Doppelte Überraschung: Maserati Levante GT

Da der heutige Zeitgeist nicht mehr nur dem Prinzip «mehr ist mehr» entspricht, hat Maserati mit der GT-Version eine neue Einstiegsmotorisierung für Ghibli und Levante lanciert. Dabei handelt es sich um einen Vierzylinder Mild-Hybrid-Antrieb auf Benziner-Basis. Das klingt erst einmal ganz und gar nicht Maserati-like, doch während der Antrieb und die Evolution des SUVs im Test erfreulich positiv ausgefallen sind, ist der Italiener in einer anderen Disziplin komplett durchgefallen.

Es ist immer wieder erstaunlich festzustellen, dass die meisten italienischen Autos einfach nicht altern. Der Levante bildet da keine Ausnahme. Seine Premiere ist schon sechs Jahre her und dennoch wirkt er sehr frisch. Dass die Italiener am Aussendesign seither kaum etwas verändert haben, spricht auch für ihr Vertrauen in ihre Arbeit. Dass der Levante ein riesiger Brocken ist, wird durch sein rundliches Design geschickt kaschiert. Leider trägt der Testwagen langweiliges Uni-Weiss, welches dem edlen SUV kaum gerecht wird.

2022 Maserati Levante GT
In der Silhouette wird deutlich, dass die Motorhaube viel Platz einnimmt und dafür der Fond bezahlen muss.

Stil vor Digitalisierung

Entgegen dem Trend zu gigantischen Screens setzt Maserati mit dem Innenraumdesign des Levante ein Statement. Man blickt auf analoge Instrumente, liest die Zeit auf einer analogen Uhr ab und geniesst exquisites Ambiente aufgrund des feinen Leders, womit praktisch der ganze Innenraum ausgekleidet ist. Am Dachhimmel findet sich echtes Alcantara und kein Velours-Imitat.

2022 Maserati Levante GT
Heutzutage selten und dafür umso schöner: Analoge Instrumente.

Die Verarbeitungsqualität ist durchgehend auf sehr hohem Niveau, womit Maserati seinen Ruf als exklusiver Hersteller gerecht wird. Auch beim Innendesign ist der Testwagen mit schwarzem Interieur und blauen Ziernähten sehr dezent. Der Konfigurator von Maserati ist nämlich sehr umfangreich und bietet Materialien und Farben in Hülle und Fülle, unter anderem sogar Seiden-Sitze der italienischen Luxus-Marke Ermenegildo Zegna.

2022 Maserati Levante GT
Die perfekte Ergonomie an Bord wird durch eine elektrisch verstellbare Pedalerie komplettiert.

Weniger exklusiv sind dafür das Infotainmentsystem und das Raumangebot. Für ein fünf Meter langes SUV sitzt man im Fond alles andere als fürstlich und auch der Kofferraum ist nicht so gigantisch, wie er sein könnte. Das Navi selber lässt sich zwar einfach bedienen, doch Online-Dienste und Sprachsteuerung sind nur beschränkt vorhanden.

2022 Maserati Levante GT
Erfüllt seinen Zweck, aber ganz im Jahr 2022 angekommen ist das Navi nicht.

Kultiviert mit Vierzylinder

Trotz des kleinen Motors bringt es der Levante GT auf stolze 2360 Kilo Leergewicht. Das sind keine guten Voraussetzungen für ein Vierzylinder Mild-Hybridsystem, selbst wenn 450 Nm bereitstehen. Doch entgegen meinen Befürchtungen wirkt der Einstiegs-Antrieb überraschend kultiviert und klingt nicht angestrengt, wenn man mehr Leistung fordert. Natürlich kann der GT nicht mit der Souveränität trumpfen, die ein grossvolumiges Triebwerk generiert, doch für einen Vierzylinder ist das allemal beeindruckend.

