Wenn der Fahrer zum Passagier wird

Man steigt ins Auto, meldet dem Bordcomputer sein Ziel, macht es sich im Sitz gemütlich und geniesst die Fahrt, ohne ein Pedal zu betätigen oder ein Lenkrad zu drehen. In einigen Filmen ist dies die Realität, beispielsweise in I Robot mit Will Smith. In diesem Film kurvt er im eigens für den Hollywoodstreifen entwickelten Audi RSQ durch die Gegend. Übrigens, der Audi RSQ ist der Grundstein für den heutigen Audi R8. Dies einfach als Randbemerkung. So stellt sich also Audi das Autofahren im Jahr 2035 vor. Wird das eines Tages tatsächlich so weit kommen, dass Autofahren nicht viel mehr als Bahnfahren auf Strassen ist?

Gut möglich, denn bereits eine Mittelklasse Limousine parkiert heute praktisch von alleine, der Fahrer muss nur noch leicht Gas geben, um das Auto in eine Lücke zu quetschen, die nur 1.2 mal grösser sein muss als das Auto selber. In der Oberklasse existieren auch Parksysteme, bei denen man wirklich nur noch zuschauen muss, wie sich das Auto von alleine parkiert.
Doch die Parkkünste von modernen Autos sind nur das eine. Mit ihren Sensoren und elektronischen Helfershelfer halten sie automatisch den Abstand zum Vordermann, halten das Tempo(Limit) ein und korrigieren kleine Lenkfehler vom Fahrer automatisch durch Impulse am Lenkrad. Alleine damit wäre es theoretisch bereits möglich, eine gerade Autobahn zu befahren, ohne dass der Fahrer das Fahrzeug bedienen müsste.

Einen Schritt weiter geht Porsche mit einem selbstentwickelten System namens ACC InnoDrive. Mit dieser Technik werden die Füsse des Fahrers arbeitslos, es muss nur noch gelenkt werden. Porsche bezeichnet es als einen “intelligenten Tempomaten, welcher dem Fahrer in jeder Hinsicht überlegen ist”.
Eine ziemlich provokative Aussage, denn eigentlich sagt man so dem Porschefahrer, dass er das Fahren nicht im Griff hat. Doch die Ingenieure haben Recht, denn der Fahrer ist im Auto das schwächste Glied. Lange Entwicklungszeiten und mindestens so lange Testzeiten werden investiert, um den Spritverbrauch, insbesondere in den höheren Klassen, in Grenzen zu halten. Doch was nützt die ganze Mühe der Entwickler, wenn der Fahrer mit falschen Befehlen alles zunichte macht? Denn mit unbedachten Gasstössen oder unnötigen Schaltvorgängen wird zu viel Sprit verfeuert. Das muss nicht sein, hat man sich bei Porsche gedacht und entmachtet prompt den Fahrer, denn die Elektronik kann es  sowieso viel besser.
Doch wie soll ein Computer das Tempo und die Schaltzeiten bestimmen und obendrein auch noch auf andere Verkehrsteilnehmer achten? Nun, die leichtere Aufgabe, das Achten auf anderen Verkehrsteilnehmer, geschieht mittels Sensoren, welche den Abstand zum Vorausfahrenden misst, alles alte Schule. Um das Tempo zu bestimmen, erhält der Bordcomputer die relevanten Daten aus einem speziell aufbereiteten Navigationssystem, in der alle Strassen inklusive deren Eigenschaften enthalten sind. Das Auto kennt also auf den kommenden Kilometern jede Kurve, jede Steigung, jedes Gefälle und jedes Tempolimit. Anhand dieser Daten wird bestimmt, wie gefahren wird. Zur Krönung kann der Fahrer (irgendetwas muss man ihm ja lassen) bestimmen, ob die Elektronik eher sanft und komfortabel oder zügig und sportlich fahren soll. Und damit keine Skepsis seitens der Kundschaft aufkommt: Wie beim herkömmlichen Tempomaten kann man den Spuk jederzeit beenden, indem man einfach selber ein Pedal betätigt.

Um etwaige Kritik bereits im Keim zu ersticken sei gesagt: Auf einer Teststrecke hat es die Elektronik schneller und effizienter ans Ziel geschafft, als der Fahrer. Man mag es fast nicht glauben, doch Porsche wäre nicht Porsche, wäre nur das Thema Ökologie im Vordergrund. Da der Bordcomputer die Kurven genau kennt, kann er sie mit maximaler Geschwindigkeit durchfahren, schneller, als mancher Fahrer sie nehmen würde. Und diese Technik ist alles andere als Zukunftsmusik, denn bereits ab ca. zwei Jahren soll sie serienreif und – wahrscheinlich gegen happigen Aufpreis – erhältlich sein. Unklar ist noch, in welchem Modell die Technik Premiere feiern soll.

Diese Entwicklung von Porsche zeigt, dass das selbstfahrende Auto gar nicht mehr so weit weg ist. Google kurvt ja in Kalifornien schon seit einiger Zeit mit einem Auto durch die Gegend, welches komplett alleine fährt. Das ist dann zwar schon etwas weiter weg, doch es zeigt, dass nicht die Technik das Problem ist, sondern, dass die Technik ihrer Zeit voraus ist und wahrscheilich kaum Käufer finden würde. Klar wäre ein solches selbsfahrendes Auto auch heute noch nicht technisch einwandfrei, aber grundsätzlich besteht die Möglichkeit, den Computer steuern zu lassen.
Aber weshalb soll eigentlich der Mensch nach und nach die Aufgaben abgeben? Die Antwort ist, dass Computer die besseren Autofahrer sind als Menschen. Genauso wie eine herkömmliche Kiste unter dem Schreibtisch um ein vielfaches besser und schneller rechnen kann als der Mensch. Die Entwickler solcher Technologien argumentieren, dass man den Strassen mit computergesteuerten Fahrzeugen viel mehr Verkehr zumuten könnte. Ausserdem würden viel weniger Unfälle passieren, da Computer nicht unter Unaufmerksamkeit leiden und im Gegensatz zum Menschen sofort reagieren können. Ausserdem wäre der Computer der effizienteste Fahrer. Bereits heute wird der Fahrer in modernen Autos von einer Armada an Assistenzsystemen begleitet, um ihn zu entlasten und um Fahrfehler frühzeitig zu erkennen und eventuell im gleichen Zug zu korrigieren.

Vielleicht wird der Audi RSQ anno 2035 tatsächlich in Serie gehen. Der Mensch wird sicherlich jederzeit die Möglichkeit haben, ins System des Autos eingreifen zu können und wieder Herr über das Fahrzeug zu werden. Aber die heutigen Technologien in den Autos und die aktuellen Forschungen an neuen Technologien weisen den Weg unverweigerlich in Richtung des Autopiloten. Was heute noch zu sehr an Science-Fiction erinnert, wird im Laufe der Zeit vielleicht mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit. Der Fahrer wird zum Beifahrer des Computers.

4 thoughts on “Wenn der Fahrer zum Passagier wird”

    • Das ACC InnoDrive System ist ja laut Porsche auch kein Autopilot, sondern ein “intelligenter Tempomat”. Der Fahrer muss sich weiterhin auf die Strasse konzentrieren, denn ACC InnoDrive erkennt keine Vortrittsregeln, Fussgänger oder Ampelschaltungen.
      Das System eignet sich somit hauptsächlich auf Landstrassen und nicht in der Stadt. Ausserdem könnte man mit dieser Technologie insbesondere mit Hybridantrieb besonders effizient fahren.

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