Lexus IS 300h: Stille Wasser sind tief

Wäre das Design des Lexus IS 300h auch akustisch wahrnehmbar, er würde schreien. Seht mich an, hier stehe ich! Auch ohne das brachiale F-Sport Bodykit ist der Lexus scharf und knackig gezeichnet. Sein Antrieb hingegen ist leise und sauber, da ein Hybrid Doppelherz in ihm steckt. Klingt nach Öko-Limo für den Grossvater, aber das Fahrwerk und die Lenkung sind voll auf Fahrdynamik getrimmt, der Heckantrieb bildet noch das Tüpfchen auf dem i. Scheint da der Hybridantrieb nicht ein Widerspruch zu sein?

Den grimmigen und bösen Blick versuchen heutzutage die meisten neuen Automodelle, aber der Lexus setzt mit seinen gezackten LED Tagfahrlichtern gleich noch einen obendrauf. Auch die L-förmigen Rücklichter, die sich weit in die Flanken ziehen, sind nicht weniger imposant. Von der Seite betrachtet, fällt die flache Silhouette und die schwungvolle Linie auf, die sich mit den abfallenden Rücklichtern zu verbinden scheint. Ein sportlich-elegantes Gesamtpaket. Wer weniger Eleganz und mehr Sport wünscht, sollte sich den F Sport IS mit martialischem “Diabolo” Kühlergrill und markanteren Schwellern ordern. Die blau hinterlegten Lexus Logos weisen auf den Hybridantrieb hin, ebenso der kleine Schriftzug vor den Hinterrädern. Natürlich darf bei so einer weissen Weste auch kein Auspuff sichtbar sein.
Wer in den IS einsteigt, fühlt sich auf Anhieb gut ins Auto integriert. Die Sitzposition ist bequem und sportlich tief, die Ergonomie sowie die Verarbeitung sind perfekt. Die massive Mittelkonsole hat zwar auf den ersten Blick viele Knöpfe für die Klimaanlage und die ohrenschmeichelnde Mark Levinson Soundanlage, aber deren Bedeutung erschliesst sich von alleine. Ungewohnt ist die Bedienung des Mediasystems mit einer Art Trackpad, ähnlich wie auf einem Laptop. Das ist am Anfang umständlich, aber mit der Zeit geht es ziemlich schnell.
Dank einem langen Radstand geht der Platz auch in der zweiten Reihe nicht aus und da die Batterie unter der Rückbank versorgt ist, fasst der Kofferraum 450 Liter.

