Ich vergleiche normalerweise gerne mit bereits Erlebtem, ganz einfach, um urteilen zu können, inwiefern sich etwas verändert hat. Mit dem Peugeot 208 GTi 30th ist das nicht möglich, da ich zum ersten Mal überhaupt einen Peugeot 208 fahre. Ob es schlau ist, direkt zum stärksten Modell zum Springen? Why not? Genügend Referenzen von anderen Marken kenne ich mittlerweile. Während andere Hot Hatches möglichst viel Bosheit aus ihrer bescheidenen Karosserielänge holen möchten, wirkt der 208 GTi 30th mit seiner Zweifarbigkeit und dem speziellen Blinklicht eher verspielt. Doch wer denkt, der kleine Löwe sei nur zum Spielen da, irrt gewaltig.
7:30 Uhr morgens, die Sonne lächelt bereits vom Himmel. Ein langer, anstrengender Schultag erwartet mich. Um den Kreislauf in Schwung zu bringen, entscheide ich mich für den Weg über den Berg, anstatt durch den Autobahntunnel. Obwohl der Pass eine Hauptstrasse ist, liegt er auf einer Nebenroute, was den netten Nebeneffekt hat, dass die Strasse meist mir gehört. Doch heute scheinen sich ein paar einsame Seelen auf den Pass verirrt zu haben. Bereits am Fusse werde ich übelst ausgebremst. Ein schleichender Kleinlaster zuvorderst, zwei Autos dahinter.
Es gibt zwar auf dieser Strecke die eine oder andere Überholmöglichkeit, aber gleich drei Fahrzeuge aufs mal? Nichts zu machen. Ich tuckere also den Berg hoch, bis endlich die erste, lange Gerade erscheint. Ich warte, dass eines der beiden Autos vor mir zum Überholen ansetzt. Und ich warte. Ja was jetzt, haben die denn keine Eier?! Ich sehe, ich muss die Angelegenheit selber in die Hand nehmen. Dritter Gang reingeknallt und das Gas durchgedrückt. Der 1,6-Liter Turbobenziner orgelt sich das Drehzahlband hoch, während ich einen nach dem anderen überhole. Am Ende des Überholmanövers steht die Drehzahlnadel kurz vor dem Begrenzer bei 6500 Umdrehungen. Was der Tacho anzeigte, behalte ich an dieser Stelle lieber für mich…
Bei diesem heroischen Überholmanöver hat mir der kleine GTi gezeigt, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Seine Zweifarbenlackierung (das Matt-Schwarz ist foliert, nicht lackiert) lässt ihn zwar wie ein Spielzeug aussehen, aber davon darf man sich auf keinen Fall täuschen lassen. Wie viel Power im 208 GTi 30th tatsächlich steckt, verraten nämlich nur seine Zweifarbigkeit, (sofern man ihre Bedeutung auch versteht) und die Zierleiste in Zielflaggen-Optik über dem Kühlergrill. Ansonsten steht am Ende der Fensterlinie noch ein kleiner Hinweis, dass dieser 208 GTi nochmals nachgeschärft worden ist. Peugeot verzichtet also auf ein prolliges Aussendesign, man kann im Falles des 208 GTi schon fast von Understatement sprechen.
Im Innenraum erfreuen sich die Löwenbändiger an einer hochwertigen Verarbeitung, ausserdem harmonieren auch im Interieur die Farben Schwarz und Rot hervorragend miteinander. Das kleine Racing-Lenkrad mit perforiertem Leder, unterer Abflachung und roter Nullpunkt-Markierung gefällt mir persönlich unglaublich gut. Es erinnert mich immer wieder daran, dass auf Wunsch genügend Power bereit steht. Die Instrumente befinden sich über (anstatt hinter) dem Lenkrad, so dass sie ständig im Blickfeld sind.
