Dynamik kombiniert mit Sicherheit: Volvo V40

Volvo schickt mit dem neuen V40 einen edlen Kompaktwagen ins Rennen um Marktanteile. Traditionell bietet der Wagen eine umfangreiche Sicherheitsausstattung, doch zeigt Volvo vor allem, dass Fahrdynamik für die Schweden kein Fremdwort ist. Aber die Konkurrenz – namentlich Audi A3, BMW 1er, Mercedes A-Klasse und Citroën DS4 – ist hart und einen Preisvorteil bietet Volvo als Premiummarke gegenüber den anderen Herstellern nicht. Unterkühlt ist der junge Schwede jedoch keinesfalls.

Der Volvo V40 zeigt stolz seine Kurven. Geschwungene Scheinwerfer, LED Tagfahrlichter und Rücklichter, ansteigende Gürtellinie und die fast sechseckige Kofferraumklappe verleihen dem Auto eine rassige Optik. Optional erhältlich sind auch grössere, trapezförmige Endrohre und ein Dachspoiler. Der Wagen trägt ganz klar die Insignien des skandinavischen Volvo Designs, doch er wirkt frischer und jünger als die anderen Modelle, ähnlich wie die A-Klasse von Mercedes.
Ebenfalls typisch Volvo präsentiert sich die Innenausstattung. Scheinbar schwebende Mittelkonsole, fest integrierte Kopfstützen, das Multifunktionslenkrad – kennt man auch von anderen Modellen. Das Multimediasystem an sich funktioniert gut, jedoch benötigt das System lange zum Aufstarten (ich glaube, es ist eine Festplatte eingebaut) und hat teilweise Probleme, wenn das iPhone via USB (zum Laden) und Bluetooth gekoppelt wird. Dann ist ein manueller Eingriff nötig, um die Audioquelle eindeutig zu bestimmen.
Interessant sind aber die digitalen Instrumente. Anstelle von klassischen Rundinstrumenten, ist ein Display eingebaut, welches genau die Instrumente imitiert. Dadurch lassen sich die Anzeigen nach verschiedenen Themes und Farbgebungen individualisieren. Das Interieur ist edel eingerichtet. Chrom und Aluminium kommen massvoll zum Einsatz, der Gangwahlhebel ist illuminiert, die Farbe der Ambientebeleuchtung kann verändert werden, die Verarbeitung und Materialien sind hochwertig. Zudem wirkt das Interieur übersichtlich und aufgeräumt. Jedoch ist mir beim Hören von bassintesiven Songs (bei gemässigter Lautstärke) ein unidentifizierbares Klappern irgendwo vorne rechts aufgefallen. Ein weiterer Minuspunkt: Das Anlehnen des rechten Beines an der Kante der Mittelkonsole wird auf Dauer unangenehm, eine rundere Form könnte dort Abhilfe schaffen.
Die Übersicht ist nicht gerade die Beste, aber sie ist akzeptabel, die optionale Rückfahrkamera ist ich nötig. Sitzen tut man dafür vorne wie hinten gemütlich und mit genügendem Seitenhalt. Vier Erwachsene finden locker eine bequeme Sitzhaltung mit ausreichend Bein- und Kopffreiheit. Leider nicht ganz so geräumig ist der Kofferraum mit seinen 335 Liter, dafür bietet er einen praktischen, doppelten Boden.

