Toyota Auris Hybrid: Bewährte Kost

Mit dem Auris Hybrid der zweiten Generation möchte Toyota die Kompaktklasse aufmischen. Im Vergleich zum alten Auris wurden zwar technisch nur etwas Feinschliff und Optimierungen vorgenommen, doch das Design wurde deutlich verändert und bietet jetzt einen höheren Wiedererkennungswert.  Als Tüpfchen auf dem i bietet Toyota den Auris Hybrid jetzt mit dem Namen Touring Sports auch als Kombi an. Ansonsten ist der Auris Hybrid im Grossen und Ganzen bewährte Kost.

Während der alte Auris ein optisches Unschuldslamm darstellte, wirkt der Neue wesentlich strenger und erwachsener, was er hauptsächlich der deutlich aggressiveren Front im Look des neuen Markengesichts zu verdanken hat. Des weiteren wurde er etwas flacher, dafür ein bisschen breiter und länger, wodurch er satter auf der Strasse steht. Hinten allerdings bietet der Auris nur wenig Wiedererkennungswert. Durch die winzige Heckscheibe ist die Übersicht zudem ziemlich eingeschränkt, daher ist es gut, dass Parksensoren hinten und eine Rückfahrkamera zum Serienumfang gehören. Optional gibt es auch vorne Parksensoren.
Im sauber verarbeiteten Interieur fühlt man sich gut aufgehoben. Die Platzverhältnisse vorne sind gut und hinten durchschnittlich. Praktisch ist der 360 Liter grosse Kofferraum mit doppeltem Boden. Etwas weniger schön sind die beiden Displays, nämlich das Multi-Informationsdisplay zwischen den Instrumenten und der Touchscreen vom Touch & Go Mediasystem. Bei beiden dürfte die Auflösung höher sein, der Touchscreen ist ausserdem ziemlich klein und zu tief platziert. Spotify ist für das Touch & Go ein Fremdbegriff, dafür funktioniert die Kopplung via USB und Bluetooth gleichzeitig. Die Online Funktionen des Mediasystems habe ich aufgrund erforderlicher Registrierung bei Toyota nicht getestet. Besonders negativ aufgefallen ist mir, dass sich gewisse Optionen, wie beispielsweise die Zeitdauer des Follow me Home Systems, oder das Abschalten des nervigen Dauerpiepsen im Rückwärtsgang, einen Werkstattbesuch erfordern und nicht am Bordcomputer eingestellt werden können. Eine sehr kundenunfreundliche Lösung.

Wie üblich bei Hybridfahrzeugen, fährt natürlich auch der Auris Hybrid elektrisch los, ein grünes EV-Logo (EV= Electric Vehicle) symbolisiert dem Fahrer, dass jetzt ausschliesslich Strom fliesst. Mehr als ein dezentes Surren vom Elektromotor ist nicht zu hören. Die Fahrtrichtung wird über ein fast schon zerbrechlich wirkendes Schalthebelchen gewählt, das immer wieder in seine Ursprungsposition zurückspringt. Wie üblich bei Toyota Hybriden erfolgt die Kraftübertragung über ein stufenloses CVT-Getriebe mit all seinen bekannten Vor-und Nachteilen. Für das CVT-Getriebe sprechen die Effizienz und die Ruhe des Motors bei gemächlicher und gleichmässiger Fahrt. Wird viel Leistung verlangt, heult der Motor dafür unangenehm auf. Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass der Auris Hybrid keinerlei sportliche Ambitionen hegt, auch wenn die Optik durchaus etwas anderes erzählt. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h vergeht in 10.9 Sekunden, die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 185 km/h. Mit einem Leergewicht von 1480 Kilo ist der Auris Hybrid für seine Grösse ausserdem kein Leichtgewicht, ein Tribut an den Hybridantrieb. Durch die jahrelange Erfahrung von Toyota im Bereich von Hybridfahrzeugen, fährt sich der Auris Hybrid allerdings ausgesprochen komfortabel. Im Gegensatz zum Yaris Hybrid wurde auch das Bremsgefühl deutlich verbessert. Dass der Übergang zwischen den verschiedenen Antriebsformen vollkommen reibungslos und unmerklich vonstatten geht, ist selbstverständlich. Das Fahrwerk weist einen guten Mix aus Sportlichkeit und Komfort auf, die elektrische Lenkung gibt gute Rückmeldung und ist für ein Hybridmodell erfreulich direkt ausgelegt. Für die alltägliche Fahrt empfiehlt sich der Eco-Modus, welcher Klimaanlage und Leistung etwas drosselt. Solange die Strasse nicht ansteigt, fühlt man sich damit nie untermotorisiert. Ebenfalls per Knopfdruck lässt sich der rein elektrische EV-Modus erzwingen, allerdings wird dieser automatisch deaktiviert, bevor der Nickel-Metallhydrid-Akku ganz leer ist.
Nach dem Aktivieren des Power Modus könnte man meinen, der Auris habe einen virtuellen Tritt in seinen Allerwertesten bekommen. Auf einmal wird die Gasannahme sehr direkt und er fährt flink davon. Was fahrdynamisch wirklich im Auris Hybrid steckt, musste er auf dem Klausenpass unter Beweis stellen, einmal hinauf und anschliessend wieder hinunter (beide Fahrten im Power Modus). Beim Fahren in Richtung Passhöhe hat mich der Durchzug, der erreicht wird, wenn beide Motoren vollen Einsatz leisten, ziemlich überrascht. Das Heulen ist im Power Modus auch nicht mehr so unangenehm. Auch das Fahrwerk und vor allem die Lenkung sind einer Passfahrt durchaus gewachsen. Beim Bergabfahren machte ich häufig Gebrauch von der B-Stellung im Getriebe, in welchem der Benziner grösseren Widerstand leistet, als zusätzliche Bremse agiert und so den Akku wieder lädt. Mit diesem Fahrstil war der Akku im Nu wieder voll, obwohl nach jeder Kurve wieder ordentlich Leistung gefordert wurde. Die Verbrauchswerte in beide Richtungen wurden bildlich festgehalten, siehe unten. Der allgemeine Durchschnittsverbrauch beträgt laut Werk 3.9 l/100 km (Höchste Ausstattung, in Grundausstattung mit kleineren Felgen 3.6 l/100 km), laut Bordcomputer 4.7 l/100 km und laut trauriger Realität 5.2 l/100 km. Zur Verteidigung muss aber hinzugefügt werden, dass recht viel auf der Autobahn gefahren wurde, wo der Hybridantrieb seine Vorteile nicht ausspielen kann.
Der Auris Hybrid bietet serienmässig Schutz durch sieben Airbags, optional sind ausserdem mitlenkendes Bi-Xenon Licht inkl. gut funktionierendem Fernlichtassistenten, sowie ein automatischer Parkassistent erhältlich.

