Ausnahmeerscheinung: Mercedes CLA Shooting Brake

Es gibt heutzutage nicht mehr viele Autos, die sich so klar durchs Design profilieren wie der Mercedes CLA Shooting Brake. In Zeiten, in denen gefühlt jedes zweite Auto ein SUV ist, ist der durchgestylte CLA Balsam für die Augen. Persönlich finde ich es aber doch verwunderlich, dass sich Mercedes beim CLA dazu durchringen konnte, den Shooting Brake im Angebot zu behalten, während der grosse CLS Shooting Brake bereits 2018 ohne Nachfolger vom Markt genommen wurde. Aber sei’s drum. Der CLA erfuhr erst kürzlich eine sanfte Modellpflege, deren Änderungen man jedoch genau suchen muss. Ebenfalls suchen muss man zuweilen, womit der Hersteller seine Preispolitik rechtfertigt.

Optisch wurde der Shooting Brake nur dezent überarbeitet. Die Frontschürze sieht in meinen Augen neu etwas cleaner aus, während der neue Kühlergrill im Muster vieler kleiner Mercedes-Sterne optische Akzente setzt. Scheinwerfer und Rücklichter haben eine neue Grafik, um die angrenzenden Karosserielinien besser aufzunehmen und zu betonen. Zu guter Letzt gibt es einen neuen Blauton als Lack sowie neue Felgendesigns – fertig. Aber wozu mehr? Mit seiner stark abfallenden Dachlinie, der extrem geschwungenen Fensterlinie und dem runden Knackarsch ist der schnittige Kombi nach wie vor ein Eyecatcher – mittlerweile mehr denn je, da Kombis nicht nur in der Kompaktklasse mittlerweile keine Selbstverständlichkeit mehr sind. Apropos Kompaktklasse: Im Mercedes-Portfolio gehört der CLA Shooting Brake zu selbiger Klasse. Mit einer Länge von 4,70 Meter ist er aber gar nicht kompakt.

2023 Mercedes CLA Shooting Brake
Die abfallende Fensterlinie dramatisiert das keilförmige Design zusätzlich.

Schick, aber eng

Das Cockpit ist nahezu identisch mit jenem der A-Klasse. Auch im Innenraum hat sich im Zuge des Facelifts nicht viel getan. Auffälligste Neuerung ist der Wegfall des Touchpads in der Mittelkonsole, wo sich nun eine kleine Ablage befindet. Neu wird das Infotainment nur via Touchscreen, Lenkrad oder die hervorragende Sprachsteuerung bedient. Die Bedienung ist eingängig und das System läuft sehr flüssig. Wie von Mercedes gewohnt, bietet es auch im CLA Goodies wie die Ampel-Ansicht an Kreuzungen oder die Augmented Reality Navigation.

2023 Mercedes CLA Shooting Brake
Optisch hat sich nicht viel getan. Die Front wurde noch etwas sportlicher gestaltet.

Während andere selbst ernannte Premium-Hersteller bei ihren Einstiegsmodellen zum Teil sichtbar den Sparhebel ansetzen und teils fragwürdige Materialien einsetzen, achtet Mercedes darauf, dass die A-Klasse-Familie anständig ausstaffiert ist. Auch die Verarbeitungsqualität bietet keinen Anlass zur Kritik. Insgesamt wird der CLA Shooting Brake seinem Anspruch gerecht, obwohl diese Perfektion, wie sie bei den hochpreisigen Mercedes-Modellen angestrebt wird, im CLA nicht spürbar ist – aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

2023 Mercedes CLA Shooting Brake
Ein weiteres optisches Highlight ist der Kühlergrill, bestehend aus zahlreichen kleinen Mercedes-Sternen.

Wissen sollte man aber, dass das Auto innen deutlich kleiner wirkt, als es Auto ist. Bereits vorne sitzt man tief und eingepfercht, aber bequem und ergonomisch einwandfrei. Im Fond mangelt es für grosse Personen an Kopf- und Beinfreiheit, insgesamt ist die zweite Reihe ein enger und düsterer Platz aufgrund der kleinen Scheiben. Das Ladeabteil ist zwar lang, aber flach, weshalb sperriges Material unter Umständen keinen Platz hat. Aber Mercedes vermarktet den Shooting Brake auch nicht als Lastesel, sondern als Lifestyle-Auto, insofern ist dies eher informativ und kein Vorwurf.

2023 Mercedes CLA Shooting Brake
Tiefes, aber flaches Gepäckabteil.

Mild-Hybridisierung erhöht Fahrkomfort

Seit dem Facelift sind alle Benziner durchgehend als Mild-Hybrid elektrifiziert. Das erhöht den Fahrkomfort durch den sanften Motorstart, die blitzschnell agierende Start-Stopp-Automatik sowie den zusätzlichen Elektro-Boost beim Anfahren oder bei Volllast. In Fahrt registriert das Auto zudem mittels Frontradar den vorausfahrenden Verkehr und bremst selbstständig bis zu einem gewissen Grad mit dem Elektromotor mittels Rekuperation – wie bei einem Vollhybrid. Gefällt! Ebenfalls Lob aussprechen kann man für das adaptive Fahrwerk. Es schafft im Comfort-Modus trotz sehr sportlicher Optik das sanfte Anfedern, das man von Mercedes erwartet. Aufgrund des sehr windschlüpfigen Designs sind zudem auch Windgeräusche angenehm leise.

