Kia und Sport? Klingelt da was…? Nein…? Kein Wunder, einen Sportwagen haben die Südkoreaner schliesslich noch nie entwickelt. Vielleicht kommt das noch, denn eine imposante Studie namens GT4 Stringer steht immerhin schon auf den Rädern. In der Zwischenzeit hat Kia den kompakten cee’d gepimt und schickt ihn als cee’d GT ins Rennen der Kompaktsportler. Markantes Design und ein neuer 1.6 Liter Turbobenziner sollen sportlich orientierte Fahrer zu Kia locken. Ob der cee’d GT sein Versprechen einhalten kann?
Die Optik scheint auf jeden Fall vielversprechend. Insbesondere die Front mit dem bösen Xenonblick, den würfelförmigen LED-Spots und der roten Strebe macht einiges her und sieht auch sehr rassig aus. Beim seitlichen Betrachten fallen die zweifarbigen 18″ Felgen und die deutlich ansteigende Fensterlinie auf. Hinten hingegen lässt der optische Biss ziemlich nach, da wird nur sehr dezent gezeigt, dass ein GT vor einem fährt. Schade finde ich, dass die Farbwahl eingeschränkt ist. Es stehen lediglich Weiss, Grau, Schwarz, Rot und Blau zur Wahl. Mit einer speziellen Lackierung könnte Kia noch etwas mehr auf seinen neuesten Kompaktsportler aufmerksam machen.
Im Interieur gefallen als Erstes die Recaro Sportsitze, die Design mit wunderbarem Seitenhalt und Komfort verbinden. Aluminiumpedalerie und ein Sportlenkrad unterstreichen den Anspruch vom GT. Ansonsten sieht die Schaltzentrale weitgehend so aus, wie man es von Kia gewohnt ist. Dem Preis entsprechend ist die Verarbeitungsqualität hoch, die Atmosphäre im Auto stimmt und die Bedienung ist selbsterklärend. Vor allem das Mediasystem von LG besticht durch eine sehr einfache Handhabung, ohne dass die Funktionalität auf der Strecke bleibt. Ein Mal ist das System im Test allerdings eingefroren, erst ein Motorenneustart behob den Absturz. Auf ein kleines Gimmick konnte Kia aber doch nicht verzichten: Nach dem Drücken der GT-Taste auf dem Lenkrad weicht der (auf einem Display dargestellten) analoge Tacho einem digitalen Tacho mit Informationen zum momentanen Drehmoment und Ladedruck des Turbos. Nette Spielerei.
Obwohl der cee’d ein GT ist, reist es sich auch auf der Rückbank gut. Die Beinfreiheit ist erstaunlich grosszügig, auch gross gewachsene fühlen sich hinten nicht bedrängt. Der Kofferraum liegt mit einem Volumen von 380 Litern im Klassenschnitt. Optional sind eine elektrische Parkbremse und ein Panoramaglasdach erhältlich, was das Interieur noch ein bisschen hochwertiger erscheinen lässt.
Die sogenannte Tigernase von Kia kann ihr Versprechen beim cee’d GT leider nicht einhalten. Nach dem Druck auf den Startknopf erwacht der 1.6 Liter Turbobenziner, jedoch ohne akustisch auf sich aufmerksam zu machen, denn stattdessen verfällt er sofort in einen ruhigen Leerlauf. Kein Tigerbrüllen oder Grummeln, allerhöchstens Stubentiger Schnurren ist zu hören. Der 265 Nm starke Motor ist derselbe, der auch im Hyundai Veloster Turbo zum Einsatz kommt, bloss, dass er im Kia 150 kW statt 137 kW leistet. Obwohl der Motor nie böse, sondern gegen 6000 Umdrehungen sogar leicht angestrengt klingt, schiebt er den cee’d GT ordentlich nach vorne. Unterstützt wird der Motor vom kurz übersetzten, knackigen Getriebe, wodurch die Drehzahl bei Autobahntempo mit knapp 3500 Umdrehungen allerdings hoch ausfällt und sicher nicht förderlich für den Verbrauch ist. Dieser sollte sich übrigens auf 7.4 l/100 km belaufen, was aber im Test mit 8.5 l/100 km ziemlich verfehlt wurde. Zugegeben, der GT wurde ab und zu mal richtig durchgetreten, dennoch ist der Wert auch für einen Kompaktsportler zu hoch.
