Nissan Z: Führe uns in Versuchung (und erlöse uns vom EU-Wahnsinn)

Neue Autos, die nicht mindestens drei Organe kosten, machen keinen Spass mehr. Die Gründe sind vielschichtig, aber der von der EU erzwungene Elektro-Kurs, die Kastration des Verbrenners sowie der grassierende Assistenzwahn sind sicherlich drei triftige Gründe. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel – und der Nissan Z ist eine der wenigen Perlen, die man heute als Neuwagen-Fahrmaschine kaufen kann. Dank gebührt hier aber nicht nur den Japanern, dass sie diesen anachronistischen Sportwagen bauen, sondern dem Importeur All.Cars. Unermüdlichen Enthusiasten wie ihnen ist es zu verdanken, dass der Nissan Z via Amerika eine Schweizer Zulassung bekommt, denn Nissan Schweiz importiert den Wagen nicht. Um es gleich vorwegzunehmen: All das neumodische Zeugs ist im Z vorbeigegangen. Er ist auch nicht das Skalpell, das auf der Nordschleife einen Rekord in den Asphalt brennt. Hier zählt Feeling – und genau das ist es, wonach sich Fans vom Z, aber auch Fahrenthusiasten allgemein, so sehr sehnen. Im Japaner gibt es die volle Breitseite davon plus die Erinnerung, dass Autos aus dem letzten Jahrzehnt einfach geiler sind!

Nissan bedient mit dem Z eine Nische, die immer kleiner wird: Ein echtes, zweitüriges Coupé mit zwei Plätzen. Der Japaner wirkt auf unseren Strassen extrem, weil Nissan und Sportwagen – Gott habe den GT-R selig – aus europäischer Sicht schon seit Längerem kein Thema mehr sind. Leute, die es wissen, sind völlig aus dem Häuschen, wenn sie den Z entdecken, während solche, die es nicht wissen, überrascht sind, was das denn für ein schneidiger Nissan ist. Wäre der Z offiziell erhältlich, wäre die Wirkung sicherlich dezenter, denn rein optisch ist der Z schick, aber kein Draufgänger. Rundliche Scheinwerfer treffen auf lange Motorhaube, hier setzen die Japaner auf eine moderne Erscheinung. Das Heck wiederum ist eine Reminiszenz an den 240SX und haucht dem Z eine ordentliche Portion Retro-Würze ein – angesichts dessen, was aktuell in der Autobranche gerade passiert, durchaus gerechtfertigt!

2024 Nissan Z
Während das Heck früher immer rundlich war, so zeigt der neue Z nun Kante und horizontale Linien.

Blau und Oldschool

Retro, obwohl von Nissan wahrscheinlich gar nicht so sehr gewollt, wirkt auch der Innenraum ein Stück weit. Doch was als Erstes auffällt, ist das blaue Interieur. Schick und mal etwas anderes! Es gibt aber auch dezentere Innenraum-Trims. Retro-Flair verströmen die klappbaren Lüftungsdüsen an den Türen, die mechanische Handbremse, die analogen Zusatzinstrumente sowie das in die Jahre gekommene Infotainmentsystem, das nicht mal über ein eigenes Navi verfügt, sondern lediglich Smartphone-Integration per Kabel ermöglicht. Aber immerhin ist eine Bose-Soundanlage an Bord. Sie ist auch das einzige, was man im Z als luxuriös bezeichnen könnte.

2024 Nissan Z
Coole Farbe, tiefe Sitzposition, leider eher wenig Seitenhalt.

Wie es so ist mit Sportwagen, die man für vernünftiges Geld kaufen möchte, so muss man im Innenraum einige Abstriche hinnehmen. Die Sitze, so schick sie auch aussehen im fancy Blau, dürften mehr Seitenhalt bieten. Ausserdem fehlt auf der Beifahrerseite die Höhenverstellung. Das ist aber auch schon das einzige, was tatsächlich verbesserungswürdig wäre (und in der Nismo-Variante mit Schalensitzen auch bereinigt ist). Dass das Cockpit qualitativ keinen Preis gewinnt, ist in diesem Auto schlicht nicht relevant. Praktisch ist dafür der Kofferraum. Der ist zwar flach, aber sehr tief. Wer statt Schalenkoffern in Taschen packt, kriegt jede Menge in den Wagen. Und für das Stürmen des Möbelhauses importiert All.Cars vielleicht schon bald den Nissan Patrol…

