Eine längere Fahrt steht an. Vom hintersten Loch im Glarnerland bis an den Genfersee. Hin über Pässe sowie quer durchs Wallis und zurück über etliche Autobahnetappen. Ah, ein schickes Coupé oder eine rassige Sportlimousine wäre genau das richtige Fortbewegungsmittel. Doch das Schicksal meint es nicht besonders gut mir, denn ich muss mit Mazdas Kleinem, dem Zweier, vorlieb nehmen. Ich habe da ernsthaft meine Zweifel. Ein Kleinwagen für 600 Kilometer? Da geht bestimmt der Komfort flöten. Und der Verbrauch erst, der wird wahrscheinlich nach oben explodieren. Mit guter Miene zum bösen Spiel mache ich mich auf den Weg…
Vom Design her kann ich mich nicht beschweren. Auch beim kleinsten Modell passt Mazdas Kodo-Design. Die Front ist wie gewohnt schnittig mit dem bösen Blick, er scheint den grösseren Brüdern wie aus dem Gesicht geschnitten. Dazu gibt’s schöne Felgen und ein rundliches, leicht verspieltes Heck. Mazda hat einen guten Kompromiss gemacht. Etwas vom Jöh-Effekt ist beim Mazda 2 geblieben, er schaut schon ein bisschen niedlich aus. Aber gleichzeitig wirkt er auch ziemlich erwachsen, möchte als vollwertiges Auto wahrgenommen werden und nicht bloss als Spielzeug. Einzig der schräg platzierte Heckscheibenwischer stört die Ästhetik.
Der Innenraum unterstreicht den hohen Anspruch. Ein Head-up-Display sowie schicke Lüftungsdüsen und eine hochwertige Haptik komplettieren das hohe Niveau. Das intuitive, schöne Infotainmentsystem kennt man aus anderen Mazdas. Besonders interessant: Erst im Mazda 2 ist mir aufgefallen, dass das System über einen Touchscreen verfügt, der allerdings nur im Stand zu bedienen ist. Während der Fahrt muss man zu einem Dreh-Drücker neben der Handbremse greifen, um das System «blind» zu bedienen. Die Japaner sind nämlich der Ansicht, dass die Bedienung des Touchscreens zu sehr von der Strasse ablenkt…
Wer sucht, wird allerdings fündig: Irgendwo muss Mazda eben sparen. So ist der Beifahrersitz nicht höhenverstellbar, die Lehnenverstellung sehr billig, das Handschuhfach nicht beleuchtet und die Verarbeitungsqualität rund um den Dachhimmel lässt zu Wünschen übrig.
Das ändert aber nichts daran, dass man sich an Bord von Mazdas Kleinem wohl fühlt. Klar, gross gewachsene wie ich, haben naturgemäss Mühe im Fond eines Kleinwagens, aber wer bloss Durchschnitt ist, findet auch auf der Rückbank gut Platz. Vor allem vorne wähnt man sich aber nicht in einem Kleinwagen, sondern hat durch die reichhaltige Ausstattung und der perfekten Ergonomie das Gefühl, in einer höheren Klasse zu sitzen. Mit einem ziemlich guten Gefühl mache ich mich auf den Weg…
Mazda bleibt sich selbst treu. Während die Dreizylinder-Turbos in diesem Segment unaufhaltsam auf dem Vormarsch sind, werkelt im Mazda 2 ein hoch verdichteter Saugmotor. Obwohl mich der Saugbenziner im CX-5 überzeugt hat, bin ich gegenüber dem 1,5-Liter Motor im Zweier skeptisch. Da wird doch bestimmt Drehmoment fehlen… Aber am besten, ich finde es heraus. Zuerst sind die Pässe dran. Schnell merke ich, dass alles eine Frage der Drehzahl ist, logisch, ich fahre schliesslich einen Sauger. Unten heraus fehlt der Schub, aber wenn der kleine Japaner auf über 4000 Umdrehungen drehen darf, dann geht’s plötzlich vorwärts. Der Motor klingt bei hoher Drehzahl weder sportlich, noch angestrengt, er wird einfach lauter. Ein ziemlich emotionslose Angelegenheit.
