Es wird Zeit, ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern. Ich bin ein Einzelkind. Einzelkinder sind in der Regel verwöhnter, als Kinder mit Geschwister und ich glaube, ich mache diesbezüglich keine Ausnahme. Da ich meinen Autoblog ganz alleine führe, stehen mir die Testautos jeweils auch ganz alleine zur freien Verfügung – ganz im Gegensatz zu einer Redaktion, wo mehrere Tester ein Auto fahren und beurteilen. So entsteht bei mir das Gefühl, dass das Testauto jeweils “mein” Auto ist, zumindest während der Testdauer. Diese Bindung ermöglicht auch die ausführlichen und persönlichen Reviews. Insofern trifft sich das ja hervorragend, dass ich als Einzelkind die Autos für mich habe. Der Ford Focus Testwagen vermag meine Einzelkind-Ansprüche allerdings nicht zu erfüllen. Da kann aber weder Ford als Marke, noch das Auto an sich etwas dafür. Wie das?
Es ist nämlich eine Tatsache, dass die allermeisten Testwagen bis unters Dach mit Schnickschnack vollgestopft sind, man will schliesslich zeigen, was man hat (also als Hersteller, nicht ich persönlich 😉 ). Daher ist es wenig verwunderlich, dass ich, auch was die Ausstattung eines Autos betrifft, mittlerweile ziemlich verwöhnt bin. Ein Auto fahren, das nicht über eine Komplettausstattung verfügt? Bitch, please!
Aber Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Natürlich verfügt mein Focus Testwagen über die stärkste Motorisierung, allerdings nur über eine, sagen wir mal, mittelmässige Ausstattung. Tempomat, Klimaautomatik, Rückfahrkamera? Fehlanzeige. Dafür gibts Gummimatten im Fussraum und – jetzt kommt der Knüller – manuelle Kurbeln, um die Fenster im Fond zu bedienen. Manuelle Kurbeln! Mein Gott, das letzte Mal, als ich so eine Kurbel in den Fingern hatte, sass ich in Italien in einem Fiat Punto, der einem Bekannten meines Grossvaters gehörte. Das war vor etwa 15 Jahren. Was für ein Dejà-vu…
Anyway! Das klingt jetzt so, als möchte ich Ford mit diesem Post zerreissen, aber das mache ich natürlich nicht. Vielmehr möchte ich mich selber aufs Korn nehmen. Dieser Testwagen holt mich auf den Boden der Realität zurück und zeigt wunderbar, wie man es als potentieller Kunde hat. Da geht man auch vom Basisfahrzeug aus und überlegt sich genau, was man braucht und was man eben nicht braucht. Diese Überlegungen mache ich normalerweise nicht. Wozu auch? Meine Testwagen haben ja eh alles… Insofern ist dieser Focus eine gute Erfahrung. Nicht nur aufgrund seiner Ausstattung, sondern, weil er auch ohne viel Krimskrams ein gutes Auto ist.
Optisch erscheint “mein” Focus schon mal um einiges edler, als er es tatsächlich ist (hoppla, das klingt jetzt schon wieder viel übler, als es eigentlich gemeint ist 😉 ). Metallic-Schwarz, schicke 18-Zöller, scharfe Xenon-Scheinwerfer, getönte Scheiben und natürlich der trapezförmige Kühlergrill machen ziemlich was her. Ausserdem ist bereits beim zivilen Focus der Dachspoiler so derart massiv, dass ich mittlerweile ganz gut verstehe, warum der kommende RS eine grosse Theke mitführen muss. Ford hat ein richtig gutes Facelift hingezaubert.
Bisher war der Focus optisch gar nichts für mich: Eine viel zu grosse und unförmige Schauze, zu grosse und glubschige Rücklichter sowie ein knubbliges Vier-Speichen-Lenkrad. Jetzt darf endlich auch der Focus den schnittigen Aston Martin Kühlergrill tragen. (Sorry Ford, auch wenn es euer Kühlergrill ist, für mich bleibt es einfach ein Aston Martin Grill). Ausserdem wurden die Rücklichter auf ein gesundes Mass verkleinert und es gibt innen ein hübsches Drei-Speichen-Lenkrad. Besonderes Highlight im Interieur ist das neue Sync 2 Infotainmentsystem. Für seine hübsche Darstellung, der logischen Bedienung und der grandiosen Sprachsteuerung verdient Ford einen Like.
