Der Opel Adam ist von Natur aus handlich und agil. Anfangs war er allerdings bloss mit zugschwachen Saugmotoren erhältlich, später folgte der quirlige 1,0-Liter Turbo, der den Fahrspass spürbar steigert. Jetzt hat Opel die nächste Stufe gezündet: Der Adam S. Der unterscheidet sich aussen kaum vom Standard-Adam, lediglich der neckische Spoiler verrät, dass dieser Adam ein Spielzeug für grosse Kinder ist.
Dass der Adam Farbe bekennt, ist nichts Neues. Auch mein Testwagen, blau und eierschalenfarbig, fällt auf der Strasse auf. Die Farbkombination gefällt mir gleich doppelt: Sie ist speziell und die beiden Farben harmonieren miteinander. Ausserdem gibt diese Kombination dem Adam S etwas Niedliches, sie weckt beinahe den Beschützerinstinkt. Der Betrachter neigt dazu, das S-Signet an der Front, den Adam S Schriftzug an der C-Säule sowie den Spoiler als nette Spielerei abzustempeln. Schliesslich sieht das ganze Auto wie ein Spielzeug aus.
Beim Blick ins Interieur könnte man schon ins Grübeln kommen. Zielflaggen Muster am Dachhimmel? Ebenfalls Spielerei. Aber Recaro Schalensitze? In einem 3,70 Meter Auto? Die Sitze dominieren den gesamten Innenraum, der ansonsten typisch Adam ist. Hochwertig verarbeitet, individualisierbar, viel Platz und perfekte Ergonomie vorne, aber mit einem pixeligen Infodisplay zwischen den Instrumenten. Da die Rücksitze im Adam seit eh und je höchstens als Ablage taugen, wäre es von Opel nur konsequent gewesen, die Rückbank im Adam S komplett rauszuschmeissen. Ich meine, wenn man schon Schalensitze verbaut…
Der Adam S wird von einem 1,4-Liter Turbobenziner auf Trab gebracht. Das Aggregat bringt es auf eine Leistung von 110 kW, womit der Adam am Stammtisch bereits verloren hat. Gestandene Hot Hatches mobilisieren schliesslich 35 kW mehr Leistung, ausserdem ist der Adam S mit 1278 Kilo für seine Grösse kein Leichtgewicht. In meinen Augen müsste der Racker rund 100 Kilo abspecken, aber sein Gewicht hängt damit zusammen, dass er noch auf dem alten Corsa basiert. Aufgrund des Gewichts ist auch der Normverbrauch von 5,9 l/100 km für ein Auto dieser Grösse kein Wert, mit dem Opel prahlen kann. Auf dem Papier macht der Adam S also keine besonders gute Figur.
Dies hängt damit zusammen, dass unsere Autos immer stärker werden und eine Leistung von 110 kW wahrlich keinen Wow-Effekt mehr auslöst. Man darf aber eine Eigenschaft vom Adam S nicht vergessen: Der Knirps ist gerade mal 3,70 Meter kurz. Das sowie die harte, direkte Auslegung von Fahrwerk und Lenkung lassen den Adam S subjektiv viel schneller und kräftiger wirken, als er es tatsächlich ist. Wer ihn einmal ausgedreht hat, wird sofort vom Adam S Fieber gepackt. Der Kleine zieht oberhalb von etwa 2200 Umdrehungen nicht nur kräftig an, sondern faucht auch äusserst rabiat aus seinem Sportauspuff. Wie war das jetzt mit dem niedlichen Kleinwagen? Der Adam S mag zwar niedlich aussehen, aber er ist ein ausgewachsener Giftzwerg. Das S ist mehr als nur verdient.
Ich kannte kein Halten mehr. Ich habe den Adam S den Klausenpass hoch geprügelt, als gäbe es kein Morgen mehr. Der aggressive Sound und der Schub im zweiten Gang haben mich jedes mal aufs Neue fasziniert. Dank seinem straffen Sportfahrwerk, der direkten Lenkung und den riesigen 18-Zöllern ist der Adam S wahnsinnig agil und kann mit einem Affenzahn um jede Kurve geworfen werden. Dabei ist der ESP-Eingriff gar nicht störend sondern angenehm dezent. Als einziger Adam bietet der S die Möglichkeit, das ESP komplett zu deaktivieren. Natürlich führt die Kombination von Sportfahrwerk, mickrigem Radstand und 18-Zöllern dazu, dass der Adam S hart abfedert und über die teilweise unebene Strecke wie ein Gummiball den Klausen hochhüpft. Der Fahrspass ist enorm, da der Racker permanent am Limit bewegt werden kann, ohne dass das Auto in jeder Kurve abzufliegen droht oder nach nur einem Gasstoss das Tempolimit sofort überschritten ist. Dass die Bremsen nach der Abfahrt geraucht haben zeugt davon, wieviel Spass der Adam S vermittelt und wie hart der Arme rangenommen wurde. Einzig das nicht ganz so präzise Getriebe mit den zu langen Schaltwegen wird dem Adam S nicht würdig.