2022 Maserati Levante GT
Die GT-Modelllinie wird mit blauer Farbe untermalt.

Ebenfalls beeindruckend, aber weniger überraschend, ist der Fahrkomfort. Dass das SUV eine hervorragende Geräuschdämmung bietet und mit dem Luftfahrwerk formidabel abfedert, war zu erwarten. Der Komfort an Bord wird durch die Bowers & Wilkins Soundanlage sowie belüftete Sitzen weiter erhöht, wobei diese Annehmlichkeiten extra zu bezahlen sind.

2022 Maserati Levante GT
Gute Kopffreiheit, aber für grosse Personen wird es mit den Knien schnell eng.

Ein Maserati durch und durch

Maserati steht nebst Stil und Exklusivität schon jeit jeher für Sportlichkeit und Klang. Beides Attribute, die man einem Vierzylinder-Mildhybrid nicht unbedingt zusprechen würde. Beim Start ist auch noch alles dezent, das Triebwerk klingt, wie ein Vierzylinder eben klingt. Doch im Sport-Modus holen die Italiener erstaunliches aus diesem Antrieb heraus! Bei Vollgas klingt der Motor herrlich hohl und erinnert sogar mehr an einen Sechs-, denn an einen Vierzylinder. Ausserdem gibt es beim Hochschalten sogar noch eine kleine Fanfare obendrauf. Wieso es immer nur die Italiener sind, die selbst OPF-Vierzylindern melodische Klänge entlocken können, ist mir ein Rätsel.

2022 Maserati Levante GT
Der Motorsound ist für einen Vierzylinder aller Ehren wert.

Doch der Levante GT beeindruckt nicht nur mit Klang. Natürlich reisst er beim beschleunigen keine Bäume aus, aber es reicht durchwegs, um auch bergauf gut vorwärts zu kommen. Besonders erfreulich ist, dass sich Maserati auch beim Basismodell nicht lumpen lässt. Die Lenkung gefällt mit direkter Präzision und guter Rückmeldung, die Bremse bietet starken Gegendruck und kommt mit dem Gewicht insgesamt gut klar.

2022 Maserati Levante GT
In der Liga der grossen SUVs spielt der Levante beim Handling weit vorne mit.

Wird über die separate Taste auch noch das Fahrwerk in den Sport-Modus gestellt, dann muss man sagen, ist der Levante GT für ein SUV seines Kalibers erstaunlich flink. Neutral bis sogar leicht hecklastig lässt sich der Italiener willig in Kurven schmeissen und die tolle Fahrwerks-Abstimmung äussert sich auch dahingehend, dass das ESP so gut wie nie eingreift, auch wenn man sehr sportlich fährt.

2022 Maserati Levante GT
Tragen zum Fahrspass bei: Die riesigen, feststehenden und satt klickenden Schaltpaddels aus Aluminium.

Effizienz lässt zu wünschen übrig

Doch wie so alles im Leben hat auch der Levante GT eine Kehrseite, genauer gesagt, sein Antrieb. Gerade als GT spricht er eine Kundschaft an, welche die typischen Maserati-Attribute sucht, jedoch mit weniger Leistung zufrieden ist oder sogar ein einigermassen ökologisches Auto sucht. Immerhin gaukelt einem der Mild-Hybrid-Antrieb das vor. Doch im Test ist erschreckendes zu Tage gekommen. Schon der WLTP-Verbrauch von 10,7 l/100 km verdient nicht gerade einen Eco-Award. Doch angesichts von 13,9 l/100 km Testverbrauch frage ich mich ernsthaft, ob Maserati nicht doch irgendwo zwei zusätzliche Zylinder versteckt.

2022 Maserati Levante GT
Im Laufe der letzten Jahre haben viele Assistenzsysteme bei Maserati Einzug gefunden. Sie haben im Test alle einwandfrei funktioniert.

Ich war noch selten so skeptisch angesichts eines Vierzylinder-Antriebs. Doch puncto Performance und Antriebskultur hat Maserati beim GT alles richtig gemacht. Es wäre natürlich ein Irrtum, zu glauben, dass ein Basismodell bei Maserati günstig ist. Rund 128’000 Franken kostet der Testwagen, was aber mit moderner Technologie – unter anderem Matrix-Licht sowie automatische Spurführung – exklusiven Materialien und astreiner Qualität gerechtfertig wird. Das war bei Maserati nicht immer eine Selbstverständlichkeit.

