Die Frage, ob ein SUV als erstes Modell einer expliziten Sportmarke das Richtige ist, ist durchaus berechtigt. Beim Blick auf die Statistiken macht ein SUV aber durchaus Sinn, zumal der Ateca in seinem Segment mit dieser Leistung nur auf zwei Konkurrenten trifft – welche beide ebenfalls zum Volkswagen-Konzern gehören. So gesehen haben die Spanier also eine neue Nische besetzt, nämlich jene der Power-SUVs im Kompakt-Segment. Aber genug Positionierungs-Theorie, denn um was es hier wirklich geht, ist die Fahrdynamik. Trägt der Ateca das wilde Cupra-Logo zu Recht? Ist er nur schnell, oder kommt auch Fahrfreude auf?
Aus optischer Sicht ist das bronzefarbene Logo beinahe das einzige wilde Element am Auto. Die scharfen Linien trägt bereits der normale Ateca stolz zur Schau. Blickfang beim Cupra ist der Cupra-Schriftzug am unteren Gitter, da hat wohl der quattro-Schriftzug der RS-Modelle als Inspiration gedient. Am Heck sind es die fünf schwarzen Schlitze sowie die vierflutige Auspuffanlage, die den Cupra als solchen kennzeichnen. Optional sind auch Felgen mit dem bronzefarbenen Finish erhältlich. Im Gegensatz zum Seat Leon Cupra R ist eine Mattlackierung jedoch nicht im Programm.
Unverkennbar Seat
Im Interieur bleibt der Wow-Effekt aus. Cupra-spezifisch sind einzig die optionalen Schalensitze, das Lenkrad sowie die Performance-Darstellung mit zentralem Drehzahlmesser im digitalen Cockpit. So eigenständig Cupra gerne auftreten möchte, im Innenraum ist die Nähe zu Seat unübersehbar. Hartplastik im Fond oder im Bereich der Mittelkonsole ist ausserdem auch nicht gerade das, was man in dieser Leistungsklasse erwartet. Zur Verteidigung muss aber gesagt werden, dass sich Cupra einen gehörigen Preisaufschlag im Vergleich zum normalen Ateca verkneift.
Doch beim Fahren drängen sich nicht das Plastik, sondern die perfekte Ergonomie und natürlich der starke Antrieb in den Vordergrund. Endlich haben sie in Spanien begriffen, dass nicht das, was aus dem Lautsprecher kommt zählt, sondern der echte Klang aus dem Auspuff. Der Cupra spielt genau das richtige Lied: Kein Sound Symposer, sondern natürlicher, rauer Vierzylinder-Klang mit leichtem Gebollere in den schärferen Fahrmodi. Der Sound ist stets präsent, aber nie aufdringlich. Hausaufgaben gemacht!
Hart, aber nicht kompromisslos
Der Weg zum Glück liegt leicht versteckt: Über das Drehrad den Cupra-Modus ansteuern und anschliessend über das Einstellungs-Menü des Infotainmentsystems das ESP in den Sport-Modus stellen. Die ESP-Off Taste auf der Mittelkonsole ist dummerweise dem Parkassistenten zum Opfer gefallen. Soviel zum Thema Priorisierung der Knopfanordnung…
Da der Ateca nicht ganz so kompromisslos auf Angriff ausgelegt ist wie der Leon Cupra R, ist der Cupra-Fahrmodus hier nicht zu hart. Ein Weichspüler ist der Spanier trotzdem ganz und gar nicht! Gierig erklimmt der Zweiliter-Turbo die Drehzahlleiter, um beim Hochschalten ein Krachen aus der Auspuffanlage zu schmettern. Dank der Performance-Bremse von Brembo (optional) sind auch viele harte Bremsmanöver nacheinander nichts, was den Ateca aus der Ruhe bringt.
Kurven nimmt dieses SUV mit einem Tempo, als sei es das Normalste auf der Welt! Zwar ist der Ateca deutlich höher als ein Leon, doch mit 1700 Kilo ohne Panoramadach ist er nur 70 Kilo schwerer als ein Leon ST mit Panoramadach. Darum kann man selbst mit dem Ateca durch Kurven brettern, ohne Angst zu haben, nur noch geradeaus zu rutschen. Ins Untersteuern gerät der Cupra erst spät, das ESP reagiert im Sport-Modus erfreulich kompetent und gibt sehr schnell wieder die volle Leistung frei. Gute Arbeit!
Unaufgeregt im Alltag
Das enorme fahrdynamische Talent merkt man bei gemütlicher Fahrt nicht mal ansatzweise. Im Vergleich zu einem normalen Ateca dürfte die leicht straffere Grundabstimmung kaum auffallen, geschweige denn stören. Im Gegensatz zum Leon punktet der Ateca ausserdem mit einer deutlich besseren Isolierung gegen Windgeräusche auf der Autobahn. Weiterer Pluspunkt: Da die Typengenehmigung des Ateca schon etwas älter ist, schaltet sich der Spurhalteassistent nicht nach jedem Neustart erneut ein, sondern bleibt auf Wunsch deaktiviert. So sollte es immer sein!
