Jaguar XF Sportbrake: Kampf der Werte

Der britische Kombi ist nicht mehr der Jüngste, doch im Zuge des jüngsten Facelifts wirkt er nicht nur moderner, sondern ist in der Tat besser denn je. Er ist nicht nur eine blendende Alternative zum deutschen Premium-Trio, sondern lässt auch puncto Platzangebot viele SUVs weit hinter sich. Ein nobler Kombi mit vielen Talenten, der einen dennoch mit einem weinenden Auge zurück lässt.

Es ist ein bisschen wie bei den Italienern. Auch die Briten haben ein gutes Händchen fürs Design, denn der in die Jahre gekommene XF Sportbrake wirkt immer noch frisch, elegant und voller Tatendrang. Seine Linienführung ist ziemlich schnörkellos, der Sportbrake genannte Kombi will gar kein verkappter Shooting Brake sein, sondern ein gut aussehender Praktiker.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Subtile Änderungen an der Front, nach wie vor ein sehr entschlossener Look.

Aufgewertet werden kann das Design durch das R-Dynamic sowie das Black Pack, beides ist beim Testwagen verbaut. Um das Facelift aber äusserlich zu erkennen, muss man fast schon Jaguar Ahnenforscher sein, so subtil sind die Änderungen. Schade, versteckt Jaguar bei einem durchdesignten Kombi die Auspuff-Endrohre, dies würde den sportlichen Anspruch unterstreichen.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Dezenteres Heck mit angedeutetem Diffusor, aber ohne Endrohre.

Ein Sprung nach oben

Deutlich umfangreicher sind die Änderungen im Interieur! Dieses sieht beim Testwagen dank der braunen Lederausstattung besonders nobel aus, doch endlich stimmt auch die Gesamtqualität. Feine Materialien hatten die Briten schon immer im Einsatz, doch nun ist die Verarbeitungsqualität auch auf dem Niveau angekommen, auf dem sie sein sollte – bei Jaguar in der jüngeren Vergangenheit leider nicht immer selbstverständlich.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Cleanes, aber dennoch sehr benutzerfreundliches Cockpit in ausgezeichneter Qualität.

Bei der XF Überarbeitung sind die Briten dafür über sich hinaus gewachsen. Feinste Strukturen auf dem Aluminium, angenehme Druckpunkte an allen Bedienelementen, absolut keine Störgeräusche. Selbst Details wie Fensterheber oder Lüftungsdüsen wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt und das verdient besonderes Lob. Dieser Wagen ist nicht nur todschick, sondern auch qualitativ ganz weit oben.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Makellose Verarbeitung und Liebe zum Detail.

Anständig vernetzt

Das Loblied geht weiter. Das Infotainmentsystem mit zentralem, freistehenden und leicht gekrümmtem (!) Display ist brandneu und verrichtet einen ausgezeichneten Dienst. Die Menüführung ist intuitiv, die Bedienung flüssig, die Online-Dienste zuverlässig, die Sprachführung gut brauchbar. Ausserdem ist das System sofort ab Motorstart ready und mit dem Smartphone gekoppelt, ein mühsames Aufstarten ist nicht mehr notwendig. Kein Vergleich zum lethargischen System von früher. Auch hier: Well done.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Das Infotainmentsystem im Tablet-Stil ist grossartig. Sympathisch ist die Klima-Bedienung mit physischen Bedienelementen.

Schon immer stark war der XF Sportbrake beim Raumangebot. Vorne sitzt man tief und top integriert im Auto, als Fahrer fühlt sich das angenehm sportlich an. Hinten gibt es Bein- und Kopffreiheit im Übermass und der flache, tiefe Kofferraum ist die beste Voraussetzung für einen langen Besuch im Möbelhaus. Die meisten SUVs können mit diesem Kombi diesbezüglich nicht mithalten.

2021 Jaguar XF Sportbrake
So sieht ein Kofferraum eines wahren Lademeisters aus.

Super Fahrwerk, mauer Motor

Im Testwagen steckt zwar der stärkste Antrieb, doch leider endet das Antriebsportfolio beim 221 kW starken Vierzylinder-Turbo, den es ausschliesslich in Verbindung mit Allrad gibt. Der Motor hat zwar im mittleren Drehzahlbereich ordentlich Punch, ist aber weder besonders drehfreudig, noch klingt er irgendwie gut, vom Motorlauf her ist er sogar eher rau.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Der Vierzylinder will nicht so recht in den sportlichen Auftritt passen.

Dass die Konkurrenz unter anderem auch leisstungsstärkere Antriebe anbietet und früher ein traumhafter V6-Kompressor im Jaguar-Portfolio stand, macht die Angelegenheit gleich doppelt bitter. Schwach ist der Zweiliter ja nicht, aber wirklich souverän fühlt er sich halt nicht an.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Passt: Tiefe Sitzposition, ausgezeichnete Ergonomie, feines Leder.

