Ein Druck auf die Fernbedienung und die Show kann beginnen. Mit einem für ein Auto durchaus spektakulären Lichtspiel begrüsst der Audi A7 Sportback seinen Fahrer. Nicht schlecht! Aber das ist nur der Anfang. Dieser todschicke Gran Turismo ist bis unters Dach mit Hightech vollgestopft, fast so leise wie ein schalltoter Raum und begeistert mit einem messerscharfen Handling. Vorsprung durch Technik? Aber sowas von. Dieses Auto ist sogar weiter, als es das Gesetz erlaubt.
Der Singleframe-Grill hat mittlerweile Ausmasse erreicht, als wolle er die Strasse sowie alles, was auf ihr fährt, aufsaugen. Doch dann schaut man sich den Vorgänger an und denkt… Also, der Neue sieht schon viel geiler aus! Der Vorgänger hatte je einen winzigen Grill?! Präsenz drückt der A7 aus, was bei 4,97 Meter Länge aber auch nicht besonders schwierig ist. Die elegante Silhouette wird durch die gigantischen 21-Zöller abgerundet, während das abfallende Heck ein gekonnter Abschluss bildet. Warum es jedoch nur für angedeutete Fake-Auspuffblenden gereicht hat, muss man nicht verstehen.
Doch dieser Umstand geht beim Einsteigen gleich vergessen. Ist Audi etwa unter die Raumschiff-Bauer gegangen? Virtual Cockpit hinter dem Lenkrad, zwei übereinander stehende Touchscreens in der Mittelkonsole, ein paar Sensortasten darunter, umgeben von grosszügigen Aluminium-Zierelementen und Glasoptik sowie beleuchteter quattro-Schriftzug. Das sieht nicht nur unglaublich gut und modern aus, ich finde, es passt auch fantastisch zu Audi und seinem Claim. Ein futuristisch gestaltetes Cockpit, selbstverständlich mit einer Materialgüte und Verarbeitungsqualität, die allerhöchste Erwartungen erfüllt.
Während der obere Touchscreen für Infotainment sowie Fahrzeugeinstellungen zuständig ist, wird über den unteren die Klimatisierung gesteuert. Nach einer kurzen Erkundungstour ist die Bedienung kinderleicht, zumindest als Digital Native. Der obere Touchscreen gibt zudem haptisches Feedback, was die Bedienung während der Fahrt erleichtert. Der einzige Nachteil ist, dass bald alles mit Fingerabdrücken übersät ist und wie man Audi und seine Preispolitik so kennt, ist wahrscheinlich kein Mikrofasertuch im Serienumfang mit enthalten.
Wer den Motorstart von aussen mithört, erkennt sofort, dass hier kein klassischer Anlasser mehr am Werk ist. Stattdessen arbeitet im A7 ein Riemen-Startergenerator, angetrieben vom 48-V-Bordnetz. Ein kleiner Akku, der beim Schubbetrieb und Bremsen geladen wird, speist die Nebenaggregate. Das macht den A7 zum Mild-Hybrid, der während der Fahrt die Start-Stopp-Automatik aktivieren kann – auch bei dreistelligem Tempo. Doch im Gegensatz zu den allgemein immer harscher werdenden Systemen funktioniert im A7 sowohl das Abstellen, als auch das Wiederstarten des Motors butterweich und blitzschnell – dem oben erwähnten Riemen-Startergenerator sei Dank.
Dass es also vorkommen kann, mit Tempo 100 und ausgeschaltetem Motor durchs Land zu segeln, fällt manchmal erst auf, wenn man aufs Display schaut. Das liegt daran, dass der Gran Turismo ein extrem leises Auto ist. Selbst wenn der Motor läuft, hört man ihn kaum, was auch daran liegt, dass die weich schaltende 8-Gang-Automatik die Drehzahlen gerne um die 1000 Umdrehungen herum hält. Selbst auf der Autobahn ist die Geräuschkulisse höchst zurückhaltend und man könnte sich ohne Weiteres im Flüsterton unterhalten.
Das Assistenznetz des Audi hält den Wagen derweil alleine in der Spur, selbst wenn die Kurvenradien enger werden. Zudem bremst das Auto vor Kreuzungen und Kreisverkehren selbstständig, das semi-autonome Fahrverhalten ist zudem in drei Modi – langsam, standard sowie sportlich – einstellbar. Wie umfangreich die Assistenzsysteme arbeiten sollen, lässt sich individuell einstellen. Technisch wäre es sogar möglich, auf der Autobahn im zäh fliessenden Verkehr bis zu Tempo 60 die Kontrolle komplett abzugeben und sich dem Smartphone zu widmen, Audi übernimmt dabei die Haftung. Allerdings wird dieses Feature gemäss Audi vorerst nur für den A8 freigeschaltet, die finale Homologation ist ebenfalls noch nicht abgeschlossen – die Gesetzgebung hinkt dem technischen Fortschritt hinterher.
Doch bei aller Technik und dem formidablen Komfort an Bord ist der grosse A7 erstaunlich sportlich unterwegs, sofern das gewünscht wird. Auch hier wird wieder tief in die Trickkiste gegriffen: Im Testwagen helfen eine Allradlenkung, ein adaptives Luftfahrwerk sowie ein Sperrdifferential an der Hinterachse, den grossen Wagen so leichtfüssig in die Kurven zu schmeissen. Vor allem das messerscharfe Einlenkverhalten begeistert stets wieder aufs neue, während die sehr präzise Lenkung einem das Gefühl vermittelt, einen A3 zu steuern.
