Es ist ein Segment, wovon auch Hyundai’s N-Truppe nicht die Finger lassen kann: Kompakte Crossover. Im Zuge des Facelifts wird der kleine Kona scharf gemacht und prescht in ein Segment, in dem genau genommen keine Konkurrenz herrscht. Und SUV hin oder her – aus dem gutmütigen Kona ist ein richtig harter Brocken geworden, der gebändigt werden muss!
Ein sehr eigenwilliges Design hat der Kona per se. Die N-Version setzt da aber guten Gewissens noch einen drauf. Fake-Lüftungsschlitze vorne, auffällige Lackierung, geschmiedete Felgen, rote Bremssättel, ein kecker Dachspoiler und zwei Endrohre, die nicht zu übersehen sind. Dezent ist anders, aber das ist ohnehin nicht das Ziel der N-Familie.
Konventionell schlicht
Im Innenraum ist die Optik weitaus schlichter als aussen. Blaue Ziernähte, Alu-Pedalerie und auffällig vielversprechende Knöpfe auf dem Lenkrad – das war’s, ansonsten ist dies das ganz normale Kona-Cockpit. Die Qualität ist angemessen, die Bedienung dank genügend Knöpfen eingängig und die wesentlichen Online-Dienste sind gegeben. Die Sitzposition ist hoch, besonders sportlich fühlt sich das nicht an. Den hinteren Passagieren fehlt es ausserdem an Platz: Der Kona ist klein, insofern ist die Beinfreiheit nicht überragend. Auch der Kofferraum ist nicht gerade gigantisch, aber wer nicht zu viel Nachwuchs in die Welt setzt, kommt damit klar.
Hoch bedeutet hart
Auf dem Lenkrad wartet ein hübscher roter Knopf darauf, gedrückt zu werden, aber der kommt später zum Zug, der Startknopf befindet sich an üblicher Stelle hinter dem Lenkrad. Der Zweiliter-Turbo meldet sich präsent, aber weniger stimmgewaltig als beim Prä-Facelift i30 N zum Dienst.
Im Normal-Modus bleibt das Temperament des Wagens im Zaum, auch der Sound bleibt zurückhaltend. Die Dämpfer sind zwar adaptiv und in der sanftesten Stellung, doch weich ist hier gar nichts: Der erhöhte Schwerpunkt wird mit einem straffen Fahrwerk kompensiert. Ansonsten ist der Alltag aber gut meisterbar, vor allem, weil der Antrieb kraftvoll, aber kultiviert ist.
Die Vielfalt der Fahrmodi
Der Hyundai Kona N hat so viele Gemütszustände wie der Fahrer selber: Über die Mittelkonsole können Eco, Normal sowie Sport gewählt werden und über die Lenkradtasten der N-Modus sowie zwei unterschiedlich zusammengestellte Custom-Modi. Da der N-Modus das Fahrwerk auf die härteste Stufe stellt und das Auto dann beginnt zu hoppeln und unruhig wird, ist dieser Modus leider oft zu viel des Guten. Aber dafür kann man sich ja den Costum-Modus adäquat zusammenstellen.
Wilder Ritt
Ist die Antriebseinheit scharf gestellt, reagiert der Motor bissig auf Gasbefehle und aus dem Auspuff klingt ein rauer Vierzylinder-Ton mit deftigen Auspuffsalven bei hohen Drehzahlen. Wenn das Gaspedal durchgetreten wird, sollte man das Lenkrad gut festhalten, denn der Kona N verfügt ausschliesslich über Frontantrieb!
Das macht ihn insofern einzigartig, da ähnlich starke Kompakt-SUVs allesamt über Allradantrieb verfügen. Sein Frontantriebs-Konkurrent, der Puma ST, hat doch deutlich weniger Leistung. Besonders spassig wird die Ausfahrt im ESP-Sport-Modus, da dem Motor recht viel Freiraum gegeben wird und man sogar den einen oder anderen schwarzen Strich auf den Asphalt zieht!
Aber das ist nur beim Beschleunigen aus niedrigem Tempo der Fall. Ansonsten ist der Kona N – für ein SUV – ein äusserst kompetenter Sportler. Der Motor dreht gierig hoch und entfaltet seine Kraft linear. Das Getriebe haut die Gänge unter einem richtigen Drehmomentüberschuss rein, sodass es einen geilen Kick in den Rücken gibt beim Hochschalten!