2024 Nissan Z
Für einen Sportwagen durchaus ansehnlich. Viel praktischer als irgendwelche unbrauchbaren Notsitze hinten.

Ungehobelt und immer scharf

Mit einem Druck auf den Startknopf erwacht der V6-Biturbo metallisch-heiser zum Leben. Typisch japanisch ohne grosses Theater, aber dass mehr Volumen und Fülle im Sound steckt, als wir es uns heutzutage gewohnt sind, fällt trotzdem sofort auf. Der Grund ist simpel: Als Nicht-EU-Modell fehlt dem Z der OPF, wobei fehlen eigentlich der völlig falsche Ausdruck für eine so positive Eigenschaft ist! Einzustellen gibt es kaum etwas, da Fahrmodi im Z nicht vorhanden sind, das Auto ist quasi stets scharfgestellt. Lediglich der sogenannte S-Modus für das manuelle Getriebe kann eingeschaltet werden, womit automatisch Zwischengas beim Runterschalten aktiviert wird. Ansonsten gibt es noch den Knopf fürs ESP, der entgegen modernen Tugenden nur zwei Dinge beherrscht: on oder off, eine Zwischenstufe gibt es nicht.

2024 Nissan Z
Qualitativ ist das Cockpit nicht der letzte Schrei. Dafür gibt es für alles wichtige richtige Knöpfe.

Schnell wird klar, wie herrlich analog und irgendwie von gestern der Wagen ist: Nervige Assistenzsysteme wie ISA kennt der Z nicht mal vom Hörensagen und der Spurhalteassistent kann permanent deaktiviert werden. Der Sportwagen lässt einen ausserdem stets spüren, dass man einen ebensolchen fährt. Spurrillen folgt der Z gerne, der Fahrkomfort ist eher harsch als geschmeidig und der Geräuschpegel im Innenraum stets eher hoch. Das sind zwar absolut nüchtern betrachtet eher Schwachpunkte als Bonuspunkte, aber wie soll man den Z auch nüchtern betrachten? Dieses Auto ist zum Fahren da, eine echte Fahrmaschine, mit grandiosem Feeling auf jedem Kilometer, und genau das erfüllt der Z. Diese Verbindung zwischen Mensch und Maschine, sie ist einfach da, immer und überall – und das ist deswegen so schön, weil praktisch alle neuen Autos genau diese Verbindung trennen statt wahren.

2024 Nissan Z
Auch massgebend für die Verbindung: Das knochige 6-Gang-Getriebe. Alternativ ist auch eine 9-Gang-Automatik erhältlich.

Perfekte Balance

Das Fehlen des OPF macht sich auch in der Motorcharakteristik positiv bemerkbar. Bereits kurz vor 2500 Umdrehungen ist der Motor voll im Saft, schiebt kräftig an und baut bis auf 7000 Umdrehungen linear Schub auf, untermalt von vollem und röhrendem Sound! Schaltblitze im Cockpit weisen auf den perfekten Schaltzeitpunkt hin. Der Griff zum Schalthebel ist stets ein Freude – das Getriebe ist knochig-knackig und will mit harter Hand geführt werden. Die Präzision ist zwar nicht ganz perfekt, in einem Honda Civic Type R oder Mazda MX-5 flutschen insbesondere die Gänge 3 und 5 besser rein. Aber stört es? Nein, das leicht widerspenstige Getriebe unterstreicht nur den Charakter mit Ecken und Kanten vom Z.

2024 Nissan Z
Knackige Silhouette und eine praktische Grösse für den hiesigen Alltag.

Puncto Handling entpuppt sich der Japaner als perfektes Fahrspass-Auto auf hiesigen Landstrassen. Der Schub ist gerade noch so stark, dass er auch noch ausreichend genossen werden kann, ohne dem Raserartikel gefährlich nahe zu kommen. In einem Nissan GT-R muss man ja theoretisch dann vom Gas gehen, wenn es am unterhaltsamsten ist… Der «schwächere» Z erlaubt mehr Vollgas mit besserem Gewissen. Beim Testwagen handelt es sich um die Performance-Variante mit grösseren Bremsen und Sperrdifferential an der Hinterachse. Das ermöglicht forciertes und präzises Fahren, gleichwohl ist noch Spiel und Bewegung im Chassis vorhanden. Man spürt wie das Auto arbeitet und vor allem spürt man den Grenzbereich – der Z ist irgendwo in der Mitte zwischen Grip und Drift angesiedelt. Es erfordert schon etwas Feingefühl für eine schnelle und saubere Linie. Andererseits reicht es bei ausgeschaltetem ESP aus, einfach etwas früher ans Gas zu gehen und das Heck geht in einen schönen Slide rüber. Die Spec des Testwagen ist voll auf Fahrspass ausgelegt. Ich habe mir von All.Cars sagen lassen, dass die Nismo-Variante deutlich härter und track-orientierter abgestimmt ist. Ein Test folgt nächstes Jahr…

