Honda CR-V: Fein, aber ohne Feinschliff

Den Honda CR-V habe ich bereits vor dem Facelift unter die Lupe genommen. Damals bemängelte ich vor allem den Antrieb. Jetzt hat Honda nachgezogen und vieles beim CR-V verbessert. Auf dem Papier scheint es, als ob alle Schwächen ausgemerzt worden wären. Doch der CR-V zeigt: Papier ist geduldig. Nicht alles, was in der Preisliste toll aussieht, bewährt sich auch in der Praxis.

Honda hat das Design nur behutsam angepasst. Die markante und bereits vorhin gefällige Front ist leicht geschärft worden. Vor allem die Scheinwerfer und der neue Kühlergrill verschaffen dem CR-V einen beeindruckenden Auftritt. Aber das wars dann auch schon. Seitenlinie, Heck? Alles beim Alten. Vor allem das Heck, dessen Wirkung mit einer Schlaftablette zu vergleichen ist, hätte dringend eine Überarbeitung nötig gehabt. Von hinten betrachtet macht der Honda echt keine gute Figur, zu plump wirkt der Abgang.

Honda CR-V Facelift
Die optischen Retuschen vom Facelift beziehen sich bloss auf die Front.

Beim Interieur muss man die Änderungen mit der Lupe suchen. Ein feingliedriger Ganghebel und ein neues, allerdings sehr verschachteltes Infotainmentsystem mit teils komplexer Bedienung sind die einzigen Neuerungen. Das kleine, pixelige Infodisplay im Tacho offenbart das wahre Alter vom CR-V und wirkt nicht mehr zeitgemäss. Ansonsten ist der Innenraum durchaus wohnlich gestaltet. Die Sitze sind weich und die Platzverhältnisse enorm grosszügig. Nicht nur vorne, auch hinten hat man trotz Panoramadach sowohl für die Beine, als auch für den Kopf genügend Luft.

Honda CR-V Facelift
Ansonsten ist der CR-V immer noch ganz der Alte.

Dazu gibt es eine saubere Verarbeitung und hochwertige Kunststoffe. Wer viel Platz fürs Gepäck oder sperrige Dinge benötigt, darf sich über den riesigen, kubischen Kofferraum freuen, der sich mit einem Handgriff in eine äussert lange, ebene Ladefläche verwandelt. Mühsam ist jedoch die automatische Heckklappe, die nicht nur quälend langsam funktioniert, sondern auch viel zu wenig weit aufschwingt. Wer etwas grösser ist, schlägt schon mal mit dem Kopf dagegen.

Honda CR-V Facelift
Besonders das Heck wirkt zu plump und bieder.

Kommen wir nun zum Punkt, der mich erst stark beeindruckt und anschliessend leicht genervt hat: Dem Antrieb. Ich erinnere mich: Ein rauer, 2,2-Liter Diesel mit veralteter 5-Gang Automatik war im alten CR-V verbaut. Nun hat Honda alles auf den Kopf gestellt. Der neue, 1,6-Liter Diesel, ist deutlich sparsamer, dennoch leistungsfähiger und vor allem viel ruhiger. Für einen Diesel läuft der neue Motor sehr vibrationsarm. Vor allem im mittleren Drehzahlbereich verfügt er über ordentlich Kraft, sodass Überholmanöver schnell und einfach vollzogen werden können. So weit, so gut. Der Motor ist einer der grossen Pluspunkte.

Honda CR-V Facelift
Die Räder dürften ruhig eine Nummer grösser sein.

Aber das Getriebe. Neun Gänge. Anscheinend soll dank enger Spreizung der Gänge für jede Lebenssituation der richtige Gang bereitstehen. Zuerst das Lob. Innerorts und Überland schaltet das Getriebe nicht nur flott und unauffällig, sondern auch klug. Anstatt beim Beschleunigen ständig herunterzuschalten, bleibt es im aktuellen Gang und nutzt das Drehmoment vom Motor, was zu einer angenehmen, harmonischen Fahrweise führt. Doch auf der Autobahn ändert sich das Bild. Der neunte Gang sollte die Drehzahl tief halten und entsprechend den Verbrauch senken. Da ist es schon noch doof, dass sich das Getriebe erst ab ca. 130 km/h dazu entschliesst, den höchsten Gang einzulegen. Klar, mich störts wenig, ich nehme es mit den 120 km/h meistens nicht so genau. Aber die ältere Zielgruppe vom CR-V… naja.

Honda CR-V Facelift
Die Sitze sind weich und bequem.

Ein Getriebe sollte so programmiert sein, dass der höchste Gang auch unter penibler Einhaltung der Tempolimits zum Zug kommt. Dazu kommt aber noch, dass der CR-V zwischen den Gängen sieben und neun hin und her schaltet. Übersteuern kann man dieses Verhalten leider nicht, denn das Getriebe hat keinen manuellen Modus. Es hat zwar Schaltwippen, aber innert zwei Sekunden setzt sich die Automatik wieder durch und übersteuert meinen manuellen Eingriff. Diese Erfahrung mache ich nicht zum ersten Mal. Auf der Autobahn habe ich heutzutage einfach noch das Gefühl, dass bei neun Gängen einer zu viel ist.

