Was hat man sich bei Kia nur dabei gedacht? Da wird ein lässiger, jugendlicher Crossover in pfiffigen Farben lanciert und wie bekomme ich mein Testauto? In tristem Grau. Der Innenraum ist keinen Deut besser: Schwarz in Grau, es kommt mir fast das Gähnen. Etwas mehr Mut zur Farbe bitte! Glücklicherweise hat sich der Stonic im Test als deutlich fröhlicher erwiesen, als man es aufgrund seiner Farbgebung vermuten könnte.
Immerhin kann das Mausgrau nicht verbergen, dass der Stonic hübsch gestaltet ist. Eine entschlossene Front mit lustigerweise verschlossener Tigernase (der Kühlergrill befindet sich darunter) blickt einen an. Lässt man die Augen über die Seitenlinie mit markanter Dachreling weiter wandern, landet man bei einem knackigen Heck, wobei die Ähnlichkeit zum grossen Bruder Sportage ziemlich hoch ist. Selbstverständlich sind Bicolor-Lackierungen möglich, aber meine graue Maus als Testwagen will eben lieber nicht auffallen.
Im Innenraum kann man es mit Farbmustern auf den Sitzen sowie einem Color-Pack ebenfalls ziemlich bunt treiben. Davon will meine graue Maus aber nichts wissen. Alles ist streng in Schwarz und Grau gehalten. Schade, ein Interieur mit Farbtupfer würde gleich viel freundlicher wirken! Wobei auch die Farbe nicht darüber hinwegtäuschen könnte, dass der Innenraum mit arg viel Hartplastik überladen ist. Hinsichtlich des Preises ist das aber wieder okay.
Schon von aussen wirkt der Stonic kompakt und knackig, so überrascht es nicht, dass er innen kaum Raumwunder ist. Leider ist die Beinauflage der Vordersitze für Grossgewachsene zudem zu kurz, sodass eine wirklich bequeme Sitzposition nur schwer zu finden ist. Hinten wird es dafür für die Knie schnell eng. Positiv: Eine kleine Ausbuchtung am Dachhimmel sorgt immerhin für genügend Luft über den Haaren.
In der immer grösser werdenden Masse an kleinen SUVs wird es immer schwieriger, sich zu profilieren und aus der Masse hervorzustechen. Design und Individualisierung reichen da schon lange nicht mehr. Ausgerechnet Kia zeigt nun, wie man seinen Crossover anders positionieren kann: Durch Sportlichkeit.
Ein 88 kW starker Dreizylinder-Turbobenziner ist per se eigentlich kein Ausbund an Sportlichkeit. Er ist praktisch auch die einzig verfügbare Motorisierung, denn wer den nur auf explizite Bestellung lieferbare 74 kW Sauger wählt, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank, zumal die Ersparnis mickrige 700 Franken beträgt. Der Testwagen fährt mit manueller Schaltung vor, ab Frühling wird noch ein Doppelkupplungsgetriebe zur Verfügung stehen.
In Fahrt zeigt der Stonic, dass er durchaus als Baby-Tiger bezeichnet werden darf. Sein Fahrwerk ist offensiv auf Fahrspass ausgelegt, das heisst, der kleine Crossover lässt einen über die Beschaffenheit der Strasse nie im Ungewissen. Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass der Kleine wild um die Kurven gescheucht werden kann, ohne dass er gross Seitenneigung aufbaut oder gar unruhig wird.
Ein zusätzlicher Genuss ist die präzise Schaltung. Ein Kollege von mir bezeichnet weiche Schaltungen gerne als «Puff-Puff-Schaltungen», da man fast mit dem kleinen Finger die Gänge wechseln kann. Das trifft auch auf dieses Getriebe zu, allerdings sind die Wege kurz und präzise, die Gänge rasten leicht hörbar ein. Genau so muss eine Handschaltung sein, hier macht das selber Schalten noch Spass und ist nicht bloss ein notwendiges Übel!
Für gute Laune sorgt nicht nur das knackige Fahrverhalten, sondern auch die Preisgestaltung – eigentlich keine Überraschung bei Kia. Dem Interessenten wird es einfach gemacht: Es gibt die Basisversion, sowie zwei Pakete mit unterschiedlichen Technik- und Komfort-Features. Sind wie beim Testwagen beide Pakete mit an Bord, beläuft sich der Endpreis auf 26’000 Franken. Angesichts dieses tollen Angebots verzeiht man Kia gerne die knapp bemessenen Vordersitze oder die üppige Verwendung von Hartplastik.
Ein Allradantrieb ist übrigens nicht vorgesehen, denn der Stonic ist ausschliesslich ein Flitzer für Stadt und Landstrasse und keine Wühlmaus fürs Gelände. Wünschenswert wäre hingegen noch ein stärkerer Motor. Nicht, weil der Dreizylinder überfordert ist, sondern weil sein Fahrwerk Lust auf mehr macht! Ob sich Kia dessen bewusst ist?
Alltag
Der Stonic ist übersichtlich und passt mit seinen handlichen Abmessungen überall durch und rein. Jedoch wird es im Fond schnell knapp mit der Beinfreiheit, wenn vorne eine grosse Person sitzt.
Fahrdynamik
Das ziemlich straffe Fahrwerk beschert dem Stonic ein erfreulich knackiges Handling. Schön, dass auch die Lenkung präzise arbeitet und die Schaltkulisse Freude macht. Nichts gegen den Dreizylinder, aber mit diesem Setup würde der Stonic ohne Weiteres einen stärkeren Motor ertragen!
Umwelt
6,8 l/100 km ist unter dem Strich kein schlechter Wert, zumal das Auto im Test das eine oder andere Mal sportlich gefahren wurde. Den Normverbrauch von 5 Litern kann man sich schenken, aber rund 6 Liter sind bei gemächlicher Fahrweise realistisch.
Ausstrahlung
Die Flut an kleinen Crossovern wird ständig grösser. Der Stonic gefällt mit stylischem Design und knackigen Kurven. Schade, ist der Testwagen so eintönig, obwohl man sowohl aussen, als auch innen mit Farbakzenten spielen kann.
Fazit
+ Pfiffiges Design mit Individualisierungsmöglichkeiten
+ Eingängige Bedienung, intuitives Infotainmentsystem
+ Ausbuchtung am Dachhimmel sorgt für gute Kopffreiheit im Fond
+ Knackiges Handling, präzise Lenkung
+ Exakte Handschaltung mit tollen Übergängen
+ Super Preis-Leistungs-Verhältnis
+ Akzeptabler Verbrauch
– Sitze mit zu kurzer Beinauflage
– Knappe Beinfreiheit im Fond
– Viel Hartplastik im Interieur
– Keine LED-Scheinwerfer als Option
Steckbrief
Marke / Modell | Kia Stonic |
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Preis Basismodell / Motorisierung/ Testwagen | 19 700 CHF / 20 400 CHF / 26 000 CHF |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 998 ccm / R3 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 6-Gang manuell |
Max. Leistung | 88 kW bei 6000 r/min |
Max. Drehmoment | 172 Nm bei 1500 - 4000 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 10,3 s |
Vmax | 185 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 5,0 l/100 km / 115 g/km / E |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 6,8 l/100 km / 156 g/km / +36% |
Länge / Breite / Höhe | 4,14 m / 1,76 m / 1,50 m |
Leergewicht | 1278 kg |
Kofferraumvolumen | 352 - 1155 l |
Bilder: Koray Adigüzel