Ein Auto mit Verbrennungs-Motor, welches konsequent auf Ökologie getrimmt wird, bietet selten eine Form von Fahrfreude. Bei Elektroautos dagegen sieht es ganz anders aus. Der Kia Niro EV zeigt, dass ein tiefer Verbrauch auch mit einer ansehnlichen Motorleistung harmonieren kann. Das koreanische Kompakt-SUV ist ein kleiner Allrounder und gewissermassen auch ein gutes Beispiel für Elektromobilität im Allgemeinen. Der Stromer überzeugt so sehr, dass der Hybrid- und Plug-in-Hybrid Variante die Argumente ausgehen.
Der Kia Niro profiliert sich über sein Design. War sein Vorgänger noch ein echtes Mauerblümchen, so setzt sich der Neue mit markanter Lichtsignatur sowie optional farblich abgesetzter C-Säule sowie Schwellern in Szene. Der kleine Crossover versucht sich so, optisch von der grossen Konkurrenz abzuheben.

Intuitives Cockpit
Der Innenraum ist vorne aufgrund der durchgehenden Mittelkonsole nicht so luftig wie beispielsweise beim Kia EV6. Überhaupt wirkt das Cockpit auf eine moderne Art vertraut, was auch an der Leiste mit Sensortasten liegt, deren Funktionen mittels Schalter angepasst werden kann: Somit dient die Leiste sowohl als vollständige Klimasteuerung oder verfügt über Schnellwahltasten für die Menüs des Infotainmentsystems. Clever! Letzteres ist mit Online-Navigation und guter Sprachsteuerung auf der Höhe der Zeit.

Passables Platzangebot
Die Platzverhältnisse sind solide und für einen kleinen SUV ansehnlich. Jedoch kann der Niro EV als Elektroauto nicht von einem besonderen Layout profitieren, da er auch in zwei Hybrid-Varianten mit Verbrenner angeboten wird. Immerhin ist der Boden im Fond komplett flach. Dem Kofferraum fehlt es leider an schlauen Befestigungsmöglichkeiten, aber dafür können Ladeutensilien im vorderen Frunk verstaut werden, der sich über der Antriebs- und Ladetechnik befindet.

Kräftiger Durchzug
Der Niro EV ist im angebotenen Trio aus Vollhybrid, Plug-in-Hybrid sowie Elektroauto mit Abstand das kräftigste Derivat. Die 255 Nm, die der Elektromotor generiert, fühlen sich deutlich stärker an, als es das Datenblatt vermuten lässt. Wird die volle Leistung gefordert, kommt die Vorderachse sogar ziemlich ins Schwitzen, um die Traktion aufrecht zu erhalten. Zwar hegt der Kia Niro keine sportlichen Ambitionen, aber der ordentliche Antritt motiviert dennoch, es ab und an auch mal zügiger angehen zu lassen.

Nun ist die Abstimmung von Lenkung und Fahrwerk völlig zu Recht nicht sonderlich sportlich ausgelegt. Die Lenkung ist eher weich-diffus und in schnell gefahrenen Kurven neigt sich die Karosserie deutlich. Trotzdem bleibt der Niro EV dank der Batterie im Unterboden erstaunlich stabil, sodass man zwar ordentlich in die Kurve liegt, aber dennoch eine gute Portion Fahrspass aufkommt, zumal sich das ESP sogar dreistufig deaktivieren lässt!

Sparsamer Antrieb
Doch seine eigentliche Stärke liegt im effizienten Antriebsstrang. Die Batterie ist kein Monstrum und fasst lediglich netto nutzbare 64,8 kWh. Damit bleibt auch das Gewicht für ein Elektroauto mit 1814 Kilo einigermassen im Rahmen. Kia verspricht eine WLTP-Reichweite von 460 Kilometern. Im Test waren selbst auf Winterreifen und einigen sportlich gefahrenen Abschnitten im Schnitt 360 Kilometer bei einem Verbrauch von 17,2 kWh/100 km realistisch. Auf Sommerreifen und etwas leichterem Gasfuss sind mit dem Niro auch ohne spezielle Anstrengungen 400 Kilometer real machbar. Für einen kleinen Crossoverist das ein guter Wert, manch deutlich grösseres SUV vermag diese Reichweite in der Praxis nicht zu erzielen.

