Schon vor über 60 Jahren bewegte er, im wahrsten Sinne des Wortes, die Massen. Der VW Käfer war Sinnbild des Autos, er war ein richtiger Volkswagen. Weltweit gewann er Millionen von Fans, als Herbie wurde ihm sogar ein eigener Kinofilm gewidmet. Welches Auto kann das schon von sich behaupten?
1998 kam dann der New Beetle auf den Markt, er war offizieller Nachfolger des Käfers. Doch er konnte nicht an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen, denn mit seinem Design sah er aus wie eine fahrende Halbkugel. 2009 wurde seine Produktion eingestellt. Das Ende einer legendären Ära? Weit gefehlt. Der Käfer ist zurück! Als “The 21st Century Beetle” möchte er mit einem progressiven, erwachsenen, maskulinen und emotionalen Auftritt die Herzen wieder für sich gewinnen. Der Käfer ist im 21. Jahrhundert angekommen. Heissen wir ihn nun herzlich willkommen.
Widmen wir uns zuerst dem Exterieur. Verglichen mit Käfer und New Beetle ist, zugegebenermassen, nicht mehr viel Ähnlichkeit vorhanden. Die Dachlinie ist viel flacher, die Halbkugel ist verschwunden. Viel mehr steht jetzt ein muskulöses, breitschultriges Coupé mit bösem Blick vor einem, der durch den LED-Lidstrich zusätzlich unterstrichen wird. Dieses böse Coupé steht – gegen Aufpreis – auf grossen 18″ Rädern und der Abschluss wird von einem kleinen Heckspoiler geziert.
Den Beetle gibt es in den folgenden drei Ausstattungslinien: Basic, Design und Sport.
Dazu stehen vier Motorisierungen zur Auswahl: drei Benziner (105, 160 und 200 PS) sowie ein Diesel (105 PS). Der stärkste Benziner steht exklusiv der Sportline zur Verfügung, was eigentlich selbstredend ist. Wer anhand dieser Zahlen immer noch nicht zufrieden gestellt ist, dem wird empfohlen, noch etwas abzuwarten. An der IAA in Frankfurt 2011 wurde nämlich das Beetle R Concept vorgestellt und es ist sicherlich bloss eine Frage der Zeit, bis dieses Muskelpaket auf hiesigen Strassen rollen wird. Angetrieben wird der Beetle R vermutlich von den derzeitigen Turbotriebwerken (265 PS), welche auch im Golf R und Scirocco R für ordentlich Schub sorgen.
Als Alternative wird auch ein Beetle als E-Bugster mit Elektromotor, vermutlich ab 2013, erhältlich sein.
Doch auch das Interieur ist dem Ruf der Zeit gefolgt, es ist deutlich moderner und sportlicher gestaltet, alles ist perfekt auf den Fahrer zugeschnitten. Die Blumenvase, welche bisher den Käfer und den New Beetle geziert hatte, musste sich verabschieden. Das Innenleben präsentiert sich durchdacht und besticht mit der allgemeinen Übersichtlichkeit von VW.
Die Instrumente lassen sich gut ablesen und auch ansonsten ist alles ergonomisch eingerichtet. Optional gibt es sogar einen Carbon-Look und eine Ambientebeleuchtung. Einzig der Einstieg nach hinten dürfte für die weniger gelenkigen Zeitgenossen etwas beschwerlich ausfallen und auch die Platzverhältnisse sind natürlich nicht mit dem Fond einer Limousine zu vergleichen. Typisch Coupé eben, etwas anderes ist der neue Beetle auch gar nicht. Für eine kürzere Fahrt sollte es aber dennoch zumutbar sein.
Im Rahmen einer Probefahrt hatte ich die Gelegenheit, den neuen Beetle Sport zu testen. Bereits nach dem Einstieg ist klar: man sitzt in einem Gefährt, dem man die Sporen geben muss. Die Sitzposition ist tief und mit Seitenhalt, das relativ kleine, griffige Sportlenkrad liegt ausgezeichnet in der Hand, der Tacho dominiert die Instrumententafel: Ein grosser analoger Tacho in der Mitte und darunter noch ein digitaler Tacho. Die Füsse arbeiten mit einer Aluminiumpedalerie. Soweit der erste Eindruck.
Jetzt: anschnallen, Motor starten, die Automatik auf Drive stellen und los geht’s. Innerorts arbeitet der 200 PS Turbomotor, der vom Golf GTI gespendet wurde, angenehm zurückhaltend. Das Entertainment Display bietet eine klare, scharfe Auflösung. An der Ampel dann die erste kleine Ernüchterung: der Motor brummt zufrieden weiter, VW verzichtete ausgerechnet beim Topmodell auf eine Start-Stopp-Automatik. Ironischerweise sind alle anderen, leistungsschwächeren Ausstattungslinien mit der Spritspartechnik ausgestattet. Schade.
Doch auf der Landstrasse ist der kleine Wermutstropfen schnell wieder vergessen, die Fahrbahn ist frei, Zeit für einen Kickdown, der es in sich hat! Die 200 PS werden sofort spürbar, kein Turboloch, keine Verzögerung zwischen den Gängen, die Nadel dreht sich flott auf die 100er-Marke zu. Angenehmer Nebeneffekt: Die Motorleistung wird nicht nur spür- sondern nun auch hörbar. Der Beetle beschleunigt mit einem wunderbar kernigen Sound, von dem man gar nicht genug kriegen kann. Leider ist das Tempolimit – und auch ein bisschen mehr – viel zu schnell erreicht. Auch die Kurven sind im Beetle eine wahre Freude. Das nicht zu harte Sportfahrwerk und die direkte Lenkung lassen den Beetle flink durch die Kurven flitzen.
Am Ende der Fahrt steht dann natürlich noch das manövrieren an seinen ursprünglichen Platz an. Hier wird bemerkbar, was bei den meisten Autos mit extrovertiertem Design ein Problem ist, nämlich die Sicht nach hinten. Immerhin leisten Parksensoren vorne als auch hinten Unterstützung.
Wie man also sieht, ist nicht mehr viel vom Urahnen, dem legendären Käfer aus den 1940er Jahren übrig geblieben. Doch vielleicht ist das auch besser so. Der Beetle ist auf jeden Fall eine gute Wahl für alle, denen ein Golf zu “normal” und ein Scirocco zu protzig ist. Und natürlich will ihn VW mit einer breit gefächerten Werbekampagne unters Volk mischen, dazu haben ihm die Marketingköpfe sogar einen persönlichen Webauftritt geschenkt. Doch auch preislich hat VW den modernsten Käfer attraktiv angesiedelt: Ab 23’900 CHF gibt es die Basicline, die Sportline startet ab 33’900 CHF.
The 21st Century Beetle hat auf jeden Fall Potenzial – und sicherlich wird jeder Fahrer mindestens einmal seine Gedanken bei seinem Urahnen ruhen lassen, so wie auch ich es getan habe. Denn ohne ihn gäbe es VWs neuesten Wurf nicht. Die Legende lebt!
(Bilder: Diverse Quellen)