Mini Cooper: Teurer Spielspass

Mini ist wohl die jugendlichste aller Automarken, bekannt für das Go-Kart Feeling und das sprichwörtliche Fahren wie auf Schienen. Dass Mini Autos für Junge und Junggebliebene baut, wird schnell deutlich: Es sind viele bunte Lackfarben erhältlich, in der Preisliste bläht eine junge Frau einen Kaugummi auf und das Auto begrüsst den Fahrer beim Einsteigen mit einem Zwinkern im Bordcomputer. Kein Wunder, fühle ich mich als 22-jähriger bei dieser Marke abgeholt. Da Mini zu BMW gehört, sind die Erwartungen an die Material- und Verarbeitungsqualität natürlich entsprechend hoch, auch wenn Mini Autos unter vier Meter Länge baut. Werden diese Erwartungen erfüllt? Und kann der Mini Cooper mit seinem schnatternden Dreizylinder und dem Standardfahrwerk tatsächlich das Go-Kart Feeling beschwören? Ist der Preis auf junge Leute und deren Budget angepasst? Auf zur Suche nach Antworten.

Das Leben als Mini Designer stelle ich mir schwer vor. Insbesondere beim Mini Cooper, dem Standardmodell, muss peinlich darauf geachtet werden, das Design bei jeder Überarbeitung möglichst behutsam anzupassen. Ein Mini Cooper ist ein Mini Cooper, das Design ist weitgehend vorgegeben und lässt deutlich weniger Spielraum zu als eine ausgefallenere Version, wie beispielsweise der Paceman. Worauf will ich hinaus? Da dies mein erster Kontakt mit Mini ist, kenne ich mit den Ahnen nicht sonderlich gut aus. Hätte der aktuelle Mini nicht den auffälligen Lichtschweif als Tagfahrlicht und die Glubschaugen als Rücklichter, würde ich den neuen Mini nicht als Neuen erkennen. Überhaupt sind die Lichter bei der Einführung ein ziemliches Reizthema gewesen. Zu gross seien die Lichter geworden und der Mini so zu feminin. Nun, mir persönlich gefällt der Lichtschweif vorne, er wirkt wie Augenbrauen und gibt dem Mini etwas natürliches, menschliches. Die Rücklichter finde ich in der Tat zu gross, aber wie das immer so ist beim Design, muss das jeder für sich selber entscheiden. Der Testwagen, Dunkelblau mit weissem Dach sowie weissen Felgen und Aussenspiegel, hat schon etwas Weibliches an sich. Aber was bedeutet weiblich in der heutigen Zeit schon…

Mini Cooper
Das Design der neuen Generation wurde nur ganz minim angepasst.

Die Zeiten, in denen der Tacho die Grösse einer Familienpizza hatte und in der Mitte des Cockpits prangte, sind vorbei. Die Instrumente sind nun ziemlich klein und in Retro Optik direkt hinter dem Lenkrad platziert, d. h., wenn man das Lenkrad verstellt, bewegen sich die Instrumente mit. Clever. Der analoge Tacho ist aber klein, eigentlich sogar zu klein. Dass man zehn km/h zu schnell fährt, fällt kaum auf. Ich war darum froh um das optionale Head-Up-Display, wunderte mich aber, warum es nur auf eine Plexiglasscheibe und nicht direkt auf die Windschutzscheibe (wie bei BMW-Modellen) projiziert wird. Ein Opfer des Rotstifts? Muss Mini bei der Ausstattung sparen? Ein prüfender Blick durchs Interieur und der Klopftest zeigen, dass ein Mini durchaus um einiges wertiger erscheint und sich auch wertiger anfühlt als viele andere Kleinwagen. Armauflagen aus geschäumten Kunststoff stören jedoch, da ist in meinen Augen am falschen Ort gespart worden.

Mini Cooper
Der LED-Ring um das Zentralinstrument ist cool.

Im Testwagen ist zusätzlich die Verkleidung der rechten Lüftungsdüse locker, man kann das Gehäuse leicht drehen, was definitiv nicht sein sollte. Ob das ein Verarbeitungsfehler, oder das Werk eines besonders grobschlächtigen Beifahrers ist, kann ich nicht sagen. Ebenfalls nicht über alle Zweifel erhaben ist die Bedienung des Infotainmentsystem, da das Bedienfeld ergonomisch ungünstig rechts unter der klappbaren Mittelarmlehne zu finden ist. Als Beifahrer hat man es deutlich einfacher, an die entsprechenden Knöpfe ranzukommen. So, bevor ich den Nörgel-Modus (vorerst) beende, muss einfach noch erwähnt werden, dass die Rücksitze mehr Alibi als wirklich brauchbar sind, wobei man dieses Wissen schon fast voraussetzen kann. Auch der Kofferraum ist mit 211 Liter Volumen wahrlich kein Fass ohne Boden, aber es sind doch 51 Liter mehr als beim Vorgänger. Richtig cool sind dafür die Kippschalter, das grosse LED-Leuchtband um das Zentralinstrument und überhaupt die vielen runden Formen im Mini Cockpit. Mal etwas anderes.

