Renault Mégane R.S.: Der GT-R seiner Klasse

Interessierst du dich nur für Autos, mit denen man gemütlich von A nach B fahren kann? Empfindest du keine Faszination für Sportwagen und sportliche Modelle? Wenn du diese beiden Fragen mit «ja» beantworten kannst, dann solltest du diesen Fahrbericht verlassen und dir stattdessen so etwas anschauen. Der Renault Mégane R.S. ist nämlich kein Auto, mit dem man einfach von A nach B fahren möchte – höchstens, wenn man einen netten Umweg via C fährt. Er ist vor allem ein Auto, in dem man gerne einfach so irgendwo hinfährt. Irgendwo, wo man möglichst alleine ist. Ohne andere Verkehrsteilnehmer. Ohne Ordnungshüter.

Bereits die Optik spricht Bände. Eine keilförmige Karosserie, eine hübsch gekrümmte Spoilerlippe, kleine Fenster, Heckdiffusor mit zentralem Endrohr. Dank der Sonderserie sogar von Akrapovič, doch dazu später mehr. Die auf 50 Exemplare limitierte Sonderserie Air 14 setzt mit roten Zierstreifen, einer roten Spoilerlippe und roten Felgen optisch sogar noch einen drauf, sodass wirklich jedem klar sein sollte, wo bei diesem Auto die Prioritäten liegen.

Renault Mégane R.S. Air 14
Das Air 14 Sondermodell sticht mit roten Zierstreifen und roten Felgen aus der Masse heraus.

Die Recaro Schalensitze, welche den Innenraum optisch dominieren, machen ebenfalls auf Anhieb klar, wozu dieses Auto gebaut wurde. Die Schalensitze sehen zwar grandios, aber auch brutal eng und unbequem aus. Doch der Anblick täuscht, die Sitze passen wie angegossen und fühlen sich wie ein zweite Haut an. Wer zierlich gebaut ist, haltet es auch auf der Rückbank ganz gut aus. Warum sich aber Bose Soundanlage und Recaro Sitze nicht miteinander kombinieren lassen, diese Logik versteht man anscheinend nur in Frankreich. Das Alcantara-Lenkrad fühlt sich jedes mal wieder super an und schmeichelt der Hand. Das Material ist ausserdem sehr rutschfest und die rote Nullpunkt-Markierung sorgt fürs richtige Feeling hinter dem Steuer. Als optisches Zückerchen sind auch die Sicherheitsgurte in einem knalligen Rot gehalten.

Renault Mégane R.S. Air 14
Fieses Grinsen vorne…

Ansonsten ist der Innenraum nüchtern und ehrlich gesagt auch nicht besonders schön – die erste Gemeinsamkeit zum Nissan GT-R. Der Touchscreen vom R-Link Multimediasystem ist zwar angenehm weit oben positioniert, aber er ist zu weit weg, weshalb es zusätzliche Bedienelemente zwischen den Sitzen gibt, womit man R-Link blind bedienen kann. Sehr empfehlenswert ist der optionale R.S. Monitor, eine Zusatzsoftware, womit man sich allerlei technische Daten, G-Kräfte, Leistungsdiagramme und noch viel mehr anzeigen lassen kann. Ein Muss, wenn man mit dem R.S. am Racen ist. Die schrägen Instrumente sind allerdings alles andere als hübsch, ausserdem ist der Tacho schlecht ablesbar. An der überflüssigen Radiosteuerung in der Mittelkonsole merkt man dem Mégane R.S. sein eigentliches Alter an.

Renault Mégane R.S. Air 14
…und dicke Backen hinten.

Fährt man los, fällt erst einmal auf, wie zivilisiert sich der Mégane R.S. bewegen kann. Von bösem Motorsound kann keine Rede sein, das Fahrwerk ist zwar straff, aber nicht unbarmherzig hart. Renault hat das Auto dennoch kompromisslos abgestimmt. Normalerweise liefern Turbomotoren bereits bei tiefen Drehzahlen ordentlich Schub, da sie ihr maximales Drehmoment früh entwickeln. Nicht jedoch der Mégane: Unter 3000 Umdrehungen passiert herzlich wenig. Beim Racen sollte man es also tunlichst vermeiden, die Drehzahlen zu tief fallen zu lassen. Moment mal, Racen? Na, wenn Renault schon einen Race Modus mitliefert, warum soll ich dann nicht von Racen sprechen?

