Eitelkeit und Geschwindigkeit: Citroën DS3 Racing Cabrio

Citroën DS3, mit der hübschen Göttin hatte ich schon einmal das Vergnügen. Mit einer Prise Eitelkeit gesegnet – zu den optischen Details später mehr – versprüht das DS3 Cabrio pure Heiterkeit und mit 115 kW Leistung ist bereits die brave DS3 überhaupt kein Kind von Traurigkeit. Ich würde sie keck als “the girl next door” bezeichnen.
Das würde ich von meiner jetzigen Begleitung nicht mehr behaupten. In Moondark Mattgrau steht die DS3 Racing vor mir, ebenfalls als Cabrio, und sie wirkt eher wie eine Domina, die gerne ein paar wilde Spielchen treiben möchte, ohne dass die strengen Ordnungshüter etwas davon mitbekommen. Noch verfüge ich nicht über den Schlüssel, meine Hände sind quasi gefesselt, weshalb ich gezwungen bin, erst einmal ihre optischen Reize auf mich wirken zu lassen…

Im Grunde ist die DS3 so ein süsses Auto, aber das Mattgrau erfüllt seinen Zweck. Selbst die unschuldige DS3 wirkt plötzlich vollkommen verrucht. Bereits die zivile DS3 ist im Vergleich zum C3 mächtig aufgebrezelt, allerdings trägt die Racing-Version nochmals extra Make-Up, nämlich rundum ein sportliches Bodykit in Carbon-Optik sowie rote Zierstreifen an den Türen und rote Bremssättel – allerdings nur vorne. Warum, das weiss wohl nur die Göttin selber. Bis auf die genannten Erkennungsmerkmale unterscheidet sich die Racing-Version nicht von einer herkömmlichen DS3, wobei die genauso schicke, wie unpraktische Kofferraumklappe, die halbkreisförmig öffnet, nochmals eine Bemerkung wert ist.

Citroën DS3 Racing Cabrio
Die kleine Französin wirkt sehr aggressiv.

Innen wirkt die Racing-Edition schon wesentlicher freundlicher, eher wie eine gepflegte Diva. Lediglich die dominanten Schalensitze erinnern an die äusserliche Domina. Die Sitze sehen klasse aus, stützen optimal und sind auch bequem , da sie sich dem (gut gebauten) Körper bis zu einem gewissen Grad anpassen. Ebenfalls Racing-Feeling verströmen die grosszügig eingesetzten Kunststoffverkleidungen in Carbon-Optik. Ansonsten unterscheidet sich die Racing-Version auch innen nicht von der normalen DS3. Der Innenraum wirkt hochwertig, die Verarbeitung ist sehr gut, obwohl bei groben Unebenheiten gerne mal irgendetwas im hinteren Bereich knarzt, ich vermute, es ist die Dachmechanik. Die Bedienung des an sich gut gelungenen Infotainmentsystems ist allerdings durch die fummeligen Knöpfchen in der Mittelkonsole umständlich, ein Touchscreen würde besser passen. Ein stilistisches Malheur ist die Tatsache, dass das Rot vom Zierstreifen nicht mit dem Rot der Nähte und Bremssättel übereinstimmt. Dass ausgerechnet den stilbewussten Franzosen so was passiert…
Während die französische Diva-Domina die Passagiere vorne mit ausserordentlich guten Platzverhältnissen verwöhnt, wird es ab der B-Säule sehr eng. Nur Kids oder Schlangenmenschen sollte die Rückbank zugemutet werden. Während den hinteren Passagieren jeweils ein massiver Haltebügel an der B-Säule zur Verfügung steht, ist der Beifahrer den Kapriolen des Piloten hilflos ausgesetzt, denn vorne hat es nirgends einen Griff. Aufgrund der winzigen Kofferraumöffnung wird es ausserdem bereits für eine gut gefüllte Sporttasche eng, obwohl der Kofferraum mit 245 Liter Volumen gar nicht so klein ist.

Citroën DS3 Racing Cabrio
Die Kofferraumklappe ist sehr unpraktisch – aber chic

So, genug geschaut, jetzt gehts zur Sache! Einsteigen, Sicherheitsgurt einrasten, Zündung ein und das Fesselspiel kann beginnen. Die kleine, aber wilde Französin grummelt beim Start ziemlich dreckig. Da das Spiel möglichst lange dauern soll, wird erst einmal Kuschelkurs signalisiert, denn der 1,6-Liter Turbobenziner muss schliesslich aufgewärmt werden. Bereits auf den ersten Metern fallen die harte Fahrwerksabstimmung, das knackige 6-Gang-Getriebe und die leichte, aber doch sehr präzise und direkte Lenkung positiv auf. Die Bremsen sind unglaublich bissig, aber sie lassen sich perfekt dosieren. Im Stadtverkehr zeigt die Domina sogar ein kleines bisschen Nachsicht, denn die Kupplung ist nicht zu hart und verfügt über einen klar definierten Schleifpunkt.

Citroën DS3 Racing Cabrio
Ein Lenkrad ohne Knöpfe. Sehr schön!