So mancher Autofahrer dürfte sich gewundert haben, wenn der blau-eierschalenfarbene Adam S unter wütendem Fauchen an ihm vorbeigezogen ist. Selten habe ich in einem Autotest so viele Überholmanöver durchgeführt, schon gar nicht mit einem Kleinstwagen. Insofern wundere ich mich nicht über den exorbitanten Testverbrauch von 8,4 l/100 km. Der Adam S hat einen anstrengenden Test hinter sich, weil er zum schnellen Fahren verführt. Weniger Länge ist im Falle vom Adam S ganz klar Mehr. Und ich glaube, mein Beifahrer war beim Ritt auf dem Klausenpass froh um die zupackenden Schalensitze. Die braucht es im Adam S unbedingt. 😉
Während der Adam eigentlich der farbenfrohe Cityflitzer schlechthin ist, gehört ein Adam S nicht in die Stadt. Er ist zwar super handlich, aber sein Potenzial versandet in der City. Nur wer regelmässig überland fährt, kann den Adam S richtig geniessen. Für die Autobahn ist er aber nicht gemacht, dort ist er innen laut und der Motor dreht mit 3300 Touren ziemlich hoch. Da der Adam S trotz seinen sportlichen Genen ein Lifestyle Auto ist, ist auch sein Preis entsprechend hoch. Ab 24’950 Franken bekommt man den Adam S mit einer umfangreichen Serienausstattung, trotzdem kostet der Testwagen 30’200 Franken (Preise ohne Euro-Bonus). Das ist der trotz den sportlichen Leistungen ziemlich viel Geld für so ein kleines Auto. Aber die verdutzten Blicke der anderen Autofahrer, wenn die kleine Kanonenkugel an ihnen vorbeizieht, sollte die Investition wert sein.
Alltag
Der Adam S passt zwar überall durch, aber die hinteren beiden Sitze sind höchstens Notsitze wie bei einem 2+2 Plätzer und taugen eher als zusätzliche Ablage. Für junge Leute kein Problem, aber sobald Kinder im Anmarsch sind… Als flinker und rassiger Zweitwagen ist der Adam S aber durchaus wieder eine Überlegung wert.
Fahrdynamik
Unterhalb von 2000 Umdrehungen steckt der Adam S in einem Turboloch, aber darüber hinaus schiebt der Giftzwerg vehement an. Für ein so kleines Auto klingt er ausserdem sehr kernig – vor allem ist es ehrlicher Sound und kein künstlicher Mist. Lenkung und Fahrwerk sind direkt und hart, nur das Getriebe lässt an Präzision zu wünschen übrig. Auch die Schaltwege sollten kürzer sein.
Umwelt
Zugegeben, mein Fahrstil und der damit einhergehende Testverbrauch von 8,4 l/100 km ist nicht besonders repräsentativ für einen Alltagsverbrauch. Aber bereits der Normverbrauch von 5,9 l/100 km ist nicht besonders gering und die hohe Drehzahl auf der Autobahn ist auch nicht besonders förderlich für einen tiefen Verbrauch.
Ausstrahlung
Der Opel Adam S wirkt frisch, frech und fröhlich – aber nicht böse. Er sieht nicht mal besonders schnittig aus. Aber genau darin liegt sein Reiz: Niemand ahnt, welche Power tatsächlich in ihm steckt.
Fazit
+ Sportlicher Sound
+ Präzise Lenkung
+ Hartes Sportfahrwerk
+ Entfesselt ungeahnte Power
+ Deaktivierbares ESP
+ Modernes und intuitives Infotainmentsystem, welches das Navi outsourct
+ Recaro Schalensitze
+ Äusserst handliches und agiles Handling
+ Gute Verarbeitungsqualität
– Hoher Verbrauch
– Lange Schaltwege
– Recht hoher Preis
– Mickriger Fond und Kofferraum
Steckbrief
Marke / Modell | Opel Adam S |
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Preis Basismodell / Testwagen | 24'950 CHF / 30'200 CHF (ohne 15% Euro-Bonus) |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1364 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 6-Gang manuell |
Max. Leistung | 110 kW bei 5000 r/min |
Max. Drehmoment | 220 Nm bei 3000 - 4500 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 8,5 s |
Vmax | 210 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 5,9 l/100 km / 139 g/km / E |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 8,4 l/100 km / 198 g/km / +42% |
Länge / Breite / Höhe | 3,70 m / 1,72 m / 1,48 m |
Leergewicht | 1278 kg |
Kofferraumvolumen | 170 - 663 l |
(Bilder: Koray Adigüzel)