Mini Cooper
Die Kippschalter machen ebenfalls Freude. Sie funktionieren nach oben und nach unten.

Was bei einem Mini nebst der Optik jedoch Priorität hat, ist das Fahrvergnügen. Beim Einsteigen stelle ich fest, dass man im Mini für Kleinwagen-Verhältnisse erstaunlich tief sitzt und sich an den bequemen Sportsitzen erfreut. Während der Platz hinten doch sehr überschaubar ist, ist der Verstellbereich vorne gross und man wähnt sich dank der sich weit vorne befindenden Windschutzscheibe auch in einem grösseren Auto. Auch die hervorragende Über- und Rundumsicht erlebt man so heutzutage nur noch selten. Jetzt aber zu den harten Fakten: Unter der Haube soll ein 1,5-Liter Dreizylinder Turbobenziner die Spieltriebe wecken. Das Aggregat ist brandneu und für einen Dreizylinder auch ungewöhnlich gross. Bisher waren meine Erfahrungen mit Dreizylindern immer mit maximal 1,0 Liter Hubraum bestückt. Trotz der stattlichen Grösse rattert der Motor vernehmlich als Dreizylinder, aber wie ich schon mehrmals auf meinem Blog erwähnt habe, gefällt mir der etwas raue Charme der Dreizylindermotoren. Zu einem Mini passt diese aufgeweckte Soundkulisse sogar sehr gut, zumal der Motor bei hohen Drehzahlen sogar richtig knurrig wird und mit einem sportlichen Sound überrascht. Leider ist der Weg zum sportlichen Sound ziemlich beschwerlich. Das knackige 6-Gang Getriebe ist nämlich eher lang übersetzt, weshalb insbesondere in den Gängen zwei und drei der ersehnte Schub ausbleibt.

Mini Cooper
Die Rücklichter gefallen nicht allen.

Ein cooles Feature ist aber die automatische Zwischengasfunktion. Die arbeitet zwar geräuschlos, dafür ist das Runterschalten, auch um mehrere Gänge, eine sehr geschmeidige Sache. Nichtsdestotrotz wirkt der Motor drehfaul und obwohl er oben heraus am besten klingt und auch am besten anschiebt, könnte man meinen, genau das will das Auto verhindern. Der Sport Modus sorgt zwar für ein stark verbessertes Ansprechverhalten, das Hochdrehen bleibt aber eine zähe Angelegenheit. Das ist schade, denn wie erwartet gibt es an Lenkung und Fahrwerk, obwohl es sich um das Standardfahrwerk handelt, nichts auszusetzen. Je enger die Kurvenradien werden, desto besser kann der Mini Cooper seine grosse Stärke ausspielen. Wer es noch verbindlicher mag, kann ein Sportfahrwerk ordern, wobei der Fahrkomfort in Verbindung mit den 18-Zöllern bestimmt weitgehend auf der Strecke bleiben wird. Aber was kümmert das die junge, dynamische Kundschaft?

Mini Cooper
Die geraden Fensterlinien ermöglichen eine grandiose Rundumsicht.

Der Mini gibt eine hervorragende Rückmeldung und dem Fahrer somit ein gutes Gefühl. Als Zückerchen lassen sich Traktions- und Stabilitätskontrolle separat deaktivieren. Damit dem armen Mini an Bergstrassen aufgrund dem lang übersetzen Getriebe nicht der Atem wegbleibt, sollte man die letzten beiden Gänge gar nicht erst benutzen. Ein eher lang übersetztes Getriebe hat theoretisch einen positiven Einfluss auf den Verbrauch. So sollte der Mini Cooper nur 4,6 l/100 km benötigen. In der Praxis wird dann jedoch häufig mehr Gas gegeben und in niedrigeren Gängen gefahren, damit der Motor endlich auf anständige Drehzahlen kommt. Die Folge davon? Ein Testverbrauch von 6,4 l/100 km. Zu viel für einen normalen Mini, obwohl die Drehzahl auf der Autobahn bei Tempo 130 bei tiefen 2500 Touren bleibt. Apropos Autobahn: Der Mini Cooper verfügt zwar über einen Abstandstempomat, allerdings arbeitet dieser mit einer Kamera anstelle eines Radars. Das hat einerseits zur Folge, dass die Brems- und Beschleunigungsmanöver nicht sonderlich geschmeidig sind, was ja noch erträglich wäre. Viel schlimmer ist aber, dass der Abstandstempomat bereits bei mässig starkem Regen den Geist aufgibt und dann nicht einmal mehr ein konventioneller Tempomat zur Verfügung steht. Deshalb: Finger weg von der aktiven Geschwindigkeitsregelung, sie nervt mehr, als dass sie nützt.

