Mercedes-AMG GT C Roadster: Nicht jugendfrei 🔞🚗💨😵

Als ich noch ein Kind war, fragte ich meine Mutter, was Erotik ist. Sie antwortete mir, das sei nur etwas für Erwachsene – Thema beendet. Hätte ich sie damals gefragt, was der Mercedes-AMG GT C Roadster für ein Auto sei, hätte sie mir bestimmt ebenfalls erklärt, der Anblick sei nur für Erwachsene bestimmt. Wenn ich das Auto so vor mir stehen habe, verstehe ich auch, warum Mama so reagieren würde: Beim Anblick vom AMG geht einem fast einer ab. Er schaut brutal heiss aus, er fährt sich irre heiss und wer nicht aufpasst, verbrennt sich gehörig – und die Rede ist übrigens nicht von einer roten Rübe. Volle Kraft erfordert hier volle Konzentration!

Es gibt den Sexiest Man Alive sowie die Sexiest Women Alive. Gäbe es den Sexiest Car Alive, ich würde dafür plädieren, dass der AMG GT Roadster diese Auszeichnung gewinnen würde. Ich meine: Diese Motorhaube. Wie endlos lange Beine. Mehr als nur sexy. Unglaublich verführerisch. Man will sie anfassen, sich daran ergötzen und kann selbst beim dritten Mal anschauen kaum fassen, wie endlos diese Haube zu sein scheint. Gefühlt besteht das halbe Auto aus Haube. Wuah!

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Riesen-Haube und Stummelheck. Extrem flach und extrem breit. Die Proportionen vom AMG GT C sind krass!

Der dramatische erste Eindruck wird dadurch verstärkt, dass der Roadster sehr flach, dafür im Verhältnis sehr breit ist, was ihm eine sehr präsente und aggressive Strassenlage verleiht. Dazu kommt ein niedriges, aber ausuferndes Heck. Ich könnte das Auto in ein Schaufenster stellen und den ganzen Tag betrachten, es würde mir nie langweilig werden. Offen wie geschlossen ist dieser Supersportler einfach nur hinreissend. Einzig der automatisch ausfahrende Spoiler bei Autobahntempo versaut die ganze Linie. Pfui, Teufel!

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Man zeigt, was man hat.

Doch ich will mich nicht ab Kleinigkeiten aufhalten und lasse mich lieber in den straff gepolsterten Schalensitz plumpsen und starte den V8 Biturbo, der mit einem aggressiven Brüllen zum Leben erweckt wird. Mit geschlossenem Dach ist der kleine Innenraum ziemlich bedrückend, doch dank permanent gutem Wetter während dem Test soll mich das ebenfalls nicht stören. Also: Dach runter und noch kurz dem sonoren V8 Bereitschaftsklang lauschen bevor’s losgeht! Ah, Moment. Start-Stopp-Automatik noch kurz deaktivieren und dafür die Auspuffklappen öffnen. Man will schliesslich standesgemäss unterwegs sein. Und Go!

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Der Schlitz unter dem Mercedes-Stern dient der Entlüftung.

Die Aussicht aus dem Auto ist unbeschreiblich. Sollen die ganzen SUV-Fuzzys doch einen Meter auf mich herabblicken. Ich für meinen Teil geniesse den Motorhaube vor mir und das V8 Gebrabbel hinter mir. Der 4,0-Liter Motor erinnert vom Klang tatsächlich an ein Muscle Car, entwickelt im Comfort-Modus aber selbst mit geöffneten Klappen keine Gänsehaut. Doch ich will mich erstmal ans Auto herantasten, es fühlen, es geniessen.

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Der Spoiler ist überhaupt nicht schön gelöst.

Wie man es von einem Mercedes – selbst wenn es ein Supersportler ist – erwarten kann, meistert der AMG GT das dahincruisen ohne Murren. Völlig unmerklich sortiert sich das 7-Gang Doppelkupplungsgetriebe auf die höchstmöglichen Gänge. Die Allradlenkung, welche der GT C aus dem GT R übernimmt, macht die Flunder viel weniger sperrig, als sie aussieht. Wer sich zurücklehnen will, kann sogar den adaptiven Tempomat für sich arbeiten lassen. Dieser ist nebst dem automatischen Fernlicht aus Gewichtsgründen das einzige Assistenzsystem, welches rein für den Komfort bestimmt ist und nicht für die Sicherheit. Über einen Notbremsassistent verfügt auch der AMG und dieser ist leider ziemlich empfindlich. So wurde ich des öfteren böse angepiepst, obwohl die Situation meines Erachtens bei weitem noch nicht kritisch war. Schöne, neue Welt…

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Pure Erotik.

Doch glücklicherweise kann der AMG GT auch noch ganz anders. Um mich nicht zu langweilen, überspringe ich die Fahrmodi Sport sowie Sport+ und wähle den Race Modus an. Um mich nicht auf die Gänge 1 bis 3 beschränken zu müssen, schalte ich ausserdem lieber selber, denn im Rennstrecken-optimierten Modus würde das Getriebe die Gänge ansonsten immer so tief wie möglich halten. Zudem ist im Race-Modus das ESP automatisch im Sport-Modus. Zeit, den Roadster artgerecht auszuführen!

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Der Motor dreht nicht, er explodiert ab 3000 Umdrehungen!