Honda CR-V Facelift
Tacho und Infodisplay wirken ziemlich altbacken.

Wir bleiben bei der Autobahn. Der CR-V verfügt nämlich optional über ein breites Assistenzarsenal. Während der aktive Spurhalteassistent und der Tot-Winkel-Warner einwandfrei ihren Dienst verrichten, ist der adaptive Tempomat ziemlich mühsam. Er reagiert extrem früh, wenn er ein vorausfahrendes Auto registriert. Man muss gefühlt einen halben Kilometer vorher auf die linke Spur wechseln, um nicht ausgebremst zu werden. Zudem beschleunigt der CR-V nur träge wieder auf das gewünschte Tempo, während das Getriebe nie genau weiss, welcher der Gänge sieben bis neun jetzt wohl angebracht wäre. Stichwort träge: Wer es gerne sportlicher mag, sollte einen grossen Bogen um den Honda machen. Mit der eher schwammigen Lenkung und dem weich abgestimmten Fahrwerk fühlt man sich mit dem CR-V bei forcierter Fahrt wie auf hoher See. Präzision und Direktheit sind nicht sein Ding, dafür verwöhnt er mit einer guten Geräuschdämmung und hohem Fahrkomfort.

Honda CR-V Facelift
Massig Platz ist eine der grössten Stärken vom CR-V.

Der Honda CR-V wurde zwar deutlich verbessert, doch leider sind immer noch einige Punkte offen, die etwas Feinschliff benötigen würden. Die 9-Gang Automatik und der adaptive Tempomat überzeugen nicht rundum und können vor allem auf der Autobahn ziemlich nervig werden. Und ob es klug gewesen ist, dass gähnend langweilige Heck unangetastet zu lassen, wird sich zeigen. Ein Verkaufsschlager ist der CR-V ohnehin noch nie gewesen, zu gross und stark ist die Konkurrenz. Aber natürlich hat der Honda auch seine Talente. So ist er wirklich sehr komfortabel zu fahren, da weich und leise. Vor allem der neue Motor verdient ein dickes Lob. Zudem finde ich es gut und richtig, dass Honda eine grosse Bandbreite an Assistenzsystemen anbietet, selbst wenn noch Optimierungspotenzial besteht. Der komplett ausgestattete Testwagen kostet 47’800 Franken, was angesichts des starken Motors und der lückenloses Ausstattung durchaus ein fairer Preis ist. Unter dem Strich verdient der CR-V, übrigens einer der SUV-Pioniere, durchaus eine Chance.

Honda CR-V Facelift
Sein Blick ist herausfordernd, aber eigentlich ist der CR-V keine Kämpfernatur.

Alltag 5 out of 5 stars

Mit seinen überaus grosszügigen Platzverhältnissen sowie dem riesigen Kofferraum mit flachem Ladeboden ist der CR-V fast jeder Transportaufgabe gewachsen. Das Fahrverhalten ist sehr gutmütig und komfortabel.

Fahrdynamik 2 out of 5 stars

Der CR-V ist ein Sportmuffel durch und durch. Die Lenkung ist unpräzise und das Fahrwerk so weich, dass enorme Wankbewegungen auftreten, wenn man den Japaner dennoch presst.

Umwelt 4 out of 5 stars

6,7 l/100 km Testverbrauch sind an sich kein Ruhmesblatt, aber angesichts der Leistung, dem Gewicht und dem Allradantrieb ist der Wert ganz okay.

Ausstrahlung 2.5 out of 5 stars

Der CR-V ist zu langweilig! Er müsste rundum so markant gestylt sein wie vorne.

Fazit 4 out of 5 stars

+ Sehr geräumiger Innenraum
+ Gute Verarbeitung
+ Akzeptabler Verbrauch
+ Faires Preis-Leistungs-Verhältnis
+ Bequeme Sitze, gute Ergonomie
+ Sehr weiches und gemütliches Fahrverhalten
+ Kräftiger und leiser Motor
+ Unauffälliges Automatikgetriebe (Ausnahme: Autobahn)
+ Viele Assistenzsysteme erhältlich

– Unpräzises Handling
– Langweiliges Design
– Getriebe auf der Autobahn unschlüssig
– Adaptiver Tempomat reagiert zu träge
– Verschachteltes Mediasystem

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellHonda CR-V
Preis Basismodell / Testwagen25 900 CHF / 47 800 CHF
AntriebDiesel, Allradantrieb
Hubraum / Zylinder1597 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe9-Gang Automatikgetriebe
Max. Leistung118 kW bei 4000 r/min
Max. Drehmoment350 Nm bei 2000 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h10,4 s
Vmax197 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz5,3 l/100 km / 139 g/km / C
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz6,7 l/100 km / 176 g/km / +26%
Länge / Breite / Höhe4,61 m / 1,82 m / 1,68 m
Leergewicht1724 kg
Koffer­raum­volumen589 - 1627 l

(Bilder: Koray Adigüzel)

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