Den Hyundai Ioniq gibt es gleich als Trio: Ein konventioneller Hybrid, der hier getestete Plug-in-Hybrid sowie eine rein elektrische Variante stehen zur Wahl. Meine Testwahl fiel auf den PHEV, da der normale Hybrid denselben Antrieb wie der Kia Niro nutzt und der Stromer mit knappen 280 Kilometern NEFZ-Reichweite trotz neuem Baujahr im Vergleich zur Konkurrenz bereits wie von gestern wirkt. Bietet der Plug-in-Hybrid also das Beste aus zwei Welten? Jein – denn einerseits mag der Teilzeitstromer tiefe Temperaturen nicht, andererseits wird die teure Technik teilweise anderswo eingespart. Schade, denn der Antrieb ist ausgereift und konsequent.
Die glatten Felgen verraten sofort, dass der Ioniq ein Öko-Mobil ist. Beim genauen Hinsehen fallen zudem die blauen Zierelemente auf, welche sich um die Karosserie ziehen. Insgesamt ist der Teilzeitstromer ein eher unauffälliges Mobil: Deutlich hübscher als der völlig überzeichnete Toyota Prius, aber wenn man sich beispielsweise den neuen i30 Fastback anschaut, dann gehört der Ioniq auch nicht zum Schönsten, was die Koreaner im Angebot haben.

Im Innenraum verraten abermals blaue Akzente, womit man es zu tun hat. Die satinierten Zierelemente sehen aber sehr gut aus und bilden zusammen mit den blauen Ziernähten ein stimmiges Ambiente. Das unten abgeflachte Lenkrad sowie das digitale Cockpit werten das Innenleben ebenfalls auf. Schön, kann der Ioniq auch mit praktischen Werten positiv auffallen. Die Fondpassagiere kommen bequem unter und der Kofferraum ist gut nutzbar, keine Einschränkung weist auf den Hybridantrieb hin. Ein No-Go ist einzig die Handbremse in Form eines Fusspedals.

In Fahrt gebracht wird der Ioniq PHEV von einem 1,6-Liter Saugerbenziner sowie einem Elektromotor. Das Duo leistet 104 kW, wovon alleine 45 auf den Elektromotor entfallen. Gestartet wird stets im Elektro-Betrieb und im Eco-Modus. So möchte ich also still von dannen rollen, doch unmittelbar nach dem Start schaltet sich trotz vollem Akku der Benziner dazu. Soll das etwa ökologisch sein?

Wie Hyundai erklärt, hängt das mit den tiefen Aussentemperaturen zusammen. Um den Akku zu schonen, versorgt der Benziner die Nebenverbraucher und speist nebenbei auch ein bisschen den Akku. So kommt der Plug-in Hybrid im Test zwar tatsächlich 60 Kilometer im E-Modus voran (NEFZ: 63 Kilometer), was im Winter eine reife Leistung ist. Allerdings unter der Zuhilfenahme des Benziners, was ein wenig geschummelt ist. Bisher hat sich bei meinen Tests noch jeder Plug-in-Hybrid im E-Modus strikt auf Batteriepower beschränkt, ganz egal, wie kalt es draussen auch war. Hyundai geht hier offenbar einen anderen Weg.

Am Ende geht die Rechnung dennoch auf. Ein Testverbrauch von 3,9 l/100 km bei 36% elektrisch zurückgelegter Strecke kann sich im Winter sehen lassen. Es ist davon auszugehen, dass der potenzielle PHEV-Kunde deutlich mehr elektrisch fährt als ich, was den Verbrauch weiter senkt. Jedoch vermisse ich eine Auskunft des Bordcomputers, wie viel Strom der Ioniq nebst Benzin verbraucht hat. Da wird etwas unter den Tisch gekehrt.

Mit dem Ioniq tiefe Verbräuche zu erzielen, dürfte ohnehin niemandem schwer fallen, denn das komplette Auto ist aufs Sparen getrimmt. Nur der Kickdown führt im Eco-Modus zur vollen Leistungsabgabe, ansonsten fährt sich das Auto extrem zugeschnürt und scheint sich förmlich gegen das Gasgeben zu wehren.

Im Sport-Modus (einen Normal-Modus gibt es gar nicht) reagiert das Gas zwar viel sensibler, allerdings wird man zum selber schalten gezwungen. Das Doppelkupplungsgetriebe des Ioniq ist darüber hinaus das Trägste, was mir jemals untergekommen ist und in Verbindung mit dem dröhnenden Motor kommt tatsächlich das Feeling einer stufenlosen Automatik auf. Fahrspass stand im Ioniq-Pflichtenheft wohl ganz zuunterst, was auch das komfortbetonte Fahrwerk mit starker Seitenneigung erklärt.

Der ganzen Kritik zum Trotz muss ich das Setup des Ioniq loben. Viele Hersteller bringen Plug-in-Hybride auf den Markt, die wahrste Zwitter sind. Insbesondere über zwei Tonnen schwere SUVs sind als PHEVs zwar auf dem Papier päpstlicher als der Papst, im echten Leben aber veritable Säufer. Hyundai ist da wenigstens konsequent und vermarktet den Ioniq nicht nur als Öko-Mobil, er ist tatsächlich eines.