Aber selbst bergauf kann man mit dem Kleinen durchaus zügig fahren, wichtig ist bloss, den Motor mit Drehzahlen bei Laune zu halten. Das Getriebe ist zudem eines der Besten, was man in dieser Klasse haben kann. Wunderbar knackig, dazu kurze, präzise Wege. So macht schalten richtig Spass! Lediglich die weiche Kupplung erinnert mich daran, dass ich in einem Kleinwagen und nicht in einem Sportwagen die Gänge wechsle. Der Kurvenspass wird allerdings von der gefühllosen Lenkung gedämpft. Die Lenkung wirkt zu weich und gedämpft, zu weit weg vom Geschehen, bietet keine Rückmeldung. Ich gewöhne mich daran, komme damit zu Recht, aber das Spiel mit der Lenkung können andere deutlich besser.
Obwohl hinten nur Trommelbremsen verbaut sind, gibt mir die Bremse bei der Abfahrt ein gutes Gefühl, auch der Pedaldruck ist angemessen. Mit dem Schwung der Abfahrt kann ich auch die Kurven schneller durchfahren und spüre erstmals, wie leicht sich der Mazda 2 anfühlt. Auch das Fahrwerk ist einer sportlichen Abfahrt nicht abgeneigt, lässt kaum Seitenneigung zu, federt ziemlich straff, aber ohne unkomfortabel zu sein. Unten angekommen muss ich es einfach wissen und werfe einen Blick ins Datenblatt: 1077 Kilo. Wow, das ist echt ein sehr guter Wert! Daumen hoch, Mazda.
In Montreux angekommen lasse ich den Mazda erst mal stehen und amüsiere mich mit ein paar Mittelmotor-Sportlern von Porsche. Zurück geht’s dann aber wieder mit dem Mazda. Der Arme! Noch voll auf die harten Porsches eingestellt, stampfe ich die weiche Kupplung im Mazda fast durchs Bodenblech. Im direkten Umstieg aus Porsche merke ich auch, wie stark die Lenkung verbessert werden müsste. Klar, es ist nicht fair, einen Mazda 2 mit einem Porsche Cayman zu vergleichen. Trotzdem, an der Lenkung muss Mazda arbeiten, es fehlt einfach ein Gefühl für die Vorderräder. Glücklicherweise kehre ich über die Autobahn heim, da ist die Lenkung eher zweitrangig. Meine Befürchtung, der Mazda wird auf der Autobahn zu laut, ist nicht eingetroffen. Der Geräuschpegel bleibt stets angenehm.
Das mangelnde Drehmoment wird jetzt allerdings spürbar. Im sechsten Gang fehlt die Kraft, es wird sehr zäh. Um von 80 auf 120 km/h zu beschleunigen, schaltet man besser einen Gang zurück, sonst schläft einem das Gesicht ein. Auf einmal zickt ausserdem das Navi: Es verliert dauernd die Position, will die Route neu berechnen, was gar nicht nötig wäre. Komisch, denn beim Hinweg hat die Navigation super geklappt. Schliesslich stürzte das ganze System ab und startete neu. Anschliessend hat es wieder funktioniert… Für die Autobahn verfügt der Zweier übrigens über einen Spurhalteassistenten, der piepst aber bloss oder vibriert im Lenkrad, weshalb er deaktiviert wurde. Viel angenehmer sind da der Tot-Winkel-Warner und das Voll-LED-Licht, was die Strasse hervorragend ausleuchtet. Für einen Kleinwagen beides alles andere als selbstverständlich.
Ich für meinen Teil komme ausgeruht zu Hause an. Die Sitze sind langstreckentauglich und das Fahrwerk wunderbar ausgewogen. Aber die grösste Überraschung kommt noch: Obwohl etliche Höhenmeter überwunden wurden und der Mazda auf der Autobahn nicht sehr niedertourig fährt, hat er nur 5,5 l/100 km verbraucht. Chapeau. Und es beweist wieder einmal: Turbos drücken bloss den Normverbrauch. Mit einem mickrigen Turbomotörchen hätte der Mazda deutlich mehr verbraucht, als mit dem Sauger.
