Nissan gehört zu den Pionieren der Elektromobilität und beim Qashqai gehen sie einen etwas anderen Weg. Nebst den konventionellen Mild-Hybrid-Benzinern bietet Nissan mit dem e-Power eine Variante an, die zwar elektrisch fährt, aber nie an die Steckdose muss. Nissan verspricht sorglosen Elektrofahrspass, da das Auto zwar den Schwung des Elektromotors nutzt, aber als Kraftstoff wie gewohnt Benzin nutzt. 5 Minuten nachtanken und anschliessend wieder 800 Kilometer mit dem Elektromotor fahren: Klingt zumindest in der Theorie super. Der Test hat gezeigt, dass das auch in der Praxis funktioniert, allerdings muss man sich bewusst sein, dass der Qashqai e-Power nicht ganz so ökologisch ist, wie es sein Name verheisst.
Optisch macht Nissan keine Unterschiede zwischen den Varianten. Ein kleiner e-Power-Schriftzug an den Türen weist auf das Antriebskonzept hin, ansonsten ist alles wie gehabt. Die Front ist sehr markant, Seitenansicht und Heck eher dezent und verwechselbar. Allerdings insgesamt ein stimmiges Design und man merkt, dass der Qashqai für den europäischen Markt entwickelt und designt wurde.
Platz top, Infotainment mässig
Im Innenraum gibt es keine Schriftzüge oder spezielle Nähte, jedoch ist der Touchscreen des Infotainmentsystems gewachsen. Dessen Bedienung ist sehr intuitiv, jedoch sind insbesondere die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Sprachsteuerung noch nicht dort, wo sie sein sollten. Der Testwagen verfügt über den Tekna-Trim ohne +, sodass die Nappaledersitze sowie das Bose-Soundsystem nicht an Bord sind. Beide Optionen wären aber definitiv lohnenswert, da das standardmässige Soundsystem einen dünnen Klang aufweist und die Stoffsitze eher mässig hochwertig wirken.
Als Allrounder vermag der Qashqai aber rundum zu überzeugen. Vorne sitzt man luftig, die Ergonomie stimmt auch für grosse Personen. Im Fond verfügt der Qashqai ebenfalls über überdurchschnittliche Platzverhältnisse und der Kofferraum überzeugt mit doppeltem Boden sowie Raumtrenner. Einzig bei der Anhängelast muss man beim e-Power Abstriche hinnehmen. Während die Benziner bis zu 1800 Kilo an den Haken nehmen, ist beim e-Power trotz höherer Motorleistung bei 750 Kilo Schluss.
Spannendes Antriebskonzept
Gestartet wird der Qashqai e-Power stets rein elektrisch, doch wie bei einem gewöhnlichen Vollhybrid schaltet sich der Benziner kurze Zeit später dazu. Im Gegensatz zu herkömmlichen Hybrid-Modellen sorgt der Dreizylinder-Turbobenziner jedoch nicht für den Vortrieb, sondern agiert als Generator, um die kleine 2,1 kWh fassende Batterie mit Strom zu versorgen. Da ein Elektromotor an der Vorderachse als Antrieb fungiert, fährt sich der Qashqai weitgehend wie ein herkömmlicher Stromer: geschmeidig und schwungvoll. Seine 330 Nm gibt der Motor jedoch nicht wie ein Blitzschlag ab, sondern baut die Kraft ähnlich wie ein Verbrenner auf.
Gleichzeitig arbeitet bei hoher Beschleunigung auch der Benziner deutlich hörbarer. Das Gefühl und die Geräuschkulisse erinnern an ein stufenloses Automatikgetriebe, jedoch ist das beim Qashqai aller sehr zurückhaltend. Nervig heulend wird der Benziner nie. Zudem lässt sich auch rein elektrisches Fahren per Knopfdruck erzwingen, dies funktioniert aufgrund der kleinen Batterie aber nur für eine sehr kurze Zeit.
Auf dem Papier ist der Qashqai e-Power definitiv die beste Wahl. Er ist die stärkste Version und gleichzeitig die sparsamste. Wie immer weicht die Praxis von der Theorie ab und im Test hat der Qashqai 6,5 l/100 km verbraucht. Das ist aber immer noch rund ein Liter weniger als der Mild-Hybrid-Benziner im Test und das Spurtvermögen ist beim e-Power deutlich besser.
