Es sind die Details, die den Unterschied machen – und einem auch nachhaltig in Erinnerung bleiben. Beim Audi A8 waren es die Türgriffe. Sie funktionieren elektromechanisch, das heisst, man zieht leicht am Griff und schon gleitet einem die Türe entgegen. Beim Aussteigen reicht ein kleiner Zug am Türgriff und die Türe springt bereits auf. Das ist nur ein sehr kleines Beispiel dessen, wozu der A8 in der Lage ist. Hightech und Fahrkomfort erreichen in diesem Auto ein neues Niveau. Man nimmt sehr gerne darin Platz, es ist mindestens so gemütlich wie die Stube, wenn nicht sogar noch besser ausgestattet. Wer aber wirklich das von Audi propagierte Nonplusultra erleben möchte, muss viel investieren – und noch eine Weile warten.
Es steht ein Besuch bei einem autobegeisterten Freund an, selbstverständlich wird mit dem A8 standesgemäss vorgefahren. Das erste, was er sehen will: «Zeig mal das Lichtspiel der Scheinwerfer!» Aber gerne doch. Verriegeln, warten, Entriegeln. … Nichts passiert. Okay, nochmal, dabei dem Auto gut zureden, vielleicht hilft das ja gegen Lampenfieber. Tut es anscheinend nicht. Ratlosigkeit. Ernüchterung. Der Blick in die Preisliste klärt auf: Wer die Lichtshow sehen möchte, muss für «Audi Laserlicht und OLED-Heckleuchten» 4040 Franken extra bezahlen. Wäre ich in einer TV-Show, würde es jetzt «piiiiiep» machen!
Aber über Zahlen und Geld erzähle ich später mehr. Jetzt möchte ich Audis Oberklasse auf mich wirken lassen. Der Eindruck ist auch ohne Lichtshow stattlich, der Kühlergrill ist riesig, passt aber doch zur Gesamterscheinung. Es gäbe sogar noch ein Sport-Exterieurkit, allerdings keine S Line. Wer den wirklich fetten Auftritt möchte, muss den S8 abwarten. Der kommt dann hoffentlich mit richtigen Endrohren, denn die angedeuteten Fake-Blenden sind bei einem A8 einfach doppelt peinlich. Wann hört dieser doofe Design-Trend eigentlich auf?
Zum Test tritt der A8 mit dem «kurzen» Radstand an, nichtsdestotrotz streckt sich der Luxus-Gleiter immer noch auf 5,18 Meter. Über ein kleines, Tablet-artiges Display lassen sich im Fond Ambientebeleuchtung, Sitzposition, Musikwahl sowie – ein weiteres, wunderschönes Detail – die Matrix-Leseleuchte einstellen.
Man kann nicht nur die Helligkeit, sondern auch Position und Grösse des Lichtspots stufenlos justieren, natürlich auch auf den vorderen Sitzreihen. Ebenfalls praktisch grenzenlos sind die Möglichkeiten der Ambientebeleuchtung sowie der Sitzverstellung vorne. Selbst der Schulterbereich lässt sich separat einstellen. Diverse Massageprogramme – richtig gute und kräftige übrigens – sowie ein Beduftungssystem der Klimaanlage runden das Wohlfühlprogramm im A8 ab.
Der Testwagen mit der neumodischen Bezeichnung 55 TFSI ist zur Zeit aus WLTP-Gründen (wann hört dieses Theater bei den Deutschen endlich mal auf?) nicht bestellbar. Es ist allerdings empfehlenswert, auf den Benziner zu warten. Der Diesel für den A8 hat im Test vom A7 nicht auf ganzer Linie überzeugen können, vor allem die enorme Anfahrschwäche hat den Eindruck getrübt. Davon ist im Benziner nichts zu spüren. Er verfügt übers ganze Drehzahlband über genügend Kraft, um ein müheloses und schnelles Vorwärtskommen zu garantieren. Passend zum Anspruch des Autos ist der Motor extrem leise, selbst Vibrationen spürt man so gut wie gar keine. Übrigens ist der Motor auch von aussen ein Mauerblümchen. Muss einer der leisesten V6 überhaupt sein.
Man kann natürlich auch den A8 ziemlich hart rannehmen, er scheut sich nicht davor, zügig um Kurven geschmissen zu werden und fühlt sich dank der Allradlenkung auch wesentlich kompakter an. Verglichen mit dem sehr sportlichen A7 wirkt im luxuriösen A8 aber alles eine Spur sanfter: Die dezente Seitenneigung sowie die weniger spitze Lenkung machen klar, dass der A8 gar kein Sportler sein will.
Sogar ein vollaktives Federungssystem ist optional nebst dem Sportdifferential verfügbar. Je nach Fahrmodus und Fahrsituation ist es in der Lage, jedes Rad separat über elektrische Aktoren nach oben zu ziehen oder nach unten zu drücken. So kann eine noch grössere Spreizung und Flexibilität zwischen Sport und Komfort erreicht werden. Der Testwagen war nicht damit ausgerüstet und ich kann nicht über mangelnden Fahrkomfort klagen. Bereits mit dem serienmässigen Luftfahrwerk scheint der A8 über der Strasse zu schweben und schwingt nur ganz sachte mit.
