Cupra hat ein neues Topmodell und zwar eines, das es erstens wirklich in sich hat und zweitens den Markenkern vollumfänglich erfüllt. Der Formentor VZ5 trägt Audis legendären Fünfzylinder unter der Haube und dieses Auto ist nicht nur in sämtlichen Belangen besser und emotionaler als der Formentor Vierzylinder. Er ist auch ein fahrendes Verbrenner-Ausrufezeichen und erinnert alle Enthusiasten daran, wie grossartig es ist, ein Auto mit eigenständigem Charakter zu fahren oder sein Eigen nennen zu dürfen.
Wenn der elektrische Cupra Born dazu beiträgt, dass der Formentor VZ5 existieren darf, dann hat der Born seine Daseinsberechtigung. Natürlich wäre ein Sportwagen prädestinierter für das Sahnestück von Motor, aber er verfehlt seine Wirkung auch im Formentor nicht. Dass es sich um den VZ5 handelt, wird optisch an ein paar Details verdeutlicht. Frontsplitter und Heckdiffusor sind aus Carbon, ausserdem gibt es exklusive Felgen, eine Akebono-Bremsanlage mit goldenen Bremssätteln sowie eine kupferfarbene Auspuffanlage mit schräg angeordneten Endrohren. Schick, sportlich und hochwertig!
Keine Innenraum-Aufwertung
Der Innenraum wird im Testwagen von den Sabelt Carbon-Schalensitzen dominiert, die auch für andere Motorisierungen erhältlich sind. Die Sitze bieten eine hervorragende Sitzposition, starken Seitenhalt und eine tolle Integration ins Auto – und sind mit der Carbon-Rückseite auch eine Augenweide. Ansonsten fehlt es dem Cockpit des Topmodells an Eigenständigkeit. Ein VZ5-Logo findet sich lediglich auf den Fussmatten, ansonsten ist das weitgehend über den Touchscreen gesteuerte Cockpit unangetastet geblieben. Es bleibt bei recht viel Kunststoff, allerdings ist der Wagen sehr gut verarbeitet.
Neuer Motor, neuer Charakter
Es ist erstaunlich, was der geänderte Antrieb für eine Wesensänderung mit sich zieht. Der Vierzylinder bringt bereits ab rund 2000 Umdrehungen gleichmässigen Schub und macht sich so im Alltag als kraftvoller, aber dezenter Begleiter bemerkbar. Der Fünfzylinder ist ein Turbomotor alter Schule. Das Turboloch ist – auch aufgrund des OPF – riesig, unter 3200 Umdrehungen ist der Motor sehr zahm. Das kann man nun als Fahrer auf zweierlei Arten auffassen: Einerseits kann man diese Charakteristik nutzen, um gemütlich im Alltag im Verkehr mitzuschwimmen.
Das macht aber gleich aus mehreren Gründen keinen Spass. Erstens kann dieser Motor eine schonende Gangart nicht mit moderatem Verbrauch honorieren. Man kann zwar einstellige Werte realisieren, aber unter 9 Liter geht im VZ5 gar nichts. Zweitens ist dieses Auto kein Streichelzoo. Die Bremse reagiert sehr bissig, die Lenkung agiert direkter als in den anderen Formentor-Modellen. Und das Getriebe weiss um die Lethargie des Fünfzylinder im tiefen Drehzahlbereich Bescheid und schaltet daher immer wieder mal motiviert einen Gang zurück. Die Botschaft dahinter ist unmissverständlich: Dieses Auto will schnell gefahren werden, der Formentor VZ5 sträubt sich förmlich, wenn man ihm den Auslauf nicht gewährt!
Cupra weiss, wie es richtig geht
Also flugs ein langer Druck auf die Fahrmodus-Taste auf dem Lenkrad, um direkt in den Cupra-Modus zu wechseln. Die Ohren horchen auf – und ich sage danke. Danke, dass der unsägliche Sound Symposer, der in allen anderen Cupra-Modellen völlig verkorksten «Sound» generiert, im VZ5 bachab geschickt wurde. Schliesslich heisst der Soundtrack hier «1-2-5-4-3» und den hört man auch deutlich über die Auspuffanlage. Zwar nicht in dieser wunderbar rauen Brutalität wie noch vor OPF-Zeiten, aber für heutige Verhältnisse eine wahre Sinfonie. Und wer mehr will, findet genug Tuner, die mit mehr oder weniger legalen Mitteln aus dem Cupra ein Fünfzylinder-Monster erschaffen können, das selbst gestandene V8-Kaliber vor Schreck erblassen lässt.
Wie bereits erwähnt, muss die Drehzahl beim sportlichen Fahren eigentlich konstant über 3500 Umdrehungen gehalten werden. Hier explodiert der Motor förmlich und baut bis zum Drehzahlbegrenzer immer mehr Schub auf. Im Cupra-Modus ist als weitereres Tüpfchen ein harter Begrenzer programmiert, manuell heisst hier also wirklich manuell. Darüber hinaus werden bei langem Zug am linken Paddel bei Bedarf mehrere Gänge übersprungen, um direkt in den tiefstmöglichen Gang zu gelangen und so einen grossen Bogen um das gefürchtete Turboloch zu machen.
