Der Audi e-tron Sportback ist bis unters Dach vollgestopft mit Hightech. Dazu kommen die Audi-typische Gelassenheit und Qualität sowie ein adrettes, sportlich-elegantes Design. Ob das reicht, um im Premium-Elektro-Segment die Krone zu tragen?
Auch beim Stromer steigt Audi auf den Sportback-Zug auf, da SUV-Coupés sich immer grösserer Beliebtheit erfreuen. Im Gegensatz zum normalen e-tron ist die Front aggressiver gestaltet und betont mehr die Breite. Die Dachlinie verläuft elegant nach hinten und endet in einem vergleichsweise luftigen Heck, was nicht jedes SUV-Coupé von sich behaupten kann. Der Diffussor ist zudem stärker ausgeprägt.
Die aerodynamisch vorteilhaftere Karosserie verhilft dem e-tron Sportback zudem zu einer um 20 Kilometer höheren Reichweite nach WLTP-Norm. Auf dem Papier sind es somit 456 Kilometer. Die optionalen Kamera-Aussenspiegel senken den cW-Wert zwar ebenfalls ein wenig, fallen aber gemäss Zyklus nicht ins Gewicht.
Nüchternes, praktisches Interieur
Bis auf die Sportsitze mit Integralkopfstützen sind im Innenraum keine Unterschiede auszumachen. Überhaupt bleibt Audi diesbezüglich sehr konventionell. Bis auf den Wählhebel, die Handauflage und einer e-tron-spezifischen Darstellung im digitalen Cockpit ist der e-tron Sportback sehr viel Audi und sehr wenig Zukunft – aber wahrscheinlich ist das auch so gewollt.
Dank verhältnismässig kurzer Schnauze kann sich das Platzangebot aber sehen lassen. Man sitzt nicht nur vorne, sondern auch hinten fürstlich. Dank einer cleveren Sitzposition und einer Ausbuchtung im Dachhimmel stossen sich auch Lulatsche im Fond nicht den Kopf. Die Heckklappe ist gross und gibt einen tiefen, geräumigen Kofferraum frei. Zwar passt da viel rein, dennoch kostet die Dachlinie Platz und die Ladekante ist sehr hoch. Für die Ladekabel findet sich im sehr billig vermachten Plastik-Frunk unter der Haube ein Platz.
Leisetreter
Motorstart, ein sanfter Ton signalisiert Startbereitschaft. Im Auto-Modus fährt sich der e-tron Sportback ausgesprochen gemütlich, sanft und sehr ruhig. Der Fokus liegt hier eindeutig auf dem komfortablen Gleiten. Vom oft zitierten E-Kick ist nur wenig zu spüren, schnelles Ansprechverhalten und deutliche Schubzugabe liefert der e-tron erst, wenn er über eine längere Zeit eine sportliche Fahrweise erkannt hat.
Dafür kann er seine komfortable Seite sensationell gut ausspielen. Dank sehr aufwendiger Dämmung hört man von der Aussenwelt fast nichts mehr. Die Luftfederung gibt sich kuschlig und dämpft hervorragend, trotz grossen Felgen. Die Assistenzsysteme, die semi-autonomes Fahren ermöglichen, arbeiten praktisch fehlerfrei, lediglich die Tempoerkennung dürfte noch etwas zuverlässiger sein.
Dank der automatisch stufenlos reagierenden Rekuperation switcht der e-tron Sportback auch ohne Abstandstempomat selbstständig zwischen Segeln und starker Rekuperation. Dabei berücksichtigt er Verkehrsteilnehmer, Strassenverlauf und Topografie. Das ist smart und so muss es sein!
Als besonderes Highlight ist der e-tron Sportback als erster Audi optional mit der Pixel-Scheinwerfer-Technologie aufrüstbar. Der Scheinwerfer arbeitet dann ähnlich wie ein Beamer. Das Matrix-Licht ist noch feinfühliger, Fussgänger werden im Dunkeln angeblinkt und die Breite des Autos kann als virtueller Fahrstreifen auf die Strasse projiziert werden. Leider war der Testwagen aber nicht mit diesem Feature ausgerüstet.
Virtueller Sportler
DIe andere Seite muss man ein wenig aus dem grossen Elektro-SUV kitzeln. Denn der Dynamic-Modus mit der aggressiven Gasannahme und das abgesenkte Luftfahrwerk machen aus dem Koloss trotz tiefem Schwerpunkt noch lange keinen Sportler. Für sein massives Gewicht sind zwar erstaunlich hohe Kurvengeschwindigkeiten möglich, es ist erstaunlich, wie lange der e-tron Sportback sich neutral verhält. Allerdings greift das ESP sehr konservativ ein, sprich, es ist übervorsichtig.
Darüber hinaus kommt durch die leicht synthetische Lenkung das Fahrfeeling einfach nicht durch, man spürt zu wenig, was das Auto macht und wie weit man noch vom Limit entfernt ist. Wer das ESP in den Sport-Modus versetzt, kann zwar sehr zackig unterwegs sein, doch das Auto gibt einem zu verstehen, dass es dazu eigentlich nicht gebaut wurde.