Renault Mégane R.S. Air 14
Der Ton macht die Musik: Titan-Auspuffanlage von Akrapovič.

Zwischen dem normalen und dem Race Modus befindet sich noch der Sport Modus, der die Zügel bereits deutlich lockert. Aber nur im Race Modus wird der Sound so richtig böse, ausserdem werden das ESP und die Traktionskontrolle komplett deaktiviert. Dann zeigt der Mégane R.S. sein wahres Gesicht: Der Motor rast ab 3500 Umdrehungen so schnell dem Begrenzer entgegen, dass man der Drehzahlnadel mit den Augen kaum folgen kann. Was für eine Leistungsexplosion! Man spürt richtig, dass der Motor immer mehr will, wie der Schub sich immer steigert und erst ganz oben im Leistungsmaximum gipfelt. Ausserdem röhrt und faucht der Franzose bei hohen Drehzahlen durch die Akrapovič Titan-Auspuffanlage, dass es eine wahre Freude ist! Natürlich sind die Fehlzündungen beim Hochschalten unter Vollast oder beim scharfen Abbremsen inklusive.

Renault Mégane R.S. Air 14
Nummer 01/50. Haben will? Unbedingt den Schluss lesen…

Ebenfalls vollkommen begeistert bin ich vom neutralen Fahrverhalten. Von Untersteuern keine Spur, der Mégane R.S. zieht durch die Kurven, ohne dass die Vorderachse zickt. Die Lenkung arbeitet extrem direkt und gibt exzellentes Feedback für maximale Kontrolle. In meinen Augen ist der Mégane R.S. der heisseste Hot Hatch, den man für Geld kaufen kann. Ja, er hat keinen Allradantrieb und gegen hochgezüchtete Allradmaschinen wie A45 AMG und RS3 hat er leistungstechnisch keine Chance. Aber er kostet nur die Hälfte dessen, was die deutschen Premiumsportler kosten und nur er bietet ehrlichen sowie ungefilterten Fahrspass.

Renault Mégane R.S. Air 14
Die wohl besten Schalensitze, in denen ich je gesessen bin.

Man kann alle elektronischen Helferchen abstellen und vor allem ist er ausschliesslich mit manuellem Getriebe erhältlich – die wichtigste Mensch-Maschinen-Schnittstelle in einem Auto überhaupt. Genau darum ist er der GT-R unter den Kompaktsportlern. Beide pfeifen auf Assistenzsysteme, beide sind innen nicht die Schönsten, beide sind deutlich günstiger als vergleichbare Konkurrenz und beide sind ehrliche und kompromisslose Sportler. Ausserdem klackt bei beiden hörbar das Getriebe – es gibt doch nichts Schöneres, als der Mechanik während der Arbeit zu lauschen! Auch Andreas von Onemorelap war hell begeistert vom Mégane R.S.

Renault Mégane R.S. Air 14
Abgesehen von den Sitzen ist das Interieur eine eher trostlose Angelegenheit.

