Der Abarth 500e ist der erste Vertreter der rein elektrischen Hot Hatches. Ein kleines oder nur schon kompaktes Elektroauto, welches explizit auf Fahrspass ausgelegt ist, gibt es bislang nicht. Die gepimpten Fiat 500 waren schon immer ein Garant für ein äusserst unterhaltsames Fahrvergnügen, obwohl bei weitem nicht alle Aspekte der wilden Zwerge überzeugend waren. Ein charakteristisches Merkmal nebst dem Design war ausserdem stets der rabiate Sound. Der fällt nun aus, weshalb der elektrische Nachfolger auf Basis der Fiat 500e auf anderen Ebenen überzeugen muss. Kann die Neuinterpretation des Abarth 500 erfolgreich in die grossen Fussstapfen treten?
Das Design vermag jedenfalls zu überzeugen, wobei die Farbe “Acid Grün” des Testwagen ebenfalls ihren Anteil dazu trägt, dass der elektrische Abarth kaum zu übersehen ist. Um trotz aller Niedlichkeit des Fiat 500 einen sportlichen Auftritt zu erzielen, wenden die Italiener die übrigen Zutaten an: Aggressivere Frontschürze, sportliche 18″-Felgen, grösserer Dachspoiler sowie diverse Abarth-Schriftzüge und das Markenlogo, welches am hinteren Flanke von einem Blitz getrennt wird – die Zukunft ist schliesslich elektrisch.
Gute Sitzposition, Platzangebot karg
Der Innenraum ist so gross, wie man es von einem 3,69 Meter langen Auto erwarten kann: klein. Wenn vorne eine grosse Person sitzt, dann taugen die hinteren Sitze nur noch für Taschen. Auch der Kofferraum verdient seine Bezeichnung kaum, bereits ein grosser Einkauf bringt das Gepäckfach an seine Grenzen – aber dafür gibt es schliesslich noch die Rücksitze. Was die Italiener bei der Neuauflage deutlich verbessert haben, ist die Sitzposition. Zumindest der Fahrersitz lässt sich nun auch für grosse Personen niedrig genug einstellen, um eine vernünftige Sitzposition einzunehmen. Als Beifahrer klebt man leider nach wie vor an der Decke.
Das sportliche Flair wird im Abarth hauptsächlich durch die sportlichen Alcantara-Sitze mit den hellblauen und gelben Ziernähten, dem gelben Skorpion auf den Kopfstützen sowie dem dezenten Skorpion auf der Rückenlehne verströmt. Über das Armaturenbrett kommt ebenfalls eine Alcantara-Applikation zum Einsatz. Ansonsten ist das Cockpit weitgehend mit mässig hochwertigem Kunststoff ausgekleidet. Das spart zwar Gewicht, ist aber angesichts des doch happigen Preises nicht in Ordnung.
E-Pedal an Fahrmodus gekoppelt
Der elektrische Abarth leistet 114 kW und 255 Nm. Gegenüber den alten 595 Competizione, den schärfsten Versionen der kleinen Krawallbüchsen, sind das 5 Nm mehr, aber 18 kW weniger. Dazu kommt noch das Problem mit dem Gewicht: Für ein Elektroauto im Allgemeinen wiegt der Abarth 500e mit 1410 kg vergleichsweise wenig, doch seinen Benziner-Vorgängern gegenüber sind das halt rund 280 Kilo mehr. Man muss kein Ingenieur sein, um zu erkennen: Im neuen Abarth ist weniger Dampf unter der Haube. Typisch Elektroauto legt der kleine Flitzer spontan und äusserst motiviert los, auch das Ansprechverhalten ist natürlich besser als bei den Verbrennern.
Allerdings lässt der Schub ab etwa 70 km/h allmählich nach, weil eben die Leistung fehlt. Klar, macht die blitzschnelle Reaktion Freude und ein Überholmanöver ist aufgrund des starken Initialdrehmoments ebenfalls gut machbar, aber wenn man halt über einen längeren Zeitraum beschleunigt, insbesondere bergauf, erwartet man mehr Leistung. Drei Fahrmodi stehen zur Verfügung, wobei Turismo mit der beschränkten Leistung auf 100 kW quasi den Eco-Modus markiert. Scorpion Street und Scorpion Track bieten die volle Leistung und sind abgesehen vom E-Pedal identisch. Dieses ist nämlich nur im Scorpion Track Modus deaktiviert, ansonsten fährt der Abarth immer mit One-Pedal-Driving.
