein bisschen habe ich die wilde Seite im Auto vermisst.

Umwelt 3.5 out of 5 stars

Mit 8,9 l/100 km Testverbrauch lag ich nur einen halben Liter über dem Normverbrauch und das trotz einigen sportlichen Runden. Für ein sportliches Cabrio ist das völlig in Ordnung.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Ein bisschen wirkt dieses Auto wie die Models in den Hochglanz-Magazinen, nämlich perfekt retuschiert. Bloss: Hier ist nichts retuschiert, sondern alles echt. Eine Augenweide.

Fazit 5 out of 5 stars

+ Wunderschönes Design, innen und aussen
+ Zahlreiche sehr gute Assistenzsysteme erhältlich
+ Schöner Motorklang
+ Perfektes Getriebe
+ Extrem neutrales Fahrverhalten
+ Bei geschlossenem Dach für ein Cabrio sehr leise
+ ESP dreistufig deaktivierbar
+ Adaptives Fahrwerk mit guter Spreizung
+ Direkte Lenkung mit guter Rückmeldung
+ Einwandfreie Ergonomie
+ Sehr edle Materialien und perfekte Verarbeitung
+ Präzises LED-Fernlicht
+ Akzeptabler Verbrauch

– Hoher Preis, viele und teure Extras
– Langsamer Verdeckmechanismus
– Knapp bemessener Kofferraum

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellMercedes-AMG C43 Cabrio
Preis Basismodell / Testwagen80 700 CHF / 99 960 CHF
AntriebBenzin, Allradantrieb
Hubraum / Zylinder2996 ccm / V6
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Biturbomotor
Getriebe9-Gang Automatikgetriebe
Max. Leistung270 kW bei 5500 - 6000 r/min
Max. Drehmoment520 Nm bei 2000 - 4200 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h4,8 s
Vmax250 km/h (elektronisch abgeregelt)
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz8,4 l/100 km / 192 g/km / G
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz8,9 l/100 km / 203 g/km / +6%
Länge / Breite / Höhe4,69 m / 1,81 m / 1,40 m
Leergewicht1870 kg
Koffer­raum­volumen285 - 360 l

Bilder: Koray Adigüzel

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