Jetzt kommen die auch noch. Es war bestimmt nicht jeder Autofan, Maserati-Anhänger und Traditionalist begeistert ob der Ankündigung von Maserati, ein SUV bauen zu wollen. Imagewerte sind etwas, was sich extrem hartnäckig in den Köpfen von den Leuten einnistet. Und für was steht Maserati in erster Linie? Sportlichkeit. Motorsound. Design. Da scheint der Levante, vor allem als Diesel, im ersten Moment nicht so Recht zur Marke passen zu wollen. Doch die Italiener haben alles getan, damit ihr SUV eben nicht einfach irgendein hochbeiniges Gefährt ist, sondern selbst die Skeptiker (wie mich) um den Finger zu wickeln weiss.
Der Markt wird geradezu überschwemmt mit SUVs und zwar in jedem Segment. Da ist es als erster Schritt wichtig, sich von der Konkurrenz abzuheben. Und wenn jemand Design beherrscht, dann die Italiener. Der Levante ist eine Augenweide und zwar rundum. Der grosse Kühlergrill mit den vertikalen Streben wirkt aufgrund fehlender Verkleidung martialisch, die lange Haube und die schmalen Scheinwerfer sehr sportlich.

Die Seitenlinie profitiert vom Schwung in der Fensterlinie und dem Maserati-Logo in der C-Säule; das rundliche Heck bietet einen eleganten Abgang mitsamt vier Endrohren. Obwohl der Levante riesig ist, wirkt er viel kleiner und überhaupt nicht klobig. Da haben die Designer ganze Arbeit geleistet! Schade ist einzig, dass der Testwagen in einem wenig aufregenden Grau lackiert ist. In Weiss, Schwarz oder Blau würde das Auto gleich nochmal besser aussehen.

Dafür ist die Interieur-Gestaltung geradezu pornös, im positiven Sinne. Mit den roten Sportsitzen, der kompletten Lederausstattung in Schwarz und Rot sowie dem schwarzen Alcantara-Dachhimmel und den Carbon-Zierblenden kann ich nur sagen: Wow. Perfekt durchgestylt und schön aufgewertet durch liebevolle Instrumente, einer Analoguhr und riesigen, feststehenden Alu-Schaltpaddels. Die Verarbeitung ist durchgehend extrem hochwertig, so, wie man es von der Marke erwartet. Aber: Ein Raumwunder ist der Levante angesichts von fünf Meter Länge nicht. Manch kleineres SUV bietet im Fond mehr Beinfreiheit als der Italiener. Der Kofferraum ist dafür wieder geräumig und kann optional mit einem Schienensystem aufgewertet werden.

Das Design-Vorurteil wäre also schon mal beiseite geräumt. Der Levante sieht zum anbeissen aus, auch ein SUV kann optisch also perfekt zu Maserati passen, zumal das SUV mit Abstand das praktischste Modell im Portfolio ist. Doch wie sieht es nun beim Fahrverhalten aus? Ein Diesel-4×4-SUV klingt erstmal nach einem pragmatischen, jedoch wenig sportlichem Fahrverhalten. Von Emotionen ganz zu schweigen…

Doch bevor der Dreizack ob meinen Überlegungen seinen Zorn auf mich richtet, relativiere ich am besten ganz schnell meine Einschätzung! Obwohl der Levante gross und schwer ist, fühlt er sich beim Fahren handlicher und leichter an, als er es in Wirklichkeit ist. Einen grossen Teil trägt hier die fantastische Lenkung dazu bei. Sie ist leichtgängig, aber enorm präzise und das Einlenkverhalten vom Levante ist sehr willig, ohne nervös zu wirken.

Da das Luftfahrwerk im Normal-Modus allerdings auf Komfort bedacht ist, wird man bei der ersten schnell gefahrenen Kurve ob der Seitenneigung leicht verunsichert. Doch wer die Sport-Taste zweimal drückt – einmal für den Antrieb und einmal für das Fahrwerk – der versteht, weshalb der Hersteller den Levante als «den Maserati unter den SUVs» vermarktet.

Abgesehen davon, dass sich das Auto absenkt und Kurven nun viel gieriger und mit verringerter Seitenneigung nimmt, klingt der Levante für einen Diesel richtig sportlich und aggressiv! Das Tolle daran ist, dass der Sound tatsächlich aussen von der Auspuffanlage erklingt und nicht über einen doofen Sound Symposer im Innenraum. Obwohl die Automatik auch beim sportlichen Fahren alles richtig macht, laden die riesigen Alu-Schaltpaddels förmlich dazu ein, die Gänge selber zu sortieren. Schade ist einzig, dass dem dramatischen Klicken der Paddels keine noch dramatischere Fanfare von der Auspuffanlage erklingt. Aber dazu gibt es ja noch den Benziner…

Mir sind am Ende des Tests bloss zwei Kleinigkeiten aufgefallen, bei denen Maserati noch Feinschliff betreiben müsste. So sind die beiden Lenkradtasten für Tempomat und Bordcomputer aufgrund ihrer Form fummelig zu bedienen. Ein Drehrad wäre angenehmer als die Mini-Schalter. Gestört hat mich ausserdem, dass der Digitaltacho nach dem erstmaligen Aktivieren des Abstandstempomats wieder von Hand zurückgeholt werden musste (über die fummeligen Schalter), da der Bordcomputer auf die Assistenz-Anzeige wechselte.