2022 Maserati Levante GT
Ein Cockpit, welches sich mehr durch Handwerkskunst anstatt mit grossen Screens auszeichnet.

Nicht überzeugen können das Platzangebot sowie der Spritverbrauch. Noch nie habe ich mit einem Vierzylinder einen derart hohen Verbrauch erzielt, womit der Levante GT gerade einen Negativ-Rekord gebrochen hat. Wer darüber hinwegsehen kann, bekommt mit dem Levante GT einen SUV, der mit bestechender Qualität brilliert und in Zeiten der Digitalisierung lieber mit konventionellem Cockpit und ganz klassischer Fahrfreude punktet.

2022 Maserati Levante GT
Die Performance des GT-Modells liegt deutlich über den Erwartungen. Der Verbrauch allerdings auch.

Alltag 4.5 out of 5 stars

Das Platzangebot ist für ein SUV seiner Grösse nicht überragend. Dafür meistert er mit Offroad-Modus und höhenverstellbarem Luftfahrwerk auch anspruchsvollere Gelände-Passagen und kann bis zu 2700 Kilo an den Haken nehmen.

Fahrdynamik 4.5 out of 5 stars

Der Vierzylinder legt sich ordentlich ins Zeug und wirkt trotz des hohen Gewichts des Autos nicht überfordert. Das Handling ist überraschend agil und selbst als GT ist der Levante ein äusserst fahraktives Auto, welches den Fahrer voll und ganz ins Geschehen einbettet.

Umwelt 2 out of 5 stars

Eigentlich sollte ein Mild-Hybrid-System helfen, den Spritverbrauch zu senken. Aber anscheinend hat Maserati den Antrieb derart auf Performance getrimmt, dass die Effizienz massiv darunter leidet. 13,9 l/100 km Verbrauch für einen Vierzylinder sind schwer zu fassen und der grössere V6 dürfte kaum mehr verbrauchen.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Das Design des Levante wirkt nach all den Jahren immer noch modern und eigenständig. Als GT wirkt er zudem etwas weniger protzig als bei den stärkeren Motorisierungen.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Eigenständiges, elegantes Design
+ Exquisite Materialien, grosse Auswahl
+ Stylisches, mehrheitlich analoges Cockpit
+ Sehr bequeme Sitze, top Ergonomie
+ Williger Vierzylinder, erstaunlich guter Motorsound
+ Direkte und sehr präzise Lenkung
+ Wenig Wankbewegungen, agiles Einlenkverhalten
+ Starke Bremse mit präziser Dosierbarkeit
+ Hoher Fahrkomfort und sehr tiefer Geräuschpegel
+ Matrix-Licht
+ Hoher Grad an Individualisierung möglich

– Sehr hoher Verbrauch, insbesondere für einen Vierzylinder-Mildhybrid
– Verhältnismässig knappes Platzangebot im Fond
– Infotainmentsystem mit kleinem Screen, kaum Online-Dienste
– Hoher Grundpreis, teure Optionen

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellMaserati Levante GT
Preis Basismodell / Testwagen99 500 CHF / 128 758 CHF
AntriebBenzin Mild-Hybrid, Allradantrieb
Hubraum / Zylinder 1995 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe8-Gang-Automatik
Max. Leistung243 kW bei 5750 r/min
Max. Drehmoment450 Nm bei 2250 - 4000 r/min
Beschleunigung 0 - 100 km/h6,0 s
Vmax245 km/h
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz10,7 l/100 km / 243 g/km / G
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz13,9 l/100 km / 316 g/km / +30%
Länge / Breite / Höhe5,01 m / 1,98 m / 1,69 m
Leergewicht2367 kg
Kofferraumvolumen580 - 1600 l

Deine Meinung hinterlassen