Pubertär: Mini Cooper SD

Wer Kinder im Teenager-Alter hat, kennt es vielleicht. Die eigene Zimmertür ist übersät mit mehr oder minder freundlichen Aufklebern. So wird beispielsweise klar gemacht, dass Erwachsene nicht erwünscht sind. Oder es ist ersichtlich, welche angesagte Marke das Herz des Heranwachsenden erobert hat. Auch der geliftete Cooper zeigt voller Stolz, wofür sein Herz schlägt: Nämlich seine Heimat! Nicht weniger als acht Union Jacks finden sich im Interieur, zudem ziert das britische Nationalsymbol auch die Felgen und sogar die LED-Rücklichter verweisen auf die grosse Insel. Wie richtige Teenager macht der Cooper SD vieles toll, kann einem aber mächtig auf den Sack gehen und vor allem: Er kostet eine Menge Geld.

Am Allerwichtigsten ist es in der heutigen schnelllebigen Zeit, den Anschluss nicht zu verlieren. Um genau das zu verhindert, wurde der Mini frisch frisiert. Besonderes Highlight und grosses Merkmal sind die erwähnten Union-Jack Rücklichter, die übrigens auch am Tag ohne Beleuchtung hervorragend zur Geltung kommen. Weiter leuchtet nun vorne als Tagfahrlicht ein ganzer Kreis und nicht mehr nur der obere Teil. Kleinkram, macht aber bereits viel aus.

2018 Mini Cooper SD
Nur die Lichter verraten das Facelift. Die Zierstreifen sind optional.

An der Karosserie wurde indes nicht gefeilt, dafür an den Individualisierungsoptionen. Mini Yours heisst das Zauberwort, welches eine riesige Auswahl an Zierelementen, LED-Einstiegsleisten sowie Felgen bereit hält. Weiter wurde die Farbpalette innen und aussen erweitert, ausserdem stehen hochwertiges Leder und ein umfangreiches Infotainmentsystem im Angebot, wie es in dieser Fahrzeugklasse unüblich ist. Premium eben, ein richtiger Musterknabe, dieser Cooper.

2018 Mini Cooper SD
Eine Nationalflagge als Leuchte. Auf diese Idee muss man auch erst mal kommen!

Tatsächlich? Dieser Eindruck verflüchtigt sich, wenn man sich im Innenraum etwas genauer umschaut. Billiges Material für die Sonnenblenden sowie Hartplastik im unteren Teil des Cockpits bilden einen unschönen Kontrast zu den feinen Ledersitzen. Letztere fühlen sich nur solange gut an, bis man sie nicht verstellt. Vor allem die Lehnenneigung via Klapphebel ist äusserst umständlich und der Sitz knackt nur so vor sich hin. Im Fond besteht die ganze Seitenverkleidung aus einem einzigen Stück Hartplastik. Das ist alles das ziemliche Gegenteil von Premium und wenn man sich schon Premium-Hersteller schimpft, dann sollte man es auch durchziehen.

2018 Mini Cooper SD
Übersicht und Ergonomie sind grandios.

Eines muss man dem kleinen Briten aber lassen: Er zieht seine verspielte Art durch. Er zwinkert einem im Bordcomputer an und der pulsierende, rote Kippschalter sieht aus, als könne man damit auch ein Düsentriebwerk starten. In Wahrheit wirft man damit aber «nur» den Zweiliter-Diesel an. Mehr Dieselpower als im SD gibt es für den Cooper nicht. 360 Nm, die auf rund 1370 Kilo losgelassen werden, klingt doch schon mal nach einer Menge Spass! Einziger Wermutstropfen: Für den SD bietet Mini ausschliesslich ein Automatikgetriebe an. Handschaltung gibt’s nur für den Benziner.

2018 Mini Cooper SD
Auch innen ist der Union Jack präsent.

Damit es auch ziemlich sportlich klingt, kümmert sich ein Sound Symposer im Innenraum um künstlichen Motorsound. Im Mini ist es aber einer der besseren Sorte, da sein Sound dezent und recht natürlich klingt. So wird zudem das unschöne Dieselgeräusch etwas übertönt. Nicht nur der Sound Symposer, auch die Motor-Getriebe-Kombination arbeitet tadellos. Ob gemütliches flanieren, schnelle Zwischenspurts oder sportliche Fahrweise: Das Getriebe weiss stets, was zu tun ist, reagiert prompt und haltet den Motor im drehmomentstarken Bereich. Top, da wirkt der verspielte Mini plötzlich sehr erwachsen!

2018 Mini Cooper SD
Die Silhouette ist unverkennbar. Die 18″-Felgen sind Teil von Mini Yours.

Doch bevor man sich zu sehr entspannt, sei gesagt, dass dieser kleiner Racker ordentliche Nehmerqualitäten voraussetzt. Die Dämmung ist nämlich typisch fürs Segment und weit von der Mittelklasse entfernt. Abroll- und Windgeräusch sind bei höherem Tempo deutlich zu vernehmen. Noch deutlicher zu vernehmen ist die Asphaltbeschaffenheit. Ich bin sicher, dass das Cooper S Standardfahrwerk bereits keine Sänfte ist, das optionale Sportfahrwerk des Testwagens ist fast nur noch Freaks zuzumuten. Damit wird zwar trotz des kurzen Radstands eine sehr hohe Kurvenstabilität erreicht, dafür ist die Karosserie ständig in Bewegung, selbst wenn die Strasse sehr eben erscheint.

