Ich mag die Abwechslung. Durch mein Hobby bin ich stets mit anderen Autos unterwegs und geniesse es, stets neue Erfahrungen machen zu dürfen. Doch ich freue mich auch, wenn ich alte Bekannte wieder treffe. So auch beim Kia Soul EV, denn den Soul mit Dieselantrieb habe ich bereits kennen gelernt und obwohl der Antrieb und der Preis mir nicht so ganz gefallen haben, habe ich doch einiges an Lob für den Soul ausgesprochen. Jetzt bietet Kia ihn auch als reinen Stromer an. Das ändert natürlich einiges an den Punkten Antrieb und Kosten. Fährt sich der elektrische Soul besser als sein Verbrennungs-Pendant? Und vor allem: Wie sieht’s mit den Kosten aus?
Ob alle Welt wissen soll, dass dies ein elektrisch betriebener Soul ist, hängt alleine von der Lackierung ab. Wer der Soul EV in der Kombination Pearl White / Electronic Blue ordert, wie dies beim Testwagen der Fall ist, dann schreit der Soul förmlich: «Seht alle her, ich fahre mit Strom!» Wer ihn hingegen beispielsweise in Schwarz / Rot bestellt, dann sieht man auf den ersten Blick gar nicht, dass dies ein Stromer ist. Der einzige Unterschied zum konventionellen Soul ist nämlich, dass der weit unten platzierte Kühlergrill entfällt und dort beim Soul EV eine glatte Fläche ist, was bei Weiss natürlich viel stärker auffällt, als bei einer dunklen Farbe wie Schwarz. Die beiden Anschlüsse – Typ 1 und CHAdeMO – sind hinter der Tigernase versteckt.
Das Interieur bietet schon eher die eine oder andere Überraschung. Erst einmal ist der Innenraum ganz in Beige mit hellblauen Akzenten gestaltet, was freundlich und geräumig wirkt. Das Kombiinstrument ist nun völlig digital, zentrale Informationen sind die Reichweite und der Tacho. Jetzt wirds speziell: Ähnlich wie BMW beim i3, verwendet auch Kia beim Soul biobasierte Kunststoffe. Ausserdem sind einige Oberflächen antibakteriell und die Lacke lösemittelfrei (Details siehe Bildergalerie). Spüren oder sehen tut man dies höchstens am Dachhimmel, der sich speziell anfühlt. Vielleicht nicht so hochwertig wie eine herkömmliche Stoffverkleidung, aber in einem ökologischen Elektroauto hat ein biobasierter Kunststoff natürlich seine Daseinsberechtigung.
Das Infotainmentsystem kennt im Soul EV die umliegenden Ladestationen, allerdings kann man sich nicht anzeigen lassen, welche Anschlüsse genau zur Verfügung stehen, was eine wichtige Information wäre. Da der Akku sich im Unterboden befindet, geht im Vergleich zum konventionell angetriebenen Soul kein Raum verloren, auch auf der Rückbank bietet der Soul EV für einen etwas zu hoch geratenen Kleinwagen ordentlich Raum, lediglich der Kofferraum ist zu Gunsten des Platzes im Fond mit 281 – 891 Liter etwas knapp geraten.
Satte 212 Kilometer Reichweite verspricht Kia. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sind davon allerdings nicht allzu viele übrig geblieben, im Schnitt bin ich pro Akkuladung etwa 130 Kilometer weit gekommen. Im Winter hat der Akku eben nicht seine volle Kapazität und die Winterreifen erhöhen den Rollwiderstand. Darum ist es während der kalten Jahreszeit umso wichtiger, die Route, sollte sie etwas länger sein, genau zu planen. Ein Selbstversuch über 450 Kilometer könnt ihr auf Motortipps nachlesen.
Dafür, dass der Soul EV das erste Elektroauto der Südkoreaner ist, fährt er sich super und ist vollkommen ausgereift. Damit meine ich, dass er sogar besser fährt als der Diesel-Soul mit Automatikgetriebe, den ich letztes Jahr im Test hatte. Der Soul EV fährt sich naturgemäss nicht nur viel ruhiger, sondern auch viel ausgewogener. Während das 6-Gang Automatikgetriebe beim Diesel den Motor aufheulen liess, ohne dass es gross vorwärts ging, tritt der Soul EV stets ansatzlos an. Zwar lässt der Schub ab Tempo 80 spürbar nach, aber untermotorisiert ist man mit dem 88 kW starken Elektromotor gewiss nicht. Im Eco Modus ist die Beschleunigung ziemlich zäh, um den Akku zu schonen, aber ohne aktiven Eco Modus beschleunigt der Soul EV insbesondere unten heraus richtig spritzig – typisch Elektroauto eben. Im Test hat der Soul rund 18,0 anstelle der versprochenen 14,7 kWh Strom verbraucht.
