Renault Mégane GT: Vorspeise mit Nachgeschmack

Der Renault Mégane GT ist bislang die sportlichste Ausrichtung vom neuen Mégane. Über den R.S. ist noch nichts genaues bekannt, deshalb bin ich gespannt darauf, wie sich der Mégane im Alltag schlägt und wie scharf bereits der GT ist. Dabei hat sich gezeigt, dass Renault ein stimmiges Paket, allerdings gespickt mit ein paar «abers» bietet. Gewisse Eigenheiten sollte Renault generell überarbeiten, andere sollten gezielt für den RS angepasst werden.

Wäre dies nur eine Design-Lektion, dann wäre der neue Mégane mit einem «sensationell» abgehakt. Die neue Design-Sprache von Renault macht sich fantastisch, sie wirkt vom grossen Espace bis hin zum kompakten Mégane äusserst stimmig. Vor allem die flachen Scheinwerfer und die kompakten Fensterflächen lassen den Mégane gedrungen auf der Strasse stehen. Die langgezogenen Rücklichter sind einfach nur ein Traum. Der GT wirkt dank den sportlichen Schürzen besonders stimmig, aber auch der normale Mégane macht sich optisch sehr gut und sieht viel spannender aus als das langweilige Einerlei, was sich sonst so in der Kompaktklasse tummelt. Einziger Fauxpas: Die rechte Auspuffblende, hinter der sich gar kein Endrohr befindet. Diese Art von Fakes sind derzeit leider besonders gross in Mode.

Renault Megane GT
Der Hintern ist so knackig, der Mégane könnte glatt ein Italiener sein…

Der Innenraum wirkt schon konventioneller, aber der grosse, vertikale Touchscreen, das digitale Dashboard, die blauen Akzente und vor allem die Alcantara-Sportsitze werten das Interieur massiv auf. Die Materialien sind hochwertig, die Verarbeitung wirkt jedoch an gewissen Stellen, beispielsweise der Sitzverstellung, ziemlich knausrig. Alles andere als knausrig sind dafür die Platzverhältnisse, auch hinten sitzen grosse Personen ganz gut und der Kofferraum entspricht dem klassenüblichen Durchschnitt.

Renault Megane GT
Besonders chic: Die Rücklichter.

Die Erwartungshaltung an den Mégane GT ist – nicht zuletzt wegen seinem tollen Design – hoch. Leider habe ich einige Punkte entdeckt, die Renault ausbessern sollte; aber der Reihe nach. Als GT ist der Mégane direkter Konkurrent vom Peugeot 308 GT. Sie haben nicht nur exakt dieselbe Leistung, sondern sprechen auch dasselbe Zielpublikum an. Sie sind nicht komplett auf Fahrspass und Krawall getrimmt, sondern wollen voll alltagstaugliche Kompakte mit einer guten Portion Sportlichkeit sein. Diese Portion reicht vollkommen aus, sofern man nicht ein Freak ist wie ich, der Autos bei einer Passfahrt an ihre Limits prügelt. Der Mégane GT gefällt mit seinem unauffälligen, ausgewogenem Fahrverhalten und dem brillanten Handling dank der Hinterachslenkung. Wie zackig er einlenkt, ist echt sensationell.

Renault Megane GT
Das coole Blau ist der GT-Variante vorbehalten.

Weniger sensationell ist dafür sein Verhalten, wenn man ans Limit gehen möchte. Erstens funkt einem das Doppelkupplungsgetriebe selbst im manuellen Modus dazwischen und lässt einem die Gänge nicht voll ausdrehen. Cool ist dafür das automatische Runterschalten um mehrere Gänge in den passenden Gang mit maximaler Beschleunigung, wenn man das linke Paddle gezogen hält. Im Gesamtbild kommt das Getriebe jedoch weniger gut weg. Die Schaltvorgänge sind allgemein spürbar – zwar nicht störend, aber das geht heute einfach besser, sodass man fast nichts mehr merkt. Zudem ruckelt es bei langsamer Fahrt hin und wieder. Darum, grosse Bitte: Den R.S. unbedingt auch mit Handschaltung anbieten.

Renault Megane GT
Tolle Sportsitze.

Ebenfalls nicht überzeugt hat mich das strenge ESP, welches früh und spürbar regelt. Bitter ist, dass man es nicht deaktivieren kann, nicht mal ein Sportmodus (das wäre das Mindeste) ist an Bord. Die Rolle vom Mégane GT kristallisiert sich immer weiter heraus. Er ist eher ein schicker Kompakter mit einem tollen Handling und Leistungsreserven, aber ein Sportler ist er nicht. Das ist eigentlich nicht weiter tragisch, allerdings habe ich schon etwas mehr erwartet, schliesslich ist er mit Renault Sport angeschrieben. Ganz kann er sein Versprechen nicht einhalten.

Renault Megane GT
Zeitgemässes Infotainmentsystem und digitales Dashboard, ansonsten ziemlich neutral.