Dass der Bordcomputer einen digitalen Tacho anzeigen kann, ist ein wahrer Segen, denn der analoge Tacho ist sehr unleserlich skaliert. Ein weiteres Highlight sind die Schalensitze, die sehr bequem sind, aber nicht so eng sind, wie sie optisch vorgaukeln. Erstaunlicherweise hat man trotz den recht klobigen Sitzen auch hinten noch recht gut Platz, sofern kein Riese vorne sitzt. Ausserdem – und das ist ganz wichtig – steht jedem Mitfahrer ein wuchtiger Haltegriff zur Verfügung. Diese Haltegriffe werden auch dringend benötigt, wenn der Fahrer das letzte Pferdchen aus dem Löwen herauskitzlen möchte.
Der Drehmomentverlauf des gepimten Motörchens ist eine Wucht. Zwischen 1700 und 5800 Umdrehungen (also: immer) steht das maximale Drehmoment von 300 Nm an. Diese Kraft ermöglicht eben solche Überholmanöver, wie oben beschrieben. Und auch wenn die lineare Beschleunigung bereits beeindruckend ist, noch viel beeindruckender ist das Kurvenfahren. Erst bei wahnwitzigen Kurvengeschwindigkeiten muss das ESP das Auto wieder stabilisieren. Erfreulich dabei ist, dass das ESP schnell und effektiv eingreift, es gibt die Leistung umgehend wieder frei.
Und hey: Der Peugeot war mit Winterreifen unterwegs. Mit Sommerreifen muss dieser kleine Flitzer regelrecht auf der Strasse kleben. Die Agilität ist echt verblüffend. Willig und direkt lenkt der 208 GTi ein, nach dem Scheitelpunkt kann bereits kräftig rausbeschleunigt werden, ohne dass die Vorderachse zickt. Das harte und beim GTi 30th nochmals tiefer gelegte Fahrwerk trägt ebenfalls seinen Teil dazu bei, dass der 208 GTi 30th zum 1A-Kurvenfresser mutiert. Etwas enttäuschend sind die Lebensäusserungen. Zwar gibt es beim Hochschalten unter hohen Drehzahlen ein sattes Rotzen aus dem Auspuff, ansonsten ist der Sound zwar knurrig, aber eher dezent, wie die Optik.
Was mir am 208 GTi 30th gut gefällt ist, dass der Fokus tatsächlich auf dem Fahrspass liegt. Das Fahrwerk ist nämlich kein Kompromiss, sondern es ist schlicht hart. Assistenzsysteme hat’s keine an Bord, aber das spart dafür Gewicht. Die Lenkung ist vielleicht sogar ein bisschen zu viel des Guten. Sie ist zwar äusserst direkt, was man auf Bergstrassen sehr schätzt. Die Direktheit lässt auf der Autobahn allerdings nicht nach, der 208 GTi reagiert auf kleinste Lenkbewegungen. Was bei Tempo 130 kaum mehr als eine Randnotiz ist, könnte sich bei Tempo 200 nachteilig erweisen. Bei sehr hohen Geschwindigkeiten ist eine ruhige Lenkung nämlich das A und O, um genügend Vertrauen zum Auto aufzubauen.
Der Peugeot 208 GTi 30th ist in der Schweiz ein rares Auto, lediglich 82 Einheiten haben es in die Schweiz geschafft. Noch sind Lagerautos verfügbar, wer also unbedingt den heissen Flitzer in der Zweifarbenlackierung möchte, sollte sich beeilen. Der Spass kostet 35’990 Franken und ist ein all inclusive Preis, es gibt kein einziges Extra. Der 208 GTi 30th hat am Dachhimmel zudem eine Plakette mit individueller Nummerierung.
