Es ist ein offenes Geheimnis: Hyundai wird sportlicher. Das tolle Genesis Coupé ist zwar mangels Nachfrage vom hiesigen Markt verschwunden, aber dafür baut Hyundai in den kommenden Jahren die Submarke «N» auf, unter welcher die sportlichen Derivate vermarktet werden. Der Hyundai i30 Turbo gehört noch nicht dazu, sondern ist lediglich die Vorspeise dessen, was noch kommen wird. Ob die Vorspeise schmeckt, das möchte ich nun herausfinden.
Diverse Medien haben den i30 Turbo als GTI-Gegner bezeichnet. Aber das ist falsch. Punkt. Der Hyundai ist einfach zu schwach, um gleich so grosskalibrige Konkurrenz angreifen zu wollen. Das wollte ich gleich am Anfang sagen, damit man ihn einordnen kann. Im Hyundai-Portfolio selbst ist er jedoch mit Abstand der Stärkste, denn die sonstigen Benziner, die Hyundai anbietet, sind eher für Leute gedacht, die sich mit der Agilität einer Schildkröte fortbewegen möchten. Der Diesel ist zwar schon etwas besser, aber insgesamt ist der i30 eher ein Opa-Auto. Klarer Fall also, dass für mich nur der Turbo in Frage kommt.
Doch neu ist das Auto in keiner Hinsicht. Hyundai hat einfach beschlossen, im Zuge des i30-Facelifts eine sportliche Variante anzubieten. Da es den Turbo vorhin nicht gab, erkennt man ihn durch die aggressivere Optik ganz gut. Vor allem am Heck trägt Hyundai mit dem Diffusor und den zwei grossen Endrohren ziemlich dick auf. Dicke Endrohre bei Hyundai? Das weckt Erinnerungen, und zwar den Veloster Turbo. Der hatte Endrohre wie Kanonenrohre aber säuselte wie ein Handstaubsauger. Ich spreche in der Vergangenheitsform, weil der Veloster von Hyundai Schweiz mangels Nachfrage ebenfalls aus dem Programm genommen wurde.
Der Motor ist auf jeden Fall keine Neuentwicklung, sondern wurde vom Veloster Turbo übernommen. Er hat seine guten und schlechten Seiten. Wie erwartet produziert der 1,6-Liter Turbobenziner einfach keinen anständigen Sound. Auf der anderen Seite ist der Motor bei gleichmässiger Fahrt sehr leise. Auch auf der Autobahn bei 3000 Umdrehungen hört man vom Motor praktisch nichts. Da meine erste Fahrt eine längere Autobahnetappe ist, habe ich Zeit, mich dem Interieur zu widmen.
Mit den bequemen Sportsitzen, den Instrumenten mit Zeigern auf 6-Uhr Stellung und dem kurzen Schaltstummel hebt sich der Turbo von seinen braven Brüdern ab. Wie gewohnt, ist der i30 gut vermacht, Hartplastik gibt es praktisch nirgends mehr. In diversen Hyundai-Modellen hatte ich jedoch bereits die Helligkeit des Touchscreens bei Nacht kritisiert. Selbst in der niedrigsten Stellung ist der Bildschirm im Dunkeln stets viel zu hell gewesen. Und nun? Immer noch dieselbe Scheisse. Lernfähig ist man bei Hyundai offenbar nicht. Wenigstens kann man den Touchscreen mit einem Knopfdruck abstellen.
Doch langsam wird es Zeit, zur Sache zu kommen. Wie viel Turbo steckt tatsächlich im bislang stärksten i30? Auf der Autobahn hat er schon einmal klar gemacht, dass er keine Sänfte ist. Das Fahrwerk federt ziemlich trocken und lässt die Passagiere nie im unklaren darüber, wie der Asphaltzustand gerade ist. Keine schlechte Voraussetzung für einen zackigen Ritt über den Berg. Zweiter Gang rein, Gaspedal runter. Was passiert? Nun, erstmal nicht besonders viel. Obwohl gemäss Datenblatt das maximale Drehmoment bereits bei 1500 Umdrehungen bereitsteht, steckt der i30 Turbo unterhalb von 2500 Umdrehungen in einem Turboloch fest, das insbesondere am Berg bemerkbar wird. Dann steigert sich der Schub sukzessive: jeweils bei 2500, 4000 und 5500 Umdrehungen wird der Schub spürbar stärker, als ob die nächste Stufe gezündet worden wäre. Die Leistungsentfaltung ist alles andere als harmonisch, aber das muss nicht schlecht sein, man muss es einfach mögen – und wissen, welche Drehzahl anliegen sollte, wenn man ein Überholmanöver startet.