Mit Ecken, Kanten und Grins-System
Die relativ schwergängige Lenkung vermittelt ein gutes Gefühl in Kurven und das Sperrdifferential sorgt dafür, dass die Traktion selbst beim starken Beschleunigen aus Kurven gegeben ist. Keine Frage, mit Allrad wäre der Kona N etwas schneller und vor allem deutlich einfacher zu beherrschen, aber genau darin liegt sein Reiz. Und um den ganzen Irrsinn zu untermalen, prangt ein roter NGS-Knopf am Lenkrad. Er steht für N-Grin-System (deutsch: N-Grins-System) und stellt das Auto unabhängig vom zuvor gewählten Fahrmodus für 20 Sekunden auf die maximale Eskalationsstufe: Brachiales Ansprechverhalten, extreme Härte, und permanentes Halten des niedrigmöglichsten Ganges für die beste Beschleunigung. Ich kann nur soviel sagen: 20 Sekunden lang Grinsen sind garantiert.
Man muss den Kona N bändigen. Man muss ihn in der Spur halten, man muss die Lenkung feshalten und auch ans Schalten denken, denn ansonsten rasselt er voll in den Begrenzer. Es ist ein raues, aber authentisches Fahrerlebnis. Es steht ausser Frage, dass ein i30 N deutlich performanter und noch härter im Nehmen ist. Aber puncto Fahrspass kann der Kona N mindestens so gut mithalten und ist bei einem N-Modell schlussendlich nicht genau das, was zählt?
So vollkommen der Fahrspass auch ist, es sind auch Abstriche hinzunehmen. Puncto Komfort beispielsweise gibt es selbst unter den Rowdy-SUVs eine ganze Menge, die nicht arg so hart federn wie der Kona N. Und obwohl er de facto ein SUV ist, bietet er puncto Raumangebot weniger Platz als beispielsweise der i30 N. Die wesentlichen Assistenzsysteme sind vorhanden, so auch ein adaptiv-Tempomat und ein aktiver Spurhalteassistent, doch die Systeme reagieren nicht so fein und ausgereift, wie es andere Modelle von Hyundai können. Aber dann drückt man die NGS-Taste und alles ist vergessen… Die Grins-Garantie im SUV-Format gibt es samt Komplettausstattung für 48’990 Franken.
Alltag
Der Hyundai Kona N ist ein kleiner Crossover und ein grosszügiges Platzangebot gehört nicht zu seinen primären Stärken. Man sitzt zwar hoch, aber die Übersicht nach hinten ist dennoch schlecht und der Wendekreis ist gross. Variabilität? Nicht vorhanden.
Fahrdynamik
Ist das Turboloch überwunden, packt der Motor richtig zu und dreht gierig hoch. Die Schaltvorgänge sind aggressiv, die Lenkung ist schwergängig mit gutem Feedback und das Sperrdifferential stellt die Traktion sicher. Das Fahrwerk ist sehr straff, was den erhöhten Schwerpunkt kaschiert, aber nicht eliminiert.
Umwelt
Zugegeben, ich bin den Kona N nie im Eco-Modus gefahren, aber selbst wer im Normal-Modus alltägliche Fahrten absolviert, muss mit mindestens 8,0 l/100 km rechnen. Kommen sportliche Passagen dazu, was hier definitiv Sinn der Sache ist, dann muss man mit einem Verbrauch wie ich im Test mit 10,5 l/100 km rechnen.
Ausstrahlung
Der Kona N fällt auf – sei es wegen seiner Farbe, den roten Akzenten, den grossen Endrohren oder den aggressiven Lüftungsschlitzen – das hier ist kein Understatement, sondern ein Ausrufezeichen.
Fazit
+ Extravagantes, sportliches Design
+ Hochwertige Verarbeitung
+ Einfache Bedienung
+ Viele verschiedene und individualisierbare Fahrmodi
+ Dezenter Sound und manierliches Getriebe im Normal-Modus
+ Direkte Lenkung mit gutem Feedback
+ Druckvoller und drehfreudiger Motor
+ Drehmoment-Kick beim Hochschalten unter Last
+ Üppige Ausstattung
+ Viel Performance zu einem fairen Preis
– Ziemlich knappe Platzverhältnisse im Fond und im Kofferraum
– Grosser Wendekreis
– Hoher Verbrauch
– Fahrwerk kennt nur hart und noch härter
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Hyundai Kona N |
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Preis Basismodell / Testwagen | 44 490 CHF / 48 990 CHF |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1998 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 8-Gang Doppelkupplungsgetriebe |
Max. Leistung | 206 kW bei 5500 - 6000 r/min |
Max. Drehmoment | 392 Nm bei 2100 - 4700 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 5,5 s |
Vmax | 240 km/h |
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 8,5 l/100 km / 194 g/km / F |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 10,5 l/100 km / 240 g/km / +24% |
Länge / Breite / Höhe | 4,22 m / 1,80 m / 1,56 m |
Leergewicht | 1644 kg |
Kofferraumvolumen | 361 - 1143 l |
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