Dass Hyundai genau weiss, wie man Fahrspassgranaten baut, ist mittlerweile in der Auto-Szene bekannt. Jetzt verpacken die Koreaner ihr Rezept eine Nummer kleiner und preschen in ein Segment, welches von fast allen anderen Herstellern sträflich vernachlässigt wird. Der kleine Racker ist ein echter Heisssporn, akustisch präsent, fair im Preis und vor allem erstaunlich seriös.
Während die Konkurrenz um VW Polo GTI und Ford Fiesta ST dezent auftritt, ist der i20 N schon optisch auf dem Kriegsfuss: Wild gestaltete Felgen, knallrote Akzente rundum, Spoilerlippe, aggressiv-zackige Lichter vorne wie hinten, markanter Seitenschweller und ein richtiger Heckflügel lassen den i20 N aussehen, als hätte Tuner Mansory plötzlich die Kleinwagen-Klasse entdeckt. Das N-exklusive Performance Blau setzt dem optischen Auftritt die Krone auf. Ganz schön selbstbewusst!
Sportlich und geräumig
Vorne nimmt man auf gut ausgeformten Sportsitzen Platz. Als Fahrer sitzt man für Kleinwagen-Verhältnisse schön tief, als Beifahrer aufgrund mangelnder Höhenverstellung leider nicht. Das Interieur ist optisch eher schlicht und hier und da kommt Hartplastik zum Einsatz, aber die Qualität ist absolut so, wie sie sein sollte. Viel wichtiger: Die Bedienung ist dank Knöpfen und simplen Menüs einfach und logisch, alle fahrdynamisch wichtigen Einstellungen lassen sich per Knopfdruck oder sogar am Lenkrad vornehmen.
Überraschenderweise ist der i20 N für einen Kleinwagen recht geräumig. Auch als erwachsene Person sitzt es sich hinten ganz ordentlich und für einen Kurztrip passt sogar das Gepäck von vier Reisenden in den Kofferraum. Das macht den kleinen Frechdachs nicht nur vollkommen alltagstauglich, sondern er lässt sich für Junge und junggebliebene somit auch problemlos als alleiniges Auto fahren.
Präsent, aber nicht nervös
Wie es mittlerweile von N-Modellen bekannt ist, bietet auch der i20 N eine Fülle an Fahrmodi, von denen zwei davon frei konfigurierbar sind. Einzig das nicht-adaptive Fahrwerk ist konstruktionsbedingt nicht justierbar. Im Normal-Modus hat sich Hyundai bemüht, einen guten Kompromiss zwischen Sportlichkeit und Unaufdringlichkeit zu finden. Die Lenkung gibt sich leichtgängig, der Sound bleibt einigermassen dezent und das Auto vermittelt einem nicht gleich bei jeder Beschleunigung das Gefühl, man möge es doch endlich härter angehen. Im Gegenteil: Das Fahrwerk ist zwar keine Sänfte, für einen Hot Hatch ist aber eine gute Portion Komfort vorhanden.
Präziser Feger
Da im Vergleich zum Kona N das Fahrwerk im N-Modus nicht übermässig hart ist, kann dieser Modus im i20 N gut genutzt werden. Das Auto ist nun deutlich wacher: Der Motor reagiert viel sensibler auf Gasstösse, die Lenkung ist schwergängiger und aus dem Auspuff rotzt und scheppert es. Trotzdem ist der Motor als Herzstück des Autos im i20 N nicht perfekt: Das Turboloch ist gross und erstreckt sich bis auf 2500 Umdrehungen, ausserdem geht dem Aggregat bereits kurz vor 6000 Umdrehungen die Puste aus, obwohl theoretisch der rote Breich erst bei über 6500 beginnt.
Doch wenn man den Motor in seiner Komfortzone zwischen 2500 und 5500 Umdrehungen hält, geht die Post richtig ab, untermalt von einem sonoren, frechen Sound. Mit dem knackigen 6-Gang-Getriebe macht das Schalten richtig Freude, beim Runterschalten gibt der i20 N auf Wunsch mehr oder weniger Zwischengas. Ausserdem ist das ESP im N-Modus standardmässig reduziert, sodass leichter Schlupf zugelassen wird und man das Auto schön entlang des Grenzbereichs bewegen kann.