Auf dem (geduldigen) Papier macht der Lexus eine sensationelle Figur. Ein längs eingebauter 2.5 Liter Benziner (dürfte steuertechnisch aber eher ein Nachteil sein) und ein E-Motor bringen es zusammen auf eine Systemleistung von 164 kW bei einem Verbrauch von nur 4.7 l/100 km, die Basisversion will gar mit nur 4.3 l/100 km zufrieden sein. Übertragen wird die Kraft wie bei den Hybriden von Toyota mittels einem stufenlosen Automatikgetriebe. Um dennoch ein sportliches Fahrgefühl zu ermöglichen, verfügt der Lexus über Schaltpaddels, womit zwischen sechs virtuellen Gangstufen geschaltet werden kann. Um das sportliche Fahrgefühl – mit Betonung auf Gefühl – abzurunden, hat Lexus einen Active Sound Symposer entwickelt, der dem Fahrer über die Lautsprecher ein sportliches Motorengeräusch vorgaukelt. Ich persönlich war froh, konnte man diesen Sound Symposer abschalten, denn erstens klingt der Sound offensichtlich künstlich und zweitens lernt man damit eine hervorragende Eigenschaft vom IS nicht kennen: Er ist leise, sehr leise sogar. Und damit meine ich nicht, wie er rein elektrisch mit 50 km/h durchs Dorf surrt, sondern wie er mit 130 km/h über die Autobahn gleitet. Dank einer ausgefeilten Aerodynamik (cW-Wert: 0.26) säuselt der Wind nur dezent ums Auto herum und der Benziner macht so gut wie keinen Mucks, so dass man sich ohne weiteres im Flüsterton unterhalten kann. Das klingt nach einer Nebensächlichkeit, aber die Ruhe, die der IS ausstrahlt, überträgt sich auch auf den Fahrer.
Ein eher zwiespältiger Eindruck verbleibt, wenn man den Lexus eine kurvige Bergstrasse hinaufjagt. Keine Frage, er kann Kurven fahren, und wie er das kann. Mit einer Mehrlenkerachse hinten, rundum belüfteten Scheibenbremsen, einem strammen Fahrwerk und einer direkten, wie auch präzisen Lenkung liegt der Lexus unglaublich gut auf der Strasse. Auch das Bremsgefühl ist mehr Sportwagen als Hybrid, denn man spürt nichts von der Rekuperation, das Bremspedal gibt schön Gegendruck und lässt sich hervorragend dosieren. Die Ernüchterung folgt, wenn man aus der Kurve fährt und das Gaspedal mit dem Bodenblech vertraut macht. Zwar reagiert der Lexus im Sport Modus sehr feinfühlig aufs Gas, aber der Antrieb ist zu zäh, der Griff zu den Schaltpaddels mildert zwar das Aufheulen des Motors, aber der erwartete Schub nach vorne ist einfach zu schwach, die 164 kW kauft man dem schnittigen IS leider nicht ab. Neben dem Sport Modus gibt es auch noch die Modi Normal, EV, Eco und Snow, wobei die beiden letzteren den Lexus so krass einbremsen, dass ich die Finger davon liess.
Beim Thema Sicherheit zieht der IS hingegen wieder alle Register. Mit einer äusserst steifen Chassis, zehn Airbags, Voll-LED Scheinwerfern und Assistenzsystemen wie Tot-Winkel-Warner, Abstandstempomat mit Notbremsassistent,  Spurhaltungsassistent und Fernlichtautomatik ist der Lexus top ausgerüstet, wobei der Fernlichtassistent nicht überzeugen konnte. Häufig hat er entgegenkommende Autos erst viel zu spät erkannt. Nachdem ich einige Lichthupen kassiert habe, habe ich den Assistent deaktiviert.
Eine erneute Enttäuschung musste ich an der Tankstelle hinnehmen. Eiskalt zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 6.3 l/100 km an, nachgerechnet waren es sogar 6.8 l/100 km. Vielleicht lag es an den winterlichen Verhältnissen und den vielen Autobahnkilometern, ich weiss es nicht. Aber ich hätte trotzdem einen tieferen Verbrauch erwartet, maximal 6.0 l/100 km.

Lexus IS zu fahren ist kein günstiges Vergnügen, die Preise starten bei 48’900 CHF, der praktisch komplett ausgestattete Testwagen kostet 77’750 CHF. Mit dem Benzinverbrauch lässt sich gar nicht mal so viel einsparen, da der Verbrauch deutlich über der Werksangabe liegt. Der sportlich-sparsam Spagat ist somit nur teilweise gelungen, da das Fahrwerk zwar sportlich voll auf der Höhe, der Antrieb aber zu müde ist. Wer den Lexus trotzdem pusht, wird mit gequältem Motorsound und hohem Verbrauch bestraft. Wer es gemächlicher angeht, staunt ab der Ruhe, die der Lexus ausstrahlt. Somit bleibt am Schluss der Eindruck, dass der Lexus IS 300h eine perfekte, komfortable und leise Reiselimousine ist, die gerne auch sportlich unterwegs sein kann, solange es nicht bergauf geht. Der Verbrauch sollte aber angesichts des Hybridantriebs tiefer sein.

Alltag ★★★★★

Der Lexus bietet grosszügige Platzverhältnisse, eine hohe Reichweite, ist komfortabel gefedert, und mit einer Armada an Assistenzsystemen ausgestattet. Obwohl der Verbrauch deutlich über der Werksangabe liegt, ist der IS für sein Gewicht immer noch ziemlich sparsam unterwegs.

