Nach dem Genesis G80 Electrified stellt sich nun der Benziner zum Test. Wirkt er neben dem leisen und starken Stromer wie ein Relikt? Oder hat der Benziner noch seine Daseinsberechtigung? Unabhängig vom Antrieb wirkt der G80 eher konventionell und setzt auf bewährte Tugenden statt auf ausufernde Digitalisierung. Wie bei allen Genesis-Modellen ist der Preis ein schlagendes Argument.
Optisch sind sich die beiden Antriebe sehr ähnlich, da auch der Electrified auf den Kühlergrill – wenn auch geschlossen – als Designmerkmal setzt. Im Gegensatz zum Stromer sind beim Benziner die beiden Ausstattungslinien Luxury und Sport erhältlich, wobei der Testwagen im Luxury-Trim mit chromfarbenen Akzenten und Understatement sehr nahe am Elektro-Pendant ist. Die alternative Sport-Linie wirkt mit aggressiver designet Schürzen, Felgen und schwarzen Akzenten jünger und frischer, während der weisse Testwagen die klassische Luxus-Limousine verkörpert.
Konventionelles Cockpit
Das Cockpit wird entgegen dem Zeitgeist nicht von riesigen Screens und Sensortasten, sondern von vielen Knöpfen und sehr hochwertigen Materialien dominiert. Das ist der Bedienung sehr zuträglich, zumal der Screen auch ein Touchscreen darstellt und sich das System gut per Sprache steuern lässt. Wie zu erwarten, sind die Verarbeitung sowie die Materialgüte auf allerhöchstem Niveau. Im Gegensatz zum Elektro-Pendant sitzt man vorne etwas tiefer, geniesst hinten noch mehr Beinfreiheit sowie die Möglichkeit, die Rückenlehne zu verstellen. Darüber hinaus ist auch der Kofferraum aufgrund des fehlenden Batteriepacks grösser.
Top Fahrkomfort, Antrieb wenig souverän
Der einzige in Europa erhältliche Verbrenner im G80 ist ein 2,5-Liter Vierzylinder Turbobenziner. Dass der Vierzylinder in Sachen Kraft mit dem stärkeren Elektroantrieb nicht mithalten kann, ist sowohl auf dem Papier, als auch auf der Strasse überdeutlich. Obwohl der Benziner rund 400 Kilo leichter ausfällt, zieht der Stromer mit dem üppigen Drehmoment einfach davon, während sich der Benziner reichlich bemüht, auf Touren zu kommen. Erst im obersten Drehzahlbereich wirkt der Verbrenner aufgrund des Gewichtsvorteil etwa gleich stark wie der Stromer. Da es sich beim G80 aber um eine luxuriöse Limousine handelt, ist man als Fahrer nicht darauf bedacht, den Wagen bei jeder Gelegenheit voll auszudrehen, im Gegenteil.
Dazu kommt, dass es dem Vierzylinder an Souveränität und Kultiviertheit fehlt. Er ist zwar beim Cruisen gut gedämmt, wirkt aber mit steigenden Drehzahlen sehr angestrengt. Es liegt auf der Hand, dass ein Sechszylinder viel besser zum grossen Wagen passen würde, doch aus Effizienzgründen wird der V6 in Europa nicht angeboten. Mit einem Verbrauch zwischen neun und zehn Litern ist der Vierzylinder aber auch kein Sparwunder.
Kaum Unterschiede zwischen den Antriebsarten bestehen puncto Fahrkomfort und Handling. Sportlichkeit ist eher weniger gefragt, dafür sind der Fahrkomfort und der Geräuschpegel erstklassig. Der G80 ist der Langstreckentraum schlechthin. Der Benziner wirkt etwas weniger «in Watte gepackt» als der Verbrenner und wirkt in Kurven etwas agiler, was auch am Gewicht liegen wird. Aber wie erwähnt, ist in diesem Auto Entschleunigung Trumpf. Wer auf Teufel komm raus schnell fahren will, tut weder sich noch dem Auto einen Gefallen.
Preislich höchst attraktiv
Den grössten Vorteil kann der G80 beim Preis ausspielen. Obwohl es sich um ein höchst luxuriöses Auto handelt, das mit sämtlichen Assistenzsystemen und feinsten Materialien ausstaffiert ist, kostet der Testwagen lediglich 88’050 Franken. Er ist damit beinahe 12’000 Franken günstiger als sein Elektro-Bruder, allerdings ist er auch weniger kraftvoll und geschmeidig unterwegs. Im Gegensatz zu anderen Premium-Herstellern ist der G80 aber ein echtes Schnäppchen, denn für dieses Geld gibt es anderswo nur Autos, die mindestens eine ganze Klasse unterhalb des G80 fahren. Da sich Genesis mittelfristig zum reinen Elektroauto-Anbieter transformieren möchte, sollte man eher früher als später zuschlagen, wenn man mit dem G80 Business zum Premium Economy Preis erleben möchte.
Alltag
Die Platzverhältnisse für die Insassen sind sehr gut. Vor allem im Fond reist es sich sehr luxuriös. Der Kofferraum ist zwar nicht ganz so üppig, aber für vier Personen ausreichend.
Fahrdynamik
Der Genesis G80 ist keine Sportlimousine und das kommuniziert das Auto während der Fahrt auch deutlich. Nichtsdestotrotz lässt sich das ESP komplett deaktivieren.
Umwelt
Der Testverbrauch von 9,5 l/100 km ist nahe am Normverbrauch und angesichts von Leistung und Gewicht an der Grenze zum akzeptablen. Für einen Vierzylinder ist der Verbrauch dennoch eher hoch.
Ausstrahlung
Das elegante und nicht aggressive Design zieht die Blicke auf sich. Nicht wenige wissen das Logo und die Bezeichnung nicht einzuordnen und schätzen das Auto deutlich teurer ein.
Fazit
+ Erstklassige Eleganz beim Design
+ Extrem bequeme Sitze
+ Höchste Verarbeitungsqualität, Materialgüte top
+ Luxuriöser Fond
+ Viel Liebe zum Detail
+ Einfache Bedienbarkeit, teilweise mehrere Möglichkeiten
+ Online-Navigation mit guter Sprachsteuerung
+ Super Fahrkomfort
+ Extrem niedriger Geräuschpegel an Bord
+ Zuverlässige und fehlerfreie Assistenzsysteme inklusive Remote-Parking per Schlüssel
+ Sehr attraktiver Preis
– Knurriger Benziner
– Nicht besonders sparsam
– Unsportliches Fahrverhalten
– Grosser Wendekreis
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Genesis G80 |
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Preis Basismodell / Testwagen | 61 100 CHF / 88 050 CHF |
Antrieb | Benzin, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 2497 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 8-Gang Automatikgetriebe |
Max. Leistung | 224 kW bei 5800 r/min |
Max. Drehmoment | 422 Nm bei 1650 - 4500 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 6,0 s |
Vmax | 250 km/h (elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 9,3 l/100 km / 210 g/km / G |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 9,5 l/100 km / 216 g/km / +2% |
Länge / Breite / Höhe | 5,00 m / 1,93 m / 1,47 m |
Leergewicht | 1930 kg |
Kofferraumvolumen | 424 l |