Der V40 mit dem D3 Motor und Automatikgetriebe hatte sich im Test zu behaupten. 2.0 Liter Diesel, fünf Zylinder, 150 PS Leistung, 350 Nm Drehmoment, 1498 Kilo Leergewicht und ein Verbrauch von 5.2 l/100 km (entspricht 136 Gramm CO2-Ausstoss pro Kilometer) lauten die Eckdaten. So weit, so gut, die Werte klingen eigentlich ganz anständig. Doch ein erstes Fragezeichen taucht schon beim Studieren der Preisliste auf, in der ersichtlich wird, dass das D4 Aggregat (ebenfalls 2.0 Liter Hubraum verteilt auf fünf Zylinder, Aufpreis 1400 CHF) auch mit nur 5.2 l/100 km auskommen soll, aber 177 PS und 400 Nm mobilisiert – eine Modifikation der Elektronik machts möglich.
Ich drücke also den Start-Knopf und hole den D3 Motor aus dem Winterschlaf. Es ist kalt, das typische Dieselnageln recht gut hörbar. Während der Motor auf Temperatur kommt, klettere ich in die Tiefen des Bordcomputers hinab. Alle Assistenzsysteme, Lenkung, Licht, Spiegel und noch vieles mehr lässt sich nach Wunsch konfigurieren. Wer sich die Zeit nimmt, kann die Wirkungsweise der elektronischen Helfer und der Lenkung, sowie die Ambientebeleuchtung nach eigenem Gusto anpassen.
Nun wird es aber Zeit, sich der Hauptaufgabe des Autos zu widmen, nämlich dem Fahren. Da das maximale Drehmoment bereits bei 1500 Umdrehungen ansteht, bewegt sich der V40 forsch vorwärts, die Automatik wechselt die Gänge zwar sanft, dürfte aber einen Tick schneller sein. Einmal warmgefahren, ist auch der Motor wesentlich leiser und der Sound wird bei leicht steigenden Drehzahlen sogar recht kernig. Im S-Modus des Getriebes wird der Selbstzünder sogar richtig drehfreudig, reagiert präzise auf kleinste Gaspedalberührungen und beschleunigt innert 9.3 Sekunden von 0 auf 100. Das Spitzentempo erscheint mir mit 205 km/h jedoch ziemlich wenig, obwohl es ausserhalb Deutschland oder auf Rennstrecken nur symbolischen Wert hat. Eine Start-Stopp-Automatik hilft beim Spritsparen. Der Verbrauch im Test betrug laut Bordcomputer 5.6 l/100 km und an der Tankstelle gemessen 6.05 l/100 km. Da winterliche Verhältnisse herrschten, geht dieser Wert in Ordnung.
Der Testwagen war mit dem Sportfahrwerk ausgerüstet und das ist sicher nicht jedermanns Sache. Gross gefedert wird da nicht mehr, auf unebenen Strassen rumpelt es durchs ganze Auto. Andererseits sind Kurven ein wahres Erlebnis, der V40 liegt wunderbar auf der Strasse und lässt sich präzise lenken. Der Wagen kann mit dem Sportfahrwerk und einer genügend potenten Motorisierung durchaus zügig bewegt werden, die Ingenieure haben ihrem jüngsten Spross genügend Kondition mit auf den Weg gegeben. Doch der V40 beherrscht auch noch etwas anderes ganz gut, nämlich das gemächliche Cruisen.
Auf Wunsch kann der Volvo mit Assistenzsystemen vollgestopft werden, deren Namen und Abkürzungen ich mir gar nicht alle merken kann. Da wären der Spurhalteassistent, Tot-Winkel-Assistent und der adaptive Tempomat, der das Tempo dem Vordermann anpasst und ihm mit einstellbarem Abstand (1-3 Sekunden) folgt. Viel entspannter kann man auf der Autobahn nicht fahren. Registriert das Fahrzeug eine unruhige Fahrweise, schlägt es dem Lenker eine Pause vor. Natürlich verfügt der V40 auch über einen Regen-und Lichtsensor, welcher sogar das Fernlicht automatisch steuert. Darüber hinaus ist noch eine Verkehrszeichenerkennung an Bord, die sogar bei Nacht und Schneefall einwandfrei funktioniert. Ferner ist eine Technologie namens City-Safety an Bord, welche bis zu einem Tempo von 50 km/h auf andere Verkehrsteilnehmer achtet und optisch wie akustisch Alarm schlägt, dass der Fahrer handeln muss. Tut er dies nicht, wird so spät wie möglich eine automatische Notbremsung ausgeführt, um die drohende Kollision zu verhindern oder zumindest zu dämpfen. Das City-Safety hat ein paar wenige Male jedoch umsonst Alarm geschlagen, zumindest war ich der Meinung, dass die Situation noch lange nicht kritisch war. Wenn beispielsweise der Vordermann abbiegen wollte und ich ihm zu nahe kam, während sich sein Heck noch in meiner Fahrbahn befand, warnte mich das System, obwohl ich am Bremsen war.
Beim Rangieren wird man von Sensoren rundum unterstützt, welche sogar den Querverkehr hinter dem Wagen registrieren (wenn man beispielsweise rückwärts ausparkiert) und piepsen, falls sich ein Auto seitlich nähert. Eine Rückfahrkamera oder gar ein Park Pilot, der selbstständig seitwärts parkiert (man muss Gas geben, aber der Wagen lenkt selber) sind ebenfalls verfügbar. Zu guter Letzt wäre da noch der Fussgängerairbag, der sich bei einer Kollision mit einer Person hinter der Motorhaube aufbläst und Windschutzscheibe, sowie die A-Säulen abdeckt, um die Verletzungsgefahr des Fussgängers zu minimieren. Dass das elektronische Multitalent ESP inkl. Traktionskontrolle, sowie ABS, Bremsassistent, Berganfahrhilfe und adaptives Kurvenlicht den Fahrer ebenfalls unterstützen, scheint da selbstverständlich zu sein.
Meiner Erfahrung nach sind die Assistenzsysteme in der Regel ganz angenehm, denn sie greifen sanft ein, ausserdem hat der Fahrer immer die Möglichkeit, die Systeme auszuschalten.