Hat sich vielleicht jemand auf den ersten Blick in den Mégane R.S., so wie er auf den Bildern steht, verliebt? Tja, da gibt es ein kleines Problem: Nagelneue R.S. Air 14 Modelle gibt es nicht mehr, da nur 50 Exemplare im letzten Jahr in Umlauf gebracht worden sind. Rein technisch ist der Mégane R.S. von der Stange jedoch identisch, lediglich die Akrapovič Auspuffanlage ist exklusiv dem Air 14 vorbehalten. Der Testwagen kostet 48’150 Franken, das R.S. Basismodell ist ab 36’200 Franken erhältlich. Ein hübscher Mégane R.S. – also mit Recaro Sitzen, Remus Sportauspuff, R-Link und Cup sowie Luxe Pack – kostet, je nach gewählter sonstiger Ausstattung, um die 45’000 Franken. Ein heisses Auto zu einem heissen Preis… Ein kleiner Tipp zum Schluss: Das Testauto ist nach meinem Test zum Verkauf freigegeben worden. Mit rund 13’000 Kilometern ist der erste grosse Abschreiber bereits vorbei. Es empfiehlt sich daher, demnächst auf Autoscout nach genau diesem Sondermodell zu suchen, denn es könnte zu einem Schnäppchenpreis angeboten werden. Ich verspreche auch, dass ich sorgfältig mit dem Mégane R.S. umgegangen bin und ihm genügend Auslauf gewährt habe. 😉

Renault Mégane R.S. Air 14
Wer richtig ehrliches R.S.-Feeling sucht, der ist beim Mégane R.S. genau richtig.

Alltag 3 out of 5 stars

Miese Übersicht, enge Kofferraumöffnung, beschränkte Platzverhältnisse hinten, hartes Fahrwerk, hoher Verbrauch, keine Assistenzsysteme. Viel mehr braucht es dazu eigentlich nicht zu sagen. Natürlich taugt er für junge Leute als Alltagsauto, aber man darf nie vergessen, ihm genügend Auslauf zu geben…

Fahrdynamik 5 out of 5 stars

Der Mégane R.S. hat zwar nur Frontantrieb, aber er ist definitiv der König der Fronttriebler, da kann der Rest einpacken. Eine Agilität wie kaum ein anderer, kaum Untersteuertendenz dank mechanischem Sperrdifferential. Der Turbomotor ist zudem eine wahre Drehorgel, hier kann man nicht mehr von Leistungsentfaltung sprechen, das ist vielmehr eine Leistungsexplosion. Das ESP lässt sich zudem komplett deaktivieren.

Umwelt 2.5 out of 5 stars

Zwar verfügt der Mégane R.S. über eine Start-Stopp-Automatik und erfüllt auch die Euro-6 Norm, aber das sind bloss Tropfen auf den heissen Stein. Bereits der Normverbrauch von 7,5 l/100 km zeigt die ungefähre Richtung an und wer ihn artgerecht bewegt, erreicht locker zweistellige Werte. Im Schnitt waren es im Test schliesslich 9,4 l/100 km.

Ausstrahlung 4.5 out of 5 stars

Obwohl der Renault Mégane in seiner Grundform bereits seit 2008 immer derselbe geblieben ist, sieht er dank zwei Facelifts immer noch modern aus. Vor allem der R.S. mit seiner Keilform wirkt sehr sportlich und angriffsslustig. Stören tun nur Details wie die Halogenscheinwerfer, die Glühlampen hinten und die billig wirkenden Türgriffe.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Heisse, keilförmige Karosserieform
+ Kräftiger, drehgeiler Motor
+ Fauchender Sound
+ Knackiges Getriebe mit Widerstand
+ Extrem direkte und präzise Lenkung
+ Erstklassige Recaro Schalensitze
+ Fairer Preis
+ Mechanisches Sperrdifferential

– Sehr schlechte Übersicht
– Hoher Verbrauch
– Halogenscheinwerfer

Steckbrief

Marke / ModellRenault Mégane R.S. Air 14 (nicht mehr erhältlich)
Preis Basis­modell / Testwagen44'500 CHF / 48'150 CHF
AntriebBenzin, Frontantrieb
Hubraum / Zylinder1998 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe6-Gang manuell
Max. Leistung201 kW bei 5500 r/min
Max. Drehmoment360 Nm bei 3000 - 5000 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h6,0 s
Vmax255 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz7,5 l/100 km / 174 g/km / F
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz9,4 l/100 km / 218 g/km / +25%
Länge / Breite / Höhe4,30 m / 1,85 m / 1,43 m
Leergewicht1451 kg
Koffer­raum­volumen344 - 991 l

(Bilder: Koray Adigüzel)

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