Range Rover Evoque: Stil muss sein

Mit dem Evoque hat die High Society Einzug in die Welt der kompakten SUVs gehalten. So stil- und würdevoll pflügt sonst niemand durch den Dreck – okay, in der Realität rollen die SUVs eher auf Asphalt. Nichtsdestotrotz macht der Evoque aus jeder Perspektive und auf jedem Untergrund eine gute Figur. Doch auch unter dem Blech hat sich viel getan: Neue Plattform, neue Motoren, neue Assistenzsysteme. Kann der Evoque damit den hohen Preis rechtfertigen?

Im Vergleich zum Vorgänger ist die zweite Generation klar eine Evolution. Obwohl er mit 4,37 Metern Länge recht kompakt ist, wirkt er durch die hohe Motorhaube, die schmalen Fenster, die ausgestellten Radhäuser sowie die grossen Räder extrem bullig. Neu sind die bündigen Türgriffe, die mechanisch ausfahren, sobald man das Auto entriegelt. Bei aller Liebe zum Design ist vorerst aber keine besonders extravagante Version, wie etwa ein Dreitürer oder gar ein Cabrio, in Sicht. Aber wer weiss, was die Briten noch im Köcher haben…

2019 Range Rover Evoque
Die kupferfarbenen Elemente betonen das extravagante Design.

Grünes Interieur

Damit ist nicht etwa die Farbe, sondern die das Material gemeint. Optional verbaut Land Rover nämlich eine vegane Innenraumausstattung. Im Testwagen fühlen sich sowohl der Stoff, als auch das lederähnliche Textil sehr hochwertig an. Eine winzige Etikette an den Sitzen zeugt vom veganen Interieur, das übrigens in der Ausführung des Testwagens (Eukalyptus-Textilien und Ultrafabrics) keinen Aufpreis kostet. Es gibt eine weitere, lederfreie Alternative mit Kvadrat-Textilien und Mikrofasern, doch diese Alternative kostet 3500 Franken extra. Das Gestühl ist auf allen Plätzen sehr bequem und vor allem vorne sind die Sitze vielfach verstellbar. Doch auch wenn der Evoque kein Sportler ist, so wäre etwas mehr Seitenhalt wünschenswert.

2019 Range Rover Evoque
Sehr hochwertige und vegane Stoffe an den Sitzen. Deren Seitenhalt lässt zu wünschen übrig. Ungewöhnlich ist, dass der Boden im Fussraum des Beifahrers leicht nachgibt.

Aussen gross, innen…

Staunt man erst noch über die äusserliche Präsenz des Evoque, wird innen schnell klar, dass der noble Brite alles andere als ein Raumwunder ist. Aufgrund den massiven Türen und der breiten Mittelkonsole bleibt von der Breite nicht viel für die vorderen Insassen übrig. Die Hinterbänkler sitzen indes nicht luftiger als in einem normalen Kompaktwagen und auch das Kofferraumvolumen von 472 Liter scheint zwar gross, kommt aber in der Realität nicht wirklich zur Geltung. Praktisch veranlagt ist der britische Schönling jedenfalls nicht.

2019 Range Rover Evoque
Besonders geräumig ist der Evoque nicht.

Top Antrieb

Der Testwagen ist mit dem 132 kW starken Diesel ausgerüstet. Sämtliche verfügbaren Motoren sind mit einem Mild-Hybrid-System ausgerüstet und sind Vierzylinder. Grössere Motoren gibt es erst bei den grösseren Modellen. Da der Evoque rund zwei Tonnen wiegt, befürchtete ich anfangs, dass das Auto mit dem Diesel untermotorisiert ist. Doch schnell zeigte sich, dass der Motor ein echtes Sahnestück ist: Er spricht sehr sensibel an und verfügt durch das hohe Drehmoment über ausreichend Druck. Unterstützt wird der Motor vom feinen 9-Gang-Automatikgetriebe, welches für jede Situation den richtigen Gang bereit hält. Erst ab Tempo 100 merkt man, dass es dem Evoque an Leistung fehlt.

2019 Range Rover Evoque
Der Dieselmotor ist sehr laufruhig und harmoniert perfekt mit dem Getriebe.

Kein Gleiter

Üblicherweise wird Komfort bei Range Rover gross geschrieben, doch der Evoque scheint da der junge Rebell zu sein. Zwar verfügt er über eine sensationelle Geräuschdämmung, doch fahrwerkstechnisch ist er nicht so zimperlich. Vor allem auf Unebenheiten wie Gullydeckeln oder Bahnübergängen wirkt der Evoque zuweilen recht hart, während er auf der Autobahn wieder sanft ist. Die sehr spitz ansprechende Lenkung verrät ebenfalls, dass der Brite ein kleiner Dynamiker sein will. Dass er das auch ist, zeigt sein neutrales Verhalten auf kurvigen Strassen – ein klarer Tribut an die jüngere Zielgruppe.