Etwas ratlos bin ich, wenn ich die Preisliste studiere. Irritierend find ich aber nicht die Zahlen, im Gegenteil. Mit einem Preis von 35’950 Franken ist der Testwagen sehr fair ausgeschrieben. Ein Peugeot 308 GT ist teurer, dafür auch etwas edler im Innenraum. Schade finde ich, dass der Tot-Winkel-Warner, eines der nützlichsten Assistenzsysteme, ausgerechnet für den GT nicht erhältlich ist. Ausserdem sagt mir die Preisliste, dass mein Testwagen den optionalen, adaptiven Tempomat an Bord hatte – den konnte ich aber beim besten Willen nicht entdecken. Gemäss Renault liegt das daran, dass es sich beim Testwagen um ein Vorserien-Modell handelt und der adaptive Tempomat bei der Produktion noch nicht verfügbar war. Das heute erhältliche Serienmodell hat aber einen adaptiven Tempomat an Bord. Ausprobieren konnte ich dafür das automatische Fernlicht, aber das macht seinen Job – sorry für den Ausdruck – beschissen. Das System ist Serie, zusammen mit dem Spurhalteassistent, der nur hornt, wie ein Schiff. Auf solche Serienausstattungen könnte ich persönlich verzichten.

Renault Megane GT
Potenzial ist da, aber es ist mit dem GT (noch) nicht voll ausgereizt.

Die Sache mit den Assistenzsystemen ist eine. Jene mit der Fahrdynamik eine andere. Klar ist es wünschenswert, wenn Renault seine Systeme verbessert, aber in Hinblick auf den R.S. habe ich zwei viel dringendere Wünsche: Ein manuelles Getriebe und ein deaktivierbares ESP. Mir scheint, die Jungs von Renault Sport wurden beim GT an einer etwas gar kurzen Leine geführt. Sie sollen beim R.S. bitte freien Auslauf haben. Das wirklich astreine Handling dank der Hinterachslenkung zeigt, was mit dem Mégane machbar ist. Jedoch bleibt ein schaler Nachgeschmack, wenn der mit Renault Sport angeschriebene GT kapituliert, sobald man es sehr sportlich angehen lässt. Renault sollte sich dessen bewusst sein, dass der Ford Focus RS die neue Messlatte in dieser Klasse ist – und die Kölner haben diese verdammt hoch angesetzt. Challenge Accepted, Renault Sport?

Alltag 4.5 out of 5 stars

Der Mégane überzeugt als Kompaktwagen. Seine Allradlenkung macht ihn handlich und seine Platzverhältnisse sind gut. Doof finde ich, dass für den GT der Tot-Winkel-Warner nicht verfügbar ist.

Fahrdynamik 4 out of 5 stars

Besonders hervorzuheben ist sein agiles, direktes und präzises Handling. Man spürt richtig, wie hinten mitgelenkt wird. Das Fahrwerk ist ausgewogen abgestimmt. Nicht so toll sind das Getriebe und das strenge ESP, welches sich nicht schwächen oder deaktivieren lässt.

Umwelt 3.5 out of 5 stars

Zwei Mal wurde der Mégane im Test richtig hart rangenommen, ansonsten wurde er gesittet bewegt. 7,9 l/100 km sind da als Testverbrauch hart an der oberen Grenze. Der Normverbrauch von 6,0 l/100 km wäre sehr gut.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Die flachen Fenster und die schmalen, coolen Lichter verleihen dem Mégane eine schnittige Linie. Der GT wirkt dank den sportlichen Akzenten richtig chic.

Fazit 4 out of 5 stars

+ Cooles Design
+ Agiles Handling
+ Allradlenkung
+ Ausgewogenes Fahrverhalten
+ Tolle Sportsitze
+ Gute Platzverhältnisse
+ Intuitives, grosses Mediasystem
+ Fairer Preis

– Feinschliff beim Getriebe fehlt
– Schlechtes, automatisches Fernlicht
– Schwacher Motorsound, künstlicher Sound innen
– Rigoroses ESP

Mängel am Testwagen

– Audio-Wiedergabe verschluckte sich (Bluetooth-Streaming via Spotify)

Steckbrief

Marke / ModellRenault Mégane GT
Preis Basismodell / Testwagen19 900 CHF / 35 950 CHF
AntriebBenzin, Frontantrieb
Hubraum / Zylinder1618 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe7-Gang Doppelkupplungsgetriebe EDC
Max. Leistung151 kW bei 6000 r/min
Max. Drehmoment280 Nm bei 2400 r/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h7,1 s
Vmax230 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz6,0 l/100 km / 134 g/km / E
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz7,9 l/100 km / 176 g/km / +32%
Länge / Breite / Höhe4,36 m / 1,81 m / 1,44 m
Leergewicht1467 kg
Kofferraumvolumen384 - 1247 l

Bilder: Koray Adigüzel

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