SLS AMG Electric Drive: Half Million Dollar Baby

Es wird der teuerste und umweltfreundlichste Mercedes in der Modellpalette: Der SLS AMG Electric Drive, schnellstes Serien-Elektroauto. Wobei umweltfreundlich mit Vorsicht zu geniessen ist, denn die paar Einheiten, welche in Verkehr gesetzt werden, verbessern unser Weltklima nicht. Der Preis von ungefähr einer halben Million Franken (genau: 416.500 €) sorgt schon dafür, dass nicht allzu viele von diesem lautlosen Flitzer in Verkehr gesetzt werden. Aber der Wagen zeigt, was technisch machbar ist. Und er ist die Antwort auf Audis R8 e-tron, dass es noch brachialer geht.

Die optischen Unterschiede zu seinem Bruder mit V8 Motor sind marginal. Front und Heck wurden leicht überarbeitet, es gab einen neuen Kühlergrill, die Scheinwerfer und Rücklichter sind abgedunkelt und selbstverständlich darf das Electric Drive Logo an der Flanke nicht fehlen. Die für den SLS typischen Flügeltüren sind erhalten geblieben. Im Interieur wurde nebst einem neuen Lenkrad hauptsächlich das Kombiinstrument angepasst, so dass der Fahrer jetzt unter anderem den Energieverbrauch und die Akkuladung im Blick hat. Ausserdem werden je nach Lastzustände – Geschwindigkeit, Motordrehzahl, Rekuperation – mit Hilfe des aus elf Lautsprechern bestehenden Soundsystems entsprechende Klänge generiert, um die Lautlosigkeit der E-Motoren zu kaschieren. Mercedes nennt es Soundcleaning. Zur Wahl stehen die drei Fahrmodi Comfort, Sport und Sport Plus.

Unter dem Monocoque aus verstärktem Kunststoff mit Kohlenstofffasern (CFK) steckt noch nie dagewesene Technik. Vier E-Motoren mit einem Gewicht von je 45 Kilo, welche an den Achsen stationiert sind, treiben je ein Rad an, das ergibt einen radselektiven Allradantrieb (diese Bezeichnung stammt ebenfalls vom Mercedes-Marketing) mit einer phänomenalen Fahrdynamik, da das imposante Drehmoment von 1000 Newtonmetern in Kurven individuell verteilt werden kann. Die vier Motoren erzielen zusammen eine Leistung von 552 kW, was 751 PS entspricht. Diese gewaltige Kraft steht quasi ab der ersten Umdrehung zur Verfügung, was den Wagen innert 3.9 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt. Dass der 180 PS schwächere V8 SLS dennoch ein Zehntel weniger für den Paradesprint benötigt, liegt wahrscheinlich am Mehrgewicht des Stromers. Abgeriegelt wird erst bei 250 km/h (R8 e-tron: 200 km/h). Für die Verzögerung sorgen massive Bremsscheiben aus Karbon-Keramik im Format von Gullydeckeln. Es versteht sich von selbst, dass diese Motoren viel Strom fressen. Entsprechend gross ist demnach das Akkupack dimensioniert: 548 Kilo schleppt der Rekordstromer permanent mit sich herum. Die 12 Module mit je 72 Lithium-ionen-Zellen speichern 60 kWh, ca. drei mal soviel wie beim Chevrolet Volt. Das wirft die Frage nach der Ladedauer auf. Mit der im Preis inklusiven (oh Wunder) 22 kW Wallbox dauert der Ladevorgang nur rund drei Stunden. An einer herkömmlichen Steckdose hingegen saugt der SLS AMG Electric Drive geschlagene 20 Stunden, ehe er satt ist. Wie bei den anderen, normalsterblichen Stromer, wird der Akku während der Fahrt durch Rekuperation, dessen Stärke gesteuert werden kann, wiedergeladen.

Marktstart ist im Juni 2013. Leider schweigt sich Mercedes bezüglich Gesamtgewicht des Autos sowie die mögliche Reichweite noch aus. Aber die potentiellen Käufer wird das sowieso nicht stören, denn dieses Auto ist ein Prestigeobjekt. Ausserdem ist es ein Seitenhieb gegen Audis R8- e-tron, der mit einem Weltrekord auf dem Nürnburgring beworben wird. Der Elektro SLS ist zudem der erste Stromer im Hause der Daimler Tochter und soll der Marke einen grüneren Touch verleihen, wobei dieses Auto allenfalls fürs Greenwashing gut ist. Aufgrund des exorbitanten Preises – der Elektro SLS kostet mehr als das Doppelte seines V8 Pendants – dürfte die Ersparnis an Benzin kaum zum Kaufargument werden. Man darf gespannt sein, wieviel Audi für sein Strom-Monster verlangen wird.

(Bilder: Diverse Quellen)

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