Erstaunlich finde ich, dass dem Turbomotor bei über 6000 Umdrehungen nicht die Luft ausgeht, sondern er im obersten Drehzahlbereich am wildesten tobt. Das Getriebe ist zwar wie die Kupplung butterweich, aber die Schaltwege sind kurz und präzise. Dass das Fahrwerk alles andere als butterweich ist, habe ich bereits erwähnt, es ist wohl die kompromissloseste Komponente vom i30 Turbo. Am meisten Mühe macht mir die Lenkung, die selbst im Sport-Modus kein besonders gutes Gefühl der Vorderräder vermittelt. Wo Hyundai jedoch am dringendsten arbeiten sollte, ist das Gewicht, denn mit 1469 Kilo ist der kleine i30 einfach zu schwer. Weniger Gewicht würde nicht nur den hohen Verbrauch von 8,2 l/100 km senken, sondern auch die Agilität und Spritzigkeit erhöhen.
Nach dem Verzehr vom i30 Turbo bekomme ich zwar keine Bauchschmerzen, aber ein leicht mulmiges Gefühl im Bauch bleibt trotzdem. Wird der N-Sportler auf der bestehenden i30-Generation aufbauen, dann wird er zwangsläufig auch an Übergewicht leiden. Ansonsten hoffe ich, dass Hyundai im Gegensatz zur Touchscreen-Helligkeit lernfähig ist und das Turboloch minimiert sowie die Lenkung präzisiert. Echten Petrolheads wird der i30 Turbo nicht gerecht, aber wer einfach etwas mehr Leistung wünscht, kann den Hyundai bedenkenlos kaufen. Mit dem empfehlenswerten Plus-Pack (u.A. Navi, Klimaautomatik und Privacy Glass) sowie Metallic-Lack beträgt sein Preis rund 36’500 Franken. Kein Schnäppchen, aber durchaus fair. Ich meinerseits warte gespannt auf den Hauptgang – und hoffe inständig, man nimmt sich die Kritik zu Herzen.
Alltag
Kompromisslosigkeit ist dem i30 Turbo ein Fremdwort. Er ist ein flotter Kompaktwagen mit allen Vorzügen. Wie ein Golf eckt er nirgendwo an, bietet überall ein akzeptables Raumangebot und viele Ablagemöglichkeiten. Einzig der hohe Verbrauch trübt die Alltagsfreude.
Fahrdynamik
Der Turbomotor wacht eigentlich erst bei 4000 Umdrehungen richtig auf, darunter ist es irgendwie zäh. Das straffe Fahrwerk gefällt beim Kurvengeschlängel, die leicht diffuse Lenkung und das zu hohe Gewicht weniger. Ach ja, etwas mehr Sound dürfte auch sein.
Umwelt
Wäre der i30 Turbo eine harte Rennsemmel, dann würde der Verbrauch von 8,2 l/100 km noch in Ordnung gehen. Aber für einen leicht gewürzten i30 ist das einfach zu viel.
Ausstrahlung
Hübsch ist der i30 schon immer gewesen, mit dem sportlichen Body-Kit wirkt der Turbo nun etwas präsenter und nicht mehr so feminin.
Fazit
+ Schönes Design, dezent gewürzt
+ Umfangreiche Ausstattung
+ Gute Verarbeitung
+ Bequeme Sportsitze, einwandfreie Ergonomie
+ Grosszügige Platzverhältnisse, viele Ablagefächer
+ Präzise Schaltung mit kurzen Wegen
+ Knackiges Fahrwerk
+ Fairer Preis
– Hohes Gewicht
– Hoher Verbrauch
– Lenkung mit mangelnder Präzision
– Dürftiger Motorsound
– Gut spürbares Turboloch
– Touchscreen nach (!) dem Facelift bei Nacht immer noch viel zu hell
Steckbrief
Marke / Modell Hyundai i30 Turbo Preis Basismodell / Testwagen 32 000 CHF / 36 500 CHF Antrieb Benzin, Frontantrieb Hubraum / Zylinder 1591 ccm / R4 Motoranordnung / Motorkonzept Frontmotor / Turbomotor Getriebe 6-Gang manuell Max. Leistung 137 kW bei 5500 r/min Max. Drehmoment 265 Nm bei 1500 - 4500 r/min Beschleunigung 0–100 km/h 8,0 s Vmax 219 km/h NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz 7,3 l/100 km / 169 g/km / G Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz 8,2 l/100 km / 190 g/km / +12% Länge / Breite / Höhe 4,30 m / 1,78 m / 1,47 m Leergewicht 1469 kg Kofferraumvolumen 378 - 1316 l
(Bilder: Koray Adigüzel)