2018 Mini Cooper SD
Der Cooper SD bringt genügsamen Verbrauch und knackiges Handling unter einen Hut.

Wer aber genauso freakig wie der Cooper unterwegs ist und sich dieses Fahrwerk antun möchte, wird dafür mit einem sensationellen Handling belohnt. Ohne zu murren lässt sich der Brite um Kurven schmeissen, ja, er scheint es förmlich zu geniessen! Die Lenkung ist extrem direkt, fast schon zappelig, aber dafür wird jede Lenkbewegung in Nullkommanichts umgesetzt. Ein starker Dieselmotor ist in dieser Klasse zudem eine Seltenheit, sodass man mit dem üppigen Drehmoment auch bergauf jederzeit für spontane Überholmanöver gewappnet ist.

2018 Mini Cooper SD
Richtig verspielt: Der LED-Ring fungiert auf Wunsch auch als Drehzahlmesser.

Gewappnet ist der Mini auch mit ein paar Assistenzsystemen, wobei hier wieder das launische, pubertäre Verhalten durchsickert. Abstandstempomat und Matrix-LED-Scheinwerfer klingen erstmal schön nach Premium. In der Realität ist die LED-Matrix aber unruhig und arbeitet bei weitem nicht so feinfühlig wie in einem BMW. Der Abstandstempomat verabschiedet sich zudem bei Tempi unter 30 km/h, also genau dort, wo das manuelle Fahren besonders mühsam wird.

2018 Mini Cooper SD
Der Platz ist so knapp, dass die Rückbank eher eine zusätzliche Gepäckablage ist.

Was soll man nun vom Cooper SD am Ende halten? Er ist definitiv ein Gute-Laune-Garant. Mit seiner ultradirekten Lenkung und dem äusserst knackigen Fahrwerk freut man sich auf jede Kurve auf seiner Strecke. Zudem muss man den Fahrspass nicht mal mit überhöhtem Verbrauch bezahlen. Dafür lässt sich das Auto selbst teuer bezahlen. 47’710 Franken ist ein mehr als nur stolzer Preis für so ein kleines Auto.

2018 Mini Cooper SD
Die klassisch anmutenden Instrumente sind eine Erinnerung an den Ur-Mini.

Dafür verspricht Mini viel Premium, haltet das Versprechen aber nur teilweise, wie die oben aufgezählten Schwächen zeigen. Klar, ein Mini ist hip, schick, trendig und sportlich, aber ein gesundes Preis-Leistungs-Verhältnis scheint der Marke fremd. Wer zudem den Fokus auf die Sportlichkeit legt, bekommt für das Geld, das der Cooper SD kostet, einen ausgewachsenen Kompakt-Sportler in der nächsthöheren Klasse. Diese Tatsache kann kein Augenzwinkern der Welt leugnen…

2018 Mini Cooper SD
Der Cooper SD ist ein flotter Wagen, doch mit seinem zu hohen Preis Preis erfüllt er nicht alle entsprechend hohen Anforderungen.

Alltag 2.5 out of 5 stars

Die Platzverhältnisse sind ziemlich minimalistisch. Nur Zwerge halten es im Fond aus und der Kofferraum verdient die Bezeichnung kaum. Immerhin ist das Auto sehr handlich.

Fahrdynamik 4.5 out of 5 stars

Die extrem direkte Lenkung und das straffe Fahrwerk sorgen für ein spielend einfaches sowie sehr stabiles Handling. Auch enge Kurven machen dem Racker nichts aus, Kraft steht stets genügend zur Verfügung. Nur allzu heftiges Rausbeschleunigen aus den Kurven mag der Cooper SD nicht, sonst rutscht er ins Untersteuern.

Umwelt 4 out of 5 stars

Je tiefer der Normverbrauch, desto grösser die Abweichung, das zeigt die Erfahrung. Der Testverbrauch von 5,8 l/100 km inklusive ein paar sportlichen Passagen ist zwar ein ansehnlicher Wert, nichtsdestotrotz liegt er 38 % über den Normverbrauch von 4,2 l/100 km.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Mit seinem kultigen Design kommt der Mini Cooper auch heute noch gut an. Zahlreiche Individualisierungsoptionen sowie die einzigartigen Rücklichter verpassen ihm den richtigen Schliff.

Fazit 4 out of 5 stars

+ Unique Rücklichter, viel Individualisierungsspielraum
+ Hochwertige Ledersitze, perfekte Ergonomie
+ Umfangreiches Infotainmentsystem mit hübschen Grafiken und intuitiver Bedienung
+ Dezenter und passender Sound Symposer
+ Erstklassige Übersicht
+ Perfekte Motor-Getriebe-Kombination in jeder Situation
+ Sehr direkte Lenkung
+ Äusserst straffes Fahrwerk ermöglicht hohe und sichere Kurventempi
+ Dreistufig deaktivierbares ESP
+ Ziemlich tiefer Verbrauch
+ Hochwertige Technologie (Abstandstempomat, Matrix-Licht)…

– … jedoch ist die Technologie nicht auf BMW-Niveau implementiert
– Sehr enger Fond, winziger Kofferraum
– Teilweise billige Materialien, billige Sitzverstellung
– Deutlich zu vernehmende Fahrgeräusche bei höherem Tempo
– Überrissener Preis

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellMini Cooper SD
Preis Basismodell / Testwagen36 700 CHF / 47 710 CHF
AntriebDiesel, Frontantrieb
Hubraum / Zylinder1995 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe8-Gang Automatikgetriebe
Max. Leistung125 kW bei 4000 r/min
Max. Drehmoment360 Nm bei 1500 - 2750 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h7,2 s
Vmax225 km/h
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz4,2 l/100 km / 110 g/km / A
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz5,8 l/100 km / 152 g/km / +38%
Länge / Breite / Höhe3,85 m / 1,73 m / 1,41 m
Leergewicht1377 kg
Kofferraumvolumen211 - 731 l

Bilder: Koray Adigüzel

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