Mittlerweile hat sich der Motor aufgewärmt und die Autobahneinfahrt ist erreicht. Jetzt darf der Motor mal zeigen, was er drauf hat, zweiter Gang rein und volle Kraft voraus: 275 Nm setzen die Vorderachse rasant in Bewegung, maximal 152 kW vermag der aufgeblasene Motor zu mobilisieren. Die Kraft ist in der Lenkung durchaus zu spüren, ist aber nicht weiter schlimm. Madame DS3 Racing knurrt zwar böse, hält sich aber akustisch weitgehend in Grenzen.
Jetzt steht also Autobahnfahren auf dem Programm, nicht gerade die Paradedisziplin der heissen Französin, die so gerne mal zeigen möchte, was in ihr steckt. Aber das muss noch kurz warten. Auf der Autobahn ist die Geräuschkulisse aufgrund des Stoffdachs ziemlich hoch, vor allem in Tunnels wird es richtig laut im Innenraum. Ausserdem ist das Fahrverhalten ziemlich bockig (ist Madame etwa beleidigt?), denn die DS3 fährt gerne Spurrillen nach und gibt den Fahrbahnzustand kaum gefiltert an die Insassen weiter. Ein Blick auf den Bordcomputer offenbart aber, dass die Französin bei Tempo 130 weniger als sechs Liter auf 100 Kilometer fordert, dem lang übersetzten 6. Gang sei Dank. Klingt nach einer guten Begleiterin, immerhin bietet sie viel, verlangt aber vergleichsweise wenig. Obwohl die DS3 Premium ist, bietet sie keinerlei Assistenzsysteme, wie es mittlerweile in vielen anderen Kleinwagen üblich ist. Citroëns Premiumanspruch beschränkt sich auf den edlen Innenraum inklusive Parfümspender.

Citroën DS3 Racing Cabrio
Carbonoptik ziert das DS3 Racing Cabrio rundum

Währenddessen fühlt sich die kleine Domina von mir ausgenutzt und zweckentfremdet. Da starre ich sie zuerst an, als wäre sie die Göttin auf Erden, um anschliessend im Stadt- und Autobahnverkehr zu dümpeln. Doch mittlerweile bin auch ich bereit. Bereit, es mit dem schärfsten Gerät, das Citroën derzeit zu bieten hat, aufzunehmen. Der Seele des Autos auf der Spur, das bin ich, und der Wegweiser Klausenpass scheint mir im DS3 Racing Cabrio die richtige Spur zu sein. Mittels Knopfdruck wird das Dach geöffnet, 1500 Höhenmeter wollen bezwungen werden. Quick & Dirty beschreibt das Fahrgefühl am besten, denn die Domina ist mit einer irrwitzigen Agilität gesegnet. Da fährt, nein, fliegt man auf die Kurve zu, bremst brüsk ab, knallt den zweiten Gang rein, um beim Scheitelpunk wieder voll aufs Gas zu gehen. Erst bei einer Fahrweise, die kein Polizist mehr für verkehrstauglich befinden würde, untersteuert die DS3, wobei das ESP äusserst feinfühlig und präzise regelt. Es sind die Kurven, die süchtig machen. Je enger und verwinkelter, desto besser. Klar, rein von der Kraft her kann die potente Domina niemals mit echten Sportwagen mithalten. Aber manchmal kommt es eben doch auf die Grösse an. Weil Sportwagen teilweise auf fast schon zwei Meter Breite ausufern, wird es bei plötzlichem Gegenverkehr auf dem Klausenpass sehr schnell sehr eng. Mit der DS3 und ihren zarten 1,72 Meter Breite kein Problem. Lenkung, Bremsen und Fahrwerk, alles ist so knackig abgestimmt, dass die DS3 ein kleines Präzisionsinstrument ist. Ob lange Kurve, enge Kurve, lange Gerade, kurze Gerade, mit Gegenverkehr, ohne Gegenverkehr, mit der DS3 Racing kann kann dank ihrer geringen Grösse, ihrem scharfen und doch gutmütigen Fahrverhalten eigentlich immer am Limit fahren. Obwohl das DS3 Racing Cabrio eigentlich kein richtiges Cabrio ist, fühle ich mich, als ob ich eher auf den Klausen fliegen als fahren würde. In dem Moment, als ich auf die Passhöhe zugeflogen bin und für einen kurzen Augenblick nur noch den Himmel und das Bergpanorama vor Augen hatte, war ich überzeugt davon, die Seele vom DS3 Racing Cabrio gefunden zu haben.

Citroën DS3 Racing Cabrio
Pass- und Bergstrassen. Dort gehört sie hin, die schärfste DS3.