Natürlich gibt es an der Ergonomie nichts auszusetzen, wohl aber an der Verarbeitung und der Wertigkeit. Vor allem das Plastik an den Türen gefällt mir ganz und gar nicht, ausserdem sind die Spaltmasse sowohl aussen, wie auch innen teilweise sehr ungleichmässig. Was die Platzverhältnisse angeht, so bewegt sich der Focus im Klassenschnitt. Er ist weder besonders geräumig, noch besonders eng. Es gibt da aber eine Eigenschaft, da bewegt er sich alles andere als im Klassenschnitt…
Wie bereits erwähnt, habe ich mich für die stärkste Motorisierung entschieden, den 1,5-Liter EcoBoost mit 134 kW. Der Motor ist – naja. Er liefert zwar ordentlichen Durchzug, aber er steckt unterhalb von 2000 Touren in einem fiesen Turboloch fest, was zuerst überwunden werden muss. In meinem Test war ausserdem deutlich mehr vom Boost, als von Eco zu spüren: Anstelle der versprochenen 5,5 Liter, flossen rund 7,5 l/100 km durch die Einspritzdüsen. Okay, ich gebe zu, das dürfte wahrscheinlich auf meinen Fahrstil zurückzuführen sein. Ich und ohne Tempomat, das ist so eine Sache. Mit Tempomat, da fahre ich brav und konstant: 90 km/h ausserorts, 130 km/h auf der Autobahn (ich will schliesslich kein Verkehrshindernis sein).
Aber ohne Tempomat, da finde ich einfach mein Tempo-Gleichgewicht nicht, fahre unruhiger und nervöser, was zur Folge hat, dass ich viel häufiger überhole und allgemein auch zügiger unterwegs bin. Jaja, ich weiss, ich wasche da meine Hände in Unschuld; schiebe alles dem fehlenden Tempomat zu. Aber ich kann echt nicht anders! Irgendwie ist mir während dem Focus Test fast jeder zu langsam unterwegs gewesen und entsprechend häufig kam dann der (Eco)Boost beim Überholen zum Einsatz. Aber das ist noch längst nicht alles. Kann ich denn etwas dafür, wenn Ford den Focus so knackig abstimmt? Der Focus ist weit entfernt von sportlicher Härte und trotzdem ist dieses Fahrwerk eine richtig feine Sache. Der Focus wieselt flink und agil um Kurven, die Lenkung ist ziemlich leichtgängig, aber sehr präzise, ebenso die Gangführung.
Und wieder dasselbe Lied: Entsprechend häufig bin ich über kurvige Land- und Bergstrassen gefahren und habe den (Eco)Boost-Schub genossen. Ford schafft es, ein herrlich knackiges Fahrwerk zu konstruieren, ohne, dass der Federungskomfort auf der Strecke bleibt. Puncto Agilität, da ist der Focus seinen Konkurrenten einen Schritt voraus. Was die Technik betrifft, da hat Ford kräftig nachgeholt: Abstandstempomat, Tot-Winkel-Warner, aktive Spurhaltung, autonome Notbremsassistent, dynamisches Bi-Xenon Licht, aktiver Parkassistent, usw. sind auf Wunsch erhältlich.
Leider war in meinem Testwagen lediglich der aktive Parkassistent eingebaut, sodass ich die restliche Assistenzarmada nicht beurteilen kann. Der Parkassistent hat es aber faustdick hinter den Ohren: Vor Selbstbewusstsein strotzend, meldete er, dass er eine Lücke entdeckt habe. Niemals hätte ich mich da alleine reingepresst, aber wenn der Parking-Master meine, das klappe schon, na dann… Ich überliess die Lenkung also dem Focus selber und tatsächlich: Nach einigen Hin und Her rangieren auf engstem Raum stand der Wagen perfekt in der Lücke – die übrigens kaum einen halben Meter länger als das Auto selber war. Wenn die restlichen Assistenzsysteme ebenfalls so gut funktionieren, dann… Hut ab.