Der Mehrwert gegenüber seinen Konkurrenten zeichnet sich im V40 also durch seine Vielfalt an Sicherheits- und Assistenzsystemen aus. Wer aufs Äussere achtet, könnte sich ebenfalls mit dem Schweden anfreunden, da sein Design sich von den deutsche Produkten abhebt. Leider lässt sich Volvo das Vergnügen ordentlich was kosten. Los geht’s mit dem kleinsten Diesel mit 115 PS ab 29’900 CHF. Aber mein anständig motorisierter Testwagen kostet mit all seinen Annehmlichkeiten bereits 53’185 CHF. Immerhin sind in dem Preis 10 Jahre oder 150’000 km Gratisservice und 5 Jahre Garantie enthalten.

Alltag ★★★★☆

Das Platzangebot des V40 ist angemessen, ein Raumwunder ist er aber nicht. Seine Stärken im Alltag sind die sehr bequemen Sitze mit der äusserst effektiven Sitzheizung. Die Assistenzsysteme können sicher den einen oder anderen Unfall vermeiden. Wer es lieber gemütlich hat, sollte die Finger vom Sportfahrwerk lassen.

Fahrdynamik ★★★★★

Der getestete Motor geht beherzt zur Sache und bietet schon früh sein maximales Drehmoment. Die einstellbare Lenkung und die Bremsen vermitteln viel Gefühl, mit dem Sportfahrwerk wird der Schwede zum richtigen Kurvenflitzer.

Umwelt ★★★★☆

Der kleine D2 Diesel ist auf dem Papier mit nur 3.6 l/100 km sehr sparsam, die anderen beiden Diesel gehen ebenfalls in Ordnung. Die Werte der Benziner sind durchschnittlich. Bei allen Motoren wären durch Downsizing sicher ein paar Zehntel mehr herauszuholen, immerhin ist aber die Start-Stopp-Automatik überall serienmässig dabei.

Ausstrahlung ★★★★★

Der V40 sieht schon verboten gut aus. Der Wagen durfte sich während dem Test über viele Komplimente freuen, zudem haftet an Volvo im Gegensatz zu gewissen anderen Marken ein positives Image, was das Verhalten im Verkehr betrifft.

Fazit ★★★★☆

+ Edles Interieur
+ Bequeme Sitze mit effektiver Sitzheizung
+ Hohe Fahrdynamik mit einstellbarer Lenkung
+ Hoher Sicherheitsstandard
+ Gute Geräuschdämmung, sehr dezente Lüftung
+ Zuverlässige Assistenzsysteme
+ 1000 km Reichweite pro Tankfüllung
+ Grosser Spielraum für Individualisierung

– Geiz ist bei Volvo leider nicht geil
– Grosser Wendekreis (11.2 m)
– Multimedia-System benötigt lange zum Aufstarten
– Ziemlich enger Einstieg nach hinten, mässiges Kofferraumvolumen

(Bilder: Volvo)

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