Mit dem Mazda 2 hatte ich tatsächlich stets das Gefühl, in einer höheren Klasse unterwegs zu sein. Er ist sehr gut ausgestattet, komfortabel, langstreckentauglich, sparsam und sogar knackig zu fahren. Wer es besonders edel mag, kann Weiss-Schwarze Teilledersitze ordern, was das Interieur nochmals aufwertet. Wie bei Mazda üblich, sind in der höchsten Ausstattungslinie fast alle Annehmlichkeiten an Bord. Der Testwagen kostet 24’219 Franken, was immer noch günstig ist. Wer nicht den stärksten 85 kW Motor braucht, dem steht noch ein 66 kW Benziner, optional sogar mit Automatikgetriebe, zur Wahl. Vom schwächsten Benziner mit 55 kW würde ich allerdings die Finger lassen, das ist dann wahrscheinlich ein ziemlich trostloses Vorwärtskommen.
Ob als Zweitwagen für Familien, oder als einziges Auto für jüngere Leute: Ich kann den Zweier bedingungslos empfehlen. Ein hochwertigeres und ausgereifteres Auto für weniger Geld gibt es nirgendwo.
Alltag
Das Raumangebot ist klassenüblich, die Ladekante allerdings ziemlich hoch. Beim Umklappen der Sitze entsteht eine unschöne Stufe. Wer aber keine sperrige Gegenstände transportieren muss, fährt mit dem Zweier goldrichtig. Er ist sehr bequem und für einen Kleinwagen erstaunlich langstreckentauglich. Zudem sind Notbremsassistent und Tot-Winkel-Warner an Bord.
Fahrdynamik
Wer den Sauger schön ausdreht, wird mit einem angemessenen Schub entlöhnt. Schade, dreht der Motor nicht etwas rassiger hoch. Das Getriebe ist herrlich zum Schalten, knackig und präzise. Leider kann ich das von der Lenkung nicht behaupten, dort fehlt ein gutes Gefühl, sie ist zu diffus und weich.
Umwelt
Dafür, dass der Mazda alles andere als schonend bewegt worden ist, ist der Testverbrauch mit 5,5 l/100 km hervorragend und nicht weit vom Normverbrauch von 4,9 l/100 km entfernt. Sparfüchsen sei der Diesel empfohlen: Der soll nur 3,4 l/100 km verbrauchen.
Ausstrahlung
Irgendwie herzig, aber doch entschlossen wirkt der kleinste Mazda. Er sieht hübsch aus, einzig das kugelige Heck mit dem schrägen Heckscheibenwischer trüben das Erscheinungsbild etwas.
Fazit
+ Schickes Design
+ Hochwertiger Innenraum
+ Vollwertige Ausstattung
+ Perfekte Ergonomie
+ Bequeme Sitze, die langstreckentauglich sind
+ Knackiges Getriebe
+ Voll-LED-Scheinwerfer
+ Ausgewogenes Fahrwerk
+ Sehr faires Preis-Leistungs-Verhältnis
– Diffuse Lenkung
– Durchzugsschwäche im 6. Gang
– Billige Sitzverstellung
Marke / Modell Mazda 2 Preis Basismodell / Testwagen 15'650 CHF / 24'219 CHF Antrieb Benzin, Frontantrieb Hubraum / Zylinder 1496 ccm / R4 Motoranordnung / Motorkonzept Frontmotor / Saugmotor Getriebe 6-Gang manuell Max. Leistung 85 kW bei 6000 r/min Max. Drehmoment 148 Nm bei 4000 r/min Beschleunigung 0–100 km/h 8,7 s Vmax 200 km/h NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz 4,9 l/100 km / 115 g/km / C Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz 5,5 l/100 km / 129 g/km / +12% Länge / Breite / Höhe 4,06 m / 1,70 m / 1,50 m Leergewicht 1077 kg Kofferraumvolumen 255 - 887 l
(Bilder: Koray Adigüzel)
1 thought on “Mazda 2: Kleiner ganz gross”