Das klingt nach massiv zu viel, relativ gesehen liegt der Verbrauch mit einem Plus von 22% für winterliche Verhältnisse jedoch im akzeptablen Rahmen. Erstaunlich finde ich, dass der Soul EV trotz massivem Akku mit 1565 Kilo nur acht Kilo mehr wiegt als sein Diesel-Pendant. Besonderes Lob gebührt Kia für das Fahrwerk. Der Soul EV fährt sich nicht nur weniger schaukelig als der Diesel (möglicherweise auch aufgrund des tiefen Schwerpunktes durch den Akku), er federt vor allem sanft und ausgesprochen leise. Das Federungsgeräusch ist dumpf und satt und stört kein bisschen. Vor allem in einem Elektroauto, wo das Motorengeräusch fehlt, ist es umso wichtiger, dass die Umgebungsgeräusche nicht stören. Auch störende Windgeräusche auf der Autobahn sind nicht auszumachen. Das einzig störende Geräusch ist das lächerliche Geklimper, dass der Soul bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten und im Rückwärtsgang von sich gibt, um Passanten zu warnen – und man kann das nicht einmal abstellen. So werden Elektroautos nur ins Lächerliche gezogen, Tesla’s coole Limousine verzichtet schliesslich auch auf so ein doofes, künstliches Soundmodul. Für etwas hat man schliesslich auch noch Augen im Kopf.
Preislich ist das mit dem Soul so eine Sache. Bereits der Diesel ist nicht unbedingt ein Schnäppchen, beim Soul EV verschärft sich die Preissituation zusätzlich. Zum einen kostet der Soul EV einen Aufpreis von 4450 Franken. Eine Wallbox ist da nicht inbegriffen, die hat Kia auch nicht im Programm. Für eine Lösung zum Laden zu Hause muss sich der Kunde mit der Firma Greenmotion in Verbindung setzen. Das wäre alles noch zu verschmerzen, aber während bei den meisten Herstellern die Stromer besonders üppig ausgestattet sind, fehlt dem Soul EV im Vergleich zum Verbrenner Xenonlicht, ein Spurhalteassistent, ein elektrisch verstellbarer Fahrersitz, ein automatischer Parkassistent und das Infinity Soundsystem.
Unterm Strich kostet der Testwagen 40’800 Franken, ein ausstattungsmässig vergleichbarer E-Golf kostet ca. 45’500 Franken, ist aber auch grösser. Die etwas kleinere Renault Zoe kostet gar nur 26’300 Franken (zzgl. 95 CHF/Monat Akkumiete). Im Vergleich zu seinen Elektro-Konkurrenten stimmt daher das Preis-/Leistungsverhältnis nicht, auch wenn der Soul EV als Auto noch so gut konstruiert ist. Trotzdem ist gemäss Kia Schweiz die Nachfrage sehr hoch und man wird wahrscheinlich weniger Fahrzeuge liefern können, als gefragt sind. Offenbar überwiegen für die Interessenten die Vorteile des EVs – das bessere Auto als der Verbrenner ist er nämlich ohne Zweifel.
Alltag
Grundsätzlich ist der Soul EV für ein nur 4,14 Meter langes Auto recht geräumig, was auch auf die kastenartige Form hinten zurückzuführen ist. Es bleibt beim typischen E-Auto Problem, was sich im Winter zusätzlich verschärft: Die Reichweite. Dass Kia keine eigene Wallbox vertreibt und der Kunde sich selber darum kümmern muss, sollte nicht sein, das schreckt nur ab.
Fahrdynamik
Etwas zackiger als der Soul mit Verbrennungsmotor lässt sich der EV schon fahren, von einem sportlichen Fahrverhalten kann aber nicht die Rede sein.
Umwelt
Für die ungünstigen Winterbedingungen hält sich der relative Mehrverbrauch von 22% in Grenzen. Da der Strommix in der Schweiz recht sauber ist, ist man auch ohne Ökostrom wesentlich grüner unterwegs als mit einem Verbrenner.
Ausstrahlung
Speziell geformt ist der Soul ohnehin, in der noch spezielleren Farbkombination Weiss / Hellblau sieht man dem Soul sofort an, dass hier kein gewöhnlicher Antrieb unter der Haube steckt.
Fazit
+ Sehr ruhiges Fahrverhalten
+ Verlässliche Reichweitenprognose
+ Grosszügige Platzverhältnisse
+ Spritzige Beschleunigung unten heraus
+ Komfortables Fahrwerk
+ Sattes Federungsgeräusch
+ Kaum störende Umgebungsgeräusche wahrnehmbar
+ Ökologische Kunststoffe im Innenraum
+ Akzeptabler Verbrauch
– Hoher Preis
– Schlechtere Ausstattung als beim Verbrenner
– Keine Wallbox von Kia verfügbar
– Wenig Reichweite im Winter
– Peinliches Geklimper
Steckbrief
Marke / Modell | Kia Soul EV |
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Preis Basismodell / Testwagen | 36'900 CHF / 40'800 CHF |
Antrieb | Elektro, Frontantrieb |
Akkukapazität | 27 kWh |
Max. Leistung | 81 kW |
Max. Drehmoment | 285 Nm |
Beschleunigung 0–100 km/h | 11,2 s |
Vmax | 145 km/h |
NEFZ-Verbrauch | 14,7 kWh/100 km |
Test-Verbrauch / Differenz | 18,0 kWh/100 km / +22% |
NEFZ-Reichweite | 212 km |
Test-Reichweite | ca. 130 km |
Länge / Breite / Höhe | 4,14 m / 1,80 m / 1,59 m |
Leergewicht | 1565 kg |
Kofferraumvolumen | 281 - 891 l |
(Bilder: Koray Adigüzel)
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