Kia e-Soul: Elektroparty

Wenn der Kia e-Soul etwas nicht ist, dann ordinär. Seine ganze Daseinsberechtigung schlägt sich fast komplett im Design nieder. Dieses Kapitel meistert er bravoräus mit vielen Gimmicks, die den mitunter tristen Auto-Alltag aufheitern. Antriebstechnisch ist er innerhalb der Kia-Famile kein Unikat, da der e-Niro technisch identisch ist. Während der Niro allerdings designmässig in der Masse untergeht, kann der e-Soul alle Trümpfe ausspielen! Im Gegensatz zu anderen Modellen gibt es den Soul ausserdem ausschliesslich als rein elektrisches Modell – zumindest in Europa, denn in anderen Ländern wird noch ein Benziner angeboten, was das recht klassische Layout mit Motorraum und Getriebetunnel erklärt. Aber sei’s drum. Zeit für die Elektroparty!

Ich kann es niemandem verübeln, der den e-Soul komisch oder sogar hässlich findet. Von vorne wirkt er wie ein kompakter, bulliger Crossover und die sehr schmalen Scheinwerfer stehen ihm ausgesprochen gut. Mit seinen vielen Kanten ist er ausserden ein willkommener Gegenpol zu den vielen rundlichen Autos. Seitlich fällt vor allem die gerade abfallende Fensterlinie ab – und das abrupte, beinahe im rechten Winkel endende Heck. Dieses wirkt trotz den vertikalen Lichtern ebenfalls wieder quadratisch. Ein Auto, das auffällt und anders ist, dafür nicht jedermanns Geschmack.

2020 Kia e-Soul
Markante Seitenfenster und abrupter Abschluss.

Fancy Ambientebeleuchtung

Auf den ersten Blick wirkt das Cockpit weniger ausgefallen als das Aussendesign. Während der e-Soul äusserlich auf Kanten setzt, dominieren innen rundliche Formen. Doch spätestens bei Einbruch der Dunkelheit kommt die verspielte Seite des Autos zum Vorschein. Auf Wunsch kann nämlich eine Party-Ambientebeleuchtung eingestellt werden, die den Beifahrer-Fussraum wie eine Discokugel im Takt der Musik illuminiert! Auch in den Türen ist die Ambientebeleuchtung präsent, aber leider nur im Stand. Schade! Mitfeiern können bequem vier grosse Personen, obwohl hinten keine Beleuchtung mehr vorzufinden ist. Zuviel Equipment sollte allerdings nicht mitgeführt werden, denn der Kofferraum ist eher knapp bemessen.

2020 Kia e-Soul
Im Dunkeln und im Stand blinkt hier die Party-Ambientebeleuchtung.

Ausdauernder Stromer

Für sein Segment ist der e-Soul nicht nur ausdauernd, sondern auch fröhlich motorisiert. Im Normal-Modus ist von der Kraft noch nicht so viel zu spüren, da recht viel Pedalweg nötig ist, um forsch zu beschleunigen. Andererseits schont das den Akku und mit einer WLTP-Reichweite von 452 Kilometern kann sich diese sehen lassen. Dass es im Test nur für knapp über 300 Kilometer gereicht hat, ist der Fahrweise sowie den kalten Temperaturen zuzuschulden.

2020 Kia e-Soul
Schlichtes und und nicht über-digitalisiertes Cockpit mit sehr guter Verarbeitung.

Der Sport-Modus ist der Party-Knopf

Natürlich ist auch ein Eco-Modus als Reichweiten-Verlängerer an Bord, aber Spass macht diese gehemmte Art des Fahrens nicht mehr. Viel freudiger ist der Sport-Modus, der dem e-Soul das Temperament und das Ansprechverhalten beschert, welches man erwartet! Wie ein elektrischer GTI zischt der Koreaner davon und verwöhnt bis Tempo 100 mit kraftvollem Durchzug, der zuweilen die Winterräder an die Traktionsgrenze bringt – ein Gaudi! Die Rekuperation findet entweder automatisch via Radar oder über die Paddels statt. Das Bremspedal selber fühlt sich sehr authentisch an, auch nicht selbstverständlich bei einem Stromer.