Ob ich den Focus empfehlen würde? Ja, unbedingt! Aber nicht so, wie ich ihn getestet habe. Mein Focus hatte die Carving Ausstattungslinie und ich empfehle dringend, die Titanium Ausstattung zu wählen. Das sage ich nicht, weil ich ein verwöhntes Einzelkind bin, sondern, weil die Titanium Ausstattung eine gute und schon ziemlich edle Basis bietet, nämlich: 2-Zonen-Klimaautomatik, Sportsitze, mehrfarbige Ambientebeleuchtung, Velours Teppiche, etc. Vor allem aber hat man einen Tempomat, dafür keine Fensterkurbeln mehr. Somit ist die Titanium Linie bereits recht üppig ausgestattet, aber noch ohne grossen Schnickschack. Ab Titanium kann man dann schauen, was es zusätzlich noch braucht und was nicht. Wer gerne einen agilen Kompakten fahren möchte und auf einen Premium-Innenraum verzichten kann, der liegt beim Focus genau richtig. Wer mehr Platz braucht, kann ja zum ebenfalls erhältlichen Kombi greifen. Übrigens: Der Ford Focus war in den Jahren 2012 und 2013 global gesehen das meist verkaufte Auto der Welt. So viele zufriedene Kunden können nicht falsch liegen, oder?
Alltag
Mit der richtigen Ausstattung (was richtig ist, muss jeder für sich selber entschieden) eckt der Focus nirgends an und macht seine Sache sowohl als entspannter Gleiter, wie auch als flotter Feger sehr gut. Die Platzverhältnisse gehen in Ordnung und auf Wunsch ist eine Vielzahl an Assistenzsystemen erhältlich.
Fahrdynamik
Für einen ganz normalen Kompakten wieselt der Focus erstaunlich leichtfüssig und agil um Kurven, das Fahrwerk ist nicht hart, aber doch erfreulich knackig abgestimmt. Das eher lang übersetzte Getriebe sorgt aber dafür, dass der Motor länger im Turboloch feststeckt und sich nur zäh ausdrehen lässt.
Umwelt
Der Normverbrauch von nur 5,5 l/100 km kann sich eigentlich sehen lassen. Aber wie so oft, verlangen kleine, aufgeladene Motoren einen happigen Alltags-Zuschlag. Der geht teilweise auf mein Konto, aber mit 6,5 Litern sollte man schon rechnen.
Ausstrahlung
Von vorne sieht der Focus jetzt richtig schnittig und modern aus, leider wirkt das Heck dagegen zu brav. Trotzdem hat Ford den Focus kräftig aufgehübscht, so dass er jetzt bella Figura macht.
Fazit
+ Umfangreiches Facelift, gefälligere Optik
+ Sehr laufruhiger Motor
+ Agiles Handling
+ Knackiges Fahrwerk
+ Einwandfreie Ergonomie
+ Faires Preis-/Leistungsverhältnis
+ Sehr viele Assistenzsysteme erhältlich
– Hoher Testverbrauch
– Teilweise nur mässige Verarbeitungsqualität
– Ausgeprägtes Turboloch
– Eingeengter Fussraum auf der Beifahrerseite durch die massive Mittelkonsole
Steckbrief
Marke / Modell | Ford Focus |
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Preis Basismodell / Testwagen | 23'450 CHF / 36'120 CHF |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1498 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 6-Gang manuell |
Max. Leistung | 134 kW bei 6000 r/min |
Max. Drehmoment | 240 Nm bei 1600 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 8,6 s |
Vmax | 220 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 5,5 l/100 km / 127 g/km / D |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 7,5 l/100 km / 173 g/km / +36% |
Länge / Breite / Höhe | 4,36 m / 1,82 m / 1,47 m |
Leergewicht | 1380 kg |
Kofferraumvolumen | 363 - 1262 l |
(Bilder: Koray Adigüzel)
Dieses Fahrzeug kann man bereits in der Schweiz kaufen und fahren. Leider gibt es zahlreiche andere Fahrzeuge wo sich eine Fahrzeug Überführung immer noch lohnt. Ein Auto importieren bedarf zusätzliche Kenntnisse. Gut, dass der Ford Focus wie im Blog abgebildet bereits direkt von Ford verkauft wird. Ansonsten würde ich diesen vielleicht noch importieren.
Ich werde erst ma nen Gebrauchtwagen kaufen von Ford Focus. Bisher war ich nur mit BMW unterwegs und Audi. Bin mal gespannt wie Ford Focus sich so macht. Einen freund hatte im Ausland Ford Mustang Exportieren lassen. Ist aber leider nicht zu empfehlen da Reparatur falls mal was ist viel zu teuer ist.