Viel Hightech und doch nicht
Auf den ersten Blick wirkt die Technologie des e-tron Sportbacks beeindruckend. Kameras statt Aussenspiegel, State of the Art Assistenzsysteme und eine neuartige Lichttechnologie. Doch so genial die Kameras auf der Autobahn sind, so furchtbar sind sie beim parkieren. Die Assistenzsysteme gibt es bis auf das neue Licht auch bei anderen Modellen.
Was ebenfalls konventionell ist: Die Plattform. Der e-tron basiert noch nicht auf dem Elektro-Baukasten, was im absurd hohen Gewicht von rund 2,7 Tonnen resultiert. Was ebenfalls nur mässig ist, ist seine Effizienz. Der Stromverbrauch ist hoch, was in einer Test-Reichweite von knapp über 300 Kilometern resultiert, dies allerdings mit hohem Autobahnanteil, wie man fairerweise anfügen muss.
Abgesehen vom zu hohen Stromverbrauch spürt man als Fahrer freilich nichts von der Architektur, die dem Auto zugrunde liegt und die verbaute Technik funktioniert tadellos. Der Komfort und vor allem der Geräuschpegel sind vorbildlich. Das sich der e-tron Sportback gegen den Sport sträubt, ist okay, dafür ist der soeben lancierte e-tron Sportback S zuständig. Wer Freude an technischen Highlights hat, nicht häufig Langstrecke fährt und sich vom Preis von rund 135’000 Franken nicht abschrecken lässt, sollte sich den schönen e-tron genauer anschauen.
Alltag
Der e-tron bietet auch als Sportback viel Platz. Allerdings werden die Vorteile des Elektroantriebs nur sehr eingeschränkt genutzt. Spezielle Variabilität sucht man im Stromer-SUV-Coupé vergebens. Im Gegensatz zur übrigen Audi-Oberklasse muss man hier ausserdem auf eine Allradlenkung verzichten.
Fahrdynamik
Um das Elektro-typische Temperament zu entfachen, bedarf es des Dynamic-Modes, ansonsten ist der e-tron Sportback zu gemütlich abgestimmt. Der tiefe Schwerpunkt und der wortwörtlich blitzschnelle quattro-Antrieb helfen, dass zackig gefahrene Kurven neutral durchfahren werden. Grosse Integration ins Fahrgeschehen kommt aufgrund der abkapselnden Lenkung allerdings nicht auf. Der Wagen ist zwar auch auf kurvigen Strecken schnell, aber es fühlt sich alles recht distanziert an.
Umwelt
Mir ist es ein Rätsel, wie der Verbrauch des Sportbacks im Test trotz ähnlicher Fahrweise um 1,9 kWh/100 km höher ist als beim normalen e-tron. Klar, das Auto ist schwer, aber ein Durchschnittsverbrauch von 28,9 kWh/100 km sind deutlich zu viel. Das resultiert letztendlich in einer für diese Fahrzeugklasse eher dürftigen Reichweite von 310 Kilometern.
Ausstrahlung
Seinen Elektro-Antrieb stellt der e-tron-Sportback nicht gross zur Schau. Er ist eine elegante und imposante Erscheinung, nicht mehr und nicht weniger. Die kamerabasierten Aussenspiegel wirken fancy.
Fazit
+ Elegantes, sportlich angehauchtes Design
+ Sehr geräumiger Innenraum, viele und grosse Ablagen
+ Exzellente Verarbeitungsqualität, edle Materialien
+ Navigation berechnet Ladestopps auf der Route mit ein
+ Diverse Fahrmodi mit deutlicher Spreizung
+ Sehr hoher Fahrkomfort
+ Sehr tiefes Geräuschniveau
+ Neutrales Handling dank tiefem Schwerpunkt
+ Hohe Ladeleistungen möglich
+ Sehr schnell reagierendes Matrix-LED-Licht, optional Pixel-Matrix-Licht
+ Riesige Auswahl an Assistenzsystemen, arbeiten zuverlässig
– Sehr hohes Gewicht
– Hoher Preis
– Keine Allradlenkung erhältlich
– Synthetische Lenkung
– Hoher Stromverbrauch, reale Reichweite eher knapp
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Audi e-tron Sportback |
---|---|
Preis Basismodell / Testwagen | 93 300 CHF 135 460 CHF |
Antrieb | Elektrisch, Allradantrieb |
Akkukapazität | 95 kWh |
Max. Leistung | 265 kW Dauerleistung, 300 kW Boost |
Max. Drehmoment | 561 Nm / 664 Nm Boost |
Beschleunigung 0–100 km/h | 5,7 s |
Vmax | 200 km/h (elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / Energieeffizienz | 25,5 kWh/100 km / A |
Test-Verbrauch / Differenz | 28,9 kWh/100 km / + 13 % |
WLTP-Reichweite | 456 km |
Ø Test-Reichweite | 295 km |
Länge / Breite / Höhe | 4,90 m / 1,94 m / 1,62 m |
Leergewicht | 2680 kg |
Kofferraumvolumen | 555 - 1655 l (+60 Liter Frunk) |
Bilder: Koray Adigüzel