2024 Nissan Z
Der Z pfeift auf Digitalisierung und Elektrifizierung. Hauptsache Fun und die Japaner wissen genau, worauf es ankommt!

Kaum Konkurrenz

Wem nun das Wasser im Mund zusammenläuft – alle Informationen finden sich auf https://www.z-nissan.ch. Über die Partner von All.Cars kann das Auto gekauft werden, auch offizielle Nissan-Partner finden sich darunter. Der Testwagen kostet wie gezeigt rund 74’000 Franken, die Wartefrist auf ein Auto beträgt 3–4 Monate und ist somit nicht länger als bei einer Bestellung eines hiesigen Importeurs. Wenn man den Aufwand von All.Cars berücksichtigt, ist die Preisgestaltung überaus fair. Die einzige, wirklich direkte Konkurrenz ist der Toyota Supra, wobei dessen Tage angesichts der jüngst vorgestellten Final Edition wohl gezählt sind. Ein BMW M2 mag vielleicht das «bessere» und schnellere (und teurere) Auto sein, aber puncto Feeling gewinnt der Z mit Abstand. Der Japaner bietet genau das, was wir Fahrenthusiasten bei Neuwagen bislang lang und breit suchen mussten – hier ist die Antwort.

2024 Nissan Z
Powermeter? Nein danke, lieber eine Boost-Anzeige.

Alltag 3 out of 5 stars

Der Z ist ein kompakter Sportwagen und kann keine Wunder vollbringen. Für einen alleine oder zu zweit kein Problem, ansonsten muss es halt ein Zweitwagen sein.

Fahrdynamik 4.5 out of 5 stars

Viel Druck von unten raus, Drehfreude, knackiges Getriebe und ein spürbar heckgetriebenes Handling sorgen für enorme Fahrfreude. Der Grip ist dank mechanischem Sperrdifferential hoch, die Lenkung dürfte noch etwas schärfer abgestimmt sein.

Umwelt 2.5 out of 5 stars

Im sehr sportlich gefahrenen Test lag der Testverbrauch bei nicht repräsentativen 14,2 l/100 km. Doch der Normverbrauch von 10,8 l/100 km legt nahe, dass der V6-Biturbo lieber verbraucht als spart.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Mit seinen klassischen Proportionen zieht der Nissan Z die Blicke auf sich – aufgrund seines Exoten-Status in der Schweiz sowieso.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Zeitloses Design
+ Tiefe Sitzposition, gute Ergonomie
+ Tolles Soundsystem
+ Knackige Gangschaltung
+ Druckvoller und drehfreudiger Motor
+ Voluminöser Sound (insbesondere für EU-Verhältnisse)
+ Lebendiges Heck
+ Hoher Grip auf trockener Strasse
+ Kein OPF
+ Keine nervenden Assistenzsysteme
+ Fairer Preis

– Hoher Verbrauch
– Veraltetes Infotainmentsystem
– Geringer Seitenhalt
– Teilweise einfache Materialqualität im Innenraum

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellNissan Z
Preis Basismodell / Testwagen68 900 CHF / 74 300 CHF
AntriebBenzin, Heckantrieb
Hubraum / Zylinder2997 ccm / V6
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Biturbomotor
Getriebe6-Gang manuell
Max. Leistung299 kW bei 6400 r/min
Max. Drehmoment475 Nm bei 1600 -5600 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h4,7 s
Vmax250 km/h (elektronisch abgeregelt)
WLTP-Verbrauch /CO2-Emissionen / Energieeffizienz10,8 l/100 km / 226 g/km / G
Test-Verbrauch /CO2-Emissionen / Differenz14,2 l/100 km / 297 g/km / + 31%
Länge / Breite / Höhe4,38 m / 1,85 m / 1,32 m
Leergewicht (ohne Fahrer)1585 kg
Kofferraumvolumen241 l

Bilder: Koray Dollenmeier

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