Apropos Assistenz: Maserati ist nach wie vor der Ansicht, dass ihre Autos Fahrerautos seien. Vor wenigen Jahren waren nicht mal ein Abstandstempomat ein Thema, doch der Hersteller musste einsehen, dass die Kundschaft dies wünscht. Nun ist ein guter Mix an Bord. Abstandstempomat, Fernlichtassistent, Notbremsassistent und Tot-Winkel-Warner sind an Bord. Der Spurhalte-Assistent lenkt allerdings nicht mit und Stau-Assistent oder automatisches Einparken sucht man bei Maserati vergeblich. Irgendwo haben die Italiener allerdings recht. Wenn ihr ein Auto ein Fahrerauto sein soll, dann ist es das eben, selbst im Stau. Punkt.

Maserati hat also bewiesen, dass ein SUV nicht nur zur Marke passt, sondern auch von der Kundschaft gefragt ist. Das SUV ist nämlich – zumindest in der Schweiz – das Zugpferd der Italiener. In den ersten drei Monaten des Jahres hat sich der Levante nämlich mit Abstand am besten verkauft. Dazu kommt, dass er preislich verhältnismässig attraktiv ist. Er ist als Diesel ungefähr gleich teuer wie ein Audi Q7 mit V6 Diesel. Ein Porsche Cayenne Diesel ist deutlich teurer.

Es können also alle Autofans und Anhänger der Marke beruhigt weiterschlafen. Maserati hat den Kern der Marke nicht verwaschen. Ein bisschen Recht haben aber zumindest die Diesel-Skeptiker vielleicht doch. Gemäss Aussage des Geschäftsführers der Foitek Garage kaufen die Kunden fast nur den Benziner, obwohl auch der Diesel im Test rundum überzeugt hat. Die Prise Emotionen, die beim Diesel jetzt gefehlt hat, wird im Sommer nachgeholt, wenn ich den Benziner zum Test bitten darf. To be continued…

Alltag 
Der Levante ist für Ausflügen auf und abseits der Strasse bestens gerüstet. Praktisch ist das Luftfahrwerk, welches das Auto hochpumpen oder absenken kann. Der Kofferraum ist geräumig, der Fond für die Grösse vom Auto nicht besonders. Für die Innenstadt und gewisse Parkhäuser ist der Levante fast schon zu gross.
Fahrdynamik 
Für sein massives Gewicht fährt sich der Levante sehr agil. Vor allem die präzise Lenkung und das willige Einlenkverhalten sind besonders positiv aufgefallen. Das Getriebe arbeitet perfekt und unauffällig, der Diesel klingt dank aktivem Sound-Management im Abgasstrang richtig gut. Doch trotz toller Lenkung und ausgewogenem Fahrwerk sind 2280 Kilo eben nicht wegzuzaubern. Dafür bleibt der Levante stets sehr stabil, bricht hinten nicht aus, schiebt erst spät über die Vorderräder und verfügt über ein feinfühliges ESP, das komplett deaktivierbar ist.
Umwelt 
Der Testverbrauch von 9,2 l/100 km beinhaltet diverse sportliche Ausfahrten, ausserdem waren noch Winterreifen montiert. Wer gelassen mit Sommerreifen dahincruist, dürfte wohl um die 8 Liter Verbrauch erzielen. Das ist ziemlich wenig für so viel Auto drumherum und einem kräftigen Diesel unter der Haube.
Ausstrahlung 
Definitiv eines der schönsten SUVs aktuell. Der Levante ist rundum gelungen. Interessant finde ich, dass der Dieselantrieb optisch nicht erkennbar ist. Warum wohl? Schliesslich schreibt Porsche seine Diesel-Modelle auch an…
Fazit 
+ Sensationelles Design
+ Extrem edles Interieur, hochwertige Verarbeitung
+ Bequeme Sportsitze, perfekte Ergonomie
+ Viele Individualisierungs-Optionen
+ Intuitives Infotainmentsystem mit Smartphone-Integration
+ Sehr komfortables Fahrverhalten
+ Starke Geräuschdämmung
+ Luftfahrwerk mit sechs Stufen
+ Sehr präzise und willige Lenkung
+ Unauffälliges Getriebe mit stets passendem Gang und schnellen, unmerklichen Wechseln
+ Geiler Sound für einen Dieselmotor
+ Feinfühliges, deaktivierbares ESP
+ Sehr sportliches Handling für so viel Gewicht
– Hohes Leergewicht
– Bandbreite an Assistenzsystemen nicht so umfangreich, weil gemäss Hersteller ein Fahrerauto
– Beinfreiheit im Fond angesichts der Länge nicht überragend
– Fummelige Bedienung für Tempomat und Bordcomputer
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Maserati Levante Diesel |
---|---|
Preis Basismodell / Testwagen | 77 150 CHF / 105 309 CHF |
Antrieb | Diesel, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 2987 ccm / V6 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 8-Gang Automatikgetriebe |
Max. Leistung | 202 kW bei 4000 r/min |
Max. Drehmoment | 600 Nm bei 2000 r/min |
Beschleunigung 0 - 100 km/h | 6,9 s |
Vmax | 230 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 7,2 l/100 km / 189 g/km / F |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 9,2 l/100 km / 242 g/km / +28% |
Länge / Breite / Höhe | 5,00 m / 1,97 m / 1,68 m |
Leergewicht | 2280 kg |
Kofferraumvolumen | 580 l |
Bilder: Koray Adigüzel
1 thought on “Maserati Levante Diesel: Zu neuen Ufern aufbrechen”