Das Bergabfahren ist noch intensiver als das Bergauffahren, weil durch das Gefälle die “fehlende” Kraft im Vergleich zu grösseren Sportwagen recht gut ausgeglichen wird. Das DS3 Racing Cabrio ist sauschnell und gibt einem das Gefühl, unverwundbar zu sein. Am Ende der rund 40 Minuten langen Fahrt über den Klausen war ich komplett verschwitzt, obwohl das Dach ständig offen gewesen ist. Aber es stellte sich bei mir ein Gefühl von tiefer Befriedigung ein. Als ich ausgestiegen bin und die Domina “verbraucht” gerochen, die Bremsen vor Hitze fast geglüht haben und die Motorhaube heiss war, war ich mir sicher, dass auch die Domina bei diesem Ritt auf ihre Kosten gekommen ist.

Einen Tag später, als der Hormonhaushalt sich wieder stabilisiert hat, stellt sich dann heraus, dass eben doch nicht alles Gold ist, was glänzt. Klar, das DS3 Racing Cabrio ist ein limitiertes Modell, aber 38’000 Franken sind viel Geld für so einen Winzling, dessen Rückbank und Kofferraum kaum mehr als Alibis sind. Zwar ist der Innenraum sehr hochwertig eingerichtet, technisch bietet die DS3 aber so gut wie gar nichts – nicht einmal eine Berganfahrhilfe ist an Bord.

Citroën DS3 Racing Cabrio
LED- Rücklichter mit 3D-Effekt. Die DS3 weiss, worauf es optisch ankommt…

Was bleibt also übrig? Eine Französin, so chic wie unpraktisch, aber unheimlich anziehend. Aber das Beste kommt zum Schluss: 6,4 l/100 km soll sich das Citroën DS3 Racing Cabrio genehmigen. Und ich habe die DS3 getreten, gescheucht und wild behandelt; nur selten gab es Streicheleinheiten. Trotzdem, auf wundersame Weise hat sie nur 6,9 l/100 km geschluckt – allerdings, und jetzt kommt die Diva wieder – wird 98er Super Plus verlangt.
Schönheit hat eben ihren Preis.

Alltag ★★★☆☆

Das DS3 Racing Cabrio bietet faktisch nur zwei Personen und deren Kleingepäck Platz, mehr passt nicht rein. Das Fahrwerk ist hart, Assistenzsysteme sind keine an Bord und das Faltdach lässt insbesondere auf der Autobahn einiges an Lärm durch. Man muss den Charakter der DS3 schon mögen, um all das in Kauf zu nehmen.

Fahrdynamik ★★★★★

Der Zusatz Racing ist mehr als verdient. Eine Fahrt im DS3 Racing Cario ist wie ein Ritt auf einer Kanonenkugel, da sie über ein hervorragendes Handling verfügt, leicht zu kontrollieren und doch verdammt schnell ist. Alle Mini JCWs da draussen: Zieht euch warm an, wenn diese Domina hinter euch auftaucht.

Umwelt ★★★★☆

Auch Supersportwagen haben mittlerweile eine Start-Stopp-Automatik an Bord, trotzdem ist sich die Diva zu fein dafür. Dennoch, ein Verbrauch von 6,9 l/100 km ist angesichts meiner Fahrweise schlicht sensationell.
Übrigens: Auch der Peugeot RCZ R hat trotz hartem Einsatz einen recht tiefen Verbrauchswert erzielt. Mir scheint, PSA hat den Durst seiner Turbobenziner gut im Griff.

Ausstrahlung ★★★★★

Ich finde, man kann gar nicht wegschauen, wenn das DS3 Racing Cabrio aufkreuzt. Die einen nennen sie hübsch, andere brachial, wieder andere prollig – Aufmerksamkeit ist ihr aber gewiss.
Aber das nächste Mal bitte ein einheitliches Rot verwenden…

Fazit ★★★★☆

+ Hochwertige und edle Innen­aus­stattung
+ Parfums­pender für angenehmen Geruch
+ Knackiges Sportfahrwerk
+ Irre Querdynamik möglich
+ Direkte und präzise Lenkung
+ Mächtige Bremsanlage
+ Sehr einfaches Handling
+ Sensationeller Verbrauch

– Unprak­tische Ladeluke (sieht aber chic aus)
– Sehr enge Platz­ver­hältnisse hinten
– Keine Start-Stopp-Automatik
– Keinerlei Assistenzsysteme
– Umständliche Bedienung vom Infotainment
– Faltdach nur mässig schallisoliert

Steckbrief

Marke / ModellCitroën DS3 Racing Cabrio
Preis Basis­modell / Testwagen36'800 CHF / 38'000 CHF
AntriebBenzin, Front­antrieb
Hubraum / Zylinder1598 ccm / R4
Getriebe6-Gang manuell
Max. Leistung152 kW bei 6000 r/min
Max. Drehmoment275 Nm bei 4500 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h6,5 s
Vmax235 km/h
Verbrauch Werk / CO2 Emissionen / Energieeffizienz6,4 l/100 km / 149 g/km / F
Verbrauch Test / CO2 Emissionen / Differenz6,9 l/100 km / 161 g/km / +8 %
Länge / Breite / Höhe3,96 m / 1,72 m / 1,45 m
Leergewicht1244 kg
Koffer­raum­volumen245 l

(Bilder: Koray Adigüzel)

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