Fahrdynamik ★★★★☆

Wie im Haupttext bereits erwähnt, sprechen Antrieb und Fahrwerk nicht immer dieselbe Sprache. Der Hybridantrieb ist bei starker Beschleunigung, insbesondere an Steigungen, nicht ausreichend kräftig, auch virtuelle Gangstufen helfen da nicht weiter. An Fahrwerk, Lenkung und Bremsanlage gibt es hingegen nichts auszusetzen, das sind sportwagentaugliche Komponenten.

Umwelt ★★★★☆

Ja, die Werksangabe von nur 4.7 l/100 km bei einem Leergewicht von 1795 Kilo sieht blendend aus. Leider blendet sie tatsächlich, denn im Test flossen durchschnittlich 6.8 l/100 km, das entspricht einem Plus von fast 50%. Der Wert ist absolut gesehen zwar gut, aber für einen Hybriden nicht akzeptabel.
Vom reinen V6 Benziner, der bereits auf dem Papier über 9 Liter verbraucht, aber weniger leistet als der Hybridantrieb, würde ich deutlich abraten.

Ausstrahlung ★★★★★

Ob F-Sport oder die dezentere Optik, der Lexus fällt durch ein scharfes, sportlich-elegantes Design auf und hebt sich so von der Masse ab.

Fazit ★★★★★

+ Exzellente Verarbeitungsqualität
+ Knackiges Design
+ Sehr leises Fahrverhalten
+ Sportwagentaugliches Fahrwerk mit Heckantrieb
+ Direkte und präzise Lenkung
+ Gut dosierbare und kräftige Bremsen
+ Sehr hohe Sicherheitsausstattung
+ Klangintensives Mark Levinson Soundsystem

– Sportlich-sparsam Spagat gelingt nur teilweise
– Hoher Testverbrauch
– Zäher Antrieb bei starker Beschleunigung
– Hoher Preis

Steckbrief

Marke / ModellLexus IS 300h
Preis Basismodell / Testwagen48'900 CHF / 77'750 CHF
AntriebBenzin-Hybrid, Heckantrieb
Hubraum / Zylinder2494 ccm / R4
GetriebeStufenloses Automatikgetriebe (E-CVT)
Max. Leistung164 kW
Max. Drehmoment300 Nm
Beschleunigung 0-100 km/h8.4 s
Vmax200 km/h
Verbrauch Werk / CO2 Emissionen / Energieeffizienz4.7 l/100 km / 109 g/km / A
Verbrauch Test / CO2 Emissionen6.8 l/100 km / 158 g/km
Länge / Breite / Höhe4.67 m / 1.81 m / 1.43 m
Leergewicht1795 kg
Kofferraum450 l

(Bilder: Lexus)

1 thought on “Lexus IS 300h: Stille Wasser sind tief”

  1. Guten Tag, ich muss mich einfach zu diesem test äußern, ich habe vor 2 Monaten einen F Sport gekauft, gebraucht, bin extrem zufrieden damit, ich kann ausser beim verbrauch bei allen Punkten nur zustimmen, mein Wagen habe ich zum einweihen gleich mit einer 2500km langen Reise nach Portugal getestet, da ich zu geizig für Maut bin, bin ich in Frankreich auch viel Feld und Wiese Wege gefahren, in Spanien bin ich gern 130 bis 140 gefahren, nach dieser Reise habe ich nichtsdesto trotz 5 L Verbrauch im Durchnitt gehabt, bin rein im Eco Modus unterwegs gewesen.
    Wenn Sie in Ihrem Bericht erwähnen die Finger von diesen Modi gelassen zu haben denke ich ist es nicht ganz fair zu sagen das er viel verbraucht, der Eco Modus ist nicht ohne Grund vorhanden.
    Ein Wagen mit diesem Gewicht im Eco Modus mit ca. 5 L ist denke ich mehr als gut und auch nicht weit von der Herstellerangabe entfernt.

    Grüsse Miguel

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