Nichtsdestotrotz bietet der erste sportliche Vertreter von Kia viel Fahrspass. Das Fahrwerk ist sportlich straff und hinten natürlich mit einer Mehrlenkerachse ausgestattet. Die Lenkung dürfte noch einen Tick direkter sein, manchmal wirkt sie ein bisschen künstlich. Mit seiner Leistung ist der Kia meiner Ansicht nach genau richtig motorisiert, nämlich so, dass man genügend Reserven hat, ohne völlig übermotorisiert unterwegs zu sein. Ich würde ihm nicht das Prädikat sportlich austeilen – knackig trifft es eher. Europäische Konkurrenten erreichen die Fahrdynamik vom Kia dank deutlich geringerem Leergewicht mit weniger kräftigeren Motoren. Ansetzen muss Kia darum beim Gewicht und bei den Assistenzsystemen, bis auf einen Spurhalteassistenten ist nämlich nichts dergleichen erhältlich.
Während die Aufpreislisten bei gewissen Herstellern mittlerweile beängstigende Ausmasse erreicht haben, passen die Optionen vom cee’d GT wahrscheinlich in eine SMS: Navi inkl. Rückfahrkamera (1900 CHF), Elektrische Feststellbremse inkl. Spurhalteassistent (990 CHF), Metallic-Lack (590 CHF) und Panoramaglasdach (1750 CHF). Das ist schon alles, denn sonstige Annehmlichkeiten wie Lenkradheizung, Recaro-Sitze, mitlenkende Xenonscheinwerfer, Keyless-Go und Reifendruckkontrolle (TPMS) sind von Grund auf an Bord. Den dreitürigen pro cee’d GT gibt es ab 34’777 CHF, für den 5-Türer werden 1000 CHF mehr fällig.
Würde Kia den cee’d GT einer Diätkur unterziehen, ihm eine Start-Stopp-Automatik spendieren und das eine oder andere Assistenzsystem zusätzlich anbieten – er wäre ein perfekter Kompaktsportler und von den europäischen Herstellern respektiert und gefürchtet.
Alltag ★★★★☆
Der cee’d GT ist ein Kompaktsportler mit voller Alltagstauglichkeit. Das Fahrwerk ist nicht zu hart, im Fond bleibt genügend Platz und das Kofferraumvolumen liegt im Mittelfeld seiner Klasse. Leider sind der Verbrauch und somit die Spritkosten recht hoch. Schade auch, dass kein Automatikgetriebe erhältlich ist, im Veloster Turbo ist dies nämlich möglich.
Fahrdynamik ★★★★☆
Der cee’d GT ist keine Sportskanone, aber so motorisiert, dass genügend Leistungsreserven vorhanden sind und auch Bergstrassen Fahrspass bieten. Zu schätzen lernt man die sehr fein dosierbaren Bremsen und das knackige, aber nicht unkomfortable Fahrwerk. Die Lenkung dürfte ein bisschen direkter und der Sound aggressiver sein, um der Optik gerecht zu werden.
Umwelt ★★★☆☆
Nicht gerade das Glanzkapitel des knackigen Südkoreaners. 8.5 l/100 km Testverbrauch sind zu viel, bereits auf dem Papier ist der Verbrauch mit 7.4 l/100 km ein bisschen zu hoch. Mögliche Gründe könnten die fehlende Start-Stopp-Automatik und das im Vergleich zu Kompaktsportlern aus dem Volkswagen-Konzern (Stichwort MQB) recht hohe Leergewicht sein.
Ausstrahlung ★★★★☆
Der cee’d GT zeigt optisch, dass er nicht zu unterschätzen ist, ohne übertrieben zu wirken. Schade nur, dass die Kehrseite im Vergleich zur Front etwas gar brav geraten ist.
Fazit ★★★★☆
+ Rassiges Design
+ Gutes Preis-/Leistungsverhältnis
+ Hohe Verarbeitungsqualität
+ Grosszügige Ausstattung
+ Knackiges, nicht unkomfortables Fahrverhalten
+ Intuitives Mediasystem
+ Gute Platzverhältnisse im Fond
– Hoher Verbrauch
– Keine Start-Stopp-Automatik erhältlich
– Schwacher Motorsound
– Kein Leichtgewicht
Steckbrief
Marke / Modell | Kia cee'd GT |
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Preis Basismodell / Testwagen | 35'777 CHF / 38'267 CHF |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1591 ccm / R4 |
Getriebe | 6-Gang manuell |
Max. Leistung | 150 kW |
Max. Drehmoment | 265 Nm |
Beschleunigung 0-100 km/h | 7.7 s |
Vmax | 230 km/h |
Verbrauch Werk / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 7.4 l/100 km / 171 g/km / F |
Verbrauch Test / CO2 Emissionen | 8.5 l/100 km / 196 g/km |
Länge / Breite / Höhe | 4.31 m / 1.78 m / 1.47 m |
Leergewicht | 1471 kg |
Kofferraum | 380 - 1318 l |
(Bilder: Kia)
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