Technisch ist der Antrieb komplett ausgereift und wenn man sich auf den Wagen einlässt, ist der Ioniq ein sehr angenehmes Auto. Jedoch – und das finde ich schade – hat Hyundai versucht, die Antriebskosten anderswo einzusparen. Der Testwagen ist mit 43’900 Franken ohnehin kein Schnäppchen und wenn ich den direkt vor dem Ioniq getesteten i30 als Massstab nehme, dann fallen das Halogen-Fernlicht sowie die vernachlässigte Geräuschdämmung besonders negativ ins Gewicht. Auch dass der Abstandstempomat unter 20 km/h den Dienst verweigert und das besonders nervige Stop & Go nicht übernehmen kann, führt zu Minus-Punkten.

Nimmt man die höhere der beiden verfügbaren Ausstattungslinien, so ist der Plug-in-Hybrid 100 Franken teurer als der elektrische Bruder und sogar 6600 Franken teurer als der konventionelle Hybrid. Selbst wer nie den Benziner nutzen würde, würde den Aufpreis zum Hybrid erst nach rund 110’000 Kilometer einfahren, dabei sind aber nur die Benzin-Kosten berücksichtigt, es kommen also noch Stromkosten dazu. Wer unbedingt elektrisch fahren würde und sich mit 280 NEFZ-Kilometern anfreuden kann, greift besser gleich zum Ioniq E. Allen anderen sei der normale Hybrid empfohlen, der interessanterweise über dieselbe Systemleistung wie der Plug-in-Hybrid verfügt. Zwar ist der Ioniq PHEV als Öko-Mobil gelungen, doch sein technisch einfacherer Bruder kannibalisiert ihn aus finanzieller Sicht gleich selber.

Alltag 
Trotz recht kompakten Abmessungen bietet der Ioniq gute Platzverhältnisse im Fond sowie einen gut nutzbaren Kofferraum. Die kleinen Felgen sorgen überdies für einen guten Abrollkomfort.
Fahrdynamik 
Nächstes Thema bitte. Ein träges Getriebe, enorme Seitenneigung sowie eine indifferente Lenkung sorgen schnell dafür, dass man vom Sport-Modus wieder ein den Eco-Modus schaltet und dahingleitet.
Umwelt 
Bei rund einem Drittel elektrisch zurückgelegter Strecke resultierte am Ende ein Testverbrauch von 3,9 l/100 km exklusive Stromverbrauch. Das ist ein guter Wert und voraussichtlich kann die potenzielle Zielgruppe eine prozentual grössere Strecke elektrisch zurücklegen als ich mit meinem langen Arbeitsweg.
Ausstrahlung 
Das auf Eco getrimmte Design muss man mögen, obwohl der Ioniq wesentlich zurückhaltender gezeichnet ist als beispielsweise ein Toyota Prius.
Fazit 
+ Gute Platzverhältnisse
+ Bequeme Sitze, tiefe Sitzposition
+ Hohe elektrische Reichweite
+ Einfache Bedienung
+ Gute Verarbeitung, schöne, blaue Akzente im Interieur
+ Tiefe Verbrauchswerte auch bei mässiger elektrischer Nutzung
+ Sehr guter Abrollkomfort
+ Cooles Cockpit
+ Sanftes Fahrgefühl, geschmeidige Übergänge zwischen den Antrieben
– Träges Doppelkupplungsgetriebe, dröhnender Motor
– Verbrenner läuft bei tiefem Temperaturen häufig mit, auch im EV-Modus
– Halogen-Fernlicht
– Abstandstempomat bremst nicht bis zum Stillstand
– Starke Seitenneigung in Kurven, indifferente Lenkung
– Hoher Preis
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Hyundai Ioniq PHEV |
---|---|
Preis Basismodell / Testwagen | 36 490 CHF / 43 900 CHF |
Antrieb | Benzin Plug-in-Hybrid / Frontantrieb |
Akkukapazität | 8,9 kWh |
Hubraum / Zylinder | 1580 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Front-Benzinmotor, Front-Elektromotor / Saugmotor und ein Elektromotor |
Getriebe | 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe |
Max. Leistung E-Motor / Benziner / Systemleistung | 45 kW / 77 kW / 104 kW |
Systemdrehmoment | 265 Nm |
Beschleunigung 0–100 km/h | 10,6 s |
Vmax | 178 km/h (120 km/h im E-Modus) |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 1,1 l/100 km / 26 g/km / A |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 3,9 l/100 km / 92 g/km / +354% |
NEFZ-Reichweite im E-Modus | 63 km |
Test-Reichweite im E-Modus | Ø 50 km, max. 60 km |
Länge / Breite / Höhe | 4,47 m / 1,82 m / 1,45 m |
Leergewicht | 1625 kg |
Kofferraumvolumen | 446 - 1401 l |
Bilder: Koray Adigüzel
1 thought on “Hyundai Ioniq PHEV: Das Grüne vom Himmel”