2023 Mercedes CLA Shooting Brake
Der Mild-Hybrid-Antrieb ist sowohl puncto Fahrkomfort als auch Ansprechverhalten ein Plus.

Sportlichkeit nach Mass

Im Sport-Modus wird das ganze Autos verbindlicher und straffer, wobei die Härte des Fahrwerks auch in diesem Modus absolut verträglich bleibt. Die ganz straffe Nummer wird der CLA nicht. Um zügig und lässig voranzukommen, ist die Leistung ausreichend, allerdings schaltet das Getriebe auch im manuellen Modus selbstständig hoch und gibt die Kontrolle nicht ganz ab. Trotz Allradantrieb wirkt der CLA zudem tendenziell eher frontlastig und kommt im Grenzbereich ins Untersteuern und wird vom ESP rigoros eingebremst. Ein ESP-Sport-Modus ist vorhanden, ganz aus ist nicht möglich. Mercedes schafft somit einen Respektabstand zu den AMG-Modellen. Ein sportlicher Touch ist im CLA durchaus vorhanden, fürs Grobe muss man allerdings zu den AMG-Brüdern greifen.

2023 Mercedes CLA Shooting Brake
Das Cockpit verströmt auch im «kleinen» CLA Shooting Brake die Qualität, die man in einem Mercedes erwartet.

Hightech ohne Abstriche

Ähnlich wie bei der Qualität im Innenraum muss man beim CLA auch bei der verfügbaren Technologie keine zweitklassige Technik befürchten. Das Matrix-Licht arbeitet schnell und präzise, der Parkassistent meistert erschreckend enge Lücken und auf der Autobahn fährt das Auto sehr vorausschauend und angenehm sanft semi-autonom. Fehlalarme gab es im Test lediglich einen zu beklagen. Das alles unterstreicht das Gefühl, dass man sich im CLA Shooting Brake weder in einem Einstiegsmodell noch in einem Kompaktmodell wähnt. Angesichts des überzeugenden Gesamtpakets und des extravaganten Designs, das heute aufgrund der dünnen Kombi-Konkurrenz mehr denn je auffällt, mausert sich der CLA Shooting Brake zum Geheimtipp für alle, die es gerne etwas abseits des Mainstreams wollen. Gegen den Tipp spricht einzig der Preis, der bei Mercedes alles andere als kompakt ist. Für den Testwagen ruft der Stern 82’783 Franken auf – ein Betrag, wofür es bei gewissen Mitbewerbern auch Autos anderen Kalibers gibt. Weniger schmerzhaft könnte ein Vor-Facelift-Modell sein, denn abgesehen vom super implementierten Mild-Hybrid-Antrieb sind die technologischen Neuerungen rar.

2023 Mercedes CLA Shooting Brake
Ein Raumwunder ist der CLA Shooting Brake nicht. Dafür sehr schön, angenehm komfortabel sowie durchaus auch sportlich – und teuer.

Alltag 4 out of 5 stars

Man darf von der Raumökonomie keine Wunder erwarten, das Design wurde hier klar mehr priorisiert. Trotzdem ist der Platz ausreichend für eine kleine Familie und der Wendekreis ist überschaubar.

Fahrdynamik 4 out of 5 stars

Insgesamt bietet der CLA Shooting Brake sowohl von der Leistung her als auch vom Fahrwerk ein sportliches Feeling, aber wer es richtig krachen lassen möchte, erntet automatische Schalteingriffe, Untersteuern oder einbremsende ESP-Eingriffe.

Umwelt 3.5 out of 5 stars

8,3 l/100 km als Testverbrauch inklusive sportlicher Fahrten sind angesichts der verwendetem Mild-Hybrid-Technologie kein vorbildlicher Wert, aber gerade noch so im Rahmen.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Der CLA Shooting Brake ist nicht nur in seinem Segment, sondern allgemein einer der schnittigsten Kombis, die derzeit erhältlich sind. Ob dem Auto in diesem Design eine Zukunft bevorsteht, ist nicht gewiss.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Super sportlich-elegantes Design aus jeder Perspektive
+ Top Ergonomie, bequeme Sitze
+ Erstklassige Verarbeitungsqualität
+ Fortschrittliches Infotainmentsystem mit zahlreichen Online-Diensten und top Sprachsteuerung
+ Hoher Fahrkomfort
+ Mild-Hybrid-System mit automatischer Rekuperation und sanftem Boost
+ Diverse Fahrmodi mit deutlicher Spreizung
+ Zuverlässige Assistenzsysteme
+ Sportliches Fahrgefühl
+ Mittlerweile sehr seltenes Karosseriedesign

– Knappe Platzverhältnisse im Fond
– Schalteingriffe auch im manuellen Modus
– Hoher Preis, viele und teure Optionen

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellMercedes CLA Shooting Brake 250 4Matic
Preis Basismodell / Motorisierung / Testwagen 51 189 CHF / 62 732 CHF / 82 783 CHF
AntriebBenzin Mild-Hybrid, Allradantrieb
Hubraum / Zylinder1991 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Max. Leistung175 kW bei 5500 - 6100 r/min
Max. Drehmoment350 Nm bei 2000 - 4000 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h6,5 s
Vmax250 km/h (elektronisch abgeregelt)
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz7,6 l/100 km / 173 g/km / E
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz8,3 l/100 km / 189 g/km / +9%
Länge / Breite / Höhe4,70 m / 1,86 m / 1,42 m
Leergewicht1769 kg
Kofferraumvolumen490 - 1355 l

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