Handling vom feinsten
Der Formentor VZ5 ist für einen Crossover verhältnismässig flach gebaut, zudem ist die Sitzposition sehr tief. Und genauso fühlt sich das Ganze auch an. Der Über-Formentor fährt extrem verbindlich, lenkt agil und direkt ein und macht mit der Akebono-Bremse beim Abbremsen kurzen Prozess. Dank des Torque-Vectorings an der Hinterachse kann mit ESP Sport sogar ein leicht ausschweifendes Heck provoziert werden, ein Merkmal, das der Golf R beispielsweise nicht bietet, da dort der Fokus auf maximale Stabilität gelegt wurde. Der Cupra Formentor VZ5 dagegen ist ein Haudegen, der im Fahrspass-Kapitel brilliert wie kein anderer im Segment. Der Technik-Bruder Audi RS Q3 verfügt nämlich über eine veraltete Software, nicht über das Torque-Vectoring und ist insgesamt Komfort-orientierter.
Die Elektro-Anti-These
Der Formentor VZ5 beweist, wie hochemotional ein Verbrenner-Modell sein kann und vor allem wie man den Charakter über eine Änderung des Verbrenner-Motors komplett ändern kann. Beim Elektromotor gibt es einfach mehr Power, aber das Auto bleibt kalt wie ein Eiswürfel. Wer mit dem Cupra Formentor VZ5 also nicht nur Fahrspass in seiner schönsten Form erleben will, sondern auch ein klares Statement zu seiner Antriebs-Positionierung geben möchte, muss sich beeilen: Das Auto ist auf 7000 Einheiten limitiert und es ist noch erhältlich und Cupra-typisch bleibt man beim Preis bodenständig: Für 77’200 Franken bekommt man ein voll ausgestattetes, exklusives Topmodell, welches eines Tages wahrscheinlich sogar wertstabil sein wird. Petrolheads, jetzt oder nie!
Alltag
Der relativ flach gebaute Formentor ist nicht gerade das Raumwunder seiner Klasse. Grundsätzlich ist er natürlich voll alltagstauglich und bietet auch Platz für eine kleine Familie. Doch die hohe Ladekante sowie generell fehlende SUV-Benefits sind ein Tribut an das sportliche Design.
Fahrdynamik
Sobald der Fünfzylinder sein Turboloch überwunden hat, drückt das Triebwerk vehement und drehfreudig bis an den Begrenzer. Um Kurven marschiert der VZ5 neutral bis leicht hecklastig, immer voll unter Kontrolle dank der leichten, aber sehr rückmeldungsstarken Lenkung. Unter allen SUVs in seiner Klasse ist das der fahrdynamische Benchmark.
Umwelt
Der Fünfzylinder war noch nie für seine Sparsamkeit bekannt und in einem Crossover sind erst Recht keine Wunder zu erwarten. Bei sanftem Gasfuss sind zwar rund 9 Liter möglich, doch unter dem Strich sind es im Test 12,5 l/100 km.
Ausstrahlung
Schnittige Optik, kupfer-farbene Akzente, markante Motorhaube, noch markantere Auspuffanlage und eine sportliche Dachlinie machen den Formentor zu einem äusserst attraktivem Auto, welches man gerne im Detail anschaut.
Fazit
+ Sportliches Design mit vielen markanten Design-Details
+ Erstklassige Ergonomie, sehr gute Verarbeitungsqualität
+ Sehr hochwertige Carbon-Schalensitze mit top Seitenhalt und bequemer Polsterung
+ Personalisierbares Cockpit, viele Ablageflächen
+ Legendärer Motor mit toller Drehfreude und vehementem Druck
+ Markanter und schöner Sound
+ Hoher Fahrkomfort
+ Sehr flinkes Getriebe, toller manueller Modus
+ Neutrales bis leicht hecklastiges Handling
+ Starke Bremse
+ Sehr präzise und gefühlvolle Lenkung
+ Umfangreiches Assistenz-Paket
– Kein Matrix-Licht (nur beim Sondermodell Taiga Grey)
– Umständlich zu bedienendes Infotainmentsystem mit träger Reaktionszeit
– Viel Kunststoff im Innenraum, keine Eigenständigkeit als Topmodell
– Hoher Verbrauch
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Cupra Formentor VZ5 |
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Preis Basismodell / Testwagen | 71 800 CHF / 77 200 CHF |
Antrieb | Benzin, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 2480 ccm / R5 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe |
Max. Leistung | 287 kW bei 5700 - 7000 r/min |
Max. Drehmoment | 480 Nm bei 2250 - 5700 r/min |
Beschleunigung 0 - 100 km/h | 4,2 s |
Vmax | 250 km/h (elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 10,6 l/100 km / 241 g/km / G |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 12,5 l/100 km / 284 g/km / +18% |
Länge / Breite / Höhe | 4,46 m / 1,85 m / 1,50 m |
Leergewicht | 1710 kg |
Kofferraumvolumen | 420 - 1475 l |