Begeisterter Sportler

Beim Handling macht der Jaguar dagegen alles richtig. Das adaptive Fahrwerk ist klar auf der aktiven Seite und hält die Karosserie im Zaum sowie den Wagen in der Spur. Es macht grossen Spass, das Auto mit der direkten Lenkung und dem hecklastigen Allradantrieb um die Kurve zu drücken, obwohl für ein lebendiges Heck zu wenig Kraft vorhanden ist. Trotzdem macht der XF Sportbrake mit seinem begeisternden und präzisen Handling dem Markennamen alle Ehre.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Elegante, schnörkellose Seitenlinie.

Auch technisch braucht sich der Brite nicht zu verstecken. Mit dem optionane Matrix-Laser-Fernlicht hat er sogar Spitzentechnologie an Bord. Dafür beschränkt sich der adaptive Tempomat auf seine grundlegenen Fähigkeiten und fungiert nicht als Stauassistent. Dass im Test aber keine Fehlalarme ausgelöst wurden, spricht bereits für eine solide Technik.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Auch hinten reist man prächtig mit.

Kein Preisschreck

Noch immer ist in einigen Köpfen Jaguar als sündhaft teure Marke verankert. Dem ist nicht so. Der XF Sportbrake ist ein absolut überzeugender Kombi mit hohem Nutzwerk, zeitlosem Design und fahraktivem Handling. Der Motor ist zwar kein Sahnestück, aber wem die gebotene Leistung reicht, findet im Jaguar einen hervorragenden Allrounder, der sich auch mal richtig hart rannehmen lässt, sowohl bezüglich Beladung als auch Fahrdynamik. Der sehr gut ausgerüstete Testwagen kostet 92’320 Franken, das ist in der Premium-Liga ein faires Angebot. Die Qualität des Autos ist bestechend, trotzdem finde ich es jammerschade, dass ausgerechnet Jaguar in dieser Klasse nur noch emotions- und charakterlose Vierzylinder einsetzt.

2021 Jaguar XF Sportbrake
Der XF Sportbrake ist ein toller Wagen mit einem nicht ganz überzeugenden Motor.

Alltag 5 out of 5 stars

Mit fünf Metern Länge ohne Allradlenkung ist der XF Sportbrake sicherlich nicht der Handlichste, doch die Platzverhältnisse sind über jeden Zweifel erhaben. Auf den kubischen, sehr tiefen Kofferraum dürfte so manches SUV neidisch sein. Auch die Platzverhältnisse im Fond sind luxuriös. Zwei Tonnen Zuglast gibt es on top dazu.

Fahrdynamik 4 out of 5 stars

Auch als grosser Kombi ist dieser Jaguar dem Sport sehr angetan. Das adaptive Fahrwerk zeigt die nötige Härte, die Lenkung brilliert mit Präzision und Feedback. Das Fahrverhalten ist neutral bis hin zu leicht hecklastig. Es wären alle Voraussetzungen vorhanden für einen richtig wilden Kombi-Ritt, doch leider ist der Vierzylinder-Turbo auch in der höchsten Ausbaustufe kein Pulsbeschleuniger.

Umwelt 3 out of 5 stars

Zwar hat der Motor im Test genau den Normverbrauch von 9,7 l/100 km erreicht. Das ist eigentlich eine gute Nachricht, doch für einen Zweiliter-Motor ist das immer noch kein Ruhmesblatt.

Ausstrahlung 4.5 out of 5 stars

Die agressive Schnauze verheisst Sportlichkeit, die Dach-und Fensterlinie verlaufen sehr elegant nach hinten. Ein schnittiger, grosser Kombi.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Elegantes, zeitloses Design
+ Exzellente Verarbeitungsqualität
+ Tiefe Sitzposition, top Ergonomie
+ Verschwenderische Platzverhältnisse
+ Verschiedene Fahrmodi mit grosser Spreizung, inklusive Eco, Schnee und Matsch
+ Grundsetting setzt bereits den Fokus auf die Sportlichkeit
+ Spontanes, treffsicheres Automatikgetriebe
+ Schnell reagierende Lenkung, hohes Feedback
+ Hecklastiger Allradantrieb, hoher Grip
+ State-of-the Art Assistenzsysteme, semi-autonomes Parkieren möglich, keine Fehlalarme
+ Matrix-Laser-Fernlicht optional vorhanden

– Nur Vierzylinder im Angebot, rauer Motorlauf
– Verhältnismässig recht hoher Verbrauch
– Grosser Wendekreis

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellJaguar XF Sportbrake P300
Preis Basismodell / Motorisierung / Testwagen64 800 CHF / 76 300 CHF / 92 320 CHF
Hubraum / Zylinder1997 ccm / R4
AntriebBenzin, Allradantrieb
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe8-Gang Automatikgetriebe
Max. Leistung221 kW bei 5500 r/min
Max. Drehmoment400 Nm bei 1500 - 4500 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h6,2 s
Vmax250 km/h (elektronisch abgeregelt)
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz9,7 l/100 km / 218g/km / F
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz9,7 l/100 km / 218 g/km / +0%
Länge / Breite / Höhe4,96 m / 1,88 m / 1,49 m
Leergewicht1961 kg
Kofferraumvolumen582 - 1724 l

Bilder: Koray Adigüzel

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