2020 Kia e-Soul
Bequeme, leicht erhöhte Sitzposition.

Ein Kurvenräuber ist der e-Soul aber nicht. Das Fahrwerk macht zwar einiges mit und der tiefe Schwerpunkt tut sein übriges, damit der Kia sich stabil und neutral anfühlt. Doch der Lenkung fehlt es an Feedback und wer zu früh in der Kurve den Elektroschub auslöst, landet im Untersteuern. Doch angesichts der Tatsache, dass der e-Soul gar kein Sportmodell sein will, ist der Fahrspass definitiv vorhanden!

2020 Kia e-Soul
Gute Platzverhältnisse im Fond.

Fairer Preis

Wie bei Kia üblich, bieten die Koreaner auch bei Elektroautos ihre bewährte 7-Jahres-Garantie an. Auf den ersten Blick scheint der Preis von 52’700 Franken für den doch kompakten e-Soul eher hoch, doch die tolle Ausstattung, die hohe Reichweite und nicht zuletzt der kräftige Antrieb relativieren den Preis. Für alle, die etwas abseits des Mainstreams sucher, ist der e-Soul das perfekte Auto. Wem er nicht gefällt, findet in den technisch identischen koreanischen Geschwistern Kia Niro oder Hyundai Kona eine Alternative.

2020 Kia e-Soul
Der Kia e-Soul wirkt vielleicht witzig, fährt sich aber ausgesprochen gut!

Alltag 4 out of 5 stars

Für seine Grösse bietet der e-Soul eine hohe Reichweite. Besondere Platzverhältnisse bietet er trotz E-Antrieb nicht, trotzdem sitzen auch hinten grosse Personen kommod. Dafür ist der Kofferraum klein geraten.

Fahrdynamik 3.5 out of 5 stars

Im Sport-Modus ist der Antrieb temperamentvoll. Zwischensprints machen grossen Spass, genauso wie das blitzartige Ansprechverhalten. Vom Handling her ist der e-Soul eher ausgewogen, wobei ihm sein tiefer Schwerpunkt hilft, in schnellen Kurven in der Spur zu bleiben.

Umwelt 5 out of 5 stars

Der erhöhte Testverbrauch ist auf die winterlichen Temperaturen sowie die zum Teil sportlichen Fahrten zurückzuführen. Bei alltäglicher Verwendung ist der Stromverbrauch vorbildlich.

Ausstrahlung 4 out of 5 stars

Selbst in Weiss fällt der e-Soul durch seine ungewöhnliche Form auf. Schade finde ich, dass keine grössere Felgen zur Wahl stehen.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Design abseits des Mainstreams
+ Gute Platzverhältnisse für die Passagiere
+ Sehenswerte Haptik und Verarbeitung
+ Bequeme Sitze mit Heizung und Lüftung
+ Fahrmodi mit grosse Spreizung
+ Hohe elektrische Reichweite für sein Segment
+ Clevere Rekuperation
+ Ausgewogenes Fahrwerk
+ ESP deaktivierbar
+ Gute Übersicht
+ Fairer Preis

– Keine Online-Dienste
– Kleiner Kofferraum
– Eingeschränktes Feedback der Lenkung

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellKia e-Soul 64 kWh
Preis Basismodell / Testwagen47 400 CHF / 52 700 CHF
AntriebElektrisch, Frontantrieb
Akkukapazität64 kWh
Max. Leistung150 kW
Max. Drehmoment395 Nm
Beschleu­nigung 0–100 km/h7,9 s
Vmax167 km/h
WLTP-Verbrauch / Energieeffizienz15,7 kWh/100 km / A
Test-Verbrauch / Differenz22,0 kWh/100 km / +40%
WLTP-Reichweite452 km
Ø Test-Reichweite315 km
Länge / Breite / Höhe4,20 m / 1,80 m / 1,60 m
Leergewicht1833 kg
Kofferraumvolumen315 - 1339 l

Bilder: Koray Adigüzel

2 thoughts on “Kia e-Soul: Elektroparty”

  1. Guter Artikel zum e-Soul, vielen Dank! Ich konnte ihn als Car-Sharing Fahrzeug ebenfalls mal testen. Das Aussehen mag etwas speziell sein, aber die verbaute EV Technik ist solide und bietet eigentlich alles was das E-Autofahrer Herz begehrt. Mir ist speziell die angenehme Laufruhe und gute Geräuschdämmung aufgefallen. Etwas störend für meinen Geschmack ist die Knöpfchen- und Lichterorgie bei Nacht. Aber sonst ein e-Auto mit dem man glücklich werden kann.

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    • Hallo, danke für dein Lob! Die aufdringliche Beleuchtung bei Nacht kannst du auch abstellen. 🙂

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