Hyundai macht beim i20 N keine halben Sachen, nur weil er kleiner ist: Das Auto ist steif, reagiert sehr präzise und vor allem überraschend neutral. Dank des mechanischen Sperrdifferentials zieht sich der blaue Knallfrosch auch unter heftiger Beschleunigung sauber aus der Kurve, ohne das man das Lenkrad übermässig festhalten muss. Auch die Bremsanlage gibt sich keine Blösse und macht längere Sporttouren ohne wenn und aber mit. Das ist ein echtes Sportmodell und nicht nur ein etwas aufgebretzelter Kleinwagen.
Volle Hütte
Der Hyundai i20 N Testwagen mag mit rund 35’000 Franken nicht ganz günstig erscheinen. Doch die Performance ist astrein, wenn auch nicht ganz so extrem ausgelegt wie beispielsweise bei einem GR Yaris oder Fiesta ST. Dafür bietet der Koreaner gute Platzverhältnisse, verhältnismässig hohen Alltagskomfort und eine Ausstattung, die bei einem Kleinwagen keine Wünsche offen lässt. Ein Respektabstand zum grossen Bruder i30 N bleibt, aber für deutlich weniger Geld kriegt man hier ein spassiges Fahrerauto, welches man dank des tiefen Testverbrauchs von 7,2 l/100 km sogar mit gutem Gewissen ausfahren kann!
Alltag
Für einen Kleinwagen ist der i20 N überdurchschnittlich geräumig. Man sitzt im Fond ganz passabel und auch im Kofferraum mit Tiefgeschoss passt sperrigere Ware rein. Das Fahrwerk ist zudem nicht zu hart geraten.
Fahrdynamik
Der Motor muss zwar ein deutliches Turboloch überwinden und ist nicht die geborene Drehorgel. Doch der Durchzug passt und die knackige Schaltung ist heutzutage schon alleine Grund zur Freude. Auf Knopfdruck wird der i20 N zudem wild, lenkt gierig ein und bleibt in Kurven für einen Fronttriebler recht neutral.
Umwelt
Der Verbrauch hat mich positiv überrascht. Im Test wurde der i20 N voll beladen mit bis zu 160 km/h über die Autobahn gescheucht und musste auch sportliche Fahrten über sich ergehen lassen. Trotzdem liegt der Testverbrauch mit 7,2 l/100 km sehr nahe am Normverbrauch. Im Alltag sind Verbräuche von rund 6 Litern möglich, was für einen kleinen Hot Hatch aller Ehren wert ist!
Ausstrahlung
Ob der i20 N schön ist, sei jedem selber überlassen. Klar ist aber, dass er optisch zu Recht auf seine Dynamik anspielt und sich sehr deutlich vom normalen i20 abhebt.
Fazit
+ Auffälliges, sportlich-aggressives Design
+ Aerodynamisch optimiert
+ Einfache Bedienung, Online-Navigation und gute Sprachsteuerung
+ Bequeme Sitze, guter Seitenhalt
+ Für einen sportlichen Kleinwagen gute Platzverhältnisse
+ Viele verschiedene und individualisierbare Fahrmodi
+ Knackige Handschaltung
+ Direkte Lenkung mit gutem Feedback
+ Markanter Sound mit knalligem Auspuff
+ Neutrales Handling trotz Frontantrieb
+ Niedriges Gewicht
+ Ziemlich tiefer Verbrauch angesichts der Leistung
+ Üppige Ausstattung
+ Fairer Preis
– Deutliches Turboloch, Drehfreude des Motors hält sich in Grenzen
– Beifahrersitz zu hoch
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Hyundai i20 N |
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Preis Basismodell / Testwagen | 29 950 CHF / 35 450 CHF |
Hubraum / Zylinder | 1598 ccm / R4 |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 6-Gang manuell |
Max. Leistung | 150 kW bei 5500 - 6000 r/min |
Max. Drehmoment | 275 Nm bei 1750- 4500 r/min (Overboost: 304 Nm bei 2000 - 4000 r/min) |
Beschleunigung 0–100 km/h | 6,2 s |
Vmax | 230 km/h |
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 7,0 l/100 km / 158 g/km / C |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 7,2 l/100 km / 163 g/km / +3% |
Länge / Breite / Höhe | 4,08 m / 1,78 m / 1,44 m |
Leergewicht | 1295 kg |
Kofferraumvolumen | 352 - 1165 l |