Aber hallo, was für eine Verwandlung: Im Vergleich zum biederen Vorgänger ist der neue Koleos ein richtig strammer und hübscher Bursche geworden! Das sollte er auch, denn für die Franzosen ist das SUV nichts Geringeres als das Top-Modell. Weniger offensichtlich ist die Tatsache, dass er technisch sehr eng mit dem Nissan X-Trail verwandt ist, der im Test mit einigen Schwächen zu kämpfen hatte. Kann sich der Koleos dennoch behaupten?
Der Koleos fügt sich nahtlos ins Familiendesign ein. Die Scheinwerfer mit dem markanten Lichtbogen machen ihn unverkennbar zum Renault, während der verchromte Kühlergrill Klasse ausströmt. Die grossen und beinahe durchgehenden Rücklichter machen auch das Heck zum Hingucker. Die verchromten Türgriffe weisen auf die Topversion Initiale Paris hin – und genau jene Top-Version ist es, die der Franzose braucht, um sich von der starken Konkurrenz ein Stück weit abzuheben.
Beim Einsteigen fällt der Blick als erstes auf die wohlgeformten Sitze mit extra breiter Kopfstütze. Sie sind ebenfalls Bestandteil der Top-Version. Auch ansonsten ist das Cockpit hübsch gestaltet und fühlt sich mit geschäumten Kunststoffen sowie Lederapplikationen nobel an. Der Technik-Bruder X-Trail wirkt etwas rustikaler, punktet dafür mit verschiebbarer Rückbank sowie einer optionalen dritten Sitzreihe. Beides hat der Koleos nicht an Bord, doch seine Platzverhältnisse sind dennoch äusserst grosszügig. Selbst zwei grosse Personen sitzen ohne Probleme hintereinander.
Beim Antrieb bedient sich der Franzose aus dem Nissan-Regal. Der Zweiliter-Diesel in Verbindung mit dem stufenlosen Automatikgetriebe und Allradantrieb ist 1:1 von Nissan übernommen. Leider ist das Aggregat ein ziemlicher Brummbär und bleibt auch im warmen Zustand akustisch stets präsent. Weniger schlimm als befürchtet ist dafür das Getriebe, welches das schreckliche Aufheulen nach Möglichkeit vermeidet. Eine böse Überraschung gab es trotz sparsamer Fahrweise im 2WD-Modus an der Tankstelle: Mit einem Testverbrauch von 8,9 l/100 km erwies sich das SUV als echter Schluckspecht!
Ein dickes, rotes Minus für den Antrieb, welches das komfortable Fahrwerk nicht ganz wettmachen kann. Mit seiner sanften Fahrweise ist der Koleos eine wohltuende Abwechslung unter all den pseudo-sportlichen SUVs. Diese Abstimmung ist auch die einzig richtige, denn mit dem stufenlosen Getriebe kommt man gar nicht auf die Idee, das SUV zu Höchstleistungen zu bringen.
Puncto Fahrassistenz hinkt der Koleos leider ebenfalls etwas hinterher. Den piepsenden Spurhalteassistenten kann man sich schenken und einen adaptiven Tempomat sucht man in der immerhin sehr übersichtlichen Aufpreisliste vergebens. Während zudem immer mehr Renault-Modelle von der Hinterachslenkung sowie den verschiedenen Fahrmodi inklusive individuellem Fahrmodus profitieren, fehlt das alles im Koleos.
Stellt sich nun die grosse Frage nach dem Warum? Die Wurzel des Übels ist der Nissan X-Trail. Der ist im Grunde nämlich bald fünf Jahre alt und wurde letztes Jahr geliftet. Renault baut nun auf Basis des gelifteten X-Trail den «komplett» neuen Koleos – nur ist er streng genommen gar nicht so neu. Diese Vorgehensweise erklärt auch das Fehlen der Annehmlichkeiten wie Abstandstempomat oder Hinterachslenkung.
Seine Daseinsberechtigung hat der Koleos trotzdem. Er ist komplett ausgestattet mit einem Preis von 52’200 Franken fair ausgeschrieben und punktet vor allem mit seinem Design und dem hochwertigen Innenraum. Typisch französisch verwöhnt das SUV seine Insassen zudem mit tollem Federungskomfort und macht auf langen Strecken zusammen mit dem bequemen Sitzen richtig Laune. Der Schachzug von Renault, ein komplett neues Auto auf der Basis eines Facelift-Modells zu bauen, war allerdings nicht besonders clever.
Alltag
Der lange Radstand bietet fürstliche Platzverhältnisse im Fond. Auch zwei Riesen sitzen gut hintereinander. Der Kofferraum ist zwar gross, doch die sehr breite Ladekante sowie die nicht hoch genug öffnende Heckklappe erschweren das Beladen.
Fahrdynamik
Das komfortable Fahrwerk ist ohnehin nicht für die Kurvenhatz gedacht und zeigt mit deutlicher Seitenneigung, was es davon haltet. Das stufenlose Getriebe trägt seinen Teil dazu bei, dass man den Koleos besser nicht scheucht.
Umwelt
Ein Testverbrauch von 8,9 l/100 km, der trotz gemütlicher Fahrweise 51% (!) über dem Normverbrauch liegt, ist unentschuldbar. Da muss Renault nochmal über die Bücher.
Ausstrahlung
Meines Erachtens ist das Design gelungen. Vort allem das Lichtdesign und die muskluösen Kotflügel sind sehr markant.
Fazit
+ Schickes Design
+ Hochwertige Innenausstattung «Initiale Paris»
+ Umfangreiches und intuitives Infotainment-System im Tablet-Stil
+ Sehr gute Platzverhältnisse
+ Komfortables Fahrverhalten
+ Meist kein Aufheulen durch das stufenlose Getriebe
+ Fairer Preis
– Sehr hoher Verbrauch
– Assistenzsysteme nicht up to date
– Heckklappe öffnet nicht weit genug
– Rauer Motorlauf
– Baut starke Seitenneigung auf, schaukelt sich schnell auf
Steckbrief
Marke / Modell | Renault Koleos |
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Preis Basismodell / Motorisierung/ Testwagen | 33 900 CHF / 40 800 CHF / 52 200 CHF |
Antrieb | Diesel, Allradantrieb |
Hubraum / Zylinder | 1995 ccm / R4 |
Motoranordnung / Motorkonzept | Frontmotor / Turbomotor |
Getriebe | Stufenloses Automatikgetriebe |
Max. Leistung | 130 kW bei 3750 r/min |
Max. Drehmoment | 380 Nm bei 2000 r/min |
Beschleunigung 0–100 km/h | 9,5 s |
Vmax | 201 km/h |
NEFZ-Verbrauch / CO2 Emissionen / Energieeffizienz | 5,9 l/100 km / 156 g/km / F |
Test-Verbrauch / CO2 Emissionen / Differenz | 8,9 l/100 km / 235 g/km / +51% |
Länge / Breite / Höhe | 4,67 m / 1,84 m / 1,68 m |
Leergewicht | 1867 kg |
Kofferraumvolumen | 498 - 1706 l |
Bilder: Koray Adigüzel