Toyota möchte die Hybridtechnologie allen zugänglich machen, Demokratisierung nennt sich dieser Prozess. Der vergleichsweise günstige und kleine Yaris Hybrid stellte den ersten Schritt dar. Dass der Auris 2.0 Liter Diesel (124 PS, 4.4 l/100 km) und der Auris Hybrid gleich viel kosten, nämlich ab 31’200 CHF, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Der top ausgestattete Testwagen kostet inkl. Cash-Bonus von 1500 CHF noch 37’070 CHF, was angesichts der Ausstattung und Technik an Bord ein fairer Preis ist. Auf die Hybrid Komponenten gibt es des weiteren fünf Jahre Garantie.

Alltag ★★★★☆

Der Auris Hybrid ist mehr Vier- als Fünfplätzer, dafür ist die fünfte Sitzgelegenheit einfach zu unbequem. Die Platzverhältnisse sind für seine Grösse durchschnittlich bis gut und der Verbrauch natürlich tief. Gegen die schlechte Übersicht helfen die serienmässigen Parksensoren inkl. Rückfahrkamera.

Fahrdynamik ★★★★☆

Mit 136 PS Systemleistung ist man ausreichend motorisiert, nicht mehr und nicht weniger. Im Power-Modus verändert sich der Charakter des eher braven Auris Hybrid recht deutlich und die Gasannahme wird sehr direkt. Bremsen und Lenkung arbeiten erfreulich feinfühlig, das Fahrwerk ist moderat sportlich ausgelegt. Minuspunkt ist das auf Effizienz ausgelegte CVT-Getriebe.

Umwelt ★★★★★

Der Normverbrauch von nur 3.9 l/100 km, natürlich Energieeffizienzkategorie A, klingt nach sensationell wenig. Allerdings sind auch die alternativ angebotenen Benziner und Diesel sparsam. Der Testverbrauch war leider nicht ganz so glänzend wie die Werksangaben.

Ausstrahlung ★★★★☆

Wenn man ihn sich so anschaut und auf sich wirken lässt, ist der Auris Hybrid ein ganz ansehnliches Auto. Das Hybrid Logo auf der Flanke vorne spaltet die Meinungen. Von “Fahr ab mit dem huere Hybridgschwür” bis “Hybrid isch scho geil”, gibt es alles zu hören.

Fazit ★★★★☆

+ Perfekter Hybrid Betrieb
+ Zurückhaltender Eco-Modus, kräftiger Power-Modus
+ Ausgewogenes Fahrwerk
+ Direkte Lenkung
+ Gleicher Preis wie der stärkere Diesel
+ Faire Preispolitik

– Schlechte Übersicht
– Gewisse Einstellungen erfordern einen Werkstattbesuch
– Schwache Klimaanlage
– CVT-Getriebe (unter dem Aspekt der Fahrdynamik)
– Erhöhter Testverbrauch

(Bilder: Koray Adigüzel)

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