Von Kias Vorzeige-Technik mit 800-Volt-Bordsystem kann der Niro nicht profitieren, was sich in einer lediglich unterdurchschnittlichen DC-Ladeleistung von 100 kW widerspiegelt. Allerdings bleibt die Ladedauer dank der ebenfalls unterdurchschnittlich grossen Batterie ebenfalls auf einem erträglichen Niveau. Ebenfalls gerade noch erträglich ist der Preis. Für seine Grösse ist der Niro EV mit einem Preis von 56’950 Franken ziemlich teuer, insbesondere für Kia-Verhältnisse. Klar, in diesem Preis ist die komplette Ausstattung inklusive, doch der Preisabstand zum EV6, der fast anderthalb Klassen darüber rangiert, ist ziemlich schmal. Ob es sich für Kia auszahlt, mit dem Niro EV die Lifestyle-Karte zu spielen, wird sich weisen.

Alltag 
Der Kia Niro bietet auf kompaktem Raum ausreichend Platz. Ein kleiner Frunk ermöglicht das Unterbringen von Ladekabeln und der Kofferraum fasst genügend für eine kleine Familie.
Fahrdynamik 
Der Elektromotor schiebt ordentlich an und sorgt dafür, dass der kleine Niro sogar etwas Fahrspass aufkommen lässt. Das Handling ist zwar nicht auf der sportlichen Seite, dennoch ist der Niro EV dank der Batterie im Boden erstaunlich stabil unterwegs, wenn man es dennoch etwas zügiger angehen lässt. Auch gut gelöst: Das Bremsgefühl.
Umwelt 
Der Stromverbrauch des Niro EV ist vorbildlich. Obwohl er keinesfalls untermotorisiert ist, begnügt er sich im Schnitt mit einem Verbrauch von 17,2 kWh/100 km – und das, obwohl auf dem Testwagen noch Winterreifen aufgezogen waren.
Ausstrahlung 
Im Einerlei der kleinen SUVs hebt sich der Niro durch sein freches Design sowie der sehr markanten C-Säule ab. Diese kann – wie im Falles des Testwagens – auch in Kontrastfarbe geordert werden.
Fazit 
+ Mutiges Design
+ Hochwertige Verarbeitung
+ Einfache Bedienung
+ State-of-the-Art Infotainmentsystem
+ Gute Platzverhältnisse
+ Komfortables Fahrgefühl
+ Fahrmodi mit deutlicher Spreizung
+ ESP zweistufig deaktivierbar
+ Kräftiger Motor
+ Stabiles Fahrverhalten dank niedrigem Schwerpunkt
+ Umfangreiche Ausstattung
+ 7-jährige Garantie
– Teilweise übervorsichtige Assistenzsysteme
– Kein Schnäppchen
– Relativ niedrige Ladeleistung
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Kia Niro EV |
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Preis Basismodell / Testwagen | 46 350 CHF / 56 950 CHF |
Antrieb | Elektrisch, Frontantrieb |
Akkukapazität | k.A. kWh (brutto) / 64,8 kWh (netto) |
Max. Leistung | 150 kW |
Max. Drehmoment | 255 Nm |
Beschleunigung 0–100 km/h | 7,8 s |
Vmax | 167 km/h (elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / Energieeffizienz | 16,2 kWh / 100 km / A |
Test-Verbrauch / Differenz | 17,2 kWh/100 km / + 6% |
WLTP-Reichweite | 460 km |
Ø Test-Reichweite | 370 km |
Max. Ladeleistung (DC) | 100 kW |
Länge / Breite / Höhe | 4,42 m / 1,83 m / 1,57 m |
Leergewicht | 1814 kg |
Kofferraumvolumen | 475 - 1392 l |





















Bilder: Koray Adigüzel