So kann man den A7 richtig scheuchen und hart rannehmen, das Auto gibt sich keine Blösse und wirkt viel leichter und kleiner, als es tatsächlich ist. Dass hier nämlich gewaltige 2155 Kilo Leergewicht herumgewuchtet werden, spürt man weder auf der Geraden, noch in Kurven. Dass selbst bei Nässe und rasanter Kurvenfahrt kein ESP-Flackern – geschweige denn Traktionsprobleme – zu vernehmen sind, zeigt, wie perfekt der quattro-Antrieb abgestimmt ist.
Leider nicht perfekt sondern ziemlich mühsam ist die ausgeprägte Anfahrschwäche des Motors, was angesichts des grossen Hubraums ziemlich überrascht. Wer schnell von der Kreuzung wegkommen möchte, hat in den ersten drei Sekunden das Gefühl, das Auto werde von einem unsichtbaren Gummiseil zurückgehalten. Ich vermute, dass die aufwendige Abgasreinigung à la Euro-6d-Temp im Abgastrakt soviel Widerstand und Gegendruck verursacht, dass der Motor einfach seine Zeit braucht, um in Schwung zu kommen. Der A7 Sportback ist nämlich nicht das erste 6d-Temp Modell, das mit einer deutlichen Anfahrschwäche negativ auffällt. Schöne neue Welt, in die wir uns da reinreiten.
Abgesehen davon gönnt man sich mit dem Gran Turismo von Audi definitiv ein wunderschönes Auto. Der Funktionsumfang der Assistenzsysteme ist genauso beeindruckend wie das extrem leise Fahrverhalten oder das erstaunlich scharfe Handling trotz hohem Gewicht. Wenig überraschend ist dafür das Preisschild. Für den praktisch voll ausgestatteten Testwagen ruft Audi 137’160 Franken auf, darin stecken über 50’000 Franken Extras. Da ist es fast das Mindeste, dass der A7 im Test mit Bestleistungen glänzt. Das Ende der Fahnenstange ist übrigens noch nicht erreicht, S7 und RS7 werden folgen, allerdings wahrscheinlich ohne V8-Motor.
Alltag
Trotz sportlichem Design mit abfallendem Dach sind die Platzverhältnisse innen sehr grosszügig. Einzig Ablageflächen dürfte es vorne mehr geben, da ging das Design eindeutig vor. Die Allradlenkung erleichtert das Rangieren, doch sie ist optional.
Fahrdynamik
Der V6-Diesel muss eine ausgeprägte Anfahrschwäche überwinden, begeistert dann aber mit kräftigem Durchzug. Das extrem direkte Handling ist hervorragend, das adaptive Fahrwerk kaschiert das massive Gewicht enorm gut.
Umwelt
Der Normverbrauch von 5,8 l/100 km wirkt wie ein Traum. Im Test mit vielen sportlichen Fahrten waren es 7,7 l/100 km, was immer noch ein guter Wert ist. Wer normal fährt, dürfte einen Schnitt zwischen 6,5 und 7 Liter erreichen. Angesichts des Gewichts und der Leistung ein tiefer Verbrauch.
Ausstrahlung
Expressive Front, coole Dachlinie, schickes Heck – wenn nur richtige Auspuffe zu sehen wären. Doch interessanterweise hat der A7 während des Tests viele Blicke auf sich gezogen.
Fazit
+ Elegantes, sportliches Design
+ Trotz abfallendem Dach grosszügige Platzverhältnisse
+ Futuristisches Cockpit, intuitive Bedienung
+ Sehr gute Sprachsteuerung, die frei gesprochene Sätze versteht
+ Exzellente Verarbeitungsqualität
+ Bombastische Bang & Olufsen Soundanlage (kostet aber massiv)
+ Top Sportsitze, leider nicht mit Sitzlüftung kombinierbar
+ Formidabler Fahrkomfort
+ Extrem leises Fahrverhalten
+ Messerscharfes Handling
+ Perfekt abgestimmtes Automatikgetriebe
+ Fast unmerklich arbeitende Start-Stopp-Automatik
+ Verhältnismässig tiefer Verbrauch
+ Semi-autonomes Fahren möglich, sehr ausgereifte Assistenzsysteme
+ Top Lichtsystem mit Matrix-LED sowie Laserfernlicht
+ Viele Individualisierungs-Optionen
– Deutliche Anfahrschwäche
– Hohes Gewicht
– Hoher Preis, teure Extras, knausrige Serienausstattung
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Audi A7 Sportback 50 TDI |
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Preis Basismodell / Testwagen | 85 550 CHF / 137 160 CHF |
Antrieb | Diesel-Mildhybrid, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 2967 ccm / V6 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 8-Gang Automatikgetriebe |
Max. Leistung | 210 kW bei 3500 - 4000 r/min |
Max. Drehmoment | 620 Nm bei 2250 - 3000 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 5,7 s |
Vmax | 250 km/h (elektronisch abgeregelt) |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 5,8 l/100 km / 150 g/km / E |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 7,7 l/100 km / 199 g/km / +33% |
Länge / Breite / Höhe | 4,97 m / 1,91 m / 1,42 m |
Leergewicht | 2155 kg |
Kofferraumvolumen | 535 - 1390 l |
Bilder: Koray Adigüzel
Cooler Testbericht, vom Auto reden wir erst gar nicht 🙂 und noch coolere Location. Ist diese öffentlich zugänglich ? Liebe Grüsse Massimo.
Hi Massimo, danke fürs Kompliment! 🙂
Ob du’s glaubst oder nicht, aber das ist ein öffentliches Parkhaus im Sulzer Areal von Winterthur. Wenn du auf den Fotos ganz genau hinschaust, siehst du ein paar verblassene Markierungen.
Lg Koray