Langsam etwas mühsam finde ich dafür das theoretisch mögliche pilotierte fahren. Schon im Jahr 2017 bei der Premiere wurde angekündigt, der A8 könne mit seiner Hard- und Software auf der Autobahn bis Tempo 60 auf Level 3 autonom fahren. Mangels gesetzlicher Freigabe kann er das heute immer noch nicht und somit «nur» mit Abstandstempomat und aktiver Spurführung fahren.
Natürlich macht er das hervorragend und selbstverständlich sind noch ganz viele weitere Helferchen an Bord, etwa das fantastische Matrix-Lichtsystem oder der Nachtsichtassistent, der mich tatsächlich einmal vor querendem Wild gewarnt hat, als ich das Tier noch lange nicht gesehen habe. Remote Parking will er ebenfalls können, aber auch da hapert es noch mit der Freigabe. Da ist es aus Kunden-/Fahrersicht dann doch ziemlich ärgerlich, dass einem Hightech versprochen wird, im Kleingedruckten dann aber steht, was Sache ist – oder, besser gesagt, nicht Sache ist. Ab 2019 sollten die gesetzlichen Angelegenheiten dann aber endgültig bereinigt sein.
So bleibt mir am Ende zwar der Eindruck einer ausgesprochen guten Luxuslimousine, aber etwas wirklich besonderes oder gar der proklamierte «Vorsprung durch Technik» konnte mir der A8 nicht bieten. Die Hightechfeatures sind leider entweder noch nicht homologierbar oder aber man hat sich seitens der AMAG den Aufpreis für den Testwagen gespart.
So würden beispielsweise das Laserlicht, der Executive-Sitz hinten rechts, das Rearseat-Entertainment, das Aktivfahrwerk oder das Sportdifferential an der Hinterachse das Auto noch weiter aufwerten und es möglicherweise zu etwas besonderen machen. Doch schon ohne all diese netten Kleinigkeiten kommt der Testwagen bereits auf 150’730 Franken. Eigentlich macht der A8 nichts schlecht, er hat keine nennenswerten Schwächen. Es ist ein Genuss, mit ihm zu fahren oder in ihm gefahren zu werden. Doch angesichts des sehr hohen (Preis-)Segments, in welchem er sich bewegt, habe ich einen grösseren Wow-Effekt erwartet als elektromechanische Türschlösser.
Alltag
Punkto Kofferraum kann der A8 nicht mit seinen kleinen Brüdern mithalten, aber das haben alle Luxuslimousinen gemeinsam. Ansonsten verwöhnt der grosse Audi mit formidablem Fahrkomfort, einer Wohlfühlzone im Fond und erträglichem Wendekreis dank Allradlenkung.
Fahrdynamik
Man kann den A8 ziemlich um Kurven scheuchen, da gibt sich das Auto keine Blösse. Trotzdem bietet der auf Komfort getrimmte Audi natürlich nicht die Schärfe und Agilität, wie beispielsweise der A7.
Umwelt
8,0 Liter soll der Luxusliner verbrauchen, im Test waren es jedoch happige 10,8 l/100 km, trotz Mild-Hybrid Technologie. Das Problem ist halt, dass soviel Luxus viel wiegt und Übergewicht lässt sich nie mit wenig Verbrauch vereinen.
Ausstrahlung
Ohne zu aufdringlich oder pompös zu wirken, macht der A8 vor allem mit seinem monumentalem Kühlergrill ordentlich Eindruck. Dasselbe gilt für die Lichter – sofern man das 4040 Franken teure Optionspaket wählt.
Fazit
+ Stattliches und elegantes Design
+ Super bequeme Sitze, unzählige Einstellungsmöglichkeiten
+ Verstellbare Sitze im Fond, sehr hoher Sitzkomfort
+ Materialanmutung und Verarbeitung auf höchstem Niveau
+ Geschmeidiger Motor mit ausgesprochen ruhigem Lauf
+ Allradlenkung
+ Sehr leises Fahrverhalten
+ Exzellenter Fahrkomfort
+ Trotz des hohen Komforts sportliches Handling
+ Perfekt abgestimmtes Automatikgetriebe
+ Sehr schnelles und präzises Matrix-Licht
+ Vermutlich hoher Wiederverkaufswert
– Erhöhter Verbrauch
– Getesteter Benziner aufgrund laufender WLTP-Homologierung zur Zeit nicht bestellbar
– Freche Aufpreispolitik
– Level 3 Autonomie immer noch nicht homologiert
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Audi A8 55 TFSI |
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Preis Basismodell / Motorisierung / Testwagen | 112 400 CHF / 114 100 CHF / 150 730 CHF |
Antrieb | Benzin-Mildhybrid, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 2995 ccm / V6 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 8-Gang Automatikgetriebe |
Max. Leistung | 250 kW bei 5000 - 6400 r/min |
Max. Drehmoment | 500 Nm bei 1370 - 4500 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 5,6 s |
Vmax | 250 km/h (elektronisch abgeregelt) |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 8,0 l/100 km / 182 g/km / G |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 10,8 l/100 km / 246 g/km / +35% |
Länge / Breite / Höhe | 5,18 m / 1,94 m / 1,47 m |
Leergewicht | 2191 kg |
Kofferraumvolumen | 505 l |
Bilder: Koray Adigüzel
Der neue A8 ist meiner Meinung nach wieder mal seiner Konkurenz weit voraus. Zeitloses und doch modernes Design. Modernste Technik. Einfach ein tolles Auto.