2019 Range Rover Evoque
Es stehen diverse Offroad-Fahrprogramme zur Wahl.

Mit Liebe zur Technik

Bereits bei den üblichen Assistenzsystemen trägt der Evoque mit Stau-Assistent, Parkassistent und Matrix-Licht dick auf. Doch die Briten gehen noch weiter und bieten zwei seltene Technologien an: Zum einen ist das der digitale Innenspiegel, der dank des Kamerabilds ein massiv breiteres Sichtfeld nach hinten als die schmale Heckscheibe ermöglicht. Meines Wissens bietet abgesehen von Jaguar Land Rover nur Cadillac solche Innenspiegel an. Noch einen Schritt weiter geht Land Rover mit der sogenannten Clearsight-Funktion. Damit kann man auf dem Touchscreen quasi durch die Motorhaube durchsehen – perfekt fürs Gelände oder nervige Randsteine. Leider war dieses Feature nicht im Testwagen verbaut, da das notwendige 360°-Kamerasystem fehlte.

2019 Range Rover Evoque
Die bullige Optik erzielt der Evoque durch die schmalen Scheinwerfer und die kleinen Fenster.

Klasse hat seinen Preis

Dass sich der Evoque in praktisch keiner Disziplin wie ein Kompakt-SUV anfühlt, schlägt sich auch im Preis nieder. Nur schon der schicke Testwagen kostet 73’220 Franken und wer im Konfigurator den stärksten, 221 kW starken Benziner mit sämtlicher Ausstattung wählt, kommt sogar auf über 100’000 Franken. Das sind sehr selbstbewusste Preise, die Land Rover aufruft. Allerdings war der Evoque schon immer teuer und der Preis stand seinem Erfolg offensichtlich nicht im Weg. Soviel Erfolg und eine zahlungskräftige Klientel schreien förmlich nach einem Sondermodell oder einer neuen Karosserievariante…

2019 Range Rover Evoque
Abwarten, was Land Rover noch alles aus dem Evoque rausholt…

Alltag 4 out of 5 stars

Besonders geräumig ist der Evoque nicht, allerdings wirkt er optisch auch grösser, als er tatsächlich ist. Die sogenannte Clearsight-Funktion, mit welcher man durch die Motorhaube blicken kann, dürfte nicht nur im Gelände, sondern auch in der Stadt helfen.

Fahrdynamik 3.5 out of 5 stars

Die sehr direkte Lenkung und das leicht straffe Fahrwerk sorgen für ein besseres Handling als bei den grossen Range Rover Modellen. Ein Sport-SUV ist der Evoque damit dennoch nicht.

Umwelt 3 out of 5 stars

Angesichts einer vernünftigen Motorisierung samt Mild-Hybrid-Technologie ist der Testverbrauch von 7,9 l/100 km eher hoch.

Ausstrahlung 5 out of 5 stars

Das Design ist eindeutig eine der grössten Stärken des Evoque und dessen sind sich die Briten auch bewusst. Mit seinem Design und den technologischen Finessen fühlt sich der Evoque wie eine Klasse höher an – und kostet auch entsprechend.

Fazit 4.5 out of 5 stars

+ Markantes, einzigartiges Design
+ Ausgesprochen hochwertige Materialien
+ Infotainmentsystem mit hohem Funktionsumfang
+ Kräftiger, spontan ansprechender Motor
+ Exzellente Geräuschdämmung
+ Direkte, schnell ansprechende Lenkung
+ Unaufälliges, perfekt schaltendes 9-Gang-Getriebe
+ Ausgewogenes Fahrwerk
+ Grosse Bandbreite an Assistenzsystemen
+ Hohe Geländegängigkeit
+ Technische Raffinessen wie digitaler Rückspiegel oder Clearsight

– Hoher Preis
– Hohes Gewicht
– Verbrauch angesichts der Leistung und Mild-Hybrid-Technologie zu hoch
– Mässiges Platzangebot

Mängel am Testwagen

– Keine Mängel

Steckbrief

Marke / ModellRange Rover Evoque D180
Preis Basismodell / Motoriserung / Testwagen51 200 CHF / 53 500 CHF / 73 220 CHF
AntriebDiesel-Mildhybrid / Allradantrieb
Hubraum / Zylinder1999 ccm / R4
Motoranordnung / MotorkonzeptFrontmotor / Turbomotor
Getriebe9-Gang Automatikgetriebe
Max. Leistung132 kW bei 2400 r/min
Max. Drehmoment430 Nm bei 1750 - 2500 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h9,3 s
Vmax205 km/h
WLTP-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz7,3 l/100 km / 193 g/km / D
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz7,9 l/100 km / 209 g/km / +8%
Länge / Breite / Höhe4,37 m / 1,90 m / 1,65 m
Leergewicht2020 kg
Koffer­raum­volumen472 - 1156 l

Bilder: Koray Adigüzel

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