Im tiefen Drehzahlbereich liefert der Motor noch wenig, aber ab etwa 2500 Umdrehungen legt das Triebwerk richtig los. Mit einem Gebrüll, das nach einer Mischung nach Muscle Car und Motorrad klingt, schiebt der V8 an und zeigt auch am Drehzahlgipfel keinerlei Müdigkeitserscheinungen. Im Gegenteil! Wer manuell schaltet, muss aufpassen, dass er bei 7000 Umdrehungen nicht in den Begrenzer rasselt, so sehr giert der Motor nach Drehzahlen. Beim Runterschalten sprotzelt und scheppert es ausserdem endlich so richtig aus den Endrohren. Nur wer im Race-Modus fährt, kommt in den maximalen Soundgenuss.

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Aufgrund der breiten Mittelkonsole in V8-Optik ist es innen ziemlich eng.

Ein Genuss sondergleichen ist das schnelle Fahren. Trotz über 1700 Kilo lenkt der Roadster dank der Allradlenkung sehr willig ein und bleibt in den Kurven erstaunlich stabil. Man muss wirklich früh und stark aufs Gas, um das Heck zum Eigenleben zu animieren. Im ESP Sport Handling Mode hat der Fahrer das Vergnügen, Powerslides zu fahren, aber dennoch korrigiert zu werden, bevor der Winkel zu gross wird. Spasslevel: Unendlich! Dennoch muss man wissen, was man tut. Zu aggressives Beschleunigen oder das Reinbremsen in Kurven quittiert der AMG mit ziemlich unberechenbarem Fahrverhalten. Für Grünschnabel hinter dem Steuer ist dieses Geschoss definitiv nicht geeignet.

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Der Sound ist ziemlich amerikanisch. Richtig böse wird es aber erst im Race Modus.

Es ist schwer zu sagen, was mehr Freude bereitet: Der Drehwille des Motors und das unglaublich schnelle Getriebe, oder die enormen Kurventempi, mal mit leichtem Heckschwenker. Wer das genussvolle und schnelle Autofahren an sich zelebriert, wird mit diesem Auto dank offenem Dach gleich doppelt glücklich. Wer lieber Trackdays besucht, ist mit dem GT R Coupé, das erstaunlicherweise nur rund 6000 Franken teurer ist, besser bedient.

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Auch im AMG GT C fehlt es nicht an Luxus.

Der GT C Roadster verfügt schön ausgestattet mit 235’700 Franken nämlich über einen ziemlich gepfefferten Preis. Ob er das Wert ist? Wie soll ein Auto rational betrachtet dieses Geld wert sein? Aber dann blickt man wieder über die endlos lange Haube – und zack ist es um einen geschehen. Ich bin mir sicher, dass ein AMG-Händler jeden potenziellen, solventen Kunden nur zum Einsteigen animieren muss, den Rest erledigt das Auto – ohne, dass es einen Meter gefahren werden muss.

2017 Mercedes AMG GT C Roadster
Der Roadster taugt sowohl fürs flanieren, als auch fürs richtig schnelle fahren.

Alltag 2 out of 5 stars

Schlechte Übersicht, wenig Ablagen und überhaupt ein knapper Kofferraum machen den Wagen nicht unbedingt alltagstauglich. Er ist eher ein genussvolles Fortbewegungsmittel.

Fahrdynamik 5 out of 5 stars

Ein extrem drehgeiler Motor, ein Getriebe wie eine Maschinenpistole und ein williges Handling machen den AMG GT für einen Roadster zu einer echten Rennmaschine. Zudem verfügt der Wagen über ein sehr hohes Grip-Niveau, sodass das Heck sich lange zurückhält.

Umwelt 1 out of 5 stars

Es erübrigt sich wohl zu erwähnen, dass ich den AMG nicht unbedingt wie im NEFZ-Prüfprozedere bewegt habe. Mit 14,7 l/100 km Verbrauch war ich jedenfalls gern gesehener Kunde an der Tankstelle.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Wie die Männerwelt diesem Auto mit Stilaugen hinterher starrt, sagt eigentlich schon alles. Die Damenwelt lässt sich von diesem Geschoss übrigens weniger beeindrucken – oder es wird einfach besser unterdrückt.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Extrem heisses Design
+ Drehgeiler Motor mit linearer Leistungsentfaltung
+ Emotionaler Motorsound
+ Blitzschnelles Getriebe
+ Sehr viel Grip
+ Allradlenkung
+ Direkte Lenkung mit sehr guter Rückmeldung
+ Adaptives Fahrwerk mit guter Spreizung
+ Schalensitze wie eine zweite Haut
+ Hochwertige Materialien und Verarbeitung
+ Kann auch ganz gemütlich cruisen

– Übervorsichtiger Notbremsassistent
– Wenig hochwertiger Kunststoff rund um die Verdeckabdeckung
– Wenig Ablagen im Innenraum
– Sehr hoher Preis
– Hoher Verbrauch

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellMercedes-AMG GT C Roadster
Preis Basismodell / Testwagen203 900 CHF / 235 724 CHF
AntriebBenzin, Heckantrieb
Hubraum / Zylinder3982 ccm / V8
Motoranordnung / MotorkonzeptFront-Mittelmotor / Biturbomotor
Getriebe7-Gang Doppelkupplungsgetriebe
Max. Leistung410 kW bei 5750 - 6750 r/min
Max. Drehmoment680 Nm bei 1900 - 5750 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h3,7 s
Vmax316 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz11,4 l/100 km / 259 g/km / G
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz14,7 l/100 km / 334 g/km / +29%
Länge / Breite / Höhe4,54 m / 1,94 m / 1,26 m
Leergewicht1735 kg
Kofferraumvolumen165 l

Bilder: Koray Adigüzel (15), auto-illustrierte (5)

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