Jetzt ist es aber so, dass der GTi 30th bereits ein überholtes Produkt ist, da Peugeot am Genfer Salon das Facelift vom 208 präsentiert hat. Es wird aber auch vom neuen 208 einen GTi geben und zwar mit den exakt gleichen Leistungsdaten wie der GTi 30th. Was fehlen wird, ist die Nummerierung des Geburtstagsautos. Wer Wert auf einen Hauch Exklusivität legt, sollte sich den GTi 30th noch krallen, solange er im Umlauf ist. Wer darauf verzichten kann, sollte auf den neuen 208 GTi warten, der ebenfalls mit der markanten Zweifarbenlackierung auf sich aufmerksam machen wird. Wer nicht allzu viele Autobahnetappen fährt, erhält mit dem 208 GTi 30th einen heissen Hot Hatch ohne nennenswerte Schwächen.
Alltag
Die schlechte Übersicht und der Umstand, dass es den GTi nur als Dreitürer gibt, schränken die Alltagstauglichkeit ein bisschen ein. Das harte Fahrwerk muss man mögen. Ausserdem stört bei konstantem Autobahntempo das laute und brummige Motorengeräusch. Für seine geringe Grösse bietet der 208 GTi aber recht grosszügige Platzverhältnisse.
Fahrdynamik
Der 208 GTi 30th ist schnell, handlich, direkt, präzise und hart. Das letzte bisschen an Untersteuertendenz dürfte mit Sommerreifen ganz ausradiert sein. Es gibt andere Hot Hatches, die ebenso schnell sind, wie der Peugeot. Das wirklich Gute an ihm ist aber seine Lenkung. So direkt habe ich eine Lenkung noch nie in einem Kleinwagen erlebt.
Umwelt
5,4 l/100 km verspricht Peugeot als Verbrauch. Mhm, alles klar. Das schreit ja geradezu noch einem deftigen Mehrverbrauch. Aber, das Leben ist voller Überraschungen. Wie gesagt, ich war noch auf Winterreifen unterwegs. Und der aufmerksame Leser dürfte gemerkt haben, dass nicht besonders viel Eco Driving in meinem Fahrstil steckte. Insofern sind 6,9 l/100 km aller Ehren wert und es bestätigt wieder einmal mehr: PSA hat den Durst seiner Turbomotoren – im Gegensatz zur Konkurrenz – im Griff. Siehe auch: Peugeot RCZ R und Citroën DS3 Racing Cabrio.
Ausstrahlung
Es sind natürlich vor allem die mattschwarze Front und der knallrote Hintern, was den Peugeot 208 GTi 30th ausmachen. Ebenfalls sehr cool ist das eigenwillige Blinklicht vorne. Ansonsten ist er eher dezent geblieben und unterscheidet sich nur in Details zum braven 208.
Fazit
+ Coole Optik dank Zweifarbigkeit
+ Sehr bequeme, haltintensive Sitze
+ Hochwertiges Interieur
+ Verhältnismässig grosszügige Platzverhältnisse
+ Extrem direkte und präzise Lenkung
+ Knackiges Getriebe
+ Kräftiger, drehfreudiger Motor
+ Konsequent hartes Fahrwerk
+ Akzeptabler Verbrauch
– Brummiger und lauter Motor auf der Autobahn
– Leicht nervöse Lenkung auf der Autobahn
– Schlechte Übersicht
Steckbrief
Marke / Modell | Peugeot 208 GTi 30th |
---|---|
Preis Basismodell / Testwagen | 35'990 CHF / 35'990 CHF |
Antrieb | Benzin, Frontantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1598 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | 6-Gang manuell |
Max. Leistung | 153 kW bei 5800 r/min |
Max. Drehmoment | 300 Nm bei 1700 - 5800 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 6,5 s |
Vmax | 230 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 5,4 l/100 km / 125 g/km / D |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 6,9 l/100 km / 160 g/km / +28% |
Länge / Breite / Höhe | 3,96 m / 1,74 m / 1,45 m |
Leergewicht | 1260 kg |
Kofferraumvolumen | 285 - 1076l |
(Bilder: Koray Adigüzel)
2 thoughts on “Peugeot 208 GTi 30th: Löwenbaby mit Biss”