Mini Cooper
Der Kofferraum ist zwar gewachsen, aber er ist immer noch sehr klein.

Viele Fragen sind mir anfangs durch den Kopf gegangen, mittlerweile kenne ich die Antworten. Kurz: Der Mini Cooper ist unter dem Strich ein gutes, spassiges und sympathisches Auto, allerdings mit gewissen Vorbehalten. Einerseits finde ich, dass insbesondere so ein jugendliches und fröhliches Auto wie ein Mini nicht bis ins Detail perfektioniert sein muss. Denn jemand oder etwas, das nicht perfekt ist, kann durchaus auch anziehend wirken. Andererseits habe ich bei einem Testwagenpreis von deftigen 42’380 Franken für nur 3,82 Meter Auto eben doch hohe Anforderungen, die nicht alle erfüllt worden sind. Die Armauflagen aus geschäumtem Kunststoff und der kamerabasierte Abstandstempomat beispielsweise sind angesichts des Preises ein absolutes No-Go. Aber trotz seinen Fehlern muss man dem Mini zugestehen, dass er im Kleinwagensegment definitiv zu den Agilsten gehört, getestet wurde schliesslich die Standardversion und nicht der S. Auch wähnt man sich in einem grösseren Auto, weil er sehr solide und grösstenteils hochwertig ist. Hauptargument ist und bleibt wohl der Coolness-Faktor. Das lässige Image, was sich Mini im Laufe der Jahre erarbeitet hat, ist erstaunlich.

Alltag 3 out of 5 stars

Genauso wie die Grösse, ist auch die Alltagstauglichkeit eine Frage der Perspektive. Während man vorne perfekt sitzt, wird es ab der B-Säule verdammt eng, sowohl für Passagiere, wie auch fürs Gepäck. Dafür ist der Mini handlich und übersichtlich. Für junge Leute reicht der Platz natürlich locker, für junggebliebene Familienväter und -mütter taugt er als Zweitwagen.

Fahrdynamik 4.5 out of 5 stars

An der Agilität gibt es absolut nichts auszusetzen. Flink wieselt der Mini Cooper durch Kurven aller Art, bleibt sehr lange neutral und gibt dem Fahrer ausgezeichnete Rückmeldung. Das lang übersetzte Getriebe dämpft aber den Durchzug. Kräftig genug wäre der Dreizylinder, er klingt oben heraus sogar schön kernig.

Umwelt 2.5 out of 5 stars

6,4 l/100 km lassen sich nur schwer schönreden, zumal das lang übersetzte Getriebe den Verbrauch eigentlich drücken sollte. Ich dachte, da der Dreizylinder ungewöhnlich gross ist, ist der NEFZ-Verbrauch von 4,6 l/100 km vielleicht nicht so eine Utopie, wie bei den sehr kleinen Dreizylindern. Tja, weit gefehlt. 39% Abweichung nach oben sprechen für sich.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Das typische Mini Design kommt nach wie vor gut an, insbesondere in einer Zweifarbenlackierung und/oder mit den legendären Stripes auf der Motorhaube. Mini schafft es gekonnt, das Retro Design behutsam an die Moderne anzupassen.

Fazit 4 out of 5 stars

+ Sehr präzise Lenkung mit ausgezeichneter Rückmeldung
+ Neutrales, agiles Fahrverhalten (ohne Sportfahrwerk!)
+ Knackiges Getriebe mit automatischer Zwischengasfunktion
+ ESP komplett deaktivierbar
+ Tiefe und sportliche Sitzposition
+ Umfangreiches Infotainmentsystem mit zusätzlichen Apps via Smartphone
+ LED Scheinwerfer
+ Gute Übersicht
+ Hochwertige Materialien und Verarbeitung

– Hoher Preis
– Hoher Testverbrauch
– Lang übersetztes Getriebe dämpft die Drehfreude und den Fahrspass
– Sehr enger Fond
– Kamerabasierter Abstandstempomat

Steckbrief

Marke / ModellMini Cooper
Preis Basis­modell / Testwagen25'900 CHF / 42'380 CHF
AntriebBenzin, Frontantrieb
Hubraum / Zylinder1499 ccm / R3
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe6-Gang manuell
Max. Leistung100 kW
Max. Drehmoment220 Nm bei 1250 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h7,9 s
Vmax210 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz4,6 l/100 km / 107 g/km / B
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz6,4 l/100 km / 149 g/km / +39%
Länge / Breite / Höhe3,82 m / 1,73 m / 1,41 m
Leergewicht1160 kg
Koffer­raum­volumen211 - 731 l

(Bilder: Mini)

3 thoughts on “Mini Cooper: Teurer Spielspass”

    • Hy Lisa, sorry, du bist im Spam gelandet. Wenn der Normwert 4,6 Liter beträgt, dann wären 6,0 Liter in meinen Augen die absolute Obergrenze. 6,4 Liter sind zu viel.

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