Agiles und witziges Handling
Während die Leistung keine Begeisterungsstürme auslöst, so lässt das Handling für einen kleinen Flitzer keine Wünsche offen. Die Lenkung ist direkt und bietet ein gutes Feedback – sie ist vor allem bereits um die Mittellage relativ direkt, was dem kleinen Auto ein sehr agiles, quirliges Wesen verleiht. Die Bremse fühlt sich an wie bei einem sportlichen Verbrenner-Auto und ist somit das beste Kompliment, das man dem elektrischen Abarth geben kann. Das Fahrwerk ist so, wie man es von einem kleinen Hot Hatch erwartet: hart und unnachgiebig. Für den Fahrspass ist dies aber sehr zuträglich, denn auch aufgrund der mässigen Leistung hat das Auto zumindest auf trockener Strasse nie Traktionsprobleme.
Hoher Preis, geringe Reichweite
Dass der gepimpte 500 kein Ausbund an Komfort ist, versteht sich von selbst. Das Auto ist ständig in Bewegung und gibt uneben Strassen ziemlich trocken und ungefiltert weiter. Mühsam ist der sehr hohe Geräuschpegel auf der Autobahn, aber das ist ohnehin nicht das Revier vom Abarth, denn bei der Reichweite schlägt das Konzept eines kleinen Autos mit kleinem Akku gnadenlos zu: Nach WLTP sollen es 253 Kilometer sein, aber im Abarth sucht man ja den Fahrspass und ist daher nicht immer ökologisch unterwegs. Somit waren es im Test noch magere 190 Kilometer, die das Auto mit einer Ladung zurücklegen kann.
Bei einem längeren Ausflug will der Fahrspass damit geplant sein, damit einem nicht unterwegs irgendwo in den Bergen der Saft ausgeht. Konzeptionell ist der praktische Mehrwert stark eingeschränkt, doch der schmale Aktionsradios setzt dem Ganzen zusätzlich zu. Erschwerend kommt dazu, dass der Hersteller für den Gute-Laune-Flitzer einen Preis aufruft, der einem die Laune verdirbt. 44’490 Franken sind trotz Vollausstattung einfach zu viel für ein dermassen kleines Auto.
Alltag
Der Abarth 500e ist ein reines Spassauto. Die Reichweite ist gering, der Nutzwert noch geringer. Auf der Habenseite sind die sehr kompakten Abmessungen sowie die gute Übersicht. Die Rückbank ist ausserdem immerhin umklappbar.
Fahrdynamik
Etwas mehr Leistung wäre wünschenswert, doch das Handling ist grossartig und sorgt für viel Fahrspass. Das ESP lässt sich gemäss Bildschirm zwar deaktivieren, ist im Hintergrund aber immer noch aktiv, sodass es «off» quasi ein ESP-Sport-Modus ist.
Umwelt
Der Verbrauch von 18,5 kWh/100 km ist für ein derart kleines Auto nicht gerade wenig, allerdings muss fairerweise gesagt werden, dass oft sportlich gefahren wurde. Ausserdem schont der kleine Italiener allgemein die Ressourcen im Vergleich zu gigantischen E-SUVs.
Ausstrahlung
Irgendwie niedlich, irgendwie sportlich – am ikonischen Design wurde nicht viel verändert. Ausstrahlung und Charme hat der Abarth 500 auf jeden Fall. Und auffallen tut er in dieser leuchtenden Farbe ohnehin.
Fazit
+ Eigenständiges, unverwechselbares Design
+ Bequeme Sitze mit gutem Seitenhalt
+ Einfache Bedienung dank diversen Knöpfen im Cockpit
+ Intuitives Infotainmentsystem mit tiefgehender Personalisierung
+ Luftiges Raumgefühl vorne
+ Knackiges Handling
+ Bissige Bremse mit super Dosierung
+ Aggressives Ansprechverhalten
+ Umfangreiche Ausstattung
+ Winziger Wendekreis
+ Gute Übersicht
– Geringe Reichweite
– Winziger Kofferraum
– Mässige Haptik und Verarbeitungsqualität im Cockpit
– E-Pedal nicht unabhängig vom Fahrmodus steuerbar
– Beifahrersitz viel zu hoch
– Zu teuer
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Abarth 500e |
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Preis Basismodell / Testwagen | 40 490 CHF / 44 490 CHF |
Antrieb | Elektrisch, Frontantrieb |
Akkukapazität | 42,2 kWh (brutto) / 37,8 kWh (netto) |
Max. Leistung | 114 kW |
Max. Drehmoment | 235 Nm |
Beschleunigung 0–100 km/h | 7,0 s |
Vmax | 155 km/h (elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / Energieeffizienz | 18,1 kWh/100 km / B |
Test-Verbrauch / Differenz | 18,5 kWh/100 km / + 3% |
WLTP-Reichweite | 253 km |
Ø Test-Reichweite | 190 km |
Max. Ladeleistung (DC) | 85 kW |
Länge / Breite / Höhe | 3,67 m / 1,68 m / 1,52 m |
Leergewicht | 1410 kg |
Kofferraumvolumen | 185 - 550 l |