Apropos Typengenehmigung: Im Fahrzeugausweis heisst der Cupra Ateca «Seat Ateca Cupra R». Im Moment ist der Schachzug mit der eigenständigen Marke nicht viel mehr als ein geschicktes Marketing-Instrument, denn trotz wildem Cupra-Logo ist dieses Auto schlicht ein sportlicher Seat. Das ist aber nicht negativ aufzufassen, denn der Cupra Ateca fährt sich hervorragend und tritt (noch) ausschliesslich auf Konkurrenz aus dem eigenen Hause: Abgesehen vom kommenden VW T-Roc R sowie vom bereits erhältlichen Audi SQ2 bietet kein anderer Hersteller ein kompaktes SUV in dieser Leistungsklasse an.
Der Preis zieht
Ob ich der einzige bin, der sich im Innenraum etwas mehr Eigenständigkeit und dafür etwas weniger Hartplastik wünscht, weiss ich nicht. Fakt ist jedoch, dass der Preis verdammt heiss ist. Der sehr gut ausgestattete Testwagen kostet 54’800 Franken. Zum Vergleich: Der Audi SQ2 startet bei 53’960 Franken und wie man allgemein weiss, ist das nichts weiter als ein Köderpreis. Ein ähnlicher ausgestatteter SQ2 dürfte etwa 15’000 Franken mehr kosten und kann nichts besser, im Gegenteil: Er ist kleiner und bietet deutlich weniger Platz als der Cupra.
Wer ein sportliches SUV in dieser Grösse sucht, ist mit dem Cupra Ateca bestens bedient. Einzig der Verbrauch, der erschreckend nahe bei 10 Liter liegt, zeigt einmal mehr, dass von nichts eben nichts kommt. Wer weniger Wert auf Ausgewogenheit legt sowie auf den Parkassistenten inklusive 360-Grad-Kamera verzichten kann, dem sei der auslaufende Seat Leon Cupra R ST nahe gelegt. Der scharfe Kombi federt härter und lässt mehr Lärm in den Innenraum, doch wer gerne das Maximum aus dem Auto rausholt, wird staunen, dass der Leon dann, wenn der Ateca an seine Grenzen kommt, immer noch müde lächelt.
Alltag
Da der Ateca auf modische Designkniffe verzichtet, bietet er auf seiner kompakten Grösse gute Platzverhältnisse, ausserdem ist er recht handlich. Allerdings fehlt es ihm an Variabilität.
Fahrdynamik
Wer es gerne krachen lässt, kommt mit dem Cupra voll auf seine Kosten. Er bietet kräftigen Schub, coolen Sound, ein zackiges Getriebe sowie ein äusserst stabiles Fahrverhalten trotz recht hohem Aufbau. Vom SUV-Dasein merkt man ohnehin recht wenig, selbst die Sitzposition ist nicht so hoch.
Umwelt
Wer hin und wieder sportlich fährt, muss mit Verbräuchen rechnen, die an der 10-Liter-Grenze kratzen. Aber selbst wer es locker angehen lässt, kommt kaum auf unter 8 Liter.
Ausstrahlung
Der grosse Wow-Effekt bleibt zwar aus, dennoch ist die Formensprache eher aggressiv als zahm. Dass er Power hat, sieht man dem Cupra mit den scharfen Kanten sowie der bissigen Front und den vier Endrohren durchaus an.
Fazit
+ Sportliches Design, ohne übertrieben zu wirken
+ Zupackende Schalensitze mit gutem Komfort
+ Perfekte Ergonomie
+ Sehr gute Platzverhältnisse
+ Simple Bedienung
+ Sonorer Sound inklusive Bollern
+ Sehr schnell und hart agierendes Doppelkupplungsgetriebe ohne Anfahrschwäche
+ Exzellente Bremse mit tollem Bremspunkt
+ Guter Fahrkomfort
+ Dreistufig deaktivierbares ESP
+ Akzeptables Leergewicht
+ Toller Preis
– Angestaubtes Infotainment-System
– Hoher Verbrauch
– Teilweise verbautes Hartplastik trübt die Haptik
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Cupra Ateca |
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Preis Basismodell / Testwagen | 48 500 CHF / 54 800 CHF |
Antrieb | Benzin, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1994 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe |
Max. Leistung | 221 kW bei 5300 - 6500 r/min |
Max. Drehmoment | 400 Nm bei 2000 - 5200 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 5,2 s |
Vmax | 247 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 7,4 l/100 km / 168 g/km / G |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 9,6 l/100 km / 218 g/km / +30% |
Länge / Breite / Höhe | 4,38 m / 1,84 m / 1,61 m |
Leergewicht | 1700 kg |
Kofferraumvolumen | 485 - 1579 l |
Bilder: Koray Adigüzel
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