Ein Kompromiss – aber ein Guter
Wie im Test gefahren, erzielt der Qashqai e-Power eine Reichweite von rund 800 Kilometer. Ganz normal gefahren, ohne spezielles Eco-Driving. Von solchen Werten sind auch fortgeschrittene Elektroautos immer noch weit entfernt. Allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass der Qashqai, obwohl er über einen tiefen Benzin-Verbrauch verfügt, verglichen mit einem reinen Elektroauto deutlich ineffizienter ist. Der Wirkungsgrad eines Benziners (ca. 40 %) ist dem eines Elektromotors (ca. 90 %) hoffnungslos unterlegen. Obwohl der Qashqai e-Power als sorgloses Elektroauto beworben wird, so ist er trotz ähnlichem Fahrgefühl technisch mehr ein Verbrenner als ein Stromer.
Trotzdem hat diese Bauart auch viele Vorteile. So sorgt die kleine Batterie dafür, dass der Doppelherz-Qashqai trotz zwei Motoren verhältnismässig leichte 1734 Kilo auf die Waage bringt. Und da die Batterie immer noch mit Abstand die teuerste Komponente beim Elektroauto ist, kann der Qashqai auch beim Preis punkten: Der sehr gut ausgestattete Testwagen kostet faire 50’140 Franken. Mit seinem sehr ausgewogenen Fahrverhalten und dem guten Bremsgefühl zeigt Nissan ausserdem, dass puncto Handling keine Kompromisse gemacht werden. Der Qashqai e-Power ist somit nicht nur solche, die zu Hause über keine Lademöglichkeit verfügen, eine Überlegung wert.
Alltag
Der Nissan Qashqai gefällt mit handlichem Handling, üppigen Platzverhältnissen sowie einem smarten Kofferraum-Konzept.
Fahrdynamik
Das Ansprechverhalten ist insbesondere im Sport-Modus sehr zackig. Vom Handling her verfolgt der Qashqai aber einen ausgewogenen Ansatz und keinen sportlichen. Wird das ESP in den Sport-Modus geschaltet, lässt aber dennoch erstaunlich viel zu, bevor die Reissleine gezogen wird.
Umwelt
Angesichts der Leistung sind praxisnahe 6,5 l/100 km ein guter Wert. Allerdings leidet die Energieeffizienz des Konzepts aufgrund des Wirkungsgrads des Verbrenners.
Ausstrahlung
Das Design ist vorne markant, hinten eher dezent, aber insgesamt sehr gefällt. Man sieht, dass der Qashqai für den europäischen Markt designt wurde.
Fazit
+ Geräumiger Innenraum
+ Bequeme Sitze, top Ergonomie
+ Smartes Kofferraum-Konzept
+ Intuitive Bdedienung dank genügend Knöpfen
+ Kräftiger Durchzug
+ Niedriger Verbrauch
+ Sehr hohe Reichweite
+ Laufruhiger Motor
+ Fahrmodi mit deutlicher Spreizung
+ Umfangreiche Ausstattung
+ Kleiner Wendekreis
+ Fairer Preis
– Infotainmentsystem puncto Reaktionszeit und Sprachsteuerung nicht ganz aktuell
– Elektrische Reichweite sehr gering
– Bei sehr langen Bergaufpassagen kann der Benziner überfordert werden
Mängel am Testwagen
– Keine Mängel
Steckbrief
Marke / Modell | Nissan Qashqai e-Power |
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Preis Basismodell / Testwagen | 41 590 CHF / 50 140 CHF |
Hubraum / Zylinder | 1497 ccm / R3 |
Antrieb | Benzin-Hybrid, Frontantrieb |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor & Elektromotor |
Getriebe | Stufenloses Automatikgetriebe |
Max. Systemleistung | 140 kW |
Max. Systemdrehmoment | 330 Nm |
Beschleunigung 0 - 100 km/h | 7,9 s |
Vmax | 170 km/h (elektronisch abgeregelt) |
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 5,8 l/100 km / 130 g/km / B |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 6,5 l/100 km / 146 g/km / +12% |
Länge / Breite / Höhe | 4,43 m / 1,84 m / 1,63 m |
Leergewicht